Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 4. März 2015 Drucksache 17/2156
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich spare mir mal, den Senator zu diesem Tagesordnungspunkt zu zitieren, weil die Senatsbaudirektorin im Raum ist und dann auf das Parlamentsprotokoll hinweisen kann. – Uns wird in absehbarer Zeit eine vom Senat initiierte Novelle des Ausführungsgesetzes zum Baugesetzbuch beschäftigen. Der Senat will dabei vor allem die Hürden senken und konkretisieren, wann er bezirkliche Bebauungsplan
verfahren an sich zieht. Dazu kommen einige technische Änderungen. Über eine neue und erweiterte Planungskultur ist bisher nichts bekannt.
Mit den Auseinandersetzungen um die Bebauung der Buckower Felder und insbesondere des Mauerparks wird diese Gesetzesänderung politisch interessant. Wir werden dazu eigene Initiativen ergreifen mit dem Ziel, dem willkürlichen Umgang des Senats mit dem Bürgerwillen einen Riegel vorzuschieben. Und wir werden die Intentionen des heute zur Abstimmung stehenden Antrags aufgreifen, weil sie in der Sache mit der heutigen – ich unterstelle mal – Ablehnung nicht erledigt sein werden.
Zur Erinnerung: Der Senat soll bei Beanstandungen und Änderungen bereits beschlossener Bebauungspläne das Abgeordnetenhaus unverzüglich und umfassend informieren und Änderungen vom Abgeordnetenhaus beschließen lassen. Das ist der Sinn dieses Antrags. Damaliger Anlass war, dass der vom Abgeordnetenhaus beschlossene Bebauungsplan I-202 zur Wilhelmstraße nicht umgesetzt wurde, weil er beklagt und de facto unwirksam war. Das Abgeordnetenhaus hat davon nichts erfahren. In der Antwort auf meine Anfrage dazu heißt es:
Deshalb konnte das Abgeordnetenhaus seine Planungsziele – und das war und ist die Erhaltung der dortigen Wohngebäude – nicht auf andere Weise rechtskonform zum Ausdruck bringen. Das wiederum hat dazu geführt, dass eine entwicklungsrechtliche Genehmigung für den Abriss der Wilhelmstraße 56 - 59 erteilt wurde. Jahrelange Unsicherheit der Mieterinnen und Mieter, wachsender Druck der renditefixierten privaten Eigentümer auf die verbliebenen Bewohnerinnen und Bewohner sowie die schleichende Umwandlung dieser Wohnanlage in Ferienwohnungen waren die Folgen ebenso wie der drohende Verlust dieser städtebaulich besonderen Wohnanlage mit über 1 000 bezahlbaren Wohnungen. Ich denke, das widerspricht dem politischen Willen dieses Hauses und nicht nur meiner Fraktion. Und es wäre vermeidbar gewesen, wenn es Informationspflichten des Senats über diesen unwirksamen Bebauungsplan gegeben hätte.
Diese große und sachlich nicht begründbare Lücke im Mitwirkungsrecht des Abgeordnetenhauses mit den beschriebenen dramatischen Folgen wollte und will die Fraktion weiterhin ändern. Wir wollen diese Lücke schließen. Die ansonsten für Bebauungspläne zuständigen Bezirksverordnetenversammlungen haben es übrigens besser als das Abgeordnetenhaus. Im Bezirksverwaltungsgesetz regeln die §§ 13 und 15 die Informationspflichten des Bezirksamtes. Auf dieser Grundlage wird die BVV über jeden Verfahrensschritt bei der Aufstellung
eines Bebauungsplans mit Vorlagen – zur Kenntnisnahme – oder – zur Beschlussfassung – informiert. Der Senator Geisel wird sich daran noch erinnern. Das Abgeordnetenhaus müsste den Bezirksverordnetenversammlungen in dieser Angelegenheit doch zumindest gleichgestellt sein. Finden Sie nicht auch? Stattdessen gibt es lediglich auf der Homepage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt eine Übersicht der Bebauungspläne im Verfahren. Dokumente sind dabei nicht hinterlegt. Lediglich zu den allerneuesten B-Plänen ist eine Onlinebeteiligung möglich – immerhin. Das ersetzt aber nicht die Information und die Beteiligung des Abgeordnetenhauses.
Im zweiten Teil unseres Antrags geht es auch um die Ausweitung der Rechte des Parlaments, und zwar bei Änderungen des Flächennutzungsplans im vereinfachten Verfahren. Hier sollte dem Abgeordnetenhaus ein Beschlussvorbehalt eingeräumt werden. Nach Ablauf einer Frist sollte die Verwaltung dann weiter handeln können, wenn das Abgeordnetenhaus diesen nicht wahrgenommen hätte. Derzeit kann der Senat ohne Zustimmung des Parlaments den FNP ändern oder anpassen, sofern die Grundzüge der Planung nicht berührt sind.
Im Fall Mauerpark haben wir feststellen müssen, das Abgeordnetenhaus hatte bei der eigentlich erforderlichen FNP-Änderung nichts zu melden, weil der Senat der Auffassung war und ist, der FNP müsse nicht geändert werden. Nun sollen in einem Bereich, der im FNP als Grünfläche definiert ist, Wohnungen errichtet werden. Im Kern geht es um die Frage, ob der Senat Beschlüsse des Abgeordnetenhauses ändern oder uminterpretieren kann, ohne das Abgeordnetenhaus zu fragen.
Ich werde das jetzt hier nicht weiter vertiefen, aber ich freue mich sehr über die erneute Auseinandersetzung über die Planungskultur in dieser Stadt angesichts der Novelle des Ausführungsgesetzes zum Baugesetzbuch. – Vielen Dank!
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren Kolleginnen und Kollegen! Frau Lompscher! Wir haben dieses Thema sehr lange sehr intensiv in beiden Ausschüssen behandelt, sowohl im Stadtentwicklungsausschuss als auch im Bauausschuss, und Sie tun immer
noch so, als ob das das Parlament nicht mit einbezogen wird, sowohl bei B-Plänen als auch bei FNP-Änderungen, dass das einfach so gemacht wird, was natürlich Unfug ist.
Gehen wir mal fachlich ins Detail. Bei Änderungsverfahren von noch nicht festgesetzten B-Plänen ist ohnehin eine parlamentarische Debatte vorgesehen.
Wenn sie nach der Festsetzung geändert werden, erfolgt eine erneute Trägerbeteiligung, eine öffentliche Auslegung und ein neuer Parlamentsbeschluss. Bei FNPÄnderungen gibt es das vereinfachte Verfahren, das haben Sie ja selbst gesagt, dass die Verwaltung ohne Zustimmung des Parlaments durchführen kann, sofern, das haben Sie ebenfalls richtig zitiert, die Grundzüge der Planung nicht berührt würden. Diese werden dem Parlament aber zur Kenntnis gegeben, und die Änderungen werden ausführlich erläutert, denn diese Beispiele, die Sie genannt haben, haben wir in zig Parlamentssitzungen hier gemeinsam beraten. Also können Sie nicht so tun, als ob das Parlament nicht mit einbezogen ist. Diese Praxis gibt es seit vielen Jahren, und aus meiner Sicht können wir auch weiterhin so verfahren.
Im Übrigen werden sowieso 80 Prozent der B-Pläne vom Senat geprüft, weil sie übergeordnete Bedeutung haben.
Herr Geisel hat im Ausschuss noch einmal bestätigt, dass für Fälle ohne übergeordnete Bedeutung – und das sind die Fälle, die in den Bezirken auftreten – der Senat den Bezirken informelle Beratung anbietet, damit selbstverständlich die Entscheidungsprozesse dort begleitet und auch qualitativ entsprechend gut gemacht werden.
Im Übrigen auch zur Wilhelmstraße, Ihrem letzten Beispiel, glaube ich, es gibt kaum ein Parlament, das sich so intensiv wie das Berliner Parlament gerade mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat, mit entsprechenden weiteren Beschlüssen, denn daraus ist das Zweckentfremdungsverbotsgesetz beispielsweise entstanden, und damit entsprechende Wirkung natürlich auch in die Stadt hinein. Deshalb – noch mal –, Sie haben es ja schon richtig gesagt, werden wir Ihren Antrag ablehnen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Spranger! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt Frau Kapek! – Bitte schön, Frau Kollegin!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Spranger! Ich frage mich schon nach Ihrer Rede, ob wir Mitglieder im selben Parlament sind oder ob wir einfach eine völlig andere Wahrnehmung der Realität haben. Ich will Ihnen nur mal ein ganz prominentes Beispiel nennen: den Mauerpark. Da weist der FNP auf der umstrittenen Fläche eine Grünfläche aus. Der Bebauungsplan, der bislang noch in der Zuständigkeit des Bezirkes liegt, sieht dort aber Wohnungsbau vor. Über Richtigkeit oder nicht brauchen wir an dieser Stelle nicht zu reden. Fakt ist: Die Bezirke stellen ihre Bebauungspläne auf, sie beschließen sie sogar, und erst lange danach kommt hier im Abgeordnetenhaus überhaupt die Intention, aber meist ohne Diskussion, über eine FNP-Änderung an. Nehmen wir unser landespolitisches Planungsinstrument, den Flächennutzungsplan, so wenig ernst, dann können wir ihn auch gleich abschaffen, und – ehrlich gesagt – würde das auch in die Richtung gehen, die Herr Geisel ja angeblich vor ein paar Tagen vorgeschlagen hat, die Rechtsprüfung bei Bebauungsplänen jetzt ganz wegfallen zu lassen.
Ich glaube, es ist noch sehr viel mehr Luft nach oben, und deshalb gebe ich den Linken vollkommen recht. Wir brauchen hier mindestens mal eine Information darüber, wenn der Senat einen Aufstellungsbeschluss auf den Weg bringt, wenn es wesentliche Änderungen an Bebauungsplänen gibt und vor allen, wenn vorgesehen ist oder wenn notwendig ist, dass der Flächennutzungsplan geändert werden muss.
Wenn Sie das nämlich nicht tun, dann entscheiden am Ende die Gerichte. Ich glaube, die schmerzlichste Erfahrung in dieser Richtung, die Sie eines Besseren belehren sollte, hatten Sie auf dem Tempelhofer Feld, als Sie nämlich gesehen haben, dass das Regenwasserbecken dort in der Form nicht funktioniert. Hätten Sie den FNP im Vorfeld geändert, wäre das alles kein Problem gewesen.
Ich möchte noch mal etwas Allgemeines sagen. Es gibt sehr unterschiedliche Signale zum Thema Beteiligung aus diesem Haus. Es gibt die Freunde, die sagen, Beteiligung ist Quatsch, wir sind doch als Parlamentarier alle Bürger, brauchen wir nicht, und wir haben die repräsentative Demokratie. Wenn dem so ist, dann erwarte ich aber auch von den Repräsentanten der Demokratie, dass sie sich ordentlich mit den Verfahren beschäftigen können und dass sie vor allem am Ende auch eine sachdienliche Beschlussgrundlage haben. Im Berliner Abgeordnetenhaus werden uns, zumindest den Nicht-Koalitionsfraktionen, die Bebauungspläne meist erst dann vorgelegt, wenn sie schon in der Praxis umgesetzt werden. Es besteht überhaupt keine Möglichkeit zur Diskussion über Änderungen. Das ist alles andere als ein ordentlicher Umgang mit
Deshalb kann ich nur noch mal sagen, entweder sind Sie tatsächlich dafür, dass mehr Beteiligung auf den Weg gebracht wird, da muss man aber sagen, schön, dass Herr Saleh und Herr Müller jetzt für mehr Volksbefragungen sind. Dann können Sie aber nicht gleichzeitig die Zuständigkeit überall dort entziehen, wo sich mal ein Bürgerbegehren auf den Weg macht, und vor allem müssen Sie sie auch dort mal umsetzen, wo sie beschlossen wurden. Ich nenne nur das Beispiel Oeynhausen. Und wenn es Ihnen nicht passt, dann entziehen Sie da auch die Zuständigkeit, aber das trauen Sie sich ja nicht. Und solange das nicht der Fall ist, bin ich der Meinung: Manche Bezirke leben das sehr gut vor. Ich komme ursprünglich aus dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Da wird der entsprechende Ausschuss über jeden einzelnen Schritt informiert. Das führt zu einer fundierten Diskussion und zu mehr Akzeptanz, und am Ende werden die Verfahren damit auch noch beschleunigt. Das wünsche ich mir, und deshalb kann man dem Antrag der Linken nur zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Das Thema FNP haben wir in der Tat intensiv im Ausschuss beraten, und ich finde es interessant, wie immer wieder ein Einzelfall hochgezogen wird, um ihn hier breit zu diskutieren. – Frau Lompscher! Das Thema Wilhelmstraße ist weitaus komplexer, als Sie es hier dargestellt haben, und dafür, das ganze Verfahren, wie es in Berlin praktiziert wird, in Frage zu stellen, nicht geeignet. Wir haben bei FNP-Änderungen verschiedene Zyklen, die alle immer für den, der es wissen möchte, sauber auf der Homepage der Senatsverwaltung dokumentiert sind. Gleichzeitig werden auch die summierten, vereinfachten Verfahrensänderungen in den Beschlusslagen entsprechend kommuniziert. Hier kann man also als objektiver Betrachter überhaupt nicht erkennen, dass es ein Informationsdefizit gibt. Vielleicht muss man die Homepage aufrufen, um sich schlau zu machen – das stimmt. Es gibt noch keine direkte Schnittstelle aufs Handy, wo dann steht: Heute FNP-Änderung! – Sie müssen sich schon ein bisschen schlau machen. Aber ich glaube, das kann man erwarten. Das erwarten wir ja auch von den Bürgern, wenn sie sich mit B-Planänderungen beschäftigen. Insofern entbehrt dies der Grundlage, und auch der Einzelfall Wilhelmstraße ist hierfür in der Diskussion nicht geeignet.
Nein! – Der zweite Punkt, den ich deutlich machen möchte, liegt im Bereich der B-Pläne: Wir haben die Kompetenz – und das ist für ein Landesparlament untypisch –, einzelne B-Pläne zu beschließen. Das tun wir nach entsprechender Beratung auch, und wir haben nun einmal die Situation, dass der B-Plan, wenn er ins Parlament kommt, erstens intensiv beraten und zweitens vorgestellt wird. Drittens gibt es das Vorabverfahren, und viertens können wir digital über Ja oder Nein entscheiden. Das ist leider das Wesen eines B-Plans; das haben wir an der einen oder anderen Stelle schmerzhaft in der Vergangenheit gelernt: Wenn wir nicht zustimmen, muss der Senat komplett von vorne anfangen. Insofern glaube ich, dass wir hier auf der technischen Seite kein Problem haben. Wir haben vielleicht das Problem, dass der eine oder andere sich die Information nicht beschafft. Aber das ist dann eher die Situation, dass man sich sauber vorbereiten muss, aber schon gar nicht die Grundlage dafür, dass wir hier einen Änderungsantrag zum Verfahren einbringen müssen.
Was das vereinfachte Verfahren für FNP-Änderungen angeht: Das ist Bundesrecht, und natürlich gibt es immer die Frage: Ist das im Ermessen? – Es gibt eine Fülle von Änderungen im vereinfachten Verfahren, was den FNP angeht, die wir gar nicht mitbekommen, weil es technische Anpassungen sind. Ich muss auch sagen: In der Stadt wird mehr gebaut – zum Glück! Wir wollen mehr Wohnungen haben und dafür natürlich auch mehr Gebäude. Das bedeutet aber auch, dass links und rechts, gerade bei Nachverdichtungen, Anpassungen erfolgen, die aber die Grundzüge der Planung nicht ändern, insbesondere weil der FNP ja keinen Einzelanspruch für das Bauen hat. Wir haben die Situation: Der Einzelanspruch für das Bauen kommt aus dem B-Plan, der Baugenehmigung oder der aus § 34 abgeleiteten Baugenehmigung und nicht aus dem FNP. Da sollten Sie nicht immer das Ganze auf den Kopf stellen, sondern das muss schon sauber, in der richtigen Reihenfolge sein. Insofern werden wir Ihren Antrag ablehnen, weil er nicht sachgerecht und zielgerichtet ist. Sie sollten sich eher darauf konzentrieren, wie wir das Thema Bauen und Wohnen in der Stadt voranbringen, als die technische Diskussion über Verfahren zu führen, die für das Land sehr, sehr transparent und gut nachvollziehbar dokumentiert sind. – Vielen Dank!