Ich denke, eine Novelle des Energiewirtschaftgesetzes ist dringend nötig. Mehr als jede zweite Gas- oder Stromnetzkonzession landet vor Gericht, manche sogar mehrfach, einmal bei der Vergabe und dann noch einmal bei der Übertragung. Das ist nicht nur aus politischen Gründen, sondern allein schon dann, wenn man es vom Wettbewerbsgedanken her betrachtet, extrem kontraproduktiv, weil es zeigt, dass jeder Bewerber, jede Bewerberin als Firma, große Transaktionskosten hat, die einen wirklich funktionierenden Wettbewerb behindern. Ich glaube, es betrifft nicht nur den Wechsel von einem privaten Anbieter zu einer Kommune, sondern auch wenn eine Kommune möchte, dass es ein unabhängiger Anbieter ist, der Platzhirsch wird, auch dann entstehen diese Probleme. Wir erleben das um Berlin herum bei den Netzvergaben. Alle, die nicht an den Platzhirschen gegangen sind, sind vor Gericht gelandet. Die meisten Verfahren – ich glaube, elf von zwölf – sind gegen den Newcomer ausgegangen. Das ist ein großes Problem für die Kommunen. Hier muss der Bundesgesetzgeber auf jeden Fall ran.
Wir Grüne haben auch große Sympathien, das ist bekannt, für andere Möglichkeiten der Rekommunalisierung, etwa für Energiegenossenschaften. Wir haben gestern in der Enquete-Kommission gehört, dass es in Dänemark das gängige Modell bei der Fernwärme ist, dass sich vor Ort die Bürgerinnen und Bürger zu Genossenschaften zusammentun und das Fernwärmenetz selbst betreiben. Dabei achten sie sehr darauf, dass keine Misswirtschaft und keine Ineffizienzen auftreten. Auch das sollten wir bei einer Novellierung berücksichtigen, damit
Wo die Linksfraktion sehr recht hat, ist die Forderung nach Herausgabe von Daten durch den bisherigen Netzbetreiber. Die Herausgabe muss gesetzlich fixiert werden, am besten drei Jahre vor Ende der Konzession, damit langfristig, falls Daten fehlen, diese nachgefordert werden können, damit sich viele Wettbewerber finden, die das Netz haben wollen und auch die Kommune ausreichend Zeit hat, sich ein Bild zu machen.
Dann brauchen wir – genau wie die Linksfraktion sie fordert – klare Regelungen zur Netzübertragung. Ich bitte den Senat sehr darum, uns im Ausschuss eine umfassende Stellungnahme zu diesem Antrag vorzulegen. Der Kollege Stroedter hat es gesagt, die Senatsverwaltung für Finanzen hat dazu einen interessanten Kongress durchgeführt. Die Ergebnisse daraus und die Ergebnisse aufgrund der eigenen Erfahrungen des Senats sollten unbedingt in die Beratungen des Parlaments einfließen.
Herr Kollege Stroedter! Sie haben sehr viel dazu gesagt, was sich die SPD-Fraktion wünscht. Ich ahne schon, dass Sie bei der zweiten Lesung dann wieder sagen, dass es leider nicht möglich war, dies umzusetzen, weil der Koalitionspartner es nicht will. Ich bitte darum, dass wir diesen wirklich wichtigen Antrag konstruktiv beraten, dass wir überlegen, nicht alle auf unserer Position zu beharren, sondern dass wir vielleicht Kompromisse finden können, die dann auf Bundesebene auch mehr bewirken, wenn wir zu einem einstimmigen Ergebnis kommen und zumindest die ganz klaren Probleme, die das Energiewirtschaftgesetz bei der Konzessionsvergabe enthält, aus unser aller Sicht adressieren und lieber einen kleinen gemeinsamen Nenner finden, den wir alle tragen, anstatt am Ende wieder eine zweite Lesung zu haben, in der die SPD sagt: Leider, leider, die CDU war nicht bereit dazu, deshalb haben wir gar kein Ergebnis. Das wäre sehr traurig. Lieber Kompromisse finden zusammen und eine qualifizierte Diskussion im Ausschuss haben und dann mit einem Ergebnis hier aus der Beratung herausgehen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Linkspartei versucht, mit einem unbrauchbaren juristischen Werkzeug ein politisches Ziel zu erreichen. Dieses politische Ziel ist die Stärkung der Staatswirtschaft zulasten des Wettbewerbs.
Das werden wir als CDU-Fraktion nicht mitmachen. Wir haben es gerade erst geschafft, in die über Jahrzehnte monopolistisch organisierte Energiewirtschaft etwas Wettbewerb hineinzubekommen. Dieser Wettbewerb ist Im Übrigen kein Selbstzweck. Dieser Wettbewerb dient einzig und allein dem Ziel: die beste Leistung zum besten Preis für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Und auch im Netzbereich ist Wettbewerb möglich – natürlich nicht Wettbewerb im Nebeneinander im gleichen Netz, aber durchaus Wettbewerb zeitlich hintereinander, und zwar immer unter der strengen Überwachung der Bundesnetzagentur. Diese Bundesnetzagentur hat beispielsweise einem der Netzbetreiber in Berlin, dem Gasnetzbetreiber, der GASAG, gerade 100 Prozent Effizienz beim Betrieb des Gasnetzes bestätigt. Ob diese 100-ProzentEffizienz auch dann erreicht worden wäre, wenn dem Unternehmen das Gasnetz nicht auf Zeit, sondern auf ewig übertragen worden wäre, kann kritisch hinterfragt werden. Insofern wirkt also der Wettbewerb heilsam. Er zwingt zur Effizienz, er zwingt zu Kostendisziplin, er sichert dem Verbraucher die beste Leistung zum besten Preis. Wir lehnen diesen Antrag also vor allem aus politischen Gründen ab.
Und aus dem Selbstverwaltungsrecht der Kommunen ist auch nicht ableitbar, lieber Herr Kollege Wolf, dass eine Kommune einen Bereich, der grundsätzlich wettbewerblich geregelt werden kann, einfach der Staatswirtschaft einverleiben kann. Es gibt viele gut geführte, erfolgreiche Stadtwerke, aber es gibt eben auch die anderen. Und wir haben inzwischen gelernt, dass auch ein Stadtwerk insolvent werden kann. Staatlich ist also nicht zwingend besser als privat.
Nein, auch nicht schlechter, nicht generell. Das kann man so allgemein nicht sagen. Man muss sich jeden Einzelfall ansehen. – Darüber hinaus sehen wir aber auch rechtliche Probleme, z. B. bei dem aus meiner Sicht etwas verschwommen formulierten Änderungswunsch in Bezug auf den § 613a BGB. Diese Norm ist heute schon so formuliert, dass sämtliche Arbeitnehmer eines Betriebes, der übergeht, erfasst sind, und zwar unabhängig davon, welcher rechtlich organisierten GmbH sie zugeordnet sind. Also der faktische Betrieb, der übergeht, ist komplett erfasst, dort sind alle Arbeitnehmer erfasst, unabhängig davon, in welcher GmbH sie organisiert sind.
Zugestehen möchte ich den Antragstellern gerne, lieber Herr Kollege Wolf, dass manche Regelung des § 46 EnWG sehr unklar formuliert ist, Probleme verursacht im rechtlichen Vollzug und vieles noch einer höchstrichterlichen Klärung harrt.
Herr Kollege Garmer! Ich wollte Sie fragen: Glauben Sie denn, dass diese Probleme beim § 46 Energiewirtschaftsgesetz allein von Rechtsprechung gelöst werden sollten, die ja zum Teil zu unterschiedlichen Einschätzungen kommt? Oder wäre es nicht vielmehr sinnvoll, dass der Gesetzgeber hier für eine Klärung sorgt? An welchen Punkten halten Sie diese Klärung für nötig? Das wäre vielleicht ein Ausgangspunkt für eine nach vorne gewandte Diskussion, die man führen kann.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass nach dem einen oder anderen höchstrichterlichen Urteil klar wird, dass der politische Wille des Gesetzgebers nur durch eine Änderung des Gesetzes erreicht werden kann. In welchen Punkten das dann der Fall sein wird, das kann ich heute noch nicht sagen. Es wird jedenfalls nicht der Punkt sein, den die Linkspartei mit ihrem Antrag intendiert.
Aber alle diese Dinge, Klärung der Probleme des § 46 EnWG, sind im Gang, das läuft ohnehin. Da hilft dieser Antrag nicht weiter. Daher werden wir ihn ablehnen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Die Koalition hat der Zusammenlegung dieses Tagesordnungspunkts mit TOP 7 leider widersprochen, dabei hätte man die inhaltliche Nähe ohne Probleme herstellen können. Aber wer halt keine eigenen Anträge auf der Tagesordnung hat, will anscheinend auch nicht, dass die Anträge der Opposition noch mehr Beachtung finden, sodass die eigene Faulheit noch deutlicher wird.
Meine Vorredner haben eine ganze Menge Punkte schon angesprochen. Ich glaube auch, dass die Beratung in den Ausschüssen dringend notwendig ist, denn wenn die CDU sich hier in der ersten Lesung hinstellt und sagt, sie lehnt den Antrag schon ab, und damit ein bisschen die Ausschussberatungen vorwegnehmen möchte, obwohl das noch in drei Ausschüssen beraten wird, Stadtentwicklungsausschuss, Wirtschaftsausschuss und Haupt
ausschuss, wo alle möglichen Änderungen von Ihnen als Mehrheit vorgenommen werden können – Sie haben selbst angesprochen, dass einige Punkte, wenn man da politisch ranmöchte, auch politisch angegangen werden müssen –, halte ich Ihre letzte Aussage für falsch und fordere Sie noch mal auf, gemeinsam mit uns allen – die SPD hat die Tür ja auch aufgeschlossen – dort ranzugehen und an den Punkten Änderungen durchzuführen, an denen wir Änderungsbedarf sehen.
Wir z. B. sehen auch Änderungsbedarf bei dem Punkt, dass private Akteure bestraft werden sollen, wenn der Senat quasi nicht aus den Puschen kommt, bei der Übergangszeit u. Ä.; da muss man noch mal diskutieren. Da können wir dann noch mal schauen, wie man da zusammenkommt. Deshalb noch mal den Appell an die CDU: Nur weil die FDP nicht mehr in diesem Haus ist, müssen Sie nicht alle Positionen von denen übernehmen.
Was schlecht ist, kann man auch ruhen lassen. Ich glaube auch nicht, dass die Wählerschaft in Berlin so groß ist, was das Potenzial angeht, was diese Klientel angeht. Deshalb den Appell noch mal: Diskutieren Sie weiter mit uns, vor allen Dingen jetzt in den Ausschussberatungen! Überlegen Sie sich Ihr kategorisches Nein noch mal! – Und liebe SPD: Geht noch ein bisschen auf die CDU zu und holt die in dem Ausschuss mit dazu, damit wir konstruktiv darüber beraten können! Wir freuen uns dann abschließend, dem federführenden Hauptausschuss das Paket dann zurechtzuziehen und dann irgendwas in Richtung Bundesratsinitiative heraushauen zu können, sodass wir auf Bundesebene politischen Druck ausüben können. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Hauptausschuss und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt und an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Piratenfraktion. – Herr Kollege Reinhardt, bitte schön, Sie haben das Wort!
Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank! – Ich kann mir vorstellen, dass er das nicht schätzen wird, aber Herr Czaja sollte schon dabeisein und sich an der Debatte beteiligen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Einige waren ja dabei, einige haben es leider verpasst: Wir hatten gestern eine tolle Sondersitzung im Sozialausschuss. Zum ersten Mal seit Langem war die Presse dabei, es war wirklich unterhaltsam. Die „Bild“ bzw. „BZ“ titelte danach: „Sondersitzung im Parlament wegen dieses Models“. Also, der Unterhaltungswert war da. Ja, aber – – Schön war es! Wir hatten eine rührende Geschichte, wie der Präsident des Landesamts für Gesundheit und Soziales, Franz Allert, 2012 seinen Patensohn Tobias Dohmen nach langer Trennung wiedertraf, und zwar bei einer Heimbegehung in der Unterkunft, ich glaube in der Turmstraße. Aber er hat damals nicht so intensiv mit ihm gesprochen, zumindest nicht über Geschäftliches. Das hätte er mal tun sollen. Dabei hätte einiges Interessantes herauskommen können. Ich habe jetzt mal so ein bisschen fiktiv geschrieben, wie dieses Gespräch hätte laufen können. Franz Allert hätte sagen können: „Mensch, Tobias! Nach sieben Jahren treffen wir uns endlich wieder. Damals warst du noch Schüler und wolltest Model werden. Was ist denn heute passiert? Was hast du jetzt mit dieser Firma Gierso Boardinghaus Berlin GmbH zu tun? Die Gierso macht doch eigentlich Wohnanlagen und sind ganz neu auf dem Markt, eröffnen aber fünf Unterkünfte in den nächsten Jahren in Berlin.“
Tobias kann antworten: „Franz, noch nichts! Ich bin da nur Projektleiter. Aber ich hab diesen Wilhelm Pleß beim Golfen getroffen, am Wannsee. Ich weiß, Skandale mit Garski und so. Das war alles in den Achtzigern. Ja, gut,
es liegen elf Haftanordnungen gegen ihn vor, aber – komm! Wir hatten gesagt, am 12. November 2012 macht er mich zum Geschäftsführer der Gierso, gleichzeitig kriege ich dann noch 75 Prozent der Anteile. Echt cool! Super Projekt! Wir steigen jetzt voll in das Geschäft mit den Flüchtlingen. Die Zahlen steigen, das weißt du ja. Müsst ihr das Angebot annehmen? Die Flüchtlinge haben ohnehin keine Wahl, ob sie Kunde werden wollen. Beschweren können sie sich auch nicht, sie können ja eh kein Deutsch. Kontrollen macht ihr momentan auch keine, und wenn, dann gibt es keine Überprüfung des Personaleinsatzes. Das ist doch super. Da kann man dann Leistungen abrechnen, die wir gar nicht erbringen, beispielsweise Kinderbetreuung oder psychologische Unterstützung. Ganz durchschaut habe ich das ganze Firmengeflecht selbst noch nicht, aber die Gierso selbst rechnet sich schlank, indem sie ganz viele Subunternehmer beschäftigt. Catering, Wachschutz, das machen alles die. Die machen die Gewinne und sind dann alle zusammen bei einem Unternehmen in der Schweiz angesiedelt. Das spart Steuern und schützt vor zu viel Transparenz!“
Kollege, einen kleinen Moment! Sie unterstellen hier einem Beamten des Landes Berlin mit Namensnennung die ganze Zeit fiktive Worte. Ich empfinde das wirklich als grenzwertig.