Protokoll der Sitzung vom 15.01.2015

Sie blockieren die technologische Entwicklung, die eine wirtschaftspolitische Chance für unsere Region wäre: Die Neuentwicklung von Photovoltaik-Lösungen für Gebäude, innovative Stromspeicher, Power to Heat und Power to Gas, das sind die Verwandlungen von überschüssigem Wind- und Solarstrom in Fernwärme und Gas, virtuelle Kraftwerke, die den Stromverbrauch an die fluktuierenden erneuerbaren Energien anpassen. Alle diese Zukunftstechnologien können und sollen hier in der Hauptstadtregion entwickelt, angewandt und später exportiert werden. Aber wir wissen auch: Solche Technologien, denen die Zukunft gehört, werden natürlich da entwickelt, wo sie auch benötigt werden, wo sie genutzt werden, wo sie weiterentwickelt werden können im laufenden Betrieb. Deshalb wissen wir: Wenn wir den Braunkohlepfad unnötig verlängern, werden uns andere zuvorkommen, die klüger sind. Dann verspielen wir diese wirtschaftspolitischen Chancen für unsere Region. Auch deshalb lehnen wir neue Braunkohletagebaugebiete ab.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Mit unserer gemeinsamen Landesplanung haben wir bundesweit die einzige Zwei-Länder-Behörde in diesem Bereich. Berliner und Brandenburger haben 1996 beschlossen, bestimmte Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Wir haben Autonomie abgegeben und uns gegenseitig Mitspracherechte eingeräumt, weil wir wissen, dass wir davon insgesamt profitieren zusammen. Solche Mitentscheidungsrechte hat der Senat auch in der Frage der Braunkohle. Wir fordern den Senat heute auf, sie endlich in vollem Umfang zu nutzen, um den neuen Braunkoh

(Vizepräsident Andreas Gram)

letagebau in Frage zu stellen. Nicht weil wir uns moralisch erheben wollen, dazu haben wir überhaupt keinen Anlass, denn die Brandenburger sind uns bei den erneuerbaren Energien weit voraus, wir sind das Schlusslicht im Bundesländervergleich, sondern weil wir die Interessen Berlins vertreten. Die Braunkohle steht diesen Interessen im Weg, ökonomisch und ökologisch.

Für die konstruktive Auseinandersetzung mit unserem Antrag bedanke ich mich ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen im Umweltausschuss, vor allem bei Daniel Buchholz, Nikolaus Karsten und Danny Freymark. Dass SPD, CDU und auch Linkspartei hier deutlich machen, dass sie im Interesse Berlins eine andere Meinung vertreten als ihre Parteifreundinnen und Parteifreunde in Brandenburg und teilweise auch im Bund, das ist ein wichtiges und starkes Signal.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU und der LINKEN]

Lassen Sie uns jetzt gemeinsam den Senat dazu auffordern, unverzüglich diese gemeinsame Landesplanungskonferenz einzuberufen! Diese Landesplanungskonferenz ist das höchste, oberste gemeinsame Gremium beider Länder. Auch der Ministerpräsident Brandenburgs und unser Regierender Bürgermeister sind Mitglieder dieser Landesplanungskonferenz und sitzen ihr vor. Das wir dieses Signal heute senden ist ein sehr starkes Signal. Auch die Koalitionspartner in Brandenburg haben vereinbart, die energiepolitische Notwendigkeit neuer Braunkohletagebaugebiete nochmal zu überprüfen. Ich glaube, jetzt ist eine Gelegenheit, diese Tagebaugebiete in Frage zu stellen, zu verhindern, und ich denke, wir sollten unser Bestes dafür tun. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Kollege Schäfer! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Kollege Buchholz. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist ja nicht so häufig der Fall, dass das Abgeordnetenhaus aus seinem Fachausschuss einen Antrag der Opposition einstimmig an das Plenum des Berliner Abgeordnetenhauses überweist. Deswegen ist es schon etwas Besonderes – Sie haben völlig recht, Herr Schäfer –, was wir gerade diskutieren. Es geht nämlich um mehr, als nur dieses Landesparlament, es geht um mehr als eine nationale Aufgabe, nämlich einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Wir alle, jeder Einzelne, sind genauso wie der jeweilige Staat, das Land, die Stadt verantwortlich dafür, dass wir es noch schaffen, den Klimawandel aufzuhalten. Wir als Metropolregion Berlin/Brandenburg müssen unseren Beitrag dazu leisten. Es hat seinen Grund, dass die Bundesregierung mit Frau Merkel an der Spitze, mit Wirtschaftsminister Gabriel, mit der Energieministerin Hendricks zusammen verabredet hat, dass wir noch daran arbeiten müssen, dass wir unsere ersten Klimaziele 2020 noch erreichen. Wir müssen den CO2-Ausschuss deutlicher reduzieren als bisher. Ich darf dazu aus einem ganz aktuellen Interview unsere Bundeumweltministerin Barbara Hendricks zitieren, nicht nur das der Emissionshandel deutlich reformiert werden muss, sondern:

… zusätzlich – so ist die Bundesregierung überzeugt – ist auf nationaler Ebene ein Signal für einen Strukturwandel insbesondere in der Stromerzeugung notwendig. … Jetzt muss gehandelt werden.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das darf kein allgemeiner Appell bleiben. Das gilt auch für uns auf der Länderebene, auch in Berlin und Brandenburg. Ich weiß – Kollege Schäfer, Sie haben es angesprochen –, dass in Brandenburg das sehr aufmerksam beobachtet wird, was wir hier tun. Sie haben völlig recht, es ist zunächst einmal so, dass jedes Bundesland für sich Pläne zum Thema Energiepolitik macht. Aber wir haben eine gemeinsame Verantwortung für das, was eben größer ist als wir, wenn es um den CO2-Ausstoss geht, und wenn wir unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen und müssen. Ich bin sehr dankbar, dass der damalige Senator Müller, hier im Plenum im Mai 2014 auf Ihre Anfrage hin klar gesagt hat: Die Braunkohle hat keine Zukunft. Wir können und werden uns im Rahmen dessen, was uns als Land Berlin möglich ist, in der Landesplanungskonferenz mit den Brandenburgerinnen und Brandenburger zusammensetzen, um das zu diskutieren. Denn er hat damals gesagt, wir müssen schnell aus dem Braunkohleabbau hinaus, und die Verbrennung müssen wir auch beenden. Das war Michael Müller im Mai 2014. Er hat völlig recht. Das ist eben nichts, was nur so schnell dahergesagt ist.

Schauen wir uns die Fachgutachten an, die wir zur Verfügung haben! Das DIW, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, hat im März 2013, man höre und staune, ein Gutachten im Auftrag der Brandenburger Landesregierung Ministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz erstellt, kam klar zu dem Ergebnis: der Aufschluss neuer Tagebaue ist nicht notwendig und widerspricht dem Ziel der Umwelt- und Klimaverträglichkeit, so das DIWGutachten im Auftrag der Brandenburger Landesregierung. Wenn wir uns anschauen, was der Thinktank Agora Energiewende sagt, der ist bei uns Mitglied in der Enquete-Kommission Neue Energie für Berlin, dann wird dort ein nationaler Kohlekonsens mit allen Beteiligten gefordert, den Gewerkschaften, den Stromerzeugern, den

(Michael Schäfer)

Regierungen, Umweltgruppen, um einen geordneten Ausstieg zu organisieren. Ebenfalls argumentiert so der Sachverständigenrat der Bundesregierung für Umweltfragen. Auch er sagt, ein Pakt für den Kohleausstieg ist jetzt zu verabreden und nicht erst im übernächsten Jahrzehnt oder Jahrhundert. Den Weltklimarat IPCC muss ich fast nicht mehr erwähnen. Dort ist es ganz klar, dort wird global der Ausstieg aus der Kohleverstromung gefordert.

Wir haben hier die große Verantwortung, dies für das Land Berlin und ein Stück weit auch für das Land Brandenburg gemeinsam zu denken. Ich weiß, es gibt große Bedenken und Vorbehalte im Land Brandenburg. Dort sagt ein Ministerpräsident selbstverständlich, es sind gut 3 500 Arbeitsplätze, wenn man die Zulieferindustrie dazu nimmt wahrscheinlich 10 000 oder 12 000 Menschen, die an diesen Arbeitsplätze hängen. Da kann man nicht einfach drüber wegwischen, das ist richtig. Aber es kann auch nicht sein, dass im Jahr 2015, bei dem, was wir an Klimaverantwortung haben, tatsächlich noch ein Bundesland ernsthaft beschließen will, neue Tagebaue zu erschließen, neue Tagebaue, die noch über viele Jahrzehnte erstens zu fördern sind. Und natürlich sind die Anfangskosten mit Abbaggern und dem Entfernen von Dörfern, von Menschen, die dort wohnen, besonders teuer. Dann ist dieser Tagebau auch lange zu nutzen. Und natürlich wird diese Braunkohle dann auch verfeuert, das ist doch auch klar. Dann wird es eine Erneuerung von Braunkohlekraftwerken in Brandenburg geben.

Wir alle wissen, das müssen wir uns vergegenwärtigen, die größten Dreckschleudern in Europa stehen leider direkt bei uns im Umland, nämlich in Brandenburg, das sind die großen Kohlekraftwerke, unter anderem in Jänschwalde und außen herum. Wir müssen gemeinsam die Verantwortung nehmen, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu sagen, diesen Strukturwandel können und werden wir gemeinsam nicht aufhalten können. Wir können ihn aber gemeinsam positiv angehen und gestalten. Wir sollten nicht auf die Rezepte des letzten und vorletzten Jahrtausends zurückgreifen, als die Kohleverstromung als große Zukunftstechnologie gesehen wurde und als Arbeitsplatzsicherung, denken wir nur an den großen Strukturwandel, den Nordrhein-Westfalen durchgemacht hat, den das Saarland durchgemacht hat, den auch Brandenburg schon durchgemacht hat. Aber niemand sollte sich an alten Arbeitsplätzen festklammern. Man sollte stattdessen schauen, wir sollten gemeinsam schauen, wie wir das mit den Brandenburgerinnen und Brandenburgern angehen, dort eine neue Zukunftsindustrie – Stichwort: erneuerbare Energien –, schnell regelbare Kraftwerke, die auch zu den Erneuerbaren passen, nämlich dann, wenn kein Wind weht, wenn keine Sonne scheint, dagegen zu setzen. Dazu sind die Kohlekraftwerke, nach allem, was wir bei der Technologie sehen, nicht geeignet. Das können wir nur gemeinsam schaffen. Wenn wir allen Experten folgen, sehen wir: Die Zeit der Kohle geht deutlich zu Ende. Wir werden unsere Klimaziele

2040 weder als Land Berlin noch als Bundesrepublik Deutschland einhalten können, wenn wir sagen: Wir halten diese Braunkohletagebaue offen, wir machen noch neue auf und machen eine große Instandhaltung von Braunkohlekraftwerken in Brandenburg. Die Zeit der Braunkohle wird enden. Niemand sollte sich an eine alte Technologie klammern. Lassen Sie uns den Strukturwandel mit den Brandenburgerinnen und Brandenburgern gemeinsam gestalten! Wir wissen, das wird im wahrsten Sinne des Wortes ein steiniger Weg bei der Braunkohle. Wir wollen aber gemeinsam die Klimaverantwortung annehmen und mit Ihnen die Energiezukunft Berlins und Brandenburgs gestalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Danny Freymark (CDU) und Philipp Magalski (PIRATEN)]

Herzlichen Dank! – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt die Kollegin Platta. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Wenn sich Fraktionen über grundlegende Aufgaben einigen können, ist es immer ein Ergebnis mit Kompromissen. Der Kompromiss in diesem Beschluss findet sich nach der Textpassage: „ Die Erschließung des Braunkohletagebaugebietes Welzow-Süd II“ in den Worten „zu hinterfragen“, wo vorher im Antragstext klar und deutlich „verhindert werden sollte“ stand.

Im Ausschuss und anderswo wurden Fakten ausgetauscht und über das Für und Wider von neuen Braunkohletagebauen, Aufgaben von gemeinsamen Landesplanungskonferenzen von Berlin und Brandenburg sowie Zuständigkeiten bei Entscheidungen in Nachbarländern gesprochen. Mehrere Hundert Seiten Stellungnahmen und Gutachten wurden zusammengetragen und gelesen – Herr Buchholz hat schon darauf hingewiesen, wie dick so mancher Wälzer ist. Wir behandeln dieses Thema heute auch, weil eine Verletzung der für die Braunkohleplanung geltenden Verfahrens- und Formvorschriften bei der Aufstellung des Braunkohleplans Welzow-Süd innerhalb eines Jahres seit Verkünden der Verordnung geltend gemacht werden muss. Die Verordnung wurde am 21. August 2014 erlassen und am 2. September im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht.

In den bisherigen Diskussionen innerhalb der Linkspartei – es wurde bereits angesprochen – im kleinsten Dorf bis zur Bundespartei, das möchte ich gar nicht verhehlen, spielen Glaubwürdigkeit in Fragen der Nachhaltigkeitspolitik und der Selbstständigkeit von Ländern eine große Rolle. Deshalb sind transparente Abwägungsprozesse von

(Daniel Buchholz)

besonderer Bedeutung. Die Berliner Rolle innerhalb des Prozesses soll nun mit dem vorliegenden Beschluss klarer werden. Ein Zurücklehnen und Abwarten, was andere machen, wie in der Vergangenheit, ist keine Interessenvertretung für Berlin, eine Stadt mitten im Land Brandenburg.

Kritisch hinterfragt werden soll die Erschließung des neuen Tagebaugebietes. Dazu gehören folgende Fragen: Welche Auswirkungen haben die Reaktionen der EisenSchwefel-Verbindungen in den freigelegten geologischen Schichten beim Braunkohleabbau auf den Wasserhaushalt in Berlin? Welche technischen und finanziellen Konsequenzen haben stetig steigende Sulfatgehalte im Grundwasser für unsere Trinkwasseraufbereitung? Für wen ist es sinnvoll, Braunkohle abzubauen? Worin liegen die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Risiken, und wer trägt diese Risiken auch über das Jahr 2050 hinaus?

Klimawandelfolgen werden weltweit diskutiert. 2014 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. Berlin hält dabei die Spitzenposition unter den Bundesländern. „Gummistiefel statt Schneemann“ ist das Motto für den Januar 2015. Diese Situation eröffnet nicht nur neue Gestaltungsmöglichkeiten für Neujahrskarten – herzlichen Dank an alle, die mir welche geschickt haben –, es wird in den kommenden Jahren Neues darauf zu finden sein, nicht nur Schneemänner.

Berlin wird mit der Umsetzung der Klimaschutzvereinbarung mit dem Energiekonzern Vattenfall nach 2020 den Ausstieg aus der Braunkohleverbrennung geschafft haben. Auch wenn uns der Senat bisher keine Zwischenergebnisse zur Umsetzung der Klimaschutzvereinbarung vorgelegt hat, gehen wir davon aus, dass zielstrebig an der klimapolitisch notwendigen Verringerung des Kohlendioxidausstoßes in Berlin gearbeitet wird. Berlin kann letztendlich als Vorbild dazu beitragen, dass überall Braunkohlekraftwerken, wie dem in Berlin-Rummelsburg, die Nahrung entzogen wird.

Der Beschluss heute ist ein richtiger Schritt. Die Auswertung des bis zum 31. März geforderten Berichts des Senats sollten wir zügig vor der Sommerpause vornehmen – vielleicht in Brandenburg. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Platta! – Für die CDUFraktion erteile ich jetzt dem Kollegen Freymark das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Titel „Landesplanungskonferenz zu Welzow-Süd II einberufen“ ist insoweit nicht alltäglich, weil es sich um Brandenburger Hoheitsgebiet handelt. Das ist bereits mehrfach erwähnt worden. Es gibt aber eine Berliner Betroffenheit.

Was ist bisher passiert? Das Verfahren zu Welzow-Süd II wurde im Jahr 2007 auf den Weg gebracht. Zweimal wurde die öffentliche Auslegung Trägerbeteiligung durchgeführt. Im Juni 2014 wurde durch das Brandenburger Kabinett der Braunkohleplan beschlossen und im September 2014 im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg veröffentlicht. Soviel zu dem, was bisher passiert ist.

Die Grundlage für die Entscheidung in Brandenburg war die positive Bewertung von Braunkohle. Auch das gibt es. Ich will sie kurz nennen, damit diese Argumente hier kurz beleuchtet werden: Der Fortbestand des Braunkohlekraftwerks Schwarze Pumpe stellt sicher, dass Arbeitsplätze erhalten werden – das hat Kollege Buchholz bereits dargestellt. Die Braunkohle kann günstig abgebaut und verwertet werden und bietet zudem Versorgungssicherheit. Braunkohle kann für eine Übergangszeit als stabiler Bestandteil des Strommixes im Rahmen der Energiewende fungieren. Soviel zu den Argumenten, die oftmals ins Feld geführt werden. Klingt gut, reicht uns aber trotz Trägerbeteiligung Berlins nicht aus, denn unsere ökologische Betroffenheit ist durch die Inbetriebnahme von Welzow-Süd II möglicherweise nicht irrelevant.

Die Klimabelastung durch die Verbrennung von Braunkohle findet statt, das muss ich nicht näher beleuchten. Im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern wird bei der Verbrennung von Kohle die größte Menge des Treibhausgases CO2 freigesetzt. Auch das ist, gerade wenn man das Kraftwerk bis 2042 betreiben will, wahrlich nicht irrelevant. Das Energiekonzept von Brandenburg sieht vor – 2010 wurden, glaube ich, noch 55,9 Millionen Tonnen CO2 erzeugt –, den CO2-Ausstoß im Jahr 2030 auf 25 Millionen Tonnen zu reduzieren. Das ist vor dem Hintergrund der aktuellen Planungen sehr ambitioniert.

Auch die Berliner Betroffenheit macht sich hier deutlich: bei der Gefährdung der Wasserqualität und Versauerung sowie der Verockerung durch Sulfate und Eisenhydroxid im Ergebnis der braunen Spree. Wir haben darüber im Umweltausschuss schon einmal diskutiert, auch im Hinblick darauf, dass es in Berlin zwar noch nicht zur braunen Spree gekommen ist, in Brandenburg aber ein großes Thema darstellt. Das dürfen wir nicht unterschätzen. Wenn man bis 2042 solch einen Braunkohletagebau tatsächlich betreiben will, sollte man jetzt schon frühzeitig darauf Einfluss nehmen. Ich bin deshalb Herrn Schäfer und der Grünenfraktion – und allen anderen Fraktionen – dankbar, dass es uns gemeinsam gelungen ist, es in eine

(Marion Platta)

Formulierung einzupreisen, die deutlich macht, was wir wollen, ohne zu überziehen.

Fraktionsübergreifend ist klar, dass der Beschluss der Brandenburger Landesregierung hinterfragt werden soll. Dafür gibt es ein Instrument: die Landesplanungskonferenz. Ständige Mitglieder sind der Regierende Bürgermeister Müller, der Ministerpräsident von Brandenburg Woidke und jedes Land kann die Einberufung verlangen und Themen auf die Tagesordnung setzen. Ziel sollte und muss es sein, wenn es so weit ist, den Interessenausgleich zu schaffen und politische Entscheidungen im Bereich der Raumordnung und Landesplanung zu koordinieren.

Unser Fazit ist also: Es ist ein wichtiges umweltpolitisches Thema. Die Brandenburger Kollegen mögen uns verzeihen, dass wir uns im Berliner Abgeordnetenhaus damit beschäftigen und uns am Ende sogar tatsächlich einmischen, indem wir wollen, dass die Landesplanungskonferenz stattfindet. Die Aufrechterhaltung des Braunkohletagebaus bis 2042 stellt eben eine große Herausforderung dar, auch vor dem Hintergrund, dass die Renaturierung, die darauf folgt, nicht nur Jahre, sondern oftmals Jahrzehnte in Anspruch nimmt. Und deswegen: Die Landesplanungskonferenz ist eine gute Möglichkeit, die Thematik genauer zu beleuchten und gemeinsame Maßnahmen zu besprechen. Ich hoffe, das gelingt gemeinsam. Ich bin für jede Unterstützung offen und bin gespannt, was am Ende dabei herauskommt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Kollege Freymark! – Für die Piratenfraktion spricht der Kollege Magalski. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir wollen mindestens, dass die Erschließung des Braunkohletagebaugebiets Welzow-Süd II geprüft wird. Wir hätten viel lieber den Ursprungsantrag unterstützt, der vorsieht, das Ganze zu Fall zu bringen. Allerdings sind wir im Sinne der gemeinsamen Möglichkeiten, jetzt diesen Weg zu gehen, auch hier kompromissbereit.

Die neueste Klimastudie von Christophe McGlade und Paul Ekins, die am 7. Januar 2015, also erst letzte Woche, im Nature Journal veröffentlicht wurde, besagt, dass, wenn die Menschheit das Ziel hat, auch nur die minimalsten der Prognosen zur Erwärmung der Erdatmosphäre bis 2100 von ca. 2 Grad Celsius zu erreichen, wir zukünftig auf 35 Prozent der Ölvorräte, auf 52 Prozent der Gasvorkommen und auf 88 Prozent der weltweiten Reserven an Kohle verzichten müssen. Bei Letzterem sollten wir also

besonders Gas geben, um diese Ziele zu erreichen. Da Berlin sich der Erreichung des Klimaziels verpflichtet fühlt und bis 2050 klimaneutrale Stadt werden will, ist die Verstromung der Braunkohle mit diesem politischen Ziel unvereinbar geworden.

Daher ist es nur konsequent, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, das Mitspracherecht Berlins in der gemeinsamen Landesplanungskonferenz zu nutzen und auf die Brandenburger Tagebaupläne einzuwirken. Die Machbarkeitsstudie „Klimaneutrales Berlin 2050“ zeigt im Ergebnis, dass Berlin eine über neunzigprozentige Energieeigenversorgung erreichen kann. Es wäre also ein absolut falsches Signal, wenn Berlin sich nicht gegen die über 204 Millionen Tonnen klimaschädlichen CO2-Ausstoß wandte, der durch die Verstromung der Braunkohle in Welzow II zusätzlich entstünde. Der Plan zum Abbaugebiet steht im Widerspruch zu allen energiepolitischen Absichtserklärungen der bundesdeutschen und auch der Berliner Politik. Es besteht deshalb nicht nur keine energiepolitische Notwendigkeit für einen Tagebau Welzow-Süd II; dieser Tagebau verhindert sogar den notwendigen beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien und den damit verbundenen Strukturwandel auf dem Energiemarkt.

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN]

Den braucht Brandenburg genauso wie Berlin. Wie ich es schon in meiner Einwendung zum Plan 2012 mit unterschrieben habe, so sage ich es auch heute: Der Abbau von Kohle im Teilfeld II dient nur dazu, mehr Kohle aus dem bestehenden Tagebau im Kraftwerk Jänschwalde zu verschwenden. Das ist das ineffizienteste und klimaschädlichste Kraftwerk der Lausitz. Zudem kann von einer Vollauslastung der Kraftwerke nicht mehr ausgegangen werden. Ohnehin muss die Braunkohleverstromung aus Klimaschutzgründen wegen zu geringer Regelfähigkeit sehr bald deutlich reduziert werden. Das muss bei den ältesten Anlagen wie in Jänschwalde beginnen, und das verringert den Bedarf an Kohle aus Welzow. Deshalb unterstützen wir nicht nur aus umweltpolitischen Gründen, sondern gerade auch aus wirtschafts- und energiepolitischen Gründen diesen Antrag. Braunkohlekraftwerke sind schlechter regelbar, haben keine Zukunft. Gleichrangigere und mehr Arbeitsplatzzahlen sind im Wechsel zu erneuerbaren Energien mittelfristig auch erreichbar.