In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Abgeordnete Schruoffeneger. – Bitte!
Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, basierend auf der Beschlusslage des Abgeordnetenhauses und dieses Antrages, bis Ende 2015 die „Handlungsfelder sozialdemokratischer Personalpolitik für die Bezirke“ durch konkrete Entscheidungen umzusetzen.
Kennen Sie das? – Betretenes Schweigen bei der SPD, niemand schreit Ja. Es ist gerade einmal vier Wochen her. Das ist der letzte Beschluss der Arbeitsgruppe zum Thema Personal für den öffentlichen Dienst. Damit ist das Problem auch schon beschrieben: Beschlüsse gibt es bei Ihnen viele. Im Februar 2015 müssen Sie den Senat aber immer noch auffordern, diese endlich einmal umzusetzen.
Das ist dann das Stichwort – Umsetzung. Herr Saleh hat in einem Interview in der „Morgenpost“ am 3. Januar 2015, also vor zweieinhalb Monaten, wie folgt geantwortet:
Ein großes Thema wird die Personalentwicklung sein. Wir haben das angestoßen bei unserer Klausur in Kolberg, haben Anträge formuliert und im Parlament beschlossen. Das muss jetzt konsequent umgesetzt werden.
Aber Kolberg ist zwei Jahre her. Hat der Senat das dort geforderte Personalentwicklungskonzept geliefert?
Der Senat hat sich damit sehr intensiv beschäftigt, und ich gehe davon aus, dass er das Thema mit hoher Priorität im Blick hat. … Als ich das Thema damals angesprochen habe,
Wenn wir keinen Nachwuchs in die Behörden bekommen, können wir in wenigen Jahren Teile der Verwaltung nicht mehr sicherstellen.
Ich gehe davon aus, dass es richtig war, diese Initiative zu starten. Ich erwarte eine noch konsequentere Umsetzung in der Personalentwicklung.
Seit zweieinhalb Jahren diskutiert also die größte Regierungspartei, was man machen müsste – und die Analysen sind ja richtig. Seit zweieinhalb Jahren schafft es die größte Regierungspartei nicht, den Senat zum Handeln zu bringen und muss jetzt wieder das Handeln einfordern. Ist das Unfähigkeit, oder ist das Absicht? – Wenn es Absicht wäre, wäre es fast noch schlimmer, dann ginge es darum, Schlagzeilen zu produzieren, das Thema zu besetzen, den Eindruck zu entwickeln: Wir machen ja was, wir ändern was –, in Wirklichkeit aber nichts zu bewegen. Das wäre eine Katastrophe. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung würden ganz offenkundig zum Spielball der parteipolitischen Auseinandersetzung oder Profilierung gemacht, ohne dass sich ihre Situation wirklich bessert. Ich fürchte fast, es ist diese Absicht und nicht Unfähigkeit.
Wenn man im Interview des Herrn Saleh vom 3. Januar 2015 weiterliest, wird es ja etwas konkreter. Der Journalist fragt:
Ich warne davor, mit Verweis auf die wachsende Stadt pauschal Stellen einzufordern … Wir haben den Bezirken je fünf Stellen gegeben für schnellere Baugenehmigungen.
Sorry, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD! Das ist nicht das Problem im Land Berlin. Das kann man tun, und es ist auch gut, dass man es tut. Das Problem ist aber, dass wir bei einem Bevölkerungszuwachs von 40 000 Leuten pro Jahr eben nicht nur schnellere Baugenehmigungen, sondern auch schnellere Kitakostenbescheinigungen, schnellere Elterngeldbearbeitungen brauchen und, und, und. Bürgerämter, Ordnungsämter – all das leidet natürlich auch zunehmend unter der wachsenden Bevölkerungszahl.
Ich komme zurück auf das Jahr 2012 – wie gesagt, die ersten Beschlüsse der größten Regierungspartei –, auch damals ein Interview und ein Artikel in der „Morgenpost“. Da heißt es:
Artikel vom 19. November 2012. – Zweieinhalb Jahre später fordert die SPD in ihrem grandiosen Personalkonzept den Senat auf, jetzt doch endlich bis Ende dieses Jahres zu handeln. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Zeit des Redens müsste auch für Ihre Partei zu Ende sein. Handeln ist angesagt, aber das war noch nie die Stärke dieses Senats.
Vielen Dank, Herr Schruoffeneger! – Für die SPDFraktion hat nun das Wort Frau Abgeordnete Becker. – Bitte!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die aufgabenkritische Bewertung von Personalbedarfen und wie es jenseits dieser Legislaturperiode mit personellen Entwicklungen in der öffentlichen Verwaltung vorangeht, ist uns ein dringendes Anliegen, an dem wir dran sind. Einige Senatsverwaltungen haben sich sehr wohl dem Thema gestellt und dem Parlament berichtet. Das ist für uns ein Beleg, dass sie sich ernsthaft mit dem Thema wachsende Stadt und ihren soziodemografischen Folgen auseinandersetzen und ihre Planungen in diese Richtung vornehmen. Von denen, die es noch nicht nachweislich getan haben, erwarten wir zeitnah qualitative Antworten.
Meine Hauptausschussvorgängerin Kirsten Flesch hat sich in der Aussprache zu diesem Antrag klar geäußert. Ich wiederhole es an dieser Stelle nicht, lade Sie aber ein, das Protokoll vom 3. Juli 2014 zu lesen. Weiter habe ich mit den Kolleginnen Dr. Clara West und Kirsten Flesch – Sie haben es bereits erwähnt, Herr Schruoffeneger – in einer Schriftlichen Anfrage von 15. Januar 2015 nachgefragt. Sie können die interessante Antwort der Finanzverwaltung vom 25. Januar 2015 nachlesen.
Ich halte nur kurz fest, dass die Auseinandersetzung mit der ökonomischen und von der Bevölkerungszahl her wachsenden Stadt mit grundlegend geänderten Rahmenbedingungen verbunden ist. Ich habe Verständnis dafür, dass dieser Umdenkprozess für einen Verwaltungstanker zeitintensiv ist und Ergebnisse manchmal nur kleinteilig abzulesen sind. Gleichwohl wird in der zuvor angeführten Schriftlichen Anfrage festgehalten, dass
unter den Bedingungen der wachsenden Stadt und der demografischen Entwicklung an aktuelle Entwicklungen stärker angepasst werden muss.
Ausdrücklich danke ich der Senatsverwaltung für Finanzen, die zur letzten Sitzung des Unterausschusses Produkthaushalt und Personalwirtschaft über die geänderte Praxis bei der Gewinnung von Personal mit Berufserfahrung und Quereinsteigern ausführlich berichtete und so ihre Hausaufgaben gemacht hat. Unter Hinweis auf die weiterhin geltenden Richtlinien der Regierungspolitik zum Personalabbau bis Ende 2016 unter sonst gleichen Bedingungen verweist die Finanzverwaltung im gleichen Bericht darauf, dass die jeweiligen bezirklichen Zielzahlen bei wegfallenden oder hinzukommenden Aufgaben im Kontext der wachsenden Stadt in gewissem Maß flexibel sind. Zugesagt wurde ein jederzeit mögliches individuelles Nachsteuern bei den Pflichtaufgaben, wenn die Leistungserbringung nachweislich Schwierigkeiten bereitet. Aktuell geht es beispielsweise um eine kurzfristige Aufstockung bei den Bürgerämtern, die mit den Bezirken verhandelt wird.
Auch der Regierende Bürgermeister räumte in der letzten Woche ein, dass beim Personalabbau in den Ämtern „übertrieben und über das Ziel hinausgeschossen“ wurde. Dafür hat er nicht nur von uns als SPD, sondern von allen Seiten inklusive der Tagespresse viel Zustimmung erhalten.
Wir fordern weiter, dass in den Bezirksbehörden im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten mehr Personal einzustellen und mehr Eigenständigkeit zu gewähren ist, wo Bürgerinnen und Bürger mehr Service erwarten, also sowohl in Bürgerämtern und Elterngeldstellen als auch in Bauplanungsämtern. Diese Erkenntnis ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, und auch hier wird bereits gehandelt.
Als Haushaltsgesetzgeber sind wir aber auch an die Einhaltung der Pfade gebunden, die wir uns gegeben haben bzw. die uns vorgegeben sind. Oder glauben Sie, liebe Grüne, hier vor dem Parlament lande gleich ein Hubschrauber, der Geld ablade, mit dem wir eben mal Ihre Vorstellungen außerordentlich umsetzen könnten? Sachte also!
Sie sehen, die verordnete Zielzahl bleibt vorerst amtlich, auch wenn die Verwaltungspraxis aufgrund aktueller städtischer Entwicklungen eine andere Richtung längst vorgibt.
Den vorliegenden Antrag halte ich aus den genannten Gründen für überflüssig und rege an, ihn auch hier im Plenum abzulehnen. – Vielen Dank!