Was haben Sie denn nachgefragt? Haben Sie nachgefragt, warum der Senator die Einzelfälle nicht prüft? Haben Sie nachgefragt, warum der Sozialsenator die Unterbringung nicht gewährleisten kann? Wo haben Sie nachgefragt oder Vorschläge gemacht, wie Frau Kolat die Versprechen, die sie gegeben hat, erfüllen soll?
Dieser Senat steht bei der Flüchtlingspolitik nicht nur am Anfang dessen, was wirklich überlegt werden muss, um die Stadt besser aufzustellen, sondern auch in einem Dauerkampf. Was der eine machen will, verhindert der andere. Das ist keine gute Situation für das Land Berlin. Das ist keine verantwortliche Haltung gegenüber der Herausforderung, die wir in dieser Stadt haben. Weil ich Herrn Müller rechts sitzen sehe, fordere ich Sie, Herr Müller auf: Nehmen Sie, sobald Sie die Verantwortung als Regierender Bürgermeister haben, tatsächlich dieses Thema mal in den Blick! Vielleicht können Sie einen Vorschlag machen, wie wir all diese Probleme und Herausforderungen, die wir bei diesem Thema haben, tatsächlich bewältigen können, wenn Sie dann der Landesvater werden.
Vielen Dank, Frau Kollegin Bayram! – Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt dem Kollegen Dregger das Wort. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst bei Ihnen allen bedanken, dass wir heute diese Resolution einstimmig in diesem Haus verabschiedet haben. Ich finde, es ist gut, dass Demokraten bei allem Streit in vielen einzelnen Fragen auch einen gemeinsamen Grundkonsens haben. Dafür, dass wir den auf diese Weise so eindrucksvoll heute gemeinsam bekundet haben, herzlichen Dank!
Der Resolution entsprechend schützt Deutschland Schutzbedürftige. Kein geringerer als der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, hat das vor Kurzem in deutlichen Worten gesagt. Ich zitiere:
Deutschland spielt eine führende Rolle beim Flüchtlingsschutz und dient als positives Beispiel, dem andere europäische Staaten folgen können.
Diese Aussage ist nicht aus der Luft gegriffen, und die hat er auch nicht getroffen, um mir oder anderen zu gefallen, sondern weil sie mit klaren Fakten zu unterlegen ist: Deutschland nimmt bei Weitem die meisten Asylbewerber auf. Spanien hat im Jahr 2013 4 500 aufgenommen, Italien 28 000, das Vereinigte Königreich 30 000, die USA 46 000 und Kanada 10 000. Das sind insgesamt weniger als die, die wir Deutschen aufgenommen haben, nämlich 127 000, und in diesem Jahr sollen es ja mehr als 200 000 werden.
Herr Kollege Dregger! Ich fand die letzte Folge der ZDFSendung „Die Anstalt“ sehr eindrücklich, wo eine Statistik zur Aufnahme von Flüchtlingen gezeigt wurde. Wie bewerten Sie es, dass Deutschland bei der Aufnahme von Flüchtlingen im Verhältnis zur Einwohnerzahl und Wirt
schaftskraft weltweit auf Platz 42 liegt? Wie bewerten Sie es, dass wir damit hinter Ländern wie z. B. dem Libanon liegen?
Ich bewerte das genauso wie António Guterres, der sagt, dass Deutschland die vorbildlichste Flüchtlingspolitik in Europa hat. Denn Fakt ist, dass jeder, der sich an Deutschland wendet, hier ein faires Verfahren erhält – bei einer gesetzmäßigen Verwaltung, einer gesetzmäßigen Polizei, mit ärztlicher Versorgung, mit anwaltlichem Rat und vielem mehr. Das sind Standards, die weltweit einzigartig sind.
[Beifall bei der CDU – Fabio Reinhardt (PIRATEN): Ist das Ihre Messlatte? – Evrim Sommer (LINKE): Aber erzählen Sie nicht, dass Deutschland die meisten Flüchtlinge aufnimmt!]
Was die Zahlen anbetrifft: Jeder, der sich an Deutschland wendet, bekommt ein faires Verfahren, und damit erfüllen wir unsere Verpflichtungen, obwohl wir geographisch nicht an die Krisengebiete angrenzen, sondern davon entfernt sind, in der Mitte des sicheren Europas.
Herr Kollege Dregger! Zur gesundheitlichen Versorgung von Flüchtlingen wird gerade auf Bundesebene von unserer Fraktion gefordert, diese mit allen Menschen in Deutschland gleichzusetzen. Sie wissen als Jurist, dass das Asylbewerberleistungsgesetz den Flüchtlingen genau diese medizinische Versorgung nicht gibt, und Sie wissen auch, dass wir eine immer größere Zahl von Menschen haben, die traumatisiert sind.
Ja, danke für den Hinweis, Herr Präsident! – Herr Dregger! Wie können Sie dann noch behaupten, dass die
Nein, ich sehe überhaupt keinen Widerspruch, sondern ich kann nur feststellen, dass Deutschland seinen Verpflichtungen gegenüber den Flüchtlingen auch im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung vollständig nachkommt, und das müssen Sie mal zur Kenntnis nehmen.
[Steffen Zillich (LINKE): Nein! – Evrim Sommer (LINKE): Eben nicht! – Canan Bayram (GRÜNE): Wo leben Sie denn?]
Ich lebe hier und sehe, was passiert, und ich bin nicht daran interessiert, die Unwahrheit darzustellen oder die Menschen zu verunsichern.
Aber das ist nicht das Einzige. Es gibt nicht nur das, was staatlicherseits geleistet wird, sondern es gibt ganz viele Anwohnerinitiativen, Kirchen und andere Organisationen, die sich in vorbildlicher Weise um die Anliegen der Flüchtlinge kümmern. Ich möchte diesen Organisationen und diesen Menschen auch von dieser Stelle aus sehr herzlich danken.
Nun beraten wir hier Anträge in zweiter Lesung, die das Thema des Oranienplatzes und des Schicksals der Menschen dort betreffen. Wenn wir uns erlauben, uns noch mal die Entstehungsgeschichte vor Augen zu halten, um zu sehen, was dort eigentlich passiert ist: Dort sind Asylantragsteller aus Bayern unter Verletzung der Residenzpflicht zunächst einmal nach Berlin marschiert – als politische Demonstration.
Unsere angeblich menschenunwürdige Asylpolitik hat es ihnen immerhin gestattet, unter Verletzung der Residenzpflicht auch in Berlin zu bleiben. Ich weiß nicht, ob Sie das als Ausdruck der menschenunwürdigen Asylpolitik sehen – ich jedenfalls nicht.
Und anschließend sind sie vom Bezirk FriedrichshainKreuzberg eingeladen worden, auf dem Oranienplatz zu campieren. Meine Damen und Herren von den Grünen! Dort ist die einzige Stelle in dieser Stadt gewesen, in der die Menschen menschenunwürdig untergebracht worden
Er hat sie campieren lassen in Verhältnissen, die jeglicher Beschreibung gespottet haben. Er hat sich nicht um die Hygiene oder eine menschenwürdige Unterbringung gekümmert. Nur dort waren menschenunwürdige Verhältnisse und nirgendwo anders in der Stadt.
[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Weil Sie alle Heime besichtigt haben! Fabio Reinhardt (PIRATEN) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Angesichts dieser Verhältnisse haben sich die Lebensverhältnisse dort verschlechtert, und die Stimmung drohte zu eskalieren.
Sie haben mitgemacht und einige – Gott sei Dank nicht alle – sogenannte Unterstützergruppen der Flüchtlinge.
Sie reden in Ihren Anträgen über das Schicksal der Oranienplatzflüchtlinge. – Daraufhin hat der Senat unter der Verantwortung von Frau Kolat versucht, die Situation zu deeskalieren. Das ist gelungen. Und jetzt haben wir dieses Einigungspapier, und jetzt wird vorgeworfen, der Senat würde es nicht umsetzen.