Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Und zum Schluss: Sie sollten mal die Tatsachen und die Zahlen kennenlernen. Ihre Fraktion – aber nicht nur Ihre

Fraktion – lässt nichts unversucht, um die Flüchtlingspolitik unseres Landes als menschenunwürdig darzustellen.

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Das schafft die ganz alleine! – Zurufe von der LINKEN und den PIRATEN]

Das ist völlig absurd. Nehmen Sie mal die Fakten zur Kenntnis, statt hier rumzuschreien! Deutschland hat im letzten Jahr 127 000 Asylanträge erhalten, die Vereinigten Staaten von Amerika 46 000, Kanada 11 000, auch die Mittelmeeranrainerstaaten, von denen Sie immer behaupten, sie seien mit der Flüchtlingswelle überfordert,

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Sie behaupten das!]

Spanien 4 500, Italien 28 000. Das sind die Zahlen, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge veröffentlicht.

[Martin Delius (PIRATEN): Lächerliche Zahlen!]

Wir haben überhaupt keine Veranlassung, uns ständig schlechtzureden. Unser Land hat die großzügigste Flüchtlingspolitik weltweit.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Es gibt kein Land, das so viele aufnimmt wie Deutschland. Und Sie können das nicht ertragen. Ich lasse es nicht zu, dass unser Land schlechtgeredet wird. Nehmen Sie die Fakten zur Kenntnis, und hören Sie auf, die Leute, vor allen Dingen unseren Innensenator, schlechtzureden! Das ist eine Unverschämtheit. Dafür sollten Sie sich entschuldigen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Herr Kollege Höfinghoff hat noch mal das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Erstens: Herr Dregger! Vielleicht hätten Sie dem Regierenden Bürgermeister mal zuhören können. Der hat die Zahlen so ein bisschen in Relation gesetzt. Der 4,5-Millionen-Staat Libanon nimmt 1 Million Flüchtlinge aus Syrien auf. Und jetzt kommen Sie mir nicht mehr mit Ihren hanebüchenen Zahlen, kommen Sie mir nicht mehr mit den paar Menschen, die tatsächlich in Deutschland und in Europa insgesamt aufgenommen werden, und versuchen Sie nicht, uns das als human zu verkaufen.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Die Einzigen, die jetzt durch die Räumung des Oranienplatzes verloren haben, sind tatsächlich die Flüchtlinge, die nämlich jetzt wieder aus dem Bild der Öffentlichkeit verschwinden, die jetzt nicht mehr in der öffentlichen Wahrnehmung stattfinden,

[Zuruf von Michael Dietmann (CDU)]

und das entgegen dem erklärten Willen vieler der dort protestierenden Menschen. Im Gegensatz zu Ihnen oder Herrn Graf muss ich mich nämlich nicht zum Sprachrohr der Flüchtlinge in Berlin machen. Ich frage Menschen vorher, bevor ich versuche, in ihrem Sinne zu reden. Genau das habe ich getan.

[Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Die Flüchtlinge brauchen garantiert eine ganze Menge. Was sie nicht brauchen, sind selbsternannte Sprachrohre namens Dregger oder Graf.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Canan Bayram (GRÜNE): Oder Höfinghoff!]

Ja, oder Höfinghoff, natürlich. Deswegen sind auch noch Vertreter der Flüchtlinge vom Oranienplatz hier oder waren hier und wollten hier eigentlich auch reden, was leider durch das Präsidium nicht erlaubt worden ist, sehr schade, hätte diese Debatte mit Sicherheit auch noch mal vorangebracht.

[Lachen von Dr. Manuel Heide (CDU)]

Ja, dass da ausgerechnet Herr Dr. Heide an der Stelle am lautesten lacht, mir fehlen die Worte. – Vielen Dank!

[Vereinzelter Beifall – Dr. Manuel Heide (CDU): Ist doch gut so!]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Erklärung des Regierenden Bürgermeisters ist abgegeben und besprochen worden.

Zu dem Antrag Drucksache 17/1237 empfiehlt der Innenausschuss mehrheitlich – gegen Grüne, Linke und Piraten – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der Piraten in Gänze, die Grünen und die Fraktion Die Linke. Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Kollege. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Aktuelle Stunde

gemäß § 52 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

„Mit guter Pflege in die Zukunft – Berlin gestaltet den demografischen Wandel“

(auf Antrag der Fraktion der CDU)

Für die Besprechung der Aktuellen Stunde steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die Fraktion der CDU. – Herr Kollege Krüger, Sie haben das Wort, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle hier im Haus und die Bevölkerung in dieser Stadt kennen spätestens seit dem Senatsbericht aus dem Jahr 2012 sehr genau die Fakten über den demografischen Wandel in unserer Stadt, über die Alterung der Bevölkerung und alle Folgen, die sich daraus ergeben. Deswegen kann ich hier auf Zahlen, glaube ich, verzichten.

Auf der einen Seite haben wir viele alte Menschen, die selbstbestimmt aktiv ihr Leben gestalten wollen, aber wir haben auch mehr Pflegebedürftige, gerade Hochaltrige. Wir haben pflegende Angehörige, die sich sehr engagieren, aber selbst älter werden und damit auch weniger werden. Singlehaushalte nehmen in unserer Stadt zu. Das bedeutet auf der einen Seite Ausfall von Hilfemöglichkeit, auf der anderen Seite Einsamkeit, zugleich existiert der Wunsch, möglichst lange in der eigenen Wohnung zu bleiben. Das alles sind Fakten, denen sich der Senat, aber auch die Bezirke stellen, um den demografischen Wandel zu gestalten.

Ich glaube, eine ganz wichtige Notwendigkeit für die Menschen in unserer Stadt, für pflegende Angehörige und Ältere ist es, eine gute Beratung zu bekommen, und das ist bei uns der Fall, eine gute Beratung, wenn sie vorbeugen wollen, wenn sie ihre Wohnung barrierefrei umgestalten wollen, wenn sie finanziell dazu der Förderung bedürfen und wenn sie Antragshilfen auch in Anspruch nehmen müssen.

Ganz konkret, am 25. März haben wir einen weiteren Pflegestützpunkt oder – ich sage immer lieber – eine weitere Beratungsstelle rund ums Alter in dieser Stadt, in Charlottenburg-Nord am Heinickeweg 1 gemeinsam mit dem Staatssekretär Gerstle eröffnen dürfen. Zwölf Einrichtungen dieser Art, die hervorragend beraten, unterhält das Land Berlin. Sozialwerk und Unionhilfswerk waren einst die Initiatoren. Seit den entsprechenden Gesetzen haben wir eine Zielstellung von 36 solcher Beratungspunkte flächendeckend, kiezbezogen auf dem Weg. Es sind noch nicht 36, daran werden wir weiter intensiv arbeiten, denn es gibt noch einige Bereiche der Stadt wie z. B. das alte Moabit, wo es sehr wohl nötig wäre, auch einen solchen Pflegestützpunkt zu errichten.

Weitere Qualifizierung bei der Beratung dort vor Ort, die Einbindung Ehrenamtlicher mit dem Ziel größerer

(Oliver Höfinghoff)

Nachhaltigkeit bei der Durchführung von Maßnahmen, u. a. auch was die Vermeidung von Rückbaupflichten angeht, wenn Wohnungen sozial und barrierefrei umgestaltet werden. Auch dieses Thema hat sich der Senat auf die Fahnen geschrieben, und das halten wir für außerordentlich wichtig und richtig.

Die Infoportale dieser Stadt, Pflegeportal und insbesondere der Pflegelotse leisten eine hervorragende Arbeit gegenüber den Menschen, die wissen wollen, was es für Angebote gibt, etwa auch Qualitätshinweise haben und Preise vergleichen wollen. Hier wird der bedarfsgerechte Ausbau weiterhin vorangetrieben, und das halten wir für außerordentlich wichtig.

Im Haushalt 2014/15 konnten die Mittel für die Stadtteilzentren – das haben wir hier schon öfter diskutiert – vergrößert werden. Wir haben mehr Stadtteilzentren, die gefördert werden. Einige können besser finanziert werden. Hier geht es vor allen Dingen darum, dass die Organisation von Selbsthilfegruppen pflegender Angehöriger, aber auch von Gepflegten ermöglicht wird. Etwa durch die Anbindung der zwölf Kontaktstellen „PflegeEngagement“ soll und wird hier ganz aktiv Selbsthilfe organisiert. Hier geht es darum, das durchzusetzen, was der Gesundheitsminister Grohe gesagt hat: „Der Pflegedienst Nummer eins in unserer Gesellschaft, das ist die Familie.“ Wir wollen alles dafür tun, und der Senat tut das, und das halten wir für richtig, dass Schwierigkeiten, die sich den einzelnen Familien bei der Pflege bieten, erkannt und abgebaut werden.

Das gilt z. B. auch für den gesamten Bereich der Demenzerkrankungen. Sie wissen, einige Bezirke sind da Vorreiter. Charlottenburg-Wilmersdorf war, glaube ich, einer der ersten demenzfreundlichen Bezirke. Hier ist die Unterstützung der Landesebene da. Hier unterstreichen wir die Aktivitäten des Senats. Denn auch an dieser Stelle zeigt sich: Wir lassen die Betroffenen und wir lassen die Pflegenden nicht allein.

Aktuell diskutieren wir in dieser Stadt die Leitlinien der Berliner Seniorenpolitik aus dem Jahre 2013. Das tun nicht nur die bezirklichen Seniorenvertretungen, sondern auch die Sozialverbände. Und in den Bereichen 14 bis 16 dieser Seniorenleitlinien werden Gesundheit, Pflege und Hospiz- und Palliativangebote abgehandelt. Das sind Vorschläge zum Mitdenken, und ich glaube, es ist besonders wichtig, wenn sich hier viele einmischen und z. B. die „Woche der pflegenden Angehörigen“ 2012/2013 und zukünftig alle zwei Jahre mit in ihren Erfahrungsaustausch einbeziehen und dafür sorgen, dass die beiden anschließenden Konferenzen, die wir in diesem und im nächsten Jahr zu dem Thema haben werden, weitere Aufschlüsse geben und damit die Gesellschaft auch im Bereich der Pflege ein Stück voranbringen.

Eine Verbesserung beim Entlassungsmanagement des Krankenhausbetriebes, wenn man längere Aufenthalte hat, ist besonders wichtig. Der Senat hat sich das auf die Fahnen geschrieben. Es muss auch erreicht werden, dass auch bei der Ausstattung von Pflegeeinrichtungen mit besserer fachärztlicher Versorgung dieses Hin und Her zwischen Krankenhaus und Pflegeeinrichtung auf ein begründetes Minimum reduziert wird. Auch das ist Ausdruck von Qualität im Pflegebereich.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfragen! Ich möchte zusammenhängend reden.

Und wenn der Senat – und ich lege auch an dieser Stelle darauf wert, das mal zu sagen – die Bezirke bei der Aufdeckung von Minderleistungen etwa bei ambulanter Pflege massiv unterstützt, so ist die Motivation nicht die Einsparung von Geld, sondern der Wunsch, dass diese den Bürgern gewährten Leistungen qualitativ und umfassend auch bei ihnen ankommen.

Anerkennung ehrenamtlicher Arbeit im Bereich sozialer Träger, dazu gehört natürlich auch der Pflege- und Hospizbereich. Das war zum Beispiel am 24. März der Fall, als der Staatssekretär die Verleihung der Berliner Ehrenamtsnadel gerade auch an Berliner vollzog, die sich im Pflege- und Hospizbereich massiv engagiert haben und damit zur Qualitätssteigerung beigetragen haben.

Zukünftig werden wir einen Bedarf an gut ausgebildeten und motivierten Pflegekräften haben, die in Zusammenarbeit mit pflegenden Angehörigen, aber auch natürlich selbstständig gute Pflege gewährleisten. Wir wissen, der Beruf ist sehr schwer und zurzeit nicht gut angesehen. Es gibt zu wenig Auszubildende. Deswegen ist es wichtig, dass die im Dezember 2012 auf der Bundesebene eingeleitete Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive „Altenpflege 2012 bis 2015“ jetzt durch den Berliner Senat durch „Gepflegt in die Zukunft – Berlin wird älter“ aufgenommen wird. Hier gibt es gute Informationsangebote über den Beruf selbst. Aber wir wissen alle, eine solche Werbekampagne reicht nicht aus. Es müssen die Bedingungen im Bereich der Pflege verbessert werden.