Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Becker! – Für die Linksfraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Bluhm. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nein, es gibt ihn nicht den neuen Konsens zum Umgang mit dem Personal im öffentlichen Dienst und zu einer wirklich veränderten Personalentwicklung und Personalplanung. Es gibt auch diesen Konsens nicht im Senat. Der Redebeitrag eben war ein gutes Beispiel dafür, dass man sagt: Ja, es gibt ein paar Probleme im Vollzug, aber das kriegen wir schon hin. – Ich glaube, es ist dem Problem und auch der Komplexität nicht angemessen, was Sie hier an Problemignoranz auf der einen Seite an den Tag legen und auf der anderen Seite an Lösungsangebot der Stadt zur Verfügung stellen.

Schauen wir doch! Sie haben selbst die Bürgerämter genannt. Schauen Sie mal, wann Sie einen Termin bekommen! Schauen Sie, wenn Sie umgezogen sind und sich laut Meldegesetz innerhalb von 14 Tagen ummelden müssen, wann Sie einen Termin bekommen! Sie können gerne sofort online schauen. Ich nehme den Termin, wenn Sie einen vor dem 11. Mai finden. Es gibt noch einzelne Termine am 11. Mai. Ich glaube, das ist ein Zustand, der nicht hinnehmbar ist.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Beifall von Ajibola Olalowo (GRÜNE)]

Das gilt selbstverständlich auch, wenn Sie einen neuen Personalausweis brauchen und für viele andere Dinge. Hier haben Sie schon im Herbst angekündigt, in jedem Fall mehr Personal in diesen Bereich zu schicken. Dann folgt aber nicht die Erkenntnis – das hätte ich mir gewünscht – zu sagen: Die Marktsituation, die Notwendigkeit, sich einzuarbeiten, ist inzwischen so, dass das eine Weile braucht. – Ich hätte es fair gefunden, wenn Sie gesagt hätten, Sie gehen das Problem jetzt an – ein bisschen spät, denn Überschüsse macht das Land schon seit 2012 –, und man hätte sich dann in konzentrierter Form um den bürgernahem Bereich – aber nicht nur um den – kümmern müssen. Man hätte nicht versuchen sollen zu sagen, die Ankündigung sei gleich die Einlösung des Versprechens für die Menschen, die dort arbeiten und mehr tun, als sie tun müssten, und trotzdem sehen, dass die Arbeit nicht weniger wird.

Bei SIWA verfahren Sie ähnlich. Insofern hat das Methode. Es ist wichtig zu kritisieren, was Sie tun.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Ajibola Olalowo (GRÜNE)]

Es gibt in der Tat viele Insellösungen. Die Finanzverwaltung arbeitet an dem einen oder anderen Problem, die Innenverwaltung tut das auch, es gibt mehr Ausbildung. Es gibt viele Menschen, die an Insellösungen arbeiten, aber es fehlt die Entschlossenheit, das zu einer Chefsache zu machen und sich angemessen der Komplexität des Problems zuzuwenden.

(Franziska Becker)

Ich hatte das Stichwort SIWA genannt. Hier haben Sie auch für die Bezirke ein hohes Maß, nämlich 120 Millionen Euro an neuen Investitionen in die Infrastruktur angekündigt, also auch Bauinvestitionen. Sie schauen nicht zuerst, warum im Jahr 2014 von den 97 Millionen Euro an Bauinvestitionen für die Bezirke 48 Millionen Euro übriggeblieben sind. Sie schauen nicht erst, welche Fehler beseitigt werden müssen, und Sie gewährleisten nicht erst einmal, dass die planenden und bauenden Ämter in den Bezirken und auch die Genehmigungsbehörde in der Stadtentwicklungsverwaltung personell in die Lage versetzt werden, das, was im Jahr 2014 übriggeblieben ist, zu verbauen, und zwar im Interesse der ganzen Stadt.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Nein, Sie lassen eine solche Debatte nicht zu, sondern Sie machen etwas Disparates, von dem ich finde, dass es in der Politik nicht handelbar ist: Sie schreiben im aktuellen Haushaltsrundschreiben zur Aufstellung des nächsten Doppelhaushalts, dass Sie an der Personaleinsparung und an dem Konzept festhalten. Auf der anderen Seite öffnen Sie im informellen System ein wenig den Geldhahn, und zwar mit ganz individuellen Vereinbarungen: Sagen Sie mir doch, was Sie brauchen, und Sie bekommen das Geld! – Das verbinden Sie aber dann sofort mit der Erwartung, dass dann punktgleich mit der Investition das eingearbeitete, geeignete und qualifizierte Personal vorhanden ist. Dass das nicht geht, könnte schon ein Lernprozess in dieser Stadt gewesen sein.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Heiko Herberg (PIRATEN)]

Damit organisieren Sie Sich, aber auch der Stadt Misserfolgserlebnisse. Wir schauen auf die Verkehrslenkung und können noch viele andere Beispiele nennen. Das muss nicht sein. Wenden sie sich diesem Thema zu! Machen Sie es entschlossen und verbindlich zu einer Chefsache! Die Stadt hat es verdient und die Beschäftigten auch.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Bluhm! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort Herr Abgeordneter Goiny. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Misserfolge in der Personalpolitik gab es unter Ihrer Regierungsbeteiligung, Frau Kollegin Bluhm. Ich bin froh, dass sich die Personalpolitik der jetzigen Regierung unter dem Regierenden Bürgermeister Müller und Senator Henkel von dem Senat Wowereit-Wolf-Bluhm unterscheidet.

[Carola Bluhm (LINKE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Was wir hier machen, ist eine komplette Trendwende. Wir haben mehrere Anträge zum Personalkonzept hier beschlossen. Wir haben entsprechende Berichte hier im Parlament vorliegen, und wir haben bisher weit über 300 Stellen in den Bezirken dazugegeben.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Herr Kollege – schön, dass Sie wieder aufgewacht sind –, ich weiß, dass es Ihnen immer unangenehm ist, wenn Sie an Ihre Regierungszeit erinnert werden. Das wäre es mir an Ihrer Stelle auch.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Bluhm?

Ich habe noch keinen Satz zu Ende führen können, weil ihr Kollege mich dauernd unterbricht. Ich würde gerne meine drei Minuten hier im Zusammenhang ausführen.

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Ich glaube, wir haben im Bereich der Personalkonzeption die richtigen Aufschläge gemacht. Wir haben den Bezirken mehr Zeit gegeben, die erforderlichen Personalabbauraten umzusetzen. Im Gegensatz zu anderen Vorschlägen aus diesem Haus haben wir uns darauf verständigt, nicht mit der Gießkanne vorzugehen, sondern da, wo Mehrbedarfe sind, auch gegenzusteuern.

[Steffen Zillich (LINKE): Der Abbau ist die Trendwende!]

Wir werden tatsächlich – und das haben wir in einer ganzen Reihe von Punkten auch schon gemacht – das Personal in den Bezirken aufstocken, wie wir es auch auf der Hauptverwaltungsebene gemacht haben.

Sie wissen, dass wir insgesamt fünf Anträge zum Personalbedarfskonzept als Koalition in diesem Haus beschlossen haben und der Senat schon eine umfangreiche Liste von Berichten vorgelegt hat. Wir sind noch nicht am Ende dieser Diskussion. Das ist uns auch klar. Da ist noch eine Wegstrecke zu tun, aber die Aufgabe ist auch groß, den Generationswechsel in der Berliner Verwaltung zu bewerkstelligen und für die bisherigen und die neu zu gewinnenden Beschäftigten eine entsprechende Perspektive zu schaffen.

Wir halten aber nichts davon, sich von der Aufgabe der Verwaltungsmodernisierung zu verabschieden. Es gibt sicherlich noch Bereiche in der Verwaltung, wo es Sinn macht, darüber nachzudenken, ob das Personal in dem erforderlichen Umfang benötigt wird, und zwar in beide Richtungen. Ich glaube, es besteht tatsächlich an mehreren Stellen Spielraum, Personal weiter abzubauen und durch Effizienzsteigerungen und mit Hilfe von moderner Technik – IT – die Leistungsfähigkeit der Verwaltung

(Carola Bluhm)

entsprechend zu erhöhen. Aber wir haben auch ganz viele Bereiche identifiziert, wo wir Personal dazugeben müssen oder nicht weiter abbauen können.

Wir haben mit den Haushalten der letzten Jahre bereits entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen und werden das auch mit dem neuen Doppelhaushalt tun. Insofern verstehe ich, dass der Antrag zu der Zeit, als er geschrieben wurde, noch eine größere Aktualität hatte als heute, aber ich glaube, wir sind inzwischen deutlich weiter in dem, was der Senat uns hier präsentiert und mit dem neuen Doppelhaushalt präsentieren wird. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Goiny! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Herberg. – Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, schön wäre es gewesen, wenn wir den Antrag heute einfach für erledigt hätten erklären können, denn das hätte bedeutet, dass sich die Koalition und der Senat endlich von dieser blöden Zielzahl verabschiedet hätten. Das ging jetzt aber aus den beiden Redebeiträgen von der CDU und der SPD leider nicht hervor. Dass die Zielzahl von 100 000 für die Beschäftigten bei einer wachsenden Stadt nicht einfach starr stehen bleiben kann, das haben wir alle verstanden. Das ist auch in dem Antrag der Grünen mit drin. Das propagieren Sie auch dauernd, aber Sie lassen dem keine Taten folgen, und das ist falsch.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]

Sie stellen sich nicht nur heute, sondern auch in den Ausschüssen und überall vor die Leute und beteuern immer wieder, dass für diese Koalition diese Zielzahl, auch wenn sie dort noch steht, nicht mehr so richtig hart ist, dass man überall so ein bisschen verhandeln kann und dass man, wenn man da und da mal guckt, schon Lösungen finden kann. Aber so kann man keine ordentliche Politik machen, und diese Politik bildet sich auch nicht da ab, wo sie sich abbilden muss, und zwar bei den Haushaltsberatungen. Schon im letzten Haushalt – und wir werden sehen, ob es beim nächsten Haushalt der Fall ist – wäre das möglich gewesen. Wir haben schon gesehen, dass die Zuwächse innerhalb der Stadt in die Höhe gingen, dass die Einnahmen in der Stadt höher sind, aber trotzdem sind Sie nicht grundlegend an die Stellenpläne herangegangen und haben nichts geändert. Dort hätten Sie ein deutliches Zeichen setzen können und müssen, damit für diese propagierte wachsende Stadt – was Sie auch immer so schön begründen, mit SIWA und allem

Möglichen sonst – das notwendige Personal, das wir einfach brauchen, auch da ist. Da hätten Sie mal ein Zeichen setzen können.

[Beifall bei den PIRATEN]

Ein anderes Problem, das auch schon angesprochen worden ist und wo Sie nicht vorankommen, besteht darin, dass Ihr Blick zurzeit immer bei den Hauptverwaltungen, oben bei den Senatsverwaltungen endet. Da ist es einfach zu Ende. Weiter können Sie nicht schauen. Aber der Blick muss weitergehen, und zwar runter bis auf die Bezirke und bis ganz nach unten in die kleinsten Abteilungen, denn hier sind die meisten Probleme durch den Personalmangel in der Vergangenheit entstanden, und hier sind auch die meisten Probleme, die durch die wachsende Stadt zurzeit entstehen – bei den Bürgerämtern, beim Landesamt für Gesundheit und Soziales oder anderem. Das kann man ja alles von vorn bis hinten aufzählen.

Dadurch müssen dann solche verqueren Sachen entstehen – die sich unsere Fraktionsvorsitzenden jetzt noch mal von den Bezirken haben erklären lassen –, dass sich die Bezirke dort zusammenschließen müssen, um bei den Bürgerämtern – mit den Wartemarken und Ähnlichem – das Problem einigermaßen zu lösen. Da kommt keine Hilfe von hier, vom Haushaltsgesetzgeber, der das Geld gibt, und da kommt keine Hilfe vom Senat, der eigentlich dafür zuständig ist, sondern von oben, von der Koalition und vom Senat, werden eher noch Knüppel hineingeworfen, um die Bezirke gegeneinander auszuspielen, statt ihnen unter die Arme zu greifen. Das ist falsch, vor allem im Hinblick auf die wachsende Stadt. Die Probleme werden so noch größer.

[Beifall bei den PIRATEN]

An dem Punkt wäre es auch gut, wenn Sie den Bezirken in ihrer Personalpolitik mehr Autonomie geben würden, wenn Sie sie nicht so stark in die Fesseln nehmen würden, sondern es ihnen ermöglichen würden, auch individuell zu schauen, was möglicherweise gut für ihren eigenen Bezirk ist, und wenn Sie in den Haushaltsberatungen die Mittel dafür freigeben würden, dass sie auch individuell diese Mittel in ihrem Bezirk verteilen können. Das Problem ist aber, dass Sie in den Haushaltsberatungen in den vergangenen Jahren diese Mittel immer so eng gefasst haben, dass im Prinzip sogar die Aufgaben, die Sie jetzt schon reingeschrieben haben, nicht erfüllt werden können. Wir reden da noch gar nicht von denen, die noch alle an der Tür klopfen.

Hier ist es geboten, dass Sie endlich handeln. Das ist kein Problem. Da können Sie dem Antrag der Grünen ohne Probleme zustimmen. Da steht ja noch nicht mal drin, dass Sie jetzt großartig etwas machen sollen. Sie sollen einfach nur diese Zielzahl 100 000 fallen lassen. Sie sollen sich endlich dafür einsetzen, dass man in dieser Stadt wieder darüber redet, welche Aufgaben erfüllt werden müssen, welche Aufgaben wir erfüllen wollen, wie viel Personal dafür notwendig ist und wie wir dieses Personal

(Christian Goiny)

bekommen. Wie auch schon angesprochen worden ist, wächst das nicht auf Bäumen. Das sind Ausbildungszeiten von bis zu drei Jahren, und für einige Berufe sind sie sogar noch länger. Das heißt, da müssen wir auch eine langfristige Planung machen, die wir z. B. auch im nächsten Haushalt nicht so ohne Weiteres abbilden können.

Damit will ich auch enden. Wir haben demnächst die Haushaltsberatungen. Wenn Sie es ehrlich meinen, dann lassen Sie in diesen Haushaltsberatungen endlich den Worten Taten folgen. Stellen Sie das Personal ein, nicht nur in den Hauptverwaltungen, sondern auch bei den Bezirken, damit die Probleme, die auf der Straße liegen, endlich gelöst werden können! – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Steffen Zillich (LINKE)]

Vielen Dank, Herr Herberg! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag auf Drucksache 17/1739 empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion der SPD, die Fraktion der CDU und der fraktionslose Abgeordnete. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist der Antrag so abgelehnt.

Die Tagesordnungspunkte 13 bis 15 stehen auf der Konsensliste.