es brauchte danach noch zwei Volksentscheide. Das sind die demokratischen Spielregeln. Hören Sie endlich damit auf, sich darum herumzudrücken.
Ich sage es immer wieder und werde auch nicht müde, es zu sagen: Ich bin sportbegeistert, ich treibe selbst Sport. Ich sehe mir gerne Leistungssport an.
Ich feiere übrigens auch gern Feste, auch internationale, und finde die olympische Idee gar nicht so übel. Ich habe ein Problem mit der olympischen Praxis.
Aber ich höre ja auch in der Selbstkritik der Olympiabefürworter, dass es bei Ihnen auch die eine oder andere Kritik gibt.
Eine Olympiabewerbung unter den gegebenen Bedingungen halte ich aber für falsch. Sie reden über sehr viele schöne Absichten und verharmlosen oder verschweigen die Risiken. Sie schätzen und verschleiern gegen jede Erfahrung die realen Kosten von Olympischen Spielen für das Gemeinwesen nach unten. Es gibt hierzu wissenschaftliche Studien, die Sie nicht bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen. Sie behaupten positive wirtschaftliche, stadtentwicklungspolitische und sportpolitische Effekte. Wenn man den Schleier der Propaganda lüftet und die offiziellen Auswertungen des IOC einer Überprüfung unterzieht, zeigt sich in der Regel das Gegenteil. Sie fahren die Stadt mit Blick auf die Altschulden auf Verschleiß und wollen allein 1 Milliarde Euro für temporäre Anlagen ausgeben. Ich sage es noch einmal: Wir haben leider nur begrenzte Investitionsmittel. Bevor nicht die dringendsten Investitionen in die soziale und bauliche Infrastruktur, also in das, was die Menschen in dieser Stadt dringend brauchen, abgesichert, geplant und durchgesetzt sind, sind Haushaltsrisiken durch Olympia in vielfacher Milliardenhöhe nicht zu verantworten.
Sie schreiben in Ihrer Entschließung: Eine Verschuldung des Landes Berlin durch eine Olympiabewerbung darf es nicht geben. – Nach Lage der Dinge ist das entweder blauäugig, gelogen, oder Sie haben schon neue massive Sparvorschläge für die öffentliche Daseinsvorsorge. Wenn Sie die Praxis der Host-City-Contracts durch das IOC akzeptieren – und daran rüttelt auch die Reformagenda von Herrn Bach nicht –, akzeptieren Sie letztendlich die Übernahme aller Risiken und Mehrkosten durch Berlin. Dieser Senat bekommt die einfachen Pflichtaufgaben nicht auf die Reihe und flüchtet in Visionen. Die Koalition hat heute eine Entschließung eingebracht, in der steht keine harte Konditionierung, viele „soll“, kaum ein „muss“. Wir haben aufgeschrieben, welche Voraussetzungen Senat und IOC mindestens erfüllen müssen, um überhaupt über eine Bewerbung nachzudenken. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, deshalb ist diese Olympiabewerbung auch falsch!
Der Senat hat für seine Olympiabewerbung den Titel gewählt „Die ganze Welt in unserer Stadt“. Ja, Berlin ist die multikulturelle Metropole in Deutschland. Dass Berlin international als weltoffene und tolerante Stadt gilt, ist schön, aber ganz sicher kein Verdienst der CDU.
Und, Hand aufs Herz, Klaus Wowereit: Klingt das als Werbeslogan für eine Olympiabewerbung nicht ein bisschen zynisch, wenn der gleiche Senat, der die Jugend der Welt in die Stadt rufen möchte, nicht imstande ist, für die Menschen, die aus den Krisengebieten der Welt hierher geflüchtet sind, anständige Unterkünfte zur Verfügung zu stellen?
Da rede ich jetzt noch gar nicht davon, dass der Sportsenator seinen größten sportlichen Ehrgeiz darin zu entwickeln scheint, die Übereinkunft der Flüchtlinge vom Oranienplatz mit dem Senat zu sabotieren und die Leute aus der Stadt zu kriegen. Solange Sie Flüchtlinge so behandeln, werben Sie nicht mit dem Begriff der Weltoffenheit!
Wir sind nicht bereit, nur für eine Olympiabewerbung die Verfassung zu ändern. Wir sind aber bereit, Ihr allgemeines Bekenntnis zu mehr Demokratie aufzunehmen und über eine Reform der Volksgesetzgebung zu verhandeln. In diesem Zusammenhang lässt sich auch Ihr Problem mit einer verbindlichen Volksabstimmung zu Ihrer Olympiabewerbung lösen – und zwar seriös. Klaus Lederer hat vergangene Woche einen Vorschlag unterbreitet. U.a. geht es dabei um die Einführung eines fakultativen Volksreferendums und eines Parlamentsreferendums als Ausnahme. Ich habe Ihnen dazu geschrieben, Herr Saleh, Herr Graf, Frau Pop, Frau Kapek, Herr Delius und Herr Spies. Denn sollte die Zeit nicht reichen für zwei Volksentscheide – einmal über die Verfassungsänderung und dann auf der Basis der geänderten Verfassung über Olympia –, ließe sich das auch ausnahmsweise an einem Tag lösen. Aber eben nach den Regeln des Abstimmungsgesetzes mit richtigen Wahllokalen unter Aufsicht der Landeswahlleiterin. Das ist ja wohl eine Mindestbedingung für eine seriöse Abstimmung.
Auch Grüne und Piraten haben zum Thema – Frau Kapek hat es angesprochen, ich gehe davon aus, dass die Piraten auch noch etwas dazu sagen werden – Vorschläge zu
Dann hätte die Olympiadebatte für Berlin vielleicht noch ein Gutes: Es gäbe ein Mehr an direkter Demokratie in der Stadt, und die Berlinerinnen und Berliner hätten eine ernste Chance, diese falsche Olympiabewerbung abzulehnen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Welches Thema wir haben, zu dem ich rede, bestimmen ganz bestimmt nicht Sie, die Linksfraktion. Das erst einmal vorweg.
[Ah! bei der Linksfraktion – Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN Herr Wolf! Ich hatte mir eigentlich fest vorgenommen, am heutigen Tage über die Linksfraktion in diesem Haus gar nichts zu sagen, aber nach Ihrer Rede und dem Be- weis, wie Sie mit Zukunftsthemen unserer Stadt umge- hen, kann ich nur hoffen, dass Sie nie wieder in Regie- rungsverantwortung kommen. Das möchte ich Ihnen gern mit auf den Weg geben! [Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]
Dass heute von fünf Fraktionen übrigens zwei Sportpolitiker sprechen und ansonsten hier eine Bürgerbeteiligungsdebatte aufgemacht wird, zeigt, dass das Thema Olympische Spiele offenbar auch bei Ihnen verfängt und Sie dazu anregt, darüber nachzudenken, wie wir gemeinsam bei diesem Thema vorankommen können. Das freut uns Sportler sehr. Das ist die Strahlkraft, die Olympische Spiele offensichtlich ausstrahlen.
Ich glaube, dass meine Rede am Ende keine Fragen offenlässt. Deswegen möchte ich gern weitersprechen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es kommt nicht oft vor, dass es der Sport in die Aktuelle Stunde des Abgeordnetenhauses schafft.
In den letzten Wochen gab es zahlreiche mündliche und schriftliche Anfragen, Diskussionsveranstaltungen von diversen Verbänden und Fraktionen, Presseberichterstattung und Interviews. Die Frage nach einer Bewerbung Berlins um Olympische und Paralympische Spiele tut uns jetzt schon gut, weil sie Themen verbindet und aufmerksam macht. Welche Chancen ergeben sich durch die Spiele für die Infrastruktur und den Verkehr, die Wirtschaft und den Messestandort, für den Tourismus und die Kultur, für den Breiten- und den Jugendsport, für die Barrierefreiheit und die Inklusion, für das Stadtmarketing und das weltweite Image Berlins? All diese Fragen stehen in einem direkten Zusammenhang mit einer möglichen Bewerbung Berlins.
Das könnten die Olympischen und Paralympischen Spiele sein. Doch dafür brauchen wir national erst einmal den Zuschlag des Deutschen Olympischen Sportbundes.
Sport in Berlin, das sind über 2 300 Vereine, in denen sich über 60 000 Menschen ehrenamtlich mit Leidenschaft engagieren. Das sind Orte, an denen insbesondere Kinder und Jugendliche
wichtige Dinge wie Teamgeist und Umgang mit Sieg oder Niederlage erlernen. Diese Vereine und die Menschen, die sich dort in allen Ortsteilen und Bezirken in unserer Stadt engagieren, sind die Seele der Sportmetropole Berlin. Dazu kommen unsere Proficlubs. 70 Bundesligisten in weit über 30 verschiedenen Sportarten
und Identifikationsfiguren für die junge Generation eine besondere Rolle. Neben diesen wöchentlich stattfindenden Bundesligaspielen sind wir besonders stolz auf die jährlichen, großen sportlichen Highlights: ISTAF, Berlin
Marathon, Velothon, DFB-Pokalfinale und das Sechstagerennen sind seit Jahren absolute Publikumsmagneten.