Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

(Frank Jahnke)

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Mayer! – Herr Jahnke!

Ja, warum sind da noch keine Bauarbeiter zu sehen? – Weil wir aus Bauprojekten gelernt haben, dass es gut ist, erst zu planen und dann loszubauen!

[Lachen und Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Ich freue mich, dass das so uneingeschränkte Zustimmung findet. Man muss doch zunächst das Konzept erstellen, nach dem man vorgehen will. Ich kann nicht erkennen, was das mit Relikten des Kalten Krieges zu tun hat, Herr Mayer. Wir müssen jetzt mal schauen, in welcher Weise das Internationale Congress Centrum als Kongresszentrum in das Konzept einzubeziehen ist.

[Zurufe von den PIRATEN]

Es wurde stillgelegt, weil der bisherige Betreiber, die Messegesellschaft, seit vielen Jahren eher nach der Überwindung des Gebäudes trachtete als nach der Modernisierung. Das ist das Hauptproblem. Nun ist die Modernisierung allerdings schon ein ganzes Ende im Rückstand. Man hätte damit vor 10, 15 Jahren anfangen sollen. Ist nicht passiert.

[Steffen Zillich (LINKE): Armer Senat, der so eine Messe hat!]

Von daher ist die vergossene Milch jetzt nicht zu betrauern, sondern man muss seriös herangehen, –

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Meine Damen und Herren! Das Wort hat der Abgeordnete Jahnke und sonst niemand.

nach anderen Ideen, die für das ICC auch bereits diskutiert wurden, für die auch Gutachten erstellt wurden – da haben Sie recht –, da haben wir festgestellt, dass alternative Nutzungen entweder sinnlos oder überhaupt nicht optimal und für die Stadt kein Gewinn sind. Hingegen haben wir für die Kongresse mit dem ICC eine echte Chance, wenn wir jetzt ein paar eingefahrene Bahnen verlassen und tatsächlich – und nichts weiter habe ich gesagt – in den Ausschüssen unvoreingenommen ein Konzept für die Kongressstadt Berlin diskutieren. Und das tun wir.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Jahnke! – Bevor ich jetzt der nächsten Rednerin das Wort erteile, da es an einer Stelle offensichtlich immer wieder Unklarheiten gibt: Die Geschäftsordnung sieht pro Redebeitrag eines Abgeordneten oder eines Mitglieds des Senats bis zu zwei Zwischenfragen vor, sofern die redende Person dieses gestattet. Sowohl für die Zeit der Frage als auch für die Antwort, sofern diese an Dauer nicht eine Minute übersteigt, wird die Uhr angehalten. Es geht Ihnen dadurch also keine Redezeit verloren. – Jetzt hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort Frau Abgeordnete Ludwig. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es schön, dass die Piraten mit ihren Anträgen uns immer wieder die Gelegenheit bieten, die Zukunft des ICC und die Zukunft des Kongressstandortes Berlin zu thematisieren. Aber dass Sie die Dringlichkeit des Abrisses heute damit begründen, dass die Fassade dreckig ist – da habe ich, ganz ehrlich, Angst um die halbe Stadt.

[Beifall und Lachen bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN –]

Warum überhaupt der Abriss des ICC Ihre erste dringliche Maßnahme zur Stärkung des Kongressstandorts sein soll, das kann höchstens den Freunden von citynahen Eichenwäldern einleuchten. Einige werden sich an diesen Vorschlag erinnern. Es ist einer mir naturgemäß sehr sympathischen Umweltbewegung zu verdanken, dass der nur wenig entfernt liegende Grunewald fast auf den Tag genau vor 100 Jahren als Dauerwald geschützt wurde. Ein Viertel dieses Waldes sind Eichen. Aber an diese Stelle, zwischen Autobahn, Ringbahn und Messegelände, gehört kein Eichenwald, sondern aus gutem Grund ein Kongresszentrum. Und daran etwas zu ändern, ist, so wie Sie es vorschlagen, völlig absurd.

Zu den Fakten: Der City-Cube wird im kommenden Jahr, 2016, an über vier Monaten, wie wir am letzten Montag gehört haben, von der Messe Berlin als Messehalle beansprucht. Dadurch verfügt Berlin im Moment überhaupt nur über zwei Drittel Kongresszentrum. Und leider überschneidet sich nun auch die nachfragestarke Zeit bei Kongressen mit den Messen so, dass die stärkste Nachfrage ausgerechnet in den vier Monaten stattfindet, in denen der City-Cube durch die Messe belegt ist. Die Folge: Allein für 2016 konnte die Messe Berlin die Buchungen von acht Kongressen mit über 5 000 Teilnehmern nicht annehmen. Pro Kongress entgeht hier der Stadt, dem Handel, den Hoteliers und auch unserer Steuerkasse über 1 Million Euro. Ich finde, das kann sich Berlin nicht leisten.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Wir wollen Schulen, Unis, Krankenhäuser sanieren, die Infrastruktur fit machen für Smart City, Grünflächen pflegen, unterhalten, günstigen Wohnraum schaffen und, ja, wir müssen auch noch einen Flughafen fertigbauen, und daher ist es verantwortungslos, dass der Senat diese so wichtige Einnahmequelle Berlins durch ewigen Entscheidungshickhack so aufs Spiel setzt. Das Kongressgeschäft spült Jahr für Jahr 2 Milliarden Euro in die Stadt, und auch wenn ein Großteil dessen auf die vielen kleinen und mittleren Kongresse zurückzuführen ist, ist doch die Strahlwirkung großer Kongresse mit vielen Tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern, von Hauptversammlungen daxnotierter Unternehmen unerlässlich für die Positionierung von Berlin als Kongressstadt insgesamt. Und, ja, auch die Marke ICC hat daran ihren Beitrag.

Berlin hat die Chance, diesen lukrativen Wirtschaftszweig weiter auszubauen, wie die seit Jahren steigende Nachfrage zeigt. Daraus hätte der Senat aber schon längst Schlüsse ziehen können. Einer von ihnen wäre natürlich gewesen, die Sanierung des ICC umgehend nach Schließung im Sommer 2014 zu beginnen. Aber erst traut sich die SPD nicht, das nötige Geld in die Hand zu nehmen, und verschafft sich Zeit mit einem Gutachten, das dann die CDU-Senatorin vorlegen soll, um die Finanzierungslücke zu schließen. Und sie wird dann dafür gegeißelt, wie man denn darauf kommen könne – Überraschung! – Shops im ICC zu platzieren. Shopping ist der SPD zu profan, und so wird wiederum ein Gutachten erstellt, das die katastrophalen Auswirkungen von Einzelhandel an diesem Standort darstellt. Obendrauf winkt noch Herr Geisel mit der Denkmalschutzflagge. Und schon sind wir wieder da, wo wir alle vor drei Jahren, vor fünf Jahren, wahrscheinlich auch schon vor zehn Jahren waren. Das einzig wirklich Sinnvolle, das man mit dem ICC machen kann und soll, ist ein Kongresszentrum.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Frank Jahnke (SPD)]

Aber gut! Es ist nun die, wenn auch späte, um für meine Fraktion zu sprechen, so doch richtige Einsicht, liebe Kollegen der Piratenfraktion! Warum Sie nun mit Ihrem Antrag alles wieder einreißen wollen, darüber lässt sich nur spekulieren. Ihre Bierdeckelrechnung geht jedenfalls vorne und hinten nicht auf.

Zumindest sind wir uns in einem einig. Das Kongressgeschäft muss gesichert werden. Der Senat muss jetzt schnell gemeinsam mit der Messe mit „visit Berlin“ und den privaten Anbietern in der Stadt ein schlüssiges Übergangsmodell entwickeln, um Kongressanfragen bis zur Fertigstellung des ICC in Bestandsgebäuden besser bedienen zu können. Letztlich fordern wir vom Senat umgehend: Lassen Sie endlich Ihren Worten Taten folgen! Geben Sie Kongressveranstaltern eine Perspektive! Stellen Sie einen verbindlichen Fahrplan auf! Aktualisieren Sie das Bedarfsprogramm! Stellen Sie die notwendigen Gelder in den Haushalt ein! Starten Sie die ICCSanierung! – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Ludwig! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Dietmann. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Position der CDU zum ICC war in den vergangenen Jahren klar. Wir sind für den Erhalt und für eine zukunftsfähige Nutzung des ICC, und daran hat sich auch bis heute nichts geändert.

[Beifall bei der CDU – Andreas Otto (GRÜNE): Aber ab wann denn? – Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Dann machen Sie mal! Sie sind übrigens in der Regierung!]

Was sich ändert, ist die Diskussionslage, die wir hier haben. Ich registriere durchaus eine etwas putzige Diskussion am heutigen Tag. Ich habe Ihnen, Frau Ludwig, selten so viel zustimmen können, wie eben in Ihrer Rede. Ich erlebe Piraten, die sich am Montag noch um den Kongressstandort Gedanken gemacht haben und heute eine Antwort darauf finden, die heißt, wir reißen erst einmal etwas ab, was ich nicht so ganz verstehe. Ich sehe eine Fraktion, die Zwischenfragen stellt nach Gutachten, die sie in ihrer eigenen Verantwortung, als Herr Senator Wolf versucht hat, das ICC final zu schließen, selbst mit verantwortet hat. Das ist also eine ganz interessante Gemengelage.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Weil die Sozis es wollten! – Uwe Doering (LINKE): Zwischenfragen sind erlaubt! – Steffen Zillich (LINKE): Genau! Dazu habe ich eine Frage!]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Zillich?

Des Abgeordneten Zillich.

Ich habe doch noch gar nichts gesagt, außer dass die Diskussion putzig ist und wie die Fraktion der CDU zum ICC steht.

(Nicole Ludwig)

[Uwe Doering (LINKE): Noch ein Gutachten! – Weitere Zurufe von der LINKEN]

Vielleicht kann ich Ihnen noch ein paar schöne Hinweise geben, dann können Sie Ihre Frage noch etwas ausfüllen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): 500 000 Euro haben Sie zum Fenster hinausgeschmissen!]

Ich werte das jetzt als Nein.

So könnte man das werten. – Am Dienstag hat meine Fraktion noch einmal einen klaren Beschluss gefasst und Stellung bezogen und sich für den Erhalt und die Sanierung des ICC mit anschließender Kongressnutzung ausgesprochen. Ehrlich gesagt, entspricht das komplett der bisherigen Vorgehensweise. Das steht in unserem Koalitionsvertrag. Das entspricht auch der bisherigen Vorgehensweise, wo wir Optionen für die Nutzung eines zukunftsfähigen ICC miteinander verabredet haben.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herberg?

Also, wenn Sie so gerne möchten, bitte schön!

[Carola Bluhm (LINKE): Er hat immer noch nichts gesagt!]

Interpretiere ich Ihren Antrag, den Sie dort beschlossen haben, richtig, dass Sie im Doppelhaushalt 2016/2017 auch die Mittel, um den Beginn der Sanierung des ICC zu starten, einstellen werden? Oder werden Sie diese Mittel dort nicht einstellen?

[Uwe Doering (LINKE): Ja!]

Sie haben zumindest aufmerksam zugehört, das finde ich schon einmal gut, dass Sie meiner Rede folgen. Ich werde darauf eine Antwort bringen, aber vielleicht haben Sie noch etwas Geduld, dann würden Sie noch etwas mehr von der Rede mitbekommen und brauchten gar keine Zwischenfragen stellen.

[Uwe Doering (LINKE): Also Frage beantwortet!]

Auch wenn einzelne Senatoren – und hier möchte ich ausdrücklich Herrn Senator Geisel ansprechen – aus noch nicht fertigen Gutachten Schlussfolgerungen ziehen, was ich grundsätzlich für etwas problematisch halte, steht die Mischnutzung aus meiner Sicht weiterhin im Raum. Übrigens, das letzte Gutachten, das wir hier diskutiert haben, war das Gutachten zur Kongresssituation in Berlin, wo die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ganz vorschnell das ganze Verfahren skandalisiert und an die Wand gemalt hat, dass wir diverse Kongresse in Berlin nicht haben durchführen können. Heute ist klar, dass diese Studie uns nur gezeigt hat, dass Berlin als Kongressstandort außerordentlich attraktiv ist. Sie hat klar gemacht, dass wir uns um die Chancen und um die Zukunft des Kongressstandorts eher Gedanken machen sollten, als zu skandalisieren, dass angeblich irgendwelche Kongresse nicht stattgefunden hätten.

[Zuruf von der LINKEN: War doch so!]