Ich weiß gar nicht, ob Ihnen das aufgefallen ist, denn das schlägt sich ja auch in dem Gesetz selber nieder: Sie errichten das Institut nach § 1 in Form einer rechtsfähigen Körperschaft als eine außeruniversitäre Wissenschaftseinrichtung des Landes Berlin. Eigentlich müsste nach Ihrem unseligen Beschluss, Wissenschaft und Forschung in unterschiedlichen Ressorts unterzubringen, dann ja die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Forschung
nach Ihrer internen Geschäftsverteilung zuständig sein. Sie geben die Einrichtung aber unter Punkt 6 in die Verantwortung der Wissenschaftsverwaltung. Ich finde das vollkommen konsequent angesichts der Konturlosigkeit christdemokratischer Forschungspolitik in diesem Senat. Aber erläuterungsbedürftig wäre das dann sicherlich für die Öffentlichkeit schon, denn deutlicher kann die koa
litionsinterne Klatsche doch gar nicht sein, wenn es um den Anteil Ihrer Senatorin an der Forschungspolitik in dieser Stadt geht. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr verehrte Damen und Herren! Ich mache es kurz. Wir haben ja schon oft genug über das BIG geredet, das erste Mal in der ersten Aktuellen Stunde in diesem Haus noch unter Aufsicht von Herrn Zöllner. Jetzt ist das Gesetz endlich da, und wir alle warten schon eine ganze Weile darauf. Ich will ein paar positive Aspekte hervorheben, Kritik wird es auch noch geben, aber ich glaube es ist angebracht, sich darüber zu freuen, dass es nun endlich gelungen ist, eine Vorlage zu präsentieren.
Die Kooperation zwischen Max-Delbrück-Centrum und Charité soll und wird, wenn das Gesetz so durchgeht, auch was die Gremienvertretung und was die Teilhabe verschiedener Organisationen angeht, neue Wege beschreiten. Wir haben jetzt eine Demokratisierung des Aufsichtsrates. Wir haben nicht mehr qua Amt die Senatorin als Vorsitzende. Das ist ja vielleicht ganz schön. Eine Wahl in so einem Aufsichtsgremium ist doch eine schöne Sache. Wir haben jetzt endlich auch zumindest einen Vertreter oder eine Vertreterin der beiden an der Charité beteiligten Hochschulen mit drin. Das ist auch eine Verbesserung zu dem immer noch geltenden Unimed-Gesetz in § 10, gegen das ja damals viele auf die Straße gegangen sind und völlig zu Recht protestiert haben.
Wir haben ansonsten eine relativ komplexe Struktur, die, man weiß es nicht, wie das politisch ausgeht, aber im Jahr 2015 vielleicht gar nicht mehr so notwendig ist, wie es eigentlich einmal gedacht war. Herr Albers hat es gesagt, man wollte damit dieses unselige Kooperationsverbot umgehen. Jetzt hat man ein komplexes Konstrukt aus vielen Unterkonstrukten, die ebenfalls sehr komplex sind, geschaffen. Das hat eine ganze Weile gedauert. Ich weiß nicht, ob es so lange hätte dauern müssen. Das wäre vielleicht gar nicht mehr notwendig gewesen, weil eine direkte Wissenschaftsfinanzierung vonseiten des Bundes vor der Tür steht.
Frau Schillhaneck hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Frauen- und Gleichstellungsvertretung in den beteiligten Gremien noch fehlt. Mir ist aufgefallen, als ich unsere Aktuelle Stunde vom Anfang dieser Legislaturperiode noch einmal durchgeguckt habe, dass die Auswirkungen
auf die Charité als Fakultät der beiden Hochschulen noch nicht klar sind. Darüber werden wir noch einmal reden müssen. Auch wenn das BIG ja im Prinzip schon arbeitet, wird uns das noch erhalten bleiben, was ich damals gesagt habe – ich hoffe, da gibt es gemäß des Beschlusses des Abgeordnetenhauses Bewegung in der Koalition und auch im Senat –, nämlich die Frage nach der Veröffentlichbarkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Wir haben europaweit und auch in Berlin eine Bewegung, die sich intensiv mit dem Thema Open Access beschäftigt. Für so ein modernes Forschungskonstrukt geziemt es sich meiner Meinung nach, dass Open Access und auch das Bekenntnis dazu und, ich weiß, es ist nicht einfach, erste rechtliche Grundlagen auch in so einem Errichtungsgesetz stehen. Das sollte möglich sein.
Ich habe ja versprochen, dass ich es kurz mache. Die Seitenhiebe auf den ehemaligen Finanzsenator kann ich verstehen, sind jetzt aber auch outdated, weil er es ja nicht mehr ist. Es scheint sich in dem Bereich ja doch einiges geändert zu haben. Unter Umständen bleibt das auch so. Ich habe mich sehr, das wollte ich noch sagen, über den Seitenhieb von Herrn Oberg zur Innenverwaltung gefreut. Wenn ich von einem Koalitionsvertreter höre, dass die Gesetzesvorlage zur W-Besoldung, die uns vorliegt, vielleicht auch im vernünftigem Rahmen geändert das Haus verlässt – ich zitiere Sie nicht wörtlich –, ist das schon eine klare Aussage, und das zeigt mir, dass Sie das Problem erkannt haben, was sich ja deutlich in der Anhörung gezeigt hat. Im Übrigen habe ich gedacht, Herr Albers, dass die Beteiligung des HelmholtzZentrums inzwischen klar ist, und ich hoffe, dass auch Ihre Fraktion dem zustimmt. Sehr gut. – Danke!
Vielen Dank! – Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage federführend an den Ausschuss für Wissenschaft und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.
In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dazu hat der Kollege Behrendt das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir Grünen freuen uns über den Erfolg der direkten Demokratie hier in Berlin. Wir freuen uns, dass die Berlinerinnen und Berliner so rege davon Gebrauch machen. Man ist mit dem Ergebnis nicht immer glücklich, das können der Senat und die ihn tragenden Fraktionen sicherlich bestätigen, aber der Umstand, dass wir hier ein Instrument geschaffen haben, das auf breite Akzeptanz stößt und das breit genutzt wird, um stadtpolitische Fragen zu diskutieren und auch zu entscheiden, ist erst mal ein Fortschritt für die Demokratie und ein Erfolg für alle, die sich seit Jahren dafür eingesetzt haben.
Nun gibt es aber Gruppen, die von diesem demokratischen Prozess bisher ausgeschlossen sind. Leider können in Berlin eben nicht alle, die von den Entscheidungen betroffen sind, mitabstimmen, sondern nur volljährige deutsche Staatsbürger.
Wir Grünen wollen für die Zukunft mehr Berlinerinnen und Berlinern die direkte Demokratie eröffnen und haben da zwei Gruppen ausgemacht, die wir prioritär mit diesem Antrag in die Lage versetzen wollen, am direktdemokratischen Prozess teilzunehmen. Das sind zum einen die 16- und 17-Jährigen, und das sind zum anderen die vielen Berlinerinnen und Berliner ohne deutschen Pass.
Schließlich sind diese Gruppen genauso wie wir, wie alle sonst Abstimmenden, von den Entscheidungen betroffen. Die Frage, ob in Tempelhof weiter Flugverkehr stattfindet, hat für die Anwohner eine große Bedeutung gehabt, weil es nämlich eine Lärmauswirkung gab. Der Lärm der Flugzeuge hat nicht danach differenziert, ob jemand die deutsche Staatsbürgerschaft hat oder nicht. Bei der Frage des Religionsunterrichts sind auch alle Berliner und Berlinerinnen, also die Schüler, die Kinder derjenigen, die abgestimmt haben, betroffen. Es ist sicherlich auch für die Berliner ohne deutschen Pass eine interessante Frage, was in der Schule in Sachen Religion denn eigentlich stattfindet. Die 16- und 17-Jährigen können sehr wohl auch darüber entscheiden, denn die dürfen immerhin ab 14 entscheiden, ob sie an diesem Religionsunterricht teilnehmen oder nicht. Das sind alles Fragen, die gut und richtig von allen Berlinerinnen und Berlinern entschieden werden sollten und nicht nur von denjenigen, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]
Es ist auch widersprüchlich, wenn wir alle Berlinerinnen und Berliner auffordern, sich in die Debatten einzubringen, mitzureden, ihre Interessen zu vertreten, dann aber die Offenheit, deren es für den demokratischen Prozess bedarf, nicht zeigen. Wir wollen mit unserer Initiative ein Zeichen der Integration setzten, dass diejenigen, die sich einbringen, die sich engagieren wollen, dies auch effektiv tun können und dass das von uns, von der Mehrheitsgesellschaft, auch vom Berliner Verfassungsgeber, gewollt wird. Dazu gehört eben auch die Möglichkeit der Teilnahme an Volksentscheiden.
Es ist auch keine Kleinigkeit. Nach Schätzungen wären ungefähr 487 000 Berlinerinnen und Berliner davon betroffen. Die sind bisher ausgeschlossen. Es ist eine große Gruppe, das sind rund 20 Prozent der heute Abstimmungsberechtigten.
Herr Müller! – Er ist nicht mehr da, aber vielleicht kann er es im Protokoll nachlesen. – Wenn Sie heute Vormittag die Diskussion um die Reform der direkten Demokratie als „kleinlichen Streit“ dargestellt haben, dann muss ich für meine Fraktion etwas klarstellen: Für meine Fraktion ist die Diskussion über eine so grundlegende Frage wie die Ausgestaltung der direkten Demokratie im Land Berlin eine wichtige Entscheidung, ein wichtiges Element unseres Zusammenlebens. Deswegen ist das nicht als kleinlicher Streit abzutun, wenn man an der einen oder anderen Stelle – es geht auch um Verfassungsrecht – darüber nachdenkt, was man noch verbessern, was man noch optimieren kann.
Aber Herr Müller hat auch ein kleines Fünkchen der Hoffnung aufschimmern lassen, denn er hat gesagt, dass der Senat daran arbeite, an der Abstimmung, die für Olympia durchgeführt werden soll, möglichst viele teilhaben zu lassen. Er scheint durchaus auf dem Weg zu sein – das ist jetzt Interpretation –,
über den engen Kreis deutsche Staatsangehörige, volljährig hinaus vielleicht auch den Kreis der 16- und 17Jährigen, vielleicht auch den Kreis der Nichtdeutschen, mit abstimmen lassen zu wollen. Wir signalisieren ihm in dieser Frage heute schon Unterstützung. Das weist in die richtige Richtung. Das ist genau das, was wir für alle Volksentscheide mit unserem heutigen Antrag erreichen wollen.
Nun vielleicht zu dem einen oder anderen rechtlichen Argument. Die nachfolgenden Rednerinnen und Redner
werden sicherlich zum einen sagen: Wir wollen das nicht. – Die anderen werden sagen: Wir wollen es, aber es geht nicht so, wie wir das aufgezeigt haben. – Deshalb zur Frage: Können wir das rechtlich? Die Frage: Kann der Berliner Verfassungsgeber – immerhin wir hier – den Kreis der Abstimmungsberechtigten auf alle Berlinerinnen und Berliner erweitern, oder ist unser Recht zur Gestaltung der grundlegenden Fragen im Lande Berlin aus übergeordnetem Recht hier eingeschränkt?
Das Bundesverfassungsgericht hat immerhin 1990 entschieden, dass es zumindest mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, wenn ein Bundesland – das war damals Schleswig-Holstein – die Wahlmöglichkeit, also die Teilnahme an Wahlen, für Nichtdeutsche öffnet. Dabei handele es sich – die Argumentation ist hinreichend bekannt, nehme ich an – um die Ausübung von Staatsgewalt, und Staatsgewalt könnten nur deutsche Staatsbürger ausüben. Über Artikel 28 GG, das ist der, der sagt, die Regelungen in den Ländern müssten in etwa so sein wie im Bund, sogenannte Homogenität, wirke das als Sperre für die Länder, und deshalb sei es den Ländern versagt, den Kreis der Wahlberechtigten zu erweitern.
Zu dieser Entscheidung sind einige Anmerkungen zu machen. Zum einen ist sie ziemlich alt. 1990 regierte noch Helmut Kohl in diesem Land, die CDU sperrte sich damals noch massiv dagegen anzuerkennen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, und wir hatten auch noch nicht – das ist eine rechtlich wesentliche Änderung – die Vorgabe der Europäischen Union, unser Wahlrecht für EU-Ausländer zu öffnen. Das haben wir auf kommunaler Ebene gemacht, es gab eine Grundgesetzänderung, eine Verfassungsänderung. Dadurch ist dieser Grundsatz des Bundesverfassungsgerichts – nur deutsche Staatsbürger dürfen wählen – in Auflösung begriffen.
Dann hat sich das Bundesverfassungsgericht damals ausschließlich mit der Frage beschäftigt, ob es bei Wahlen möglich ist. Etwas anderes war in Schleswig-Holstein nicht geregelt, und etwas anderes hat das Bundesverfassungsgericht auch gar nicht entschieden. Also lautet die Frage: Gilt eigentlich die damalige Entscheidung, die sich auf Wahlen bezog, auch für Abstimmungen? Das ist immerhin eine Frage, die wir einmal diskutieren müssen.
Auch Artikel 28 GG, der überhaupt erst den Ländern diese Vorgabe macht, beschäftigt sich seinem Wortlaut nach nur mit Wahlen. Artikel 28 macht den Ländern keine Vorgaben, wie sie das Abstimmungsverfahren auszugestalten haben. Deswegen ist es schon etwas kühn zu behaupten, Artikel 28, immerhin eine Ausnahmevorschrift, die unsere Freiheit als Berliner Verfassungsgeber einengt, eine Ausnahmevorschrift über ihren Wortlaut hinaus, dann auch auf Abstimmungen anwenden zu wollen. Es ist juristisch zumindest kühn, so zu argumentieren. Das wird sicherlich gleich geschehen. Aber es ist
alles andere als zwingend, eine Norm, die gar keine Regelungen zu Abstimmungen trifft, so zu verstehen, dass sie das verhindert. Deswegen werben wir für eine freiheitsfreundliche, Pro-Länder-Auslegung von Artikel 28 und sehen hier eine Möglichkeit.
Selbst der Berliner Verfassungsgeber hat ja – mein letztes Argument – für einen Teil der direkten Demokratie den Kreis derer, die mittun dürfen, erweitert. Wir haben nämlich für die Volksinitiative heute schon in der Verfassung geregelt, dass dort alle Berlinerinnen und Berliner mit abstimmen dürfen, mit unterschreiben dürfen. Das ist immerhin eine Regelung, die sich im V. Abschnitt unserer Verfassung, der sich mit der Gesetzgebung beschäftigt, steht. Auch das ist, neben der Weiterentwicklung der Rechtslage seit der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung ein Argument für unseren Vorstoß.
Wir wollen nicht noch 20 Jahre warten, bis womöglich auf Bundesebene irgendwann einmal Mehrheiten dafür vorhanden sind, das Grundgesetz an der Stelle zu öffnen. Wir sind der Meinung, Berlin sollte hier vorangehen. Das passt gut zum weltoffenen Image. Wir wollen die direkte Demokratie für alle Berlinerinnen und Berliner öffnen und werben dafür. Das wird ein Diskussionsprozess sein. Wir brauchen auch – womöglich wird das gleich auch noch gesagt, ich nehme es schon vorweg – noch eine Volksabstimmung über diese Frage, wenn wir uns hier einig sind. Die könnte man gemeinsam mit der nächsten Abgeordnetenhauswahl durchführen. Wir sind jedenfalls der Meinung: Lassen Sie uns uns gemeinsam auf den Weg machen! Das wäre ein wichtiges, ein richtiges Zeichen in die Richtung der Einwanderercommunities in der Stadt: Wir wollen euch beteiligen, ihr sollt euch einbringen, und ihr sollt das auch können. – Dann kämen wir, was die direkte Demokratie angeht, gemeinsam einen Schritt voran. Ich bin jetzt erst einmal auf Ihre Anmerkungen, mögliche Unterstützung oder Einwände gespannt. – Ich danke Ihnen!