Abschließend ist zu bemerken: Im Jahr 2012 konnte das Investitionsvolumen der Landesbeteiligungen deutlich gesteigert werden. Die Investitionssumme stieg absolut um 229 Millionen Euro. Dies bedeutet, dass die Landesunternehmen 2012 rund 2 Milliarden Euro investiert haben. Mit rund 50 000 Beschäftigten stellen die Landesbeteiligungen einen wichtigen Faktor auf dem Berliner Arbeitsmarkt dar. Die Landesunternehmen leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der wachsenden Stadt und zur Stärkung der regionalen Wirtschaft. Wir können stolz auf sie sein, und wir können stolz auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein. Es steht Ihnen nicht an, hier immer alles negativ und schlecht zu reden. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja! Der Beteiligungsbericht 2012 ist neu erschienen – insofern ist das Thema aktuell. Aber 2012 ist nun schon eine Weile her, und so richtig frisch ist er damit nicht mehr. Mein erster Wunsch an die Koalition wäre also, dass der nächste Beteiligungsbericht etwas zeitnaher vorgelegt wird.
Herr Stroedter hat viel mit Zahlen hantiert, mit Passagieren, Kostensteigerungen und vielem anderen mehr, und sich damit als Sprecher der „Aktuellen Kamera“ bei der Berichterstattung über die Ergebnisse des Fünfjahresplans qualifiziert. Aber das Thema der Aktuellen Stunde ist nicht so sehr das Lob der Zahlen. Es stimmt schon: Der Beteiligungsbericht und die Beteiligungsunternehmen insgesamt weisen seit 2005 einen positiven Saldo an Gewinnen und Verlusten aus. Aber noch im Jahr 2002, als die Diepgen-Regierung am Ende war, lag dieser Saldo minus bei über 1 Milliarde Euro. Das ist erst einmal der Ausgangspunkt der Dinge, über die wir heute reden.
Insofern spiegelt der Beteiligungsbericht 2012 auch nicht die Erfolge schwarz-roter Beteiligungspolitik, sondern letztendlich die Ergebnisse rot-roter Konsolidierungspolitik statt eines besonderen Einsatzes dieser Koalition.
Der kann im Beteiligungsbericht 2012 überhaupt noch keinen Niederschlag gefunden haben. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass Sie seinerzeit große Mühe hatten, Ihren eigenen Laden beieinander zu halten – von Politik war da nichts zu spüren.
[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Joachim Esser (GRÜNE): Diese Mühe haben sie heute auch!]
Diese Mühe haben sie heute auch, und von Politik ist heute auch nichts zu spüren. Aber dazu komme ich gleich.
Der Beteiligungsbericht hat in der Tat in den letzten zehn Jahren einiges an Aussagekraft gewonnen. Wir erinnern uns: Die Berliner Bankgesellschaft ist zum Desaster geraten, weil eine öffentliche Kontrolle öffentlicher Unternehmen de facto nicht stattfand. Das Einzige, was die herrschende Politik in den Neunzigerjahren interessiert hat, war die Absenkung von Lasten in die Landesunternehmen, die Plünderung des Eigenkapitals, die
Zweckentfremdung der Unternehmen für die Hobbys der Regierenden und die Verwirklichung abstruser Metropolenträume. Bankgesellschaft, Wasserbetriebe, Stadtreinigung, Wohnungsbaugesellschaften – sie alle waren mehr oder weniger gegen die Wand gefahren. Deswegen waren erst mal Strafverfahren, Sanierungen und Personalentwicklung das, was unter Rot-Rot angegangen werden musste, und vieles von dem, was Herr Stroedter hier als angebliche SPD-Erfindung gelobt und gepriesen hat, haben wir der SPD unter Rot-Rot mühsam abringen müssen. Daran erinnere ich mich.
Dass wir jetzt Zielbilder und Eckzahlen haben, dass die Vorstands- und Geschäftsführungsgratifikationen veröffentlicht werden, dass geschlechtssensitive Daten endlich in den Beteiligungsberichten auftauchten – all das war vor zwölf Jahren nicht so. Und dass die Aufsichtsratsmitglieder bestimmten Ansprüchen genügen müssen, dass sie auch im Landesinteresse tätig sein sollen, dass über die Unternehmen überhaupt Aufsicht zu führen ist, dass es eine Corporate Governance der Landesbeteiligungen gibt, all das war damals kein Standard.
Und wir haben auch erst mal dafür gesorgt, dass sich Berlin bestimmter Beteiligungen entledigt. Herr Garmer! Ihre Thesen zum Wohl und Wehe staatlichen Handelns, alles schön und gut: Die Porzellanmanufaktur und die Feuerversicherung Öffentliche Leben, die haben wir damals verkauft, weil die Diepgen-Regierung diesen Mut nicht gehabt hat und weil wir der Ansicht waren, dass überteuertes Porzellan oder die Versicherung von Twin Towers auf anderen Kontinenten nicht zu den Aufgaben von Landesunternehmen gehört.
Deutlich werden im Beteiligungsbericht allerdings auch die Defizite. Und wenn Herr Stroedter die Zahlen der Frauenquote in den Beteiligungsunternehmen nennt: Seit dem Antritt von Schwarz-Rot sind diese Zahlen wieder rückläufig. Mein Gott, tut doch endlich was!
Ich halte mal fest: Die Entwicklung von Steuerungsinstrumenten über die öffentlichen Unternehmen, da hat diese Koalition nichts mehr getan. Sie hat sich auf dem ausgeruht, was Rot-Rot damals zuwege gebracht hat. Ich erinnere mich nur daran, dass die Wirtschaftssenatorin als Allererstes das Aufsichtsratsbüro aufgelöst hat, das wir unter Rot-Rot zur Kontrolle der Anstalten eingerichtet hatten. Das kann man natürlich machen, das hat aber mit Kontrolle öffentlicher Unternehmen nichts zu tun, sondern sie werden einfach dem Selbstlauf überlassen.
Was die Zahlen angeht: Ergebnisse des operativen Geschäfts sind das Eine. Aber dann gibt es natürlich auch noch Altlasten, beispielsweise die Pensionsaufwendungen bei der BVG. Solche Altlasten sind ja keine Schulden aufgrund wirtschaftlich falschen Handelns, sondern sind politisch verantwortet und brauchen deswegen auch eine politische Lösung. Ich kenne keinen Tilgungsplan des Senats. Und Herr Stroedter quatscht lieber mit Frau Grosse, anstatt mal zuzuhören. Auch er hat dazu nichts gesagt. Da hätten Sie ja mal die Chance gehabt, Ihre Ideen hier zu präsentieren. Was wollen Sie mit den Altlasten bei der BVG machen? Nichts! Sie stecken den Kopf in den Sand und lassen die Schulden bei den Beteiligungen einfach mitlaufen.
In der Zeitung konnten wir jüngst nachlesen, wie kenntnisfrei Sturmowski und Sarrazin – SPD – mit BVG-Vermögen Finanzmarktspekulationsgeschäfte abgezogen haben. Wenn man sich das durchliest, bleibt einem echt die Spucke weg. Das gibt es in keinem Film. Beide sind heute nicht mehr da; der eine ist allerdings immer noch aufrechter Sozialdemokrat. Aber die Lasten dieses Missmanagements tragen wir immer noch. Welche Folgen hat das? – Unter Schwarz-Rot kenne ich keine einzige zusätzliche Entscheidung, riskanten Geschäften der Landesunternehmen irgendwelche Ketten anzulegen. Ich kenne keine. Möglicherweise haben Sie ja eine Strategie, aber dann haben Sie es echt geschafft, die erfolgreich vor dem Parlament und der Stadtgesellschaft geheimzuhalten.
Und dann bleiben da noch die Pannengeschichten, 185 Millionen Euro Verlust allein der Berliner Anteil bei der Flughafenholding. Na ja, Herr Stroedter, für die steigenden Passagierzahlen in Tegel können Sie nun wirklich nichts. Dafür können Sie nun wirklich gar nichts! Das ist nicht Ihre Leistung. Aber die 185 Millionen bei der Flughafenholding, das ist die Leistung dieses Senats. Darüber muss man doch mal reden.
Und wie Rot-Schwarz die Verantwortung für die eigenen Pannen bei den Berliner Wasserbetrieben wahrgenommen hat, darüber haben wir hier nun schon oft diskutiert. Herr Stroedter! Sie können sich ja noch die nächsten zehn Jahre für den Rückkauf der Anteile loben, aber es bleibt dabei: Sie haben das verbockt, Sie haben in den Neunzigerjahren die Wasserbetriebe teilprivatisiert. Und Sie haben bis heute keine Bereitschaft gezeigt, außer die Berlinerinnen und Berliner dafür zahlen zu lassen, für dieses Desaster auch mal Verantwortung zu übernehmen.
Und dann sind da noch die Schattenhaushalte. Wenn die rot-schwarzen Blütenträume reifen, wird gern wie in den Neunzehnhundertneunzigerjahren den öffentlichen Unternehmen der Auftrag erteilt, sie zu realisieren, ohne dass es dafür einen Cent öffentlicher Mittel gibt. Die öffentlichen Unternehmen werden in die Verschuldung gezwungen, und der Finanzsenator klopft sich stolz auf die Brust, weil der Jahresabschluss des Landes positiv ist. Solche Milchmädchenrechnungen, Herr Stroedter, würde sich kein privater Konzern mit seinen Tochterunternehmen leisten. Denn hier werden die Lasten der Gegenwart in die Zukunft verschoben, und unter Rot-Schwarz hat diese Augenauswischerei wieder Hochkonjunktur – so bei den Berliner Wasserbetrieben und bei den Wohnungsbaugesellschaften.
Beteiligungskontrolle und -steuerung ist mehr als das punktuelle Nachsteuern und das Abfeiern von meist vermeintlichen Erfolgsgeschichten. Das eher hilflose Hineinregieren nach Gutsherrenart ist deshalb auch kein Ausweis von Konzepten und Kontrolle, sondern bestenfalls ein Ausweis von Planlosigkeit. Wir hatten lange nicht mehr so viele freiwillige und unfreiwillige Abschiede von Führungspersönlichkeiten in den Landesunternehmen wie in den letzten zwei Jahren. Sensibilität scheint nicht die Stärke des Wowereit-Senats zu sein, eher Dampfwalze. Dass bei der Verabschiedung von Holger Lippmann nicht einmal die Staatssekretärsebene der Finanzverwaltung anwesend war, das ist beredter Ausdruck des Umgangs dieses Senats mit den Führungsetagen der Berliner Unternehmen.
Dabei wäre es ja wirklich mal wichtig, über die Rolle der Landesunternehmen bei der Bewältigung der Probleme einer wachsenden Stadt, bei der Realisierung des sozialökologischen Umbaus und der Energiewende, bei der Schaffung guter Arbeit zu diskutieren und auch darüber, was solche Zukunftsinvestitionen kosten. In Bezug auf Bäder-Betriebe und BVG, Wasserbetriebe und Stadtwerk scheint die Koalition weder ein Konzept zu haben noch zu beabsichtigen, mal eins zu entwickeln. Da sagt der Wasserbetriebe-Chef Simon heute in der Zeitung: Ist ja schön und gut, dass das Stadtwerk nicht mit Strom handeln kann, weil diese Koalition in ihrer Stadtwerkskompetenz das am grünen Tisch so beschlossen hat, nur, es funktioniert nicht. Das sagt Herr Simon. Der von Ihnen Beauftragte sagt, dass der Quatsch, den Sie da beredet haben, nicht funktioniert. Die Koa schweigt es weg; Herr Stroedter: kein Wort. Ohnehin: Lange nichts mehr gehört vom Stadtwerk. Wie ernsthaft sind die Bemühungen denn, Berlin Energie als kommunalen Netzbetreiber aufzubauen? – Nußbaum soll irgendwo gesagt haben, eine
Stadtwerk-Holding wäre eine gute Idee. Na, schön und gut! Aber Idee reicht halt nicht. Man braucht auch ein Konzept und Umsetzungskompetenzen. Beides hat diese Koalition nicht.
Gestern war bei der IHK eine große Veranstaltung zum Grundwassermanagement in Berlin. Wird das hier irgendwo diskutiert? – Nein, kein Thema. Bäder-Betriebe: Je nach Standortkonzept 100 bis 200 Millionen Euro Sanierungsbedarf. Wird das hier irgendwo diskutiert? – Nein! Stattdessen werden die Eintrittspreise erhöht, und Saleh halluziniert über ein Spaßbad im Tierpark.
Bis 2020 müssen die Nahverkehrsleistungen um mindestens 4 Prozent steigen. Wenn ich mal über die S-BahnKapazitäten jetzt nicht rede – was bedeutet das für die BVG? Mindestens 7 Prozent Angebotssteigerung. Wo ist der Nahverkehrsplan? Wo sind die Konzepte, welche Leistungen die BVG erbringen und wie das finanziert werden soll?
Stichwort Wohnungsbauförderung, Wohnungsbaugesellschaften: Sie reden von Geld, aber Sie haben keine Idee, wie dieses Geld eingesetzt werden soll, um langfristig einen Sektor der Wohnungswirtschaft fern von Profitorientierung zu etablieren.
Mir fiele noch manches ein. Beteiligungspolitik im eigentlichen Sinne gibt es bei dieser Koalition nicht. Der Senator setzt auf betriebswirtschaftliche Rationalisierung und Unterbringung ihm gewogener Leute. Aber die eigentlichen Fragen – und das, meine Damen und Herren von der Koalition, ist leider permanent aktuell – werden nicht bearbeitet: Welche Aufgaben sollen sie erfüllen? Wie kann das sozial geschehen, wie können Synergien genutzt werden? Wie kann dieses Controlling vernünftig organisiert werden?
Sie mögen das für oberlehrerhaft halten. Wer allerdings in dieser Aktuellen Stunde erwartet hätte, dass von Ihnen, von der SPD, hier mal mehr kommt als stroedtersche Sonntagsreden, der sah sich enttäuscht. Ich fürchte, Ihre Beteiligungspolitik der letzten zweieinhalb Jahre ist eine Bankrotterklärung.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kollegen, werte Gäste! Landeseigene Unternehmen ist eigentlich ein sehr schönes Thema, wobei ich mir gewünscht hätte, dass wir vielleicht besser im Herbst darüber geredet hätten, wenn auch der Beteiligungsbericht für 2013 vorgelegen hätte.