Protokoll der Sitzung vom 19.02.2015

Danke, Claudia! – Doch wenn man mal genauer hinsieht, wird sehr schnell klar: Der Antrag der Piratenfraktion hält leider nicht, was er verspricht.

[Nein! von Martin Delius (PIRATEN) und Christopher Lauer (PIRATEN)]

Ach, Herr Lauer! Stellen Sie eine Frage, oder hören einfach zu! Die Kommentare von Ihnen sind in der Sache nicht hilfreich.

[Beifall von Dr. Turgut Altug (GRÜNE)]

Der Antrag widmet sich beispielsweise dem Thema – – Herr Lauer will unbedingt eine Frage loswerden.

Meine Herren! Ich glaube, ein bisschen Disziplin taugt. – Herr Abgeordneter! Gestatten Sie Zwischenfrage des Abgeordneten Lauer?

Natürlich! Er hat anscheinend Druck.

Bitte, Herr Lauer!

(Ole Kreins)

Ich bin einfach nur von Ihrer Rede genervt,

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Das kennen wir!]

aber, Herr Gelbhaar, um ganz ehrlich zu sein, bei Bündnis 90/Die Grünen, weil Sie ja alles schon immer besser wissen und so: Wo ist denn Ihr Änderungsantrag, der genau das, was Sie jetzt an dem Antrag kritisieren, behebt? Wann kommt er denn? Wann dürfen wir denn damit rechnen, dass Sie sich dazu herablassen und uns damit beglücken?

Herr Lauer! Sie sind jetzt auch schon seit dreieinhalb Jahren im Parlament. Sie wissen, da kommt so eine Ausschussberatung.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Da kommt von Ihnen nichts!]

Da stellt man dann Änderungsanträge, wenn man sie denn für möglich und nötig erachtet. Da werden wir dann schauen, ob dieser Antrag, ich sage mal, rettbar ist.

Jetzt kommen wir zum Thema zurück.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Lars Oberg (SPD)]

Der Antrag widmet sich z. B. dem Thema Ozon. Da wurden die Zielwerte der Bundesimmissionsschutzverordnung nur im aktuell erlaubten Rahmen gerissen. Das sagt der Antrag auch nicht falsch. Und das kann auch keine Entwarnung bedeuten, das ist auch klar. Als Grüne sagen wir klar: Jede Überschreitung ist eine zu viel. – Auch da sind wir wahrscheinlich im Konsens. Gegen die Ozonwerte, die nachweislich bei vielen Menschen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, macht der Senat einfach zu wenig. Auch hier ist der Senat in der Pflicht, ganz klar!

Die Erfahrungen mit den Ozonregelungen der Neunzigerjahre allerdings haben eines ganz klar gezeigt: Zeitlich oder räumlich beschränkte Aktionen sind zur Immissionsminderung kaum effektiv, so z. B. auch das Umweltbundesamt. Fahrverbote sind nur in sehr speziellen Situationen und nur teilweise erfolgreich, z. B. in Tal- und Beckenlagen. Wer sich Berlin anschaut, davon haben wir hier bekanntlich nicht so viele. Das heißt, solche Verbote bringen Berlin nichts. Da liegt der Antrag falsch, aber so weit traut sich der Antrag ja noch gar nicht.

Besser sind dauerhafte Maßnahmen, die den Ozonwert senken, z. B. Förderung des Radverkehrs oder des ÖPNV. Da muss Berlin in der Tat nachlegen. Da geht der Senat in die vollkommen andere Richtung, fördert den Autoverkehr mit neuen Straßen und Autobahnen, wo er nur kann. Das ist der falsche Weg, und das sollten wir gemeinsam ändern, Herr Lauer!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielleicht noch ein bisschen detaillierter für Sie, Herr Kollege: Im Antrag haben die Piraten auch für Stickstoffoxid einen Grenzwert als Kriterium angegeben und diesen mit 40 µg/m³ beziffert. Dieser Wert wird in nahezu allen verkehrsnahen Messpunkten sehr häufig überschritten, das stimmt, aber es handelt sich um den Jahresmittelwert, der natürlich an vielen Tagen erreicht und übertroffen werden kann und nicht nur an einzelnen besonders kritischen Tagen. Das ist ein dicker Fehler in diesem Antrag. Anders formuliert: Dieser Wert eignet sich als Kriterium schlicht und ergreifend nicht. Aktionen an allen diesen Tagen wären vielleicht ein Schritt hin zum kostenlosen ÖPNV, um aber die Immissionen nachhaltig zu senken, taugen sie nichts. Da braucht es kontinuierliches Handeln und eben nicht Placebos.

[Zuruf von Martin Delius (PIRATEN)]

Ein weiteres Beispiel: Beim Einstundenmittelwert wurde der Grenzwert 2013 am Hardenbergplatz achtmal überschritten. Das war im gesetzlichen Rahmen. Der sieht 18 Überschreitungen vor. Trotzdem muss man sich fragen, was der Grund für diese hohen Werte an diesem speziellen Ort sein könnte. Die Antwort ist in der Tat der starke Busverkehr. Wenn wir den Antrag also konsequent zu Ende denken, Herr Lauer, was würde dann wohl passieren, wenn wir jetzt den ÖPNV an dieser Stelle noch mehr befeuern? – Genau! Mehr Busverkehr führt zu mehr Busnutzerinnen und -nutzern. Der bessere Vorschlag wäre also an dieser Stelle, Herr Kollege? – Der schweigt und guckt in seinen Laptop. Der bessere Vorschlag ist, den Fuhrpark zu erneuern.

[Zurufe von Martin Delius (PIRATEN) und Christopher Lauer (PIRATEN)]

Da ist der Senat seit Jahren zögerlich, da müssen wir ran. Wir brauchen einen modernen Fuhrpark. Da können wir, glaube ich, Konsens herstellen.

Herr Gelbhaar! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herberg?

Bitte!

Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass es Bündnis 90/Die Grünen besser finden, wenn 50 Leute allein ein Auto benutzen, als wenn 50 Leute in einem Bus sitzen?

[Beifall von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Klare Antwort: Nein, da haben Sie mich nicht richtig verstanden!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Lars Oberg (SPD)]

Aber kommen wir zurück zum Antrag, würde ich vorschlagen.

[Zuruf von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Zum Beispiel ist eine große Frage gewesen, als wir uns den Antrag durchgelesen haben: Wie wollen Sie denn im Vorfeld informieren? Wie soll das rechtzeitig die Autofahrerinnen und -fahrer erreichen, die dann in den ÖPNV umsteigen sollen? Da drückt sich der Antrag um eine Antwort. Wenn sie das im Autoradio morgens beim Losfahren hören, dürfte es etwas zu spät sein.

Gleiche Frage geht in Richtung BVG: Wenn wir mehr Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV haben, müssten wir auch mehr Busse und Bahnen bereitstellen. Auch die BVG und die S-Bahn müssen also informiert werden. Dazu kein Wort in dem Antrag! Das wirkt nicht so, wie Sie sich das vorstellen. Vor allem würden die profitieren, die bislang keine ÖPNV-Stammkunden sind. Die Stammkunden hingegen hätten dann mit überfüllten Bahnen, mit verpassten Anschlüssen, mit Verspätungen zu tun. So ganz gerecht – Herr Baum, das wird Sie wohl überzeugen – ist das nicht.

[Beifall von Ole Kreins (SPD)]

Sie haben auch drei Worte zu den Kosten gesagt. Wir sind auf mindestens 20 Millionen gekommen, die das bei 23 durchschnittlichen Überschreitungstagen kosten würde. Das zahlt die BVG nicht aus ihrem Werbeetat, wie das gestern eine Zeitung behauptet hat. Und vor allem muss man sich mal vorstellen, was wir mit 20 Millionen beim ÖPNV-Angebot oder Radverkehr machen könnten.

So kommen wir zu dem Schluss: Der Antrag ist bislang nicht zu Ende recherchiert und teilweise sachlich einfach falsch, das heißt, mehr Fragen als Antworten. Was allerdings dem Antrag zugutezuhalten ist: Der Senat wird hier an seine Pflichten erinnert, die er nicht wahrnimmt. Und das ist absolut zu begrüßen, aber auch nur das.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Gelbhaar! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Friederici. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zum Anfang der Rede grundsätzlich in Erin

nerung rufen, dass wesentliches Merkmal der parlamentarischen Demokratie ist, dass man jemand ausreden lässt.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Daran müssen sich die Piraten nach dreieinhalb Jahren auch einmal gewöhnen. Man muss ja nicht mit den Grünen inhaltlich übereinstimmen, das tun wir als Union ja auch nicht immer, aber man sollte zumindest den Versuch unternehmen, sich die Argumente des politisch Andersdenkenden anzuhören.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Es kamen ja keine!]

Vielleicht entdeckt man dann auch eigene Fehler. Das gehört zu einer Demokratie dazu. Ich rufe die Piraten auf, das endlich zu akzeptieren.

Das Anliegen der Piraten, quasi den Nulltarif anlassbezogen zu wollen, heute müssen vermehrte Luftschadstoffe herhalten, ist ja bekanntlich nicht ganz neu. Die Luftschadstoffimmissionsbelastung in Berlin ist in den Wintermonaten bekanntlich leider immer etwas höher, aber trotz des Straßenmehrverkehrs in den letzten Jahren eher abnehmend durch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen der Koalition – mein Kollege Ole Kreins hat schon darauf hingewiesen –: Die Radverkehrsstrategie, die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs, aber auch beispielsweise die diversen Straßensanierungsmaßnahmen in diversen Programmen des Berliner Senats, die Stauvermeidungsstrategien im Verkehrsmanagement, damit durch Verkehrsstillstand nicht mehr Lärm, Dreck und vor allem Stau entstehen, zeigen in den letzten Jahren Wirkung.

Sicher, wir wollen in der wachsenden Metropole Berlin mit einem sehr erfreulichen Zuwachs durch Zuzug von Menschen, die nach Berlin ziehen, hier arbeiten, zur Arbeit fahren und sich täglich im Verkehr bewegen, den öffentlichen Nahverkehr auch weiter verbessern. Der Berliner Senat hat daher die Nahverkehrsunternehmen, vor allem die BVG, weil sie es im Moment nur als einzige kann, beauftragt, Zeittakte bei Bus, Bahn und Straßenbahn zu verdichten und neue Fahrzeuge zu beschaffen. Gerade in der letzten Woche hat sich beispielsweise die Berliner Koalition aus SPD und CDU dankenswerterweise darauf verständigt, mehr U-Bahnen neu zu bestellen, als das ursprünglich geplant war. Bewusst investieren wir als Koalition aus SPD und CDU mit Steuermehreinnahmen in den Ankauf neuer Fahrzeuge bei den Berliner Verkehrsbetrieben. Das ist ein klares Bekenntnis der Koalition, sich den zu lösenden Aufgaben der wachsenden Metropole Berlin zu stellen.

Wir sind gespannt, von den Piraten zu hören, vielleicht dann endlich in der Fachausschussberatung, denn heute hatten Sie das ja leider wieder nicht benennen können, was denn Ihre Vorstellungen kosten sollen.