Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

[Zuruf von der LINKEN: War doch so!]

Mischnutzung heißt ja im Übrigen nicht nur Einzelhandel, da wird die Diskussion immer extrem verkürzt, sondern wir haben sehr wohl auch darüber diskutiert, ob ein Hotel als Nutzung infrage kommt, und wir haben auch diverse andere Diskussionen geführt. Ich glaube, wir sollten uns ganz unaufgeregt und ganz undogmatisch die Ergebnisse dieses Gutachtens, das demnächst folgen wird, zu Gemüte führen und daraus Schlussfolgerungen ziehen.

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Eins haben wir allerdings als Fraktion auch klargemacht: Eine Nutzung schließen wir aus, das ist die Nutzung als ZLB. Die ZLB wird es nach unserer Auffassung im ICC nicht geben. Auch das hat meine Fraktion am Dienstag mit einem Beschluss noch einmal in aller Deutlichkeit klargemacht.

[Beifall bei der CDU]

Die Piraten schreiben in ihrem Antrag:

Der Erhalt des ICC trägt nicht zur Lösung bei, da die Sanierung nicht in der notwendigen Zeit zustande käme.

Das mag zwar richtig sein, aber den Abriss als Allererstes zu fordern – Herr Jahnke hat darauf hingewiesen –, macht nun auch nicht gerade sehr viel Sinn.

Was wichtig ist, dass wir jetzt den Blick in die Zukunft richten und uns Gedanken darüber machen, wo Kongressflächen entstehen können. Ich meine – und meine Fraktion meint –, dass das ICC dafür ein guter Standort ist. Wir müssen keine Abrissdiskussion führen, sondern wir müssen eine Zukunftsdiskussion führen. Wenn Sie eine Abrissdiskussion führen wollen, dann stellen sich lieber in eine Reihe mit Herrn Senator Wolf, der das Gleiche immer wieder im Schilde geführt hat.

[Carsten Schatz (LINKE): So ein Schlingel! – Uwe Doering (LINKE): Böser, Böser!]

Die CDU-Fraktion findet die Initiative des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller außerordentlich wertvoll, nach einer Lösung für das ICC zu suchen. Wir leiten daraus zumindest die Erwartung und Hoffnung ab, dass der Senat uns bis zur Sommerpause einen Vorschlag machen wird, wie er die Sanierung des ICC umsetzen möchte.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Er wird schon ganz blass!]

Wir freuen uns auf die weiteren Diskussionen zu dem Thema und sind uns sicher, dass diese Koalition eine Lösung finden wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Andreas Otto (GRÜNE): Kann sich der Regierende Bürgermeister nicht mal äußern?]

Vielen Dank, Herr Dietmann! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat der Herr Abgeordnete Mayer. – Bitte!

Herr Dietmann! Kann ich Sie dann beim Wort nehmen, dass Sie, wenn bis zum Sommer keine Lösung vorgelegt wird, sich dann unserem Abrisswunsch anschließen werden? Oder nennen Sie irgendeinen anderen Termin, wann Sie bereit sind zu sagen, okay, es gibt keine Lösung, das ist die einzig verbleibende Lösung!

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Sie hatten jetzt bereits über drei Jahre Zeit, eine Lösung zu finden. Jetzt frage ich mich: Brauchen Sie jetzt noch weitere drei Jahre?

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Ich bin auf jeden Fall gespannt. Ich nehme Sie beim Wort. Und wenn bis zum Sommer noch nichts vorliegt, stehen wir wieder hier und reden über das ICC. Das kann ich Ihnen dann versprechen.

[Heiterkeit und Beifall bei den PIRATEN]

Zum Thema Mischnutzung: Dass die Messe das ICC nicht will, ist klar. Wie gesagt, der LKW mit den zwei Metern Ladefläche, von dem ich vorhin sprach, wird, selbst wenn Sie da noch einen Meter oder zwei mehr Ladefläche mehr dranmachen, trotzdem kein ökonomisches Vehikel werden. Deswegen kann ich die Messe verstehen. Aus Sicht der Stadt kann man schon die Entscheidung treffen zu sagen, klar, wir stecken da jedes Jahr 15 Millionen rein,

[Zuruf von den GRÜNEN]

aber selbst diese Entscheidung zu treffen, trauen Sie sich an der Stelle nicht. Und das war für uns am Montag der Punkt, an dem wir gesagt haben, okay, es geht so nicht weiter. Es ist da klar herausgekommen, dass die Messe

gesellschaft eine wie auch immer geartete Mischnutzung eigentlich ausschließt, weil die Messe auf das Parkhaus auf gar keinen Fall verzichten möchte, Parkflächen sind ohnehin knapp. Das heißt, kein Abriss Parkhaus. Das Zweite ist, selbst eine Mischnutzung für Kongress und Messebetrieb wird nicht funktionieren, weil sich kein vernünftiger Rundgang organisieren lässt. Selbst diese Hoffnungen haben sich eigentlich zerschlagen, dass das irgendwie funktionieren kann außer als dauerhaftes teures Zuschussgeschäft.

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Mayer! – Herr Dietmann, bitte!

Lieber Herr Kollege Mayer! Sie können mich grundsätzlich immer beim Wort nehmen. Aber noch einmal ganz im Ernst: Wir haben am Montag eine gute Diskussion im Ausschuss geführt. Ein Ergebnis dieser Diskussion war doch, wir brauchen mehr Fläche für das Kongressgeschäft, weil Berlin attraktiv ist, weil diese Stadt attraktiv ist für Kongressgäste, weil Menschen hierherkommen wollen, weil sie unsere Stadt gut finden. Die erste Antwort, die Sie aber ein paar Tage später, zwei Tage später mit Dringlichkeit finden, ist einen Antrag zu stellen, in dem Sie das ICC abreißen wollen. Das ist doch mit Sicherheit gar keine Lösung, weil darauf überhaupt nicht eingegangen wird, wie Sie zusätzliche Kongressfläche schaffen wollen. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie, wenn Sie schon eine solche Diskussion anstoßen – und ich habe das bei den letzten Rederunden gesagt, dass ich es gut finde, dass Sie sich mit dem Thema beschäftigen –, zumindest den Blick in die Zukunft gewagt und versucht hätten, hier eine Lösung vorzutragen. Aber mit einem solch populistischen Antrag hier zu ankommen, dass wir als erstes hier etwas plattmachen, wo wir alle verstanden haben, dass es darum geht, zusätzliche Flächen zu schaffen, ist ein ziemlich ärmlicher Vortrag. Das finde ich auch nicht gut, dass Sie sich nicht die Mühe machen, ein bisschen weiter zu denken. Denn unsere Kraft solle darauf ausgerichtet sein zu schauen: Wo sind die Chancen und die Zukunftsperspektiven dieser Stadt? Dann darf man natürlich nicht das Bestehende außer Acht lassen. Deswegen haben wir uns auch nicht die erstbeste Idee zu eigen gemacht, sondern wir haben ein paar Dinge durchgeprüft. Dass das Zeit kostet, dass das nicht so einfach ist, dass es da eine ganze Menge zusätzlicher Ideen gibt, unterschiedliche Meinungen, das ist doch völlig unbenommen. Wir reden hier doch nicht über einen Einfamilienhausbau. Aber dass am Ende eine Lösung dabei herauskommen muss, die den Standort attraktiver macht, die für die Messe akzeptabel ist, die für die Stadt akzeptabel ist, die für unseren Haushalt akzeptabel ist, das muss das Ziel sein. Ich glaube, dass wir das auch hinbekommen werden. Ich bin guten Mutes, wenn sich alle darauf

verständigen, das Beste zu wollen und nicht sofort immer einem populistischen Plan hinterherzulaufen, so wie Sie ihn eben vorgetragen haben mit dem Abriss.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Dietmann! – Für die Linksfraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Matuschek. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Drei Jahre große Koalition, drei Jahre „kompro-miese“ Traumschlosspflege ICC, und übrigens dann auch noch – Herr Dietmann, das haben Sie völlig falsch verstanden, die Grünen machen Ihnen pausenlos Avancen auf eine künftige möglicherweise gemeinsame Rettung des Traumschlosses ICC.

[Joachim Esser (GRÜNE): Warum auch nicht? Ihr wollt ja nicht mehr!]

Das landeseigene Unternehmen Messe Berlin schreibt seit Jahren schwarze Zahlen, das ist gut so. Berlin ist ein starker Messestandort und auch ein sehr starker Kongressstandort, nämlich zurzeit der drittstärkste in Europa. Darüber freuen wir uns auch. Um diesen Platz zu halten und an dem absehbaren Wachstums teilzuhaben, muss Berlin mehr Kongresskapazitäten schaffen. Darüber sind wir uns einig. Worüber wir uns nicht einig sind, ist die Frage, wie groß der Anteil der Privaten an der Ausweitung der Fläche sein soll und wie groß der Anteil des landeseigenen Unternehmens Messe Berlin sein soll. Wir meinen schon, das landeseigene Unternehmen Messe Berlin darf von dem Wachstum dieses Marktes nicht ausgeschlossen werden und muss auch eigene, neue und große Kongresskapazitäten schaffen. Wichtig ist bei der ganzen Diskussion eine Jahreszahl, die ist schon genannt worden: 2018. Spätestens zu diesem Zeitpunkt müssen die Kongressmöglichkeiten nutzbar, also fertig, also gebaut sein. Genauso übrigens wie der BER in Betrieb sein und nicht nur irgendwo auf einem Plakat angepinnt sein muss.

Wie kommt also das landeseigene Unternehmen Messe zu neuen Kongressräumen? – Drei Vorschläge liegen auf dem Tisch der Entscheidungen – wenn ich das einmal so abwandeln darf, was die Koalition uns immer zumutet –: Erstens die Sanierung des ICC sei die Lösung. Die ist aber unter 500 Millionen Euro nicht zu haben. Die Messe kann das nicht stemmen. Die Zeit reicht ohnehin nicht aus, wahrscheinlich wird es 2018 nicht einmal eine belastbare Genehmigungs-, geschweige denn eine Ausführungsplanung geben. Der Denkmalschutz käme noch erschwerend hinzu. Im Übrigen: Die Sanierung zu so einem Preis – die Zeit reicht ohnehin nicht – schafft einen anhaltenden Subventionstatbestand zulasten des Steuerzahlers. Dieser Vorschlag löst nicht das Problem, sondern

verschärft es. Wenn Herr Jahnke und andere die Hoffnung haben, bis 2020 sei die Sanierung fertig, dann ist das erstens zu spät, zweitens wissen wir, wie in Berlin Großprojekte klappen, nämlich immer irgendwie doppelt so teuer und drei Mal mehr Zeit drauf nach einer verschobenen Eröffnung. Also: Dass die Sanierung ICC 2018 beendet sein wird, ist ein weiteres Traumschloss.

[Beifall bei der LINKEN]

Als zweiter Vorschlag liegt auf dem Tisch die Ertüchtigung des alten Flughafengebäudes in Tempelhof. Dort finden jetzt schon Messen und Kongresse statt, allerdings durch andere Veranstalter als die Messe Berlin organisiert. Die Zukunft des Gebäudeensembles in Tempelhof ist politisch nicht geklärt. Vielleicht wäre eine Untersuchung über Kosten und Zeitplan für eine Instandsetzung für mehr Kongressmöglichkeiten hilfreich für eine Zukunftsentscheidung.

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Die liegt aber bisher nicht vor und wurde auch noch nicht beauftragt, trotz der vielen Studien für das ICC. Das ist merkwürdig. Auf der einen Seite jagt eine Studie die andere, auf der anderen ist das Naheliegende nicht einmal beauftragt worden.

Der dritte Vorschlag kommt von der Messe selbst und heißt: City-Cube II, also ein weiteres modernes Kongressgebäude. Aus Sicht der Messe ist das ein völlig nachvollziehbarer Vorschlag. Denn das ist in kurzer Zeit für einen Bruchteil der Sanierungskosten für das ICC zu realisieren.

[Joachim Esser (GRÜNE): Gehst du jetzt mit Göke Golf spielen oder was?]

Nachvollziehbar ist es auch deshalb, weil die Konkurrenten auf dem Kongressmarkt in Berlin, namentlich das Estrel in Neukölln, oder – wie wir seit gestern wissen – Anschutz bzw. Mercedes in Friedrichshain, fleißig und schnell ihre Kapazitäten ausbauen. Das ist nicht verwerflich, doch sollten wir – damit bin ich wieder am Beginn meiner Rede – uns als Eigentümer des Landesunternehmens Messe die Frage gefallen lassen, ob wir unser eigenes Unternehmen nicht auch mit auf diesem Markt platzieren wollen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jahnke?

Nein! Ich bin auch schon fast am Ende. – Liebe Piraten! Euer Vorschlag klingt sehr radikal – wir sind gar nicht so radikal wie ihr –, ist leider politisch nicht durchsetzbar und bringt allerdings in der Realisierung auch mehr Bauprobleme als ihr ahnt, nämlich mehr Bauprobleme als die bei der Sanierung der Staatsoper im Übrigen. Lasst uns

(Michael Dietmann)

darüber reden, wie wir schnell zu nutzbaren Kongressflächen kommen! Das ist, denke ich, ein konstruktiver Ansatzpunkt für die weitere Diskussion. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Matuschek! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie sowie an den Hauptausschuss beantragt worden. Gibt es hierzu Widerspruch? – Ich höre keinen, dann verfahren wir so.

Ich komme zur

lfd. Nr. 4: