Protokoll der Sitzung vom 05.06.2014

Radfahren in Berlin wird immer beliebter. Rund 1,5 Millionen Wege werden bereits täglich in der Hauptstadt mit dem Fahrrad zurückgelegt. Das Radroutenhauptnetz wird bis 2017 weiter ausgebaut. Es wird dann rund 350 Kilometer umfassen und entsprechend ausgeschildert sein. Damit wird der wachsenden Bedeutung des Radverkehrs in unserer Stadt Rechnung getragen. Es ist mit Abstand das größte aller deutschen Großstädte, und ich finde, das ist eine Erfolgsgeschichte. Denn gerade in Berlin ist in den letzten Jahren grundsätzlich zu wenig in die allgemeine Verkehrsinfrastruktur und damit auch in das Fahr

radwegenetz investiert worden. Dabei gilt es, jetzt und in der Zukunft den enormen Instandhaltungsrückstau in der betreffenden Verkehrsinfrastruktur abzubauen. Diesen Missstand und das unvernünftige Sparen ändern wir als Koalition aus SPD und CDU für bessere Straßen, für bessere Wege, für mehr Verkehrssicherheit und weniger Unfälle.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Schlechter Witz!]

Es ist unbestritten, dass das Fahrrad als umweltfreundliches Verkehrsmittel eine wichtige Rolle spielt. Wir wollen deshalb den Anteil des Fahrradverkehrs als eine weitere attraktive und umweltfreundliche Mobilitätsalternative in unserer Stadt steigern. Die Förderung des Radverkehrs war deshalb auch ein erklärtes Ziel in der Koalitionsvereinbarung. Daher haben wir im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen dies als einen Schwerpunkt definiert und die finanziellen Mittel zur Radwegesanierung aufgestockt. 4 Millionen Euro stehen damit allein dem Radwegesanierungsprogramm jährlich zur Verfügung.

An dieser Stelle möchte ich die Tatsache nicht unerwähnt lassen, dass die Bezirke ebenfalls neben dem vereinbarten Zuschuss, 50 Millionen, weiterhin einen zusätzlichen Betrag von 25 Millionen im Rahmen des sogenannten Schlaglochsanierungsprogramms zur Verbesserung der Verkehrs- und Straßeninfrastruktur zur Verfügung haben. Auch dies ist ein bewusstes Programm dieser Koalition unter Beteiligung der Union. So etwas hat es unter RotRot vorher nicht gegeben. Uns ist bewusst, dass diese Beträge nicht völlig ausreichen, um das gesamte Netz schnellstmöglich instandzusetzen. In Anbetracht der finanziellen Situation in unserer Stadt ist es jedoch ein nennenswerter Beitrag, den wir als Koalition gemeinsam auch zur Förderung der allgemeinen Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung stellen.

Das sind erst einmal einige Fakten, die belegen, dass die Koalition und der Senat sich offensiv dieser Aufgabe stellen und zukunftsweisend handeln. Unser Erfolg ist es, dass die Berliner Radverkehrsstrategie fertiggestellt und veröffentlicht wurde. Die Berliner Radverkehrsstrategie soll dazu beitragen, dass zur besseren Verkehrssicherheit des Radverkehrs fortlaufend auch die Einrichtung von Radfahrstreifen auf Hauptverkehrsstraßen geprüft und in Abhängigkeit von der jeweiligen Verkehrs- und baulichen Situation umgesetzt wird. Aber dazu gehört auch, die Sinnhaftigkeit der bestehenden Radverkehrsstreifen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.

Durch den Nationalen Radverkehrsplan nimmt der Bund seine Aufgabe als Moderator, Koordinator und Impulsgeber der Radverkehrsförderung wahr. Er hat die Länder und Kommunen ermutigt, den Radverkehr durch eigene Initiativen und Radverkehrskonzepte in der Breite zu verankern. Städte und Gemeinden sind auch weiterhin aufgefordert, für den Radverkehr eine ausreichende und sichere Infrastruktur zu schaffen. Der Bund sieht seine Aufgabe darin, an den Bundesstraßen durch den Bau von

(Stefan Gelbhaar)

straßenbegleitenden Radwegen und durch die damit verbundene Trennung der Verkehrswege den Radverkehr signifikant sicherer zu machen. Jedoch wäre eine pauschale Ausweitung weder für den Radverkehr noch für die übrigen Verkehrsteilnehmer hilfreich. Vielmehr muss es eine Einzelfallprüfung unter Abwägung der jeweiligen Gegebenheiten geben. Hierzu ist auch zu berücksichtigen, dass sich in der jüngsten Vergangenheit viele neue innovative Konzepte im innerstädtischen Verkehr etabliert haben. Hier sind Mobilitätskonzepte wie beispielsweise die Elektromobilität, Carsharing, Mietfahrräder sowie die steigende Zahl von Elektrofahrrädern zu nennen.

Mehr als 50 Prozent aller innerstädtischen Autofahrten finden im Bereich unter 5 Kilometer statt. Hier sehen wir als Unionsfraktion das größte Potenzial für eine Verlagerung zum Radverkehr hin, dies aber für Menschen, die Fahrrad fahren wollen und können, nicht zwanghaft. Wir werden weiterhin mithin aus persönlichen Bedürfnissen immer zu respektieren haben, dass nicht jeder Fahrrad fahren will und nicht jeder Fahrrad fahren kann. Um jedoch die Nutzung des Fahrrads attraktiver zu machen, ist zudem eine verbesserte Verzahnung des Radwegenetzes mit anderen Verkehrsmitteln erforderlich.

Wir unterstützen ein Miteinander der verschiedenen Verkehrsarten und Verkehrssysteme. Ziele in der Stadt müssen je nach Entfernung und den persönlichen Anforderungen des Verkehrsteilnehmers zu Fuß, per Auto, per Rad und mit einem guten öffentlichen Nahverkehr immer gut bis sehr gut erreichbar sein. Wir setzen uns daher auch dafür ein, dass größere Kapazitäten für die Beförderung von Fahrrädern im ÖPNV zur Verfügung stehen werden, um diese umweltfreundliche Art der Fortbewegung weiter zu fördern und eine bessere Verknüpfung von Rad- und ÖPNV-Nutzung zu erreichen. Der Senat steht in dieser Frage mit den betreffenden Verkehrsunternehmen, den landeseigenen, aber auch der Deutschen Bahn, im Kontakt, um eine Verbesserung der Mitnahme durch erhöhte Bereitstellung von Kapazität zu realisieren. Gleichfalls ist dies Bestandteil der neuen S-BahnAusschreibung.

Zudem müssen wir bei allen Bemühungen, den Verkehrsraumbedarf gerecht zu optimieren und einzelne Mobilitätsformen zu fördern, an allererster Stelle an die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer denken. Insbesondere im Bereich der Verkehrserziehung setzen wir einen Schwerpunkt. Besonders für Kinder und junge Menschen ergibt sich aufgrund der fehlenden Erfahrung beim Straßenverkehr eine besondere Gefährdungslage. Daher unterstützen und stärken wir die Rolle der Jugendverkehrsschulen Berlins und passen die Rahmenpläne im Schulgesetz entsprechend an.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das muss aber mit mehr Pep rüberkommen!]

Berlin ist eine wachsende Metropole und ein Tourismusmagnet. Dies und ebenso die Tatsache, dass sich das

Mobilitätsverhalten und die Inanspruchnahme der vorhandenen Verkehrswege immer mehr verändern, sind Herausforderungen, die Berlin in der Zukunft zu bewältigen hat. Aber diesen Herausforderungen kann man nicht nur damit begegnen, dass man mit einem ideologisch motivierten Tunnelblick einfach eines der vielen Verkehrsmittel bevorzugt. Die CDU wehrt sich daher gegen Bevormundung und Diskriminierung im Verkehr vor allem gegen den von der links-alternativen Seite immer wieder stigmatisierten Autoverkehr, obwohl genau diese Kritiker oft selbst Auto fahren.

[Lachen bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Das beredte Lachen macht mir nur deutlich – –

[Ajibola Olalowo (GRÜNE): Sie haben wohl eine alte Rede genommen! – Zuruf von den PIRATEN: Da ist die Schrift zu klein!]

Sie brauchen einfach nur auf den Parkplatz beim Martin-Gropius-Bau zu gucken und werden sehen, wie viele Grüne dort mit ihrem Auto parken und wie wahr und wie ehrlich Ihre eigene Politik ist.

[Beifall bei der CDU]

Vielmehr ist ein integriertes Verkehrskonzept mit intelligenten Lösungen unter Nutzung modernster Steuerungstechnik erforderlich, um in einem Ballungsraum eine funktionierende Mobilität zu gewährleisten. Ein hervorragendes Beispiel ist die Weiterführung der A 100. Dieses Konzept bewirkt, dass der Durchgangsverkehr im Innenstadtbereich reduziert wird.

[Zurufe von den GRÜNEN – Unruhe]

Dies hat zur Folge, dass der innerstädtische Verkehrsraum von Pkw und Lkw entlastet wird, was wiederum entsprechende Freiräume für andere Verkehrsteilnehmer schafft und auch deren Sicherheit dient und deutlich erhöht. Weniger Lkw auf Berlins Straßen bedeuten auch weniger schwere Unfälle mit Fahrradfahrern und hoffentlich weniger getötete Menschen

[Lachen von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Gibt es auch eine Tonfassung von dieser Rede?]

als die 38 Menschen, die 2013 in Berlin zu Tode kamen. – Herr Dr. Albers! Ich verstehe, ehrlich gesagt, nicht, warum Sie bei einem so ernsten Thema lachen. Das muss ich Ihnen sagen. Tut mir leid, da fehlt mir das Verständnis.

[Zurufe von der LINKEN]

Sie sehen also, dass wir uns mit unserem Verkehrskonzept, das gleichberechtigt alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt, auf dem besten Weg befinden, den künftigen Herausforderungen für die wachsende Metropole Berlin zu begegnen. Der Verkehrsfluss wird gesichert, die Wirtschaft nicht unnötig behindert, der Individualverkehr in

die richtige Richtung gelenkt, die Lebensqualität für die Berliner verbessert und die Umwelt nicht unnötig belastet. Das ist das Programm der Koalition. Dieses führen wir seit zweieinviertel Jahren hier aktiv voran, und es ist ein Programm, das sich deutschlandweit und auch in Europa sehen lassen kann. Dieses Programm wird von dieser Koalition weiter fortgesetzt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Danke schön! – Für die Fraktion Die Linke jetzt der Kollege Wolf.

[Jutta Matuschek (LINKE): Der fährt auch Fahrrad – das weiß ich!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst mal einen herzlichen Dank an die Piraten! Sie haben dem Berliner Parlamentarismus wieder eine seiner Sternstunden beschert.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Martin Delius (PIRATEN): Kommt darauf an, was Sie daraus machen!]

Ich hätte ja verstanden, wenn die Koalitionsfraktionen diese Aktuelle Stunde beantragt hätten.

[Torsten Schneider (SPD): Wir hatten ein wichtigeres Thema!]

Denn in Koalitionskrisen beantragt man immer Aktuelle Stunden, die möglichst weit weg von den kritischen Themen sind. Das Tourismuskonzept wird gern genommen. Heute haben wir die Fahrradstrategie.

[Heiterkeit bei der LINKEN – Beifall bei der LINKEN]

Ich hätte ja verstanden, dass in einer Situation, wo am 25. Mai fast zwei Drittel der Berlinerinnen und Berliner das Senatskonzept für das Tempelhofer Feld abgelehnt haben, die Koalitionsfraktionen gesagt hätten: Darüber wollen wir nicht diskutieren! – Deshalb haben sie ja auch dankbar Ihren Antrag aufgenommen. Ich hätte es verstanden, wenn die Koalition das in einer Situation beantragt hätte, wo sich bei der Tempelhof-Abstimmung der Koalitionspartner der Sozialdemokraten, die CDU, einen schlanken Fuß gemacht hat, abgetaucht ist und sozusagen im Stillen gegen die ZLB und damit gegen den Masterplan des Senats agitiert hat.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Heiko Melzer (CDU): Zum Glück waren ja die Linken so konstruktiv!]

Ich hätte es verstanden, wenn die Koalition das vor dem Hintergrund beantragt hätte, dass der Senat mit den Stimmen der CDU beschlossen hat, sich um das Gasnetz

zu bewerben, und jetzt auf einmal die CDU entsetzt ist, dass das Land Berlin mit seinem Unternehmen BerlinEnergie gewonnen hat. Warum habt ihr dem denn zugestimmt, frage ich. Das ist doch irre.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Dann hätte ich es auch verstanden, dass man nicht darüber reden will, in welchem Zustand diese Koalition insgesamt ist, und dass die CDU gestern den Koalitionsvertrag gebrochen hat und sich nicht um die Regeln der Zusammenarbeit schert, sondern – erfreulicherweise – mit der Opposition abstimmt.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Meine Damen und Herren! Ich hätte verstanden, dass man darüber nicht reden will. Aber das beantrage ich doch nicht als Oppositionsfraktion.

Jetzt will ich nicht sagen, dass das Thema Fahrradverkehr unwichtig ist.

[Martin Delius (PIRATEN): Das haben Sie aber gerade gesagt!]

Ich will auch die Aktualität nicht damit begründen, dass ich heute Morgen mit dem Fahrrad gekommen bin.

[Zurufe von den PIRATEN]

Nein! Das Argument zählt nicht, weil ich das fast jeden Tag tue, außer bei Schnee- und Eisglätte. – Ich finde, es ist kein Thema für die Aktuelle Stunde. Das hätte man im Parlament an anderer Stelle und dann intensiver und gründlicher behandeln können.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Martin Delius (PIRATEN) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]