Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

Damit das Bingo komplett ist: Zum „Ministadtwerk“ kommt auch noch „Bonsai“ – so wird es auch noch genannt. Mehr als das ist es nicht. Wenn wir uns die 5,5 Millionen Euro angucken, die 2014/2015 drinstecken, oder auch die angepeilte Perspektive, kann sich aus dem jetzigen Stand auch nicht mehr entwickeln. Ich bezweifle auch ernsthaft, dass die Diskussion zwischen SPD und CDU etwas anderes vorgesehen hat. Da soll sich sowieso nichts mehr entwickeln. Das ist ein schlechter Kompromiss.

So kann es nicht weitergehen. Das ist nicht nur ein Stillstand im Senat, der keine Entscheidung treffen will, es ist auch ein Stillstand in der Koalition oder, besser gesagt, Sie wollen schon in den Winterschlaf gehen und hoffen, dass die ganze Stadt gemeinsam mit Ihnen in den Winterschlaf geht. Aber da erteilen wir Ihnen eine Absage. Sie können sich nicht davor drücken und auf den 11. Dezember oder die Zeit danach warten. Sie müssen die Probleme, die da sind, jetzt lösen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Die Berliner Wasserbetriebe haben ausdrücklich gesagt, dass ohne den Stromhandel keine vernünftige wirtschaftliche Tragfähigkeit dieses Unternehmens gewährleistet ist. Wie viel klarer muss das eigentlich noch passieren? Ich finde es erschreckend, dass ein landeseigenes Unternehmen, das durch den Senat kontrolliert wird, diesen nicht davon überzeugen kann, wie es wirtschaftlich zu handeln hat, dass es nicht die Koalition davon überzeugen kann, die in der Mehrheit die Gesetze und den Haushalt in diesem Haus macht, und dass die Opposition aus Linken und Piraten aufstehen muss, um einen entsprechenden Antrag einzubringen, damit Sie sich überhaupt mit diesem Thema beschäftigen. Herr Stroedter hat angekündigt, er freut sich auf die Beratung im Fachausschuss und möchte auch die CDU davon überzeugen.

[Jörg Stroedter (SPD): Stimmt doch gar nicht!

Warum haben Sie denn nicht selbst einen Antrag geschrieben und die CDU aufgefordert, ihn zu unterschreiben? Sie treffen sich doch ständig. Es ist ein schwaches Stück, wenn Sie nur darauf warten, dass die Opposition die ganze Arbeit macht. Aber wenn wir uns die aktuelle Tagesordnung anschauen, sieht es auch so aus, als ob das ein Dauerzustand in Ihrer Regierung werden soll, dass die Opposition die Gesetze vorlegt und dann die SPD und die CDU diese Gesetze mehr oder weniger in dieser Form ein halbes Jahr später umsetzen.

Zum Stromkauf habe ich schon gesagt, dass das ohne ihn unwirtschaftlich ist, dass man da keinen ordentlichen Kundenstamm aufbauen kann. Genauso wenig kann man einen Grundversorger darauf aufbauen. Ohne Kunden kann man kein Grundversorger sein, und ohne Grund

(Heiko Melzer)

versorger als Stadt kann man die ganzen restlichen Probleme, die mit daran hängen, auch nicht bewältigen.

Der Punkt des Stromkaufs macht nur ein einziges Loch in diesem ganzen Flickenteppich weg, den Sie uns hinterlassen. Dazu kommt nämlich auch noch, dass dieses Stadtwerk durch die nicht vorhandene ordentliche Finanzierung überhaupt keine ökonomischen und ökologischen Anlagen in dem Maßstab bauen kann, dass es einen signifikanten Effekt auf die Energiewende hat. Weiterhin kann es auch nicht zusammen etwa mit dem Land Brandenburg, mit den Wohnungsbaugesellschaften oder mit den Unternehmen hier im Land Berlin die ganzen potenziellen Flächen, die wir besitzen, dafür nutzen, diese Anlagen aufzubauen. Es kann auch nicht in Kooperation mit den Berlinerinnen und Berlinern von unten herauf die gesamten privaten Flächen, die es in Berlin gibt – Hausdächer oder Firmendächer oder Ähnliches –, ausbauen. Das ist bei Ihnen alles ausgeschlossen. So kann es nicht weitergehen.

Gleichzeitig müssen wir schauen, wenn wir nach Brandenburg gucken: Wir haben eine starke Vernetzung mit Brandenburg, was die Energienetze und die Kraftwerke angeht. Das ist genau so eine Aufgabe des Stadtwerks, darauf hinzuwirken, dass diese Vernetzung ausgebaut wird und dass sie auch so ausgebaut wird, dass sie zukunftsfähig ist. Das kann das Stadtwerk auch nicht.

Dann gibt es noch andere Sachen, nicht nur die wirtschaftlichen. – Ich werde überziehen.

Das geht auf Ihr Kontingent.

Ich bin parlamentarischer Geschäftsführer, ich entscheide das jetzt.

In Ordnung!

[Christopher Lauer (PIRATEN): Melde das jetzt an!]

Ich habe das gerade angemeldet, genau! – Es geht aber nicht nur um die Stromerzeugung als wirtschaftlichen Aspekt, der fällt hinten sowieso weg, es geht auch um soziale und demokratische Probleme, die auch nicht angegangen werden können. Denn was ist zum Beispiel mit sozialverträglichen Tarifen? – Ist nicht vorgesehen. Vor allen Dingen kann man, wenn man keinen Kundenstamm hat, sowieso keine sozialverträglichen Tarife machen.

Ein anderes Problem, das nicht angegangen werden kann, sind die menschenverachtenden Stromsperren, die meist durch irgendwelche Jobcentersachen verursacht werden. Das kann man auch nicht loslösen. Das ist ein grundlegendes Problem, an das wir heranmüssen,

[Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

das wir nur lösen können, wenn wir als Land Berlin über die Stadtwerke eine Kontrolle ausüben können. Sie als SPD verhindern das. Das heißt, Sie sind unsozial!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von Alexander Spies (PIRATEN): Schlimm!]

Jetzt komme ich langsam zum Schluss. Ein wichtiger Komplex ist die demokratische Beteiligung. Die haben Sie im Prinzip komplett hinausgeworfen. Erstens haben Sie eine GmbH daraus gemacht und keine Anstalt öffentlichen Rechts. Das heißt, wir als Abgeordnetenhaus haben schon einmal weniger Möglichkeiten, dort hineinzuschauen, als es sonst der Fall wäre. Dann gibt es diesen Beirat, bei dem aber nicht geklärt ist, was er machen soll. Eine Aufsichtsratsfunktion oder eine ähnliche kontrollierende Funktion hat er nicht, sondern er soll zwischen dem Unternehmen und der Bevölkerung vermitteln. Das ist mehr ein Hohn als alles andere. Es ist kein Beirat, sondern im Prinzip eine ausgelagerte PR-Maschine, die über die 15, die Mitglied sein sollen, ein bisschen Werbung dafür machen kann. Aber für was genau die Werbung machen sollen, wissen wir auch nicht, denn machen kann das Stadtwerk eh nichts.

Die ganzen Punkte, die ich Ihnen gerade aufgezählt habe, stehen nicht in dem konkreten Antrag. Das hat auch Gründe. Wir wissen, liebe Koalition, ihr kriegt das mit Entscheidungen und ähnlichen Sachen nicht so hin. Deswegen machen wir jetzt Pünktchen für Pünktchen in einzelnen kleinen Sachen, das heißt, wir verpacken es in kleine genießbare Häppchen. Wenn ihr dann auch noch Hilfe beim Essen braucht, dann helfen wir euch auch noch dabei. Uns als Opposition aus Linken und Piraten ist es wichtig, dass wir am Ende ein ökologisches, soziales, demokratisches und ein ökonomisch erfolgreiches Stadtwerk haben und nicht ein Bonsai-Mini-Stadtwerk oder was weiß ich, sondern am Ende müssen diese Ziele, die wir alle einmal formuliert haben, die Sie ein bisschen kaschiert haben, auch umgesetzt werden. Dafür ist ein erster Stein gelegt. Ich hoffe, dass Sie wenigstens bei dem mitgehen. Bei den restlichen werden wir Sie dann auch noch auffordern und mit Anträgen versehen, da Sie anscheinend nicht in der Lage sind, überhaupt noch zu regieren. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Herberg! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 3.2:

Priorität der Piratenfraktion

Dragoner-Areal in Berlin-Kreuzberg – Stopp des Höchstpreisverfahrens der BImA

Dringlicher Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/1936

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Die Regelungen im Prioritätenblock sind Ihnen ja bekannt. Es beginnt für die Piratenfraktion der Kollege Prieß. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Vor etwas mehr als einem Monat wurde hier im Plenum beschlossen, dass Berlin darauf hinwirken soll, dass bundeseigene Immobilien nicht mehr zum Höchstgebot verkauft werden, sondern zunächst der Kommune zum Verkehrswert zum Kauf angeboten werden, ein sehr vernünftiger Beschluss – ich war damals leider wegen Krankheit verhindert und konnte selbst an der Sitzung nicht teilnehmen, aber ich trage das natürlich im vollen Umfang mit –,

[Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]

der es nach seiner Umsetzung ermöglichen würde, dass Immobilien der öffentlichen Hand nach den Prinzipien der ebenfalls hier im Hause beschlossenen neuen Liegenschaftspolitik behandelt werden und nicht auf Bundesebene eine Bodenpolitik betrieben wird, die die Politik der Landesebene konterkariert. Der Beschluss kam allerdings zu einem ungünstigen Zeitpunkt, nämlich genau in dem Augenblick, wo der Regierende Bürgermeister seinen Abschied angekündigt hat und infolgedessen das Stühlerücken im Senat begonnen hat, was einen Großteil der Aufmerksamkeit bindet.

[Steffen Zillich (LINKE): Im Moment sind sie ja leer, die Stühle! – Uwe Doering (LINKE): Wird nichts mehr gerückt!]

Das Rücken hat eben schon erste Auswirkungen gezeigt.

[Steffen Zillich (LINKE): Mehr Rütteln als Rücken! – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Reise nach Jerusalem!]

Darüber wollten wir in der Aktuellen Stunde eigentlich gerne sprechen, aber das wurde von der Mehrheit des

Plenums abgelehnt. Ergebnisse bei der Abstimmung mit dem Bund über BImA-Liegenschaften sind jedenfalls noch nicht erkennbar. Auch wenn die Berichtspflicht des erwähnten Antrags noch nicht abgelaufen ist, so benötigt die Abstimmung mit dem Bund doch einiges an Zeit, sodass man zum jetzigen Zeitpunkt zumindest Bewegung erkennen müsste. Im Bund ganz allgemein und speziell in der BImA geht die Arbeit aber unterdessen ungehindert weiter. Das Dragoner-Areal, eine interessante innerstädtische Liegenschaft, steht nach vormals gescheiterten Bemühungen erneut zum Verkauf. Die planungsrechtliche Problemlage zwang schon einen Investor von seinem Kaufangebot zurückzutreten, weil im Spannungsfeld zwischen den Bedingungen des Grundstücks, den planungsrechtlichen Vorgaben des Bezirks und der Marktsituation eine gewinnbringende Vermarktung nicht zu realisieren war.

Es folgt ein Neustart des Höchstbieterverfahrens, und nunmehr liegt ein Angebot mit mehr als dem anderthalbfachen Preis auf dem Tisch: 150 Prozent des vorigen Angebots des Anbieters, der seine Pläne nicht realisieren konnte.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Bangert?

Ja, bitte!

Bitte, Frau Kollegin!

Herr Prieß! Finden Sie es nicht etwas seltsam, dass die Senatsbänke völlig leer sind und sich anscheinend niemand aus dem Senat für dieses wichtige Thema interessiert?

[Bürgermeister Michael Müller: Hier! – Oh! von den PIRATEN]

Ah, Herr Müller!

[Zurufe von der SPD und den PIRATEN]

Ich nehme zur Kenntnis, dass einige Senatsvertreter da sind, und ich bin auch ganz zuversichtlich, dass die anderen Senatsvertreter das später im Protokoll noch nachlesen werden.

[Heiterkeit – Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN – Christopher Lauer (PIRATEN): Kollege Czaja kommt jetzt auch!]

Herr Senator Czaja ist auch im Raum, möchte ich bitte nur bemerken.

[Steffen Zillich (LINKE): Wer jetzt nicht da ist, kommt auch nicht wieder!]