Die dritte große Herausforderung – energetische Sanierung. Zwei Legislaturperioden ist es nicht gelungen, dieses Thema im Rahmen von Klimaschutzgesetzen wirklich voranzubringen. Gegenwärtig liegt die Sanierungsrate im Gebäudebestand bei 0,8 Prozent. Wir brauchen eine Sanierungsrate von 2 Prozent, wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen. Auch hier müssen wir Rahmenbedingungen schaffen und dafür sorgen, dass das sozial verträglich und für die Mieterinnen und Mieter dieser Stadt bezahlbar ist. Das ist eine der großen Herausforderungen.
Wenn wir über den öffentlichen Gebäudebestand reden, müssen wir endlich von einer rein kameralistischen Be
trachtungsweise wegkommen und dürfen nicht sagen, dafür sei kein Geld da, dafür dürfe kein Kredit aufgenommen werden. Wenn wir im Rahmen der Energiewende wirklich eine Vorreiterrolle der öffentlichen Hand und des öffentlichen Dienstes einnehmen wollen, müssen wir auch bereit sein zu sagen, wir schaffen einen Fonds für die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude, der ggf. auch kreditfinanziert ist und der refinanziert wird durch die Energieeinsparungen. Das muss mal kalkuliert werden, und dann können wir hier einen ganz anderen Schub erzeugen. Das nützt auch dem Berliner Handwerk, das hat wirtschaftliche Effekte, das führt auch wieder zu mehr Steuereinnahmen.
Der vierte Punkt: Wir müssen endlich bei der Diskussion über die Rekommunalisierung weiterkommen. Rekommunalisierung wird hier im Hause noch allzu häufig als Wert an sich diskutiert oder unter dem Aspekt, dass es auch wirtschaftlich sinnvoll sein kann – alles richtig. Auch der Demokratieaspekt ist bei diesem Thema wichtig. Wir müssen aber endlich einmal definieren, an welcher Stelle der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette wir unbedingt und in welcher Form den energiewirtschaftlichen Einfluss des Landes Berlin, die kommunalwirtschaftliche Aktivität benötigen, wie die Kooperation mit den nach wie vor existierenden privaten Akteuren aussehen soll und welche Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden müssen. Kollege Stroedter hat es angesprochen – Stichwort: Stadtwerk. Von uns liegt ein Antrag zur Aufhebung dieser Stadtwerksbremse vor. Es würde mich freuen, wenn die Erkenntnisse, die wir intellektuell in dieser Kommission erlangt haben, sich auch mal in politischen Entscheidungen niederschlagen würden und die Stadtwerksbremse endlich gelockert würde. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Wolf! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Wir haben gemeinsam, im Konsens aller Fraktionen und Experten, einen Zwischenbericht vorgelegt, der sich sehen lassen kann – das höre ich zumindest so auch aus Expertenkreisen. Was die bisherige Arbeit der Enquete-Kommission gezeigt hat, ist, dass die Einrichtung wichtig und richtig war.
Berlin ist im Ländervergleich energiepolitisch leider ein Niemand. Aus verschiedenen Gründen stellen wir als
Land das Energiewendeschlusslicht dar. Nirgendwo in Deutschland – Harald Wolf sagte es – ist der Anteil der regenerativen Energie an der Energieerzeugung so gering wie in Berlin. Wir erzeugen immer noch Strom und Wärme aus klimaschädlicher Braunkohle. Mit der Privatisierung von GASAG und Bewag haben wir wichtige energiepolitische Handlungsoptionen aus der Hand gegeben und tun uns schwer, diese wiederzuerlangen. Die Vergabe von Gas- und Stromkonzession verläuft gerade alles andere als rund. Wir haben – das wurde auch schon gesagt – ein neu gegründetes Stadtwerk, das den Namen eigentlich nicht verdient, da es keine Kunden haben kann, kaum Energie produziert und eigentlich, wenn man ehrlich ist, in seiner gegenwärtigen Form keine Existenzberechtigung hat. Öffentliche Gebäude in Berlin gehören zu den schlimmsten Energiefressern. Laut Finanzverwaltung würde es 6 Milliarden Euro kosten, die öffentlichen Gebäude auf den Stand zu bringen, dass sie der Energiesparverordnung entsprechen. Seit Jahren wächst zudem der CO2-Ausstoß pro Kopf wieder an. Da Berlin wächst, wächst auch insgesamt unser Energiebedarf.
Nimmt man das alles zusammen, lässt sich sicherlich nicht behaupten, Berlin wäre energiepolitisch auf einem guten Weg. Man könnte sogar von einer gefühlten energiepolitischen Impotenz des Landes Berlin sprechen, die es gemeinsam zu überwinden gilt.
Zu Herrn Dr. Garmer: Aus der Kurve fliegen kann man tatsächlich wohl nur, wenn man sich mit einer nennenswerten Geschwindigkeit voranbewegt.
Auf der positiven Seite ist zu verbuchen, dass wir die Enquete-Kommission haben. Wir haben, glaube ich, alle die Hoffnung, dass es der Kommission gelingt, einen wichtigen Beitrag zu leisten, letztlich in die Gänge zu kommen.
Zum Thema Braunkohle: Ein Zwischenergebnis der Kommission war jetzt zwar nicht, dass wir in Berlin bis 2020 komplett aus der Braunkohle aussteigen – wobei es eigentlich angekündigt war, dass in Klingenberg bis 2020 Schluss ist und wir zumindest im Land keine Braunkohle mehr verbrennen. Das ist aber vor dem Hintergrund, dass wir dann aus Brandenburg Strom aus Braunkohle beziehen, natürlich nicht ausreichend –, wir haben uns aber zumindest darauf geeinigt, bis 2030, also in 15 Jahren, aus der Braunkohle auszusteigen. Das war zumindest der Konsens. Wir haben festgestellt, dass Braunkohlekraftwerke nicht nur die klimaschädlichsten Kraftwerke sind, die es gibt, sie vertragen sich auch ganz schlecht mit Wind- und Solarenergie, weil sie schlecht regelbar sind. Die Kohle aus der Lausitz, die dort verbrannt wird, hat zudem noch einen schlechteren spezifischen CO2Ausstoß als Torf. Das muss man halt auch sehen.
sodass ich mir überlegen muss, was ich noch anspreche. – Ich greife noch das Thema energetische Sanierung heraus. Das ist eine der Handlungsoptionen, die wir abseits der großen Energiepolitik haben. Da stellt sich natürlich die große Frage: Überall anders rechnet sich energetische Sanierung, nur in Berlin scheinen irgendwie spezielle Rechenregeln zu gelten. Offenbar ist hier kein Geld für Dinge da, die am Ende Geld einsparen. Insofern haben wir noch viele Fragen zu beantworten und viel zu tun. Ich freue mich auf die weitere Arbeit und den Abschlussbericht. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Mayer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Zwischenbericht ist damit vorgelegt und besprochen. Das Haus bedankt sich bei allen an der Fertigstellung des Zwischenberichts Beteiligten. Wir wünschen der Enquete-Kommission viel Erfolg bei der weiteren Arbeit.
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Ursachen, Konsequenzen und Verantwortung für die Kosten- und Terminüberschreitungen bei der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/2098
Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von grundsätzlich fünf Minuten zur Verfügung. Die Auswirkungen einer Redezeitüberschreitung und Anrechnung auf das Kontingent der Fraktionen sind Ihnen bekannt. – Es beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brauer. – Bitte!
Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Um 1900 galt Berlin als Stadt, die nie fertig wird. Das war sei
nerzeit Ausdruck des großen internationalen Respekts vor einer boomenden Metropole. Heute dagegen gilt Berlin als Stadt, in der nie etwas fertig wird. Damit offenbaren wir unseren romantischen Charakter. Die Romantiker liebten Ruinen. Geradezu symptomatisch dafür scheint uns das Sanierungsvorhaben Staatsoper Unter den Linden.
Noch einmal in aller Deutlichkeit: Niemand, der einigermaßen bei Verstand war, bezweifelte vor zehn Jahren die Notwendigkeit dieses Projekts. Aber jeder wusste, dass a) das Bauen im historischen Bestand schwierig und erheblich kostenintensiver ist als ein Neubau auf der grünen Wiese, b) der Baugrund und der bauliche Zustand der Lindenoper gleichfalls kompliziert sind und c) man ein solches Gebäude nicht anfasst, um es zehn Jahre später wieder in einen Baustellenzustand zu versetzen. Es ist also nachvollziehbar, wenn dann das Möglichste an Verbesserung der Nutzerqualität realisiert werden soll.
Das hat allerdings seinen Preis. – Und damit sind wir bei des Pudels Kern. – Der Baupreis wurde im Dezember 2009 aufgrund der Vorplanungsunterlagen mit 239 Millionen Euro angegeben. Kleine Geister – ich räume das gerne ein – kriegen bei solchen Zahlen erst einmal einen Schreck. So viel Geld und dann auch noch für die Kultur! Die ängstlichen Seelen wurden aber seinerzeit beruhigt, nämlich mit dem Hinweis: 200 Millionen Euro zahlt der Bund. – Dass der seinen Beitrag von Anfang an nachdrücklich gedeckelt hat, hätte allerdings misstrauisch machen müssen. – 30 Millionen Euro versprach generös der Freundeskreis der Staatsoper. Damit blieben summa summarum noch 9 Millionen Euro als Beitrag des Landes Berlin übrig. Ein Schnäppchen! – Nein, falsch, kein Schnäppchen, sondern ein Geschenk des Opernhauses! Wer greift da nicht zu? Diese 9 Millionen Euro hätte die Oper übrigens – traut man den Zahlen der Senatskulturverwaltung – aus ihren Rücklagen selbst erbringen können. Die sind ja nach den Aussagen von Staatssekretär Renner ein nimmer versiegender Quell des Reichtums.
Aber die ganzen Rechnereien stimmten hinten und vorne nicht. Der Senat ignorierte das fachkundige Urteil seiner eigenen Spezialisten. Ich zitiere eine rote Nummer der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Januar 2013 – ein Bericht an den Hauptausschuss:
Auf das hohe Kosten- und Terminrisiko wurde deutlich hingewiesen. Diese Risiken wurden zugunsten einer schnellstmöglichen Wiederinbetriebnahme der Staatsoper in Kauf genommen.
Die Zeit- und Kostenplanung war von Anfang an eine politische. Hier wurde von Anfang an schöngeredet, um das Projekt durch den Senat und dann durch das Abgeordnetenhaus zu drücken, wobei wir – das muss man dazusagen – seit Jahren mit Informationen post festum abgefrühstückt werden, immer mit scheinbar unabweislichen Mehrforderungen. Im Strafrecht nennt man so etwas
Nötigung, glaube ich. Als Deppen gelten dann für die Öffentlichkeit die planenden Fachleute, die Bauausführenden sowieso, und die warnenden Stimmen hatten per se keine Ahnung, noch dazu, wenn sie auf den Oppositionsbänken sitzen.
Fakt ist: Das ursprünglich avisierte Eröffnungsdatum Herbst 2013 wird nun vielleicht Herbst 2017 sein. Fakt ist: Der Kostenrahmen von 239 Millionen Euro gehört schon lange in die Welt der Märchen. Wir sind inzwischen bei 389 Millionen Euro angekommen, aber auch die Zahl stimmt nicht. Fairerweise sollte man die Einnahmeausfälle der Staatsoper und die Kosten für die Herrichtung der Ersatzspiel- und -probestätten für Oper und Ballett hinzurechnen. Dann sind wir schon bei weit über 400 Millionen Euro. Aber auch das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Eine geprüfte Ergänzungsunterlage ist uns für April 2015 versprochen worden. Mal sehen, was dann kommt. Ich rechne mit noch mehr Kosten.
Fazit: Das Bauprojekt lief mitnichten von Anfang an aus dem Ruder. Es gab überhaupt kein Ruder, aus dem es hätte laufen können. Vom Generalplaner trennte man sich sehr früh. Der Projektsteuerer flog dann im Oktober 2012 raus. Man wurstelte monatelang ohne einen solchen vor sich hin. Wir wollen endlich wissen: Was ist tatsächlich schiefgelaufen? Wir wollen wissen: Wer hatte an welchen Stellen welche Entscheidungen zu vertreten? Wir wollen herausfinden: Welche Möglichkeiten gibt es, solchen Desastern künftig von Anfang an zu begegnen? Die Endlosschleife politisch herbeigeführter und schöngeredeter Baudesaster muss endlich durchschnitten werden. Leider scheint uns das angesichts der jahrelangen Vernebelungstaktik des Senats nur mit den Mitteln eines Untersuchungsausschusses möglich zu sein. Benutzen wir also dieses Mittel!
Zur Vernebelung und zum Baugrund möchte ich noch sagen: Man muss ja den Eindruck haben, die Stadt Berlin wäre wegen des vielen Wassers, das immer hoch kommt, ein einziges Hochmoor. Inzwischen räumt aber auch die Senatsbaudirektorin ein, dass der Schlamm und die bösartigen Pfähle nur für 4 Prozent der Mehrkosten haftbar zu machen sind. – Wir wollen endlich die Wahrheit wissen und darum der Untersuchungsausschuss. – Vielen herzlichen Dank!