Insofern ist es sinnvoll, hier den gleichen Abstimmungskreis zu wählen, wie er bei Volksbegehren gilt.
Zu einer abstimmungsfähigen und stabilen Planungsgrundlage würde eine Differenzierung jedenfalls nicht führen, weil sie aus vielen Gründen leicht angreifbar wäre. Und deshalb hat sich der Senat für den Weg entschieden, den wir Ihnen heute mit dem Gesetzentwurf vorgelegt haben.
[Beifall bei der CDU – Beifall von Dennis Buchner (SPD) – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Mein Gott! Wer so einen Verfassungssenator hat, der ist gestraft! – Weitere Zurufe von der LINKEN und den PIRATEN]
Ich habe hier schon so viel erlebt, wo mir die Verfassungsakrobaten der Opposition gesagt haben, ich würde verfassungswidrige Gesetze vorlege. Wenn ich an das Gesetz der Übersichtsaufnahmen denke, da sind Sie vor Gericht gegangen. Recht hat der Senat bekommen. Insofern: Bleiben Sie doch einfach mal ein bisschen demütiger in dieser Frage!
Die rechtliche Einschätzung habe ich also dargelegt. Das ist mir bei der Bürgerbeteiligung besonders wichtig. Es ist mir besonders wichtig, dass wir als Politiker am Ende zu unserer Verantwortung stehen. Wenn wir sagen, dass wir das Votum der Berlinerinnen und Berliner politisch akzeptieren werden – egal, wie knapp es ausfällt –, dann
nennt man das bewusste Entscheidung. Formal treffen wir sie trotzdem. Wir schieben sie nicht weg. Bürgerbeteiligung darf jedenfalls kein Vorwand sein, Entscheidungen wegzudelegieren, die man sich selbst nicht traut zu treffen.
Der Zeitplan ist klar. Wir wollen die Berlinerinnen und Berliner in den kommenden Wochen weiter von einem Konzept überzeugen, das bislang außerordentlich viel Zuspruch bekommen hat, nicht nur vom deutschen Sport. DOSB-Präsident Hörmann hat das erst gestern in Berlin wieder in zwei Veranstaltungen deutlich gemacht. Wir haben ein sehr gutes Konzept, auf das wir stolz sind. Aber es kann durch die Beteiligung der Berlinerinnen und Berliner natürlich besser werden. Ohne Beteiligung keine Begeisterung – und umgekehrt! Sollte sich der DOSB im März für Berlin entscheiden, dann gehen wir vor dem 13. September zuversichtlich in die Diskussion. Wir sind überzeugt, dass wir mit unseren Grundprinzipien der Bescheidenheit, der Nachhaltigkeit und der Abkehr von Gigantismus punkten können. Unser Konzept ist – gemessen an vergangenen Spielen – innovativ, weil damit keine riesigen Stadtentwicklungsvorhaben verknüpft werden. Wir wollen uns auf den Kern der Spiele besinnen.
blinde Euphorie und Verzagtheit. Das Erste, weil es den Blick auf Risiken verstellt, und das Zweite, weil vor lauter Risiken keine Chancen mehr gesehen werden. Der Weg dazwischen ist der erstrebenswerte.
Wir sollten auf die Stärken unserer Stadt vertrauen, darauf, dass Berlin der Welt zeigen kann, was für ein hervorragender Gastgeber wir für das größte Fest des Sports sein können. Wir sollten die Chancen und Aufgaben realistisch einschätzen, und die Chancen sind da, und zwar für die Bevölkerung, die Sportstätten, den gesellschaftlichen Zusammenhalt, den Tourismus und die Wirtschaft. Dafür kann und sollte man sich ruhig begeistern, auch in der Politik, auch im Berliner Abgeordnetenhaus.
Vielen Dank, Herr Senator! – In der zweiten Rederunde hat noch der Kollege Behrendt von den Grünen das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Senator Henkel! Meine Erfahrung nach neun Jahren Parlament ist: Der größte Feind von Großprojekten in dieser Stadt ist der jeweils amtierende Senat.
Ich bin Ihnen aber ganz dankbar, dass Sie zu der heute doch relevanten Frage: Dürfen, können, sollen wir vor lauter Begeisterung für Olympische Spiele in dieser Stadt unsere Verfassung dehnen oder beugen? – überhaupt mal was gesagt haben. Die Redner der Koalition haben dazu wenig gesagt. Herr Buchner hat hauptsächlich über Hamburg gesprochen.
Und Herr Zeelen hat aufgezählt, wen Sie für Ihre Olympiaunterstützerclubs gewonnen haben. Ein kleiner Tipp heute schon von mir, wenn es mal zu der Volksabstimmung kommen sollte: Ich glaube, allein so werden Sie die Berlinerinnen und Berliner nicht überzeugen. Sie werden die Frage und die Besorgnis vieler Berlinerinnen und Berliner beantworten müssen: Was wird aus mir hinsichtlich der Entwicklung des Wohnungs- und Arbeitsmarkts, wenn wir nun auch noch Olympische Spiele ausrichten? – Das ist die Fragstellung, die im September zur Entscheidung steht, und nicht, wie viele Sportvereine die Olympischen Spiele unterstützen.
Jetzt aber zum Verfassungsjuristischen: Herr Henkel! Sie haben versucht, uns darzustellen, warum Ihre Aussage vom Oktober, Sie wollten keine Lex Olympia, mit dem heute vorgelegten Gesetz, das eine Lex Olympia ist, in Übereinstimmung zu bringen ist. Ich muss sagen, mich hat das inhaltlich nicht überzeugt. Das war der Versuch eines doppelt eingesprungenen Henkels – vielleicht eine neue olympische Disziplin –
Ich muss Sie auch noch daran erinnern, was Sie im Sommer gesagt haben. Im August haben Sie gesagt, Ihre Verfassungsjuristen arbeiteten an einem Olympiagesetz für eine verbindliche Volksabstimmung.
Sie haben uns heute auch nicht erklären können, wo denn dieses Gesetz geblieben ist oder wo Sie auf dem Weg stehengeblieben sind. Sie haben uns heute ein Gesetz für eine unverbindliche Volksabstimmung vorgelegt.
Es ist schon diskutiert worden, auch in der Öffentlichkeit: Sie haben mit der Vorlage des Gesetzes auch erklärt, Ihre Verfassungsjuristen hätten gesagt, Sechzehn-, Siebzehnjährige und EU-Ausländer gingen nicht. Dann durfte ich aber in der Zeitung lesen, dass die Verfassungsjuristen sehr wohl gesagt haben – weil es nämlich eine unverbindliche Abstimmung ist –, dass das geht.
Herr Henkel! Stehen Sie doch wenigstens dazu, dass Sie und die CDU es politisch nicht wollen, dass Sechzehn- und Siebzehnjährige und EU-Ausländer abstimmen dürfen! Schieben Sie nicht die Juristen vor!
Noch ein kleiner Tipp an die SPD-Fraktion, weil das mit den Verfassungsjuristen und Herrn Henkel ein bisschen schwierig und holprig läuft: Sie diskutieren ja schon einen neuen Ressortzuschnitt für Herrn Henkel.
Ich würde empfehlen, vielleicht mal die Abteilung für Wahlen, Demokratie und Abstimmungen ins Auge zu fassen. Es wäre vielleicht auch ganz gut für die direkte Demokratie und die Verfassung in diesem Land, wenn das nicht mehr im Ressort von Herrn Henkel wäre.
Wir haben den Gesetzentwurf, den die Verfassungsjuristen von Herrn Henkel nicht erarbeitet haben, heute hier vorgelegt. Herr Henkel! Sie haben gesagt, das ginge zeitlich alles nicht mehr. Wenn man mal ein bisschen olympische Geschwindigkeit an den Tag legen würde – das ist ja ein Fremdkörper für diesen Senat, der ja in Schneckengeschwindigkeit – nichts gegen Schnecken – unterwegs ist –, wäre das Verfahren in acht Monaten über die Bühne zu bringen. Ich erinnere nur daran: Wir hatten damals, als der Diepgen-Senat aufgeben musste, relativ zügig Neuwahlen. Das hat keine vier Monate gedauert. Wir werden es ja wohl organisatorisch hinkriegen, in acht Monaten die Abstimmung vorzubereiten. Wenn Sie Olympische Spiele ausrichten wollen, werden Sie noch viel mehr machen müssen, als Abstimmungen in acht Monaten vorzubereiten. – Ich danke Ihnen!
Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage, Drucksa
che 17/2061, sowie der Gesetzesanträge der Oppositionsfraktionen, Drucksachen 17/2072 und 17/2073, federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung und den Hauptausschuss vorgeschlagen. Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Ich bitte kurz um Ihre Aufmerksamkeit. Bevor ich den Tagesordnungspunkt 2 aufrufe, unterbrechen wir die Sitzung für etwa zehn Minuten, weil wir die PCs noch einmal hochfahren müssen. Für die Spontane Fragestunde wäre es ein bisschen schwierig, wenn sie nicht funktionieren würden, und im Moment tun sie es nicht.