Franziska Becker
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Ich versuche es einfach mal. – Frau Kollegin Bluhm! Ich wollte fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass im laufenden Doppelhaushalt rund 4 000 Stellen eingestellt wurden.
Am Spätabend der auslaufenden 17. Wahlperiode begrüße ich es, dass die vorliegenden Anträge zu dem wichtigen Thema Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung heute noch einmal aufgerufen werden. Ich möchte meine Redezeit für eine Zwischenbilanz nutzen und nach vorne blicken.
Wir alle kennen Situationen auf Ämtern und wissen, wie wichtig es ist, dass sie reibungslos funktionieren sollten. Gerade die sich an einigen Stellen zugespitzt darstellenden Schwierigkeiten bei den Bürgerämtern zeigen Handlungsbedarf, dem wir uns bereits stellen. Damit die Berliner Verwaltung allen Berlinerinnen und Berlinern als
verlässliche, moderne Partnerin zur Seite stehen kann, brauchen wir mehr qualifizierte und motivierte Mitarbeitende, die auf die gewandelten Bedürfnisse der Berlinerinnen und Berliner eingestellt sind, vor allem im Hinblick auf Transparenz und Beteiligung. Damit wir gutes Personal besser und schneller finden, müssen wir in der nächsten Zeit einiges auf den Weg bringen.
Ich erzähle kein Geheimnis damit, dass die Spar- und Personalabbaupolitik der letzten 15 Jahre vor allem der finanziellen Situation Berlins in den Nachwendejahren geschuldet war und nun an Grenzen gestoßen ist. Für die Verwaltung bedeutet das nichts weniger, als dass der riesige alte Tanker bewegt werden muss, um die moderne Hauptstadt Berlin mit einer modernen leistungsfähigen Verwaltung auszustatten! Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein großes Verdienst dieser Wahlperiode – und auch der großen Koalition –, dass wir den Verwaltungstanker mit unseren parlamentarischen Initiativen und unserem energischen Nachhalten zu einer Kursänderung umsteuern konnten!
Besonders deutlich zeigt sich diese Korrektur daran, dass die Hauptverwaltung und Bezirke seit dem letzten Jahr wieder einstellen. Der Personalbestand wird bis 2018 wieder auf gut 110 000 Landesbeschäftigte anwachsen. Dazu haben wir im laufenden Doppelhaushalt rund 4 000 neue Stellen für Land und Bezirke eingestellt. Sämtliche Auszubildenden werden dauerhaft übernommen. Die Neueinstellungen sind allerdings überfällig, hat doch dieser Tanker eine doppelte Aufgabe zu lösen: Zum einen steht ein Generationenwechsel an, der mit dem altersbedingten Ausscheiden in den kommenden sechs bis sieben Jahren einhergeht und die Einstellung von jährlich 5 000 bis 6 000 neuen Mitarbeitenden in der Hauptverwaltung und den Bezirken erforderlich macht. Zum anderen wird Berlin in den nächsten Jahren auf eine Vier-MillionenStadt anwachsen, was ein professionell gesteuertes gesamtstädtisches Personalmanagement dringend erforderlich macht. Diese enormen Zuzüge sind übrigens ein großer Erfolg für die Politik der letzten 15 Jahre, wenn man einmal rückblickend betrachtet, dass Experten Berlin in den 1990-er-Jahren noch als schrumpfende Stadt nahezu abgeschrieben haben!
Für die Verwaltung heißt das, dass sich ihr Rollenverständnis wandelt von einer reinen Personalausgabenverwaltung hin zu einer, die die Gewinnung und Deckung des personellen Bedarfs und eben eine stringente und vorausschauende Personalentwicklung professionell im Blick haben muss. An dieser Stelle kommt die Situation bei den Fachkräften mit ins Spiel, die in der Stadt stark nachgefragt sind, allein durch die Konkurrenz der privaten Wirtschaft, durch das Nachbarbundesland Brandenburg und natürlich die Bundesministerien. Schon jetzt sind in unserer Verwaltung Mangelberufe identifiziert worden, beispielsweise im ärztlichen und bautechnischen Bereich sowie bei den IT-Berufen.
Das Land Berlin muss sich hier sehr rasch als attraktiver Arbeitgeber im Wettbewerb um gute Fachkräfte positionieren. Allein das geringe Arbeitsplatz- und Standortrisiko reichen als Wettbewerbsargument nicht aus. Gleichfalls gilt, auch wenn die gerechte Entlohnung unser erklärtes Ziel bleibt, dass wir den Wettlauf um die beste Bezahlung selbst bei größter Anstrengung mittelfristig nicht gewinnen werden. Trotzdem werden wir um die besten Köpfe konkurrieren müssen!
Geboten sind ganzheitliche Konzepte für ein zeitgemäßes Personalmanagement in einer vielfältigen Stadt, damit eine Tätigkeit in der Hauptverwaltung und den Bezirken noch attraktiver wird. Wir wollen neben den oben angeführten Argumenten stärker auf Aus- und Weiterbildung des eigenen Nachwuchses resp. duale Studiengänge setzen, auf die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege, auf präventive Gesundheitsförderung als Ausweg aus belastenden Teufelskreisen, auf verbesserte Aufstiegschancen innerhalb der Verwaltung und für alle Laufbahngruppen, die nun rasch angegangen werden müssen. Gerade hier hat sich die Innenverwaltung trotz der gesetzlichen Möglichkeiten leider kaum bewegt.
Viele erfolgreiche Modelle gibt es zweifelsohne – hier sei die Finanzverwaltung genannt –, doch müssen sie stärker standardisiert und alle Berufsgruppen berücksichtigt werden. Damit Fachkräfte wissen, dass es im Land Berlin attraktive Arbeitsplätze gibt, muss das zentrale Karriereportal schnell zu einem intelligenten, einheitlichen Bewerberportal entwickelt werden, das sowohl die Personalbedarfsplanung im Blick hat als auch die Konkurrenzsituation unter den Behörden entschärft. Weiterhin setzen wir auf Wissenstransfer, um Nachwuchskräfte für bestimmte Positionen zu motivieren und den Verlust von Wissen und Erfahrung durch Ausscheidende gering zu erhalten. Ein großes Thema bleibt die Dauer von Stellenbesetzungsverfahren, die wir in den letzten zwei Jahren immer wieder intensiv behandelten.
Parlament und Senat haben die Herausforderungen erkannt und ergreifen Strategien und Maßnahmen zur Personalentwicklung mit zahlreichen Initiativen. Der Regierende Bürgermeister hat seine Absicht sehr richtig deutlich gemacht, dass die Personalentwicklung künftig gesamtstädtisch gebündelt und aus einer Hand gesteuert werden soll. Das muss natürlich in enger Abstimmung mit der ebenfalls zentral zu koordinierenden IT-Verantwortlichkeit geschehen.
Mit der Umsetzung unserer parlamentarischen Aufträge 2013 waren wir als Parlamentarier zunächst nicht zufrieden. Mehrfach mahnten wir im Hauptausschuss wie im Unterausschuss Personalwirtschaft an, dass die Anträge ernsthafter und rascher umgesetzt werden müssen – insbesondere die Innenverwaltung vergaß hier nicht selten ihre Hausaufgaben. Gleichwohl sehen wir, dass sich Verwaltung nach all den Sparjahren zunächst in ihre neue
Rolle einfinden muss, was wir erreicht haben. Das war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Lobend erwähnen möchte ich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die von Anfang ihren Job richtig verstanden und gut gemacht hat und Personalbedarf von Anfang an aufgabenkritisch analysierte und fragte, welche Aufgaben weiter erledigt werden müssen, welche anders sind bzw. es nicht mehr gibt. Davon wollen wir mehr! Stellenaufwuchs und Neueinstellungen sind kein Automatismus, sondern müssen gerade jetzt wieder aufgabenkritisch betrachtet werden und sich aus den neuen oder wachsenden Aufgaben heraus begründen!
Die vorliegenden Anträge sehe ich als wichtige und unterstützende Ergänzung zu den umfangreichen Parlamentsinitiativen der Koalition – ausgehend von der SPDInitiative – der letzten vier Jahre. Wir haben die Anliegen intensiv im Plenum, im Haupt- und Innenausschuss sowie im Unterausschuss Personalwirtschaft behandelt und die Verwaltung mit der weiteren Behandlung beauftragt. Ich empfehle daher die Ablehnung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter sind uns lieb und teuer. Wir haben ihnen viel zugemutet, als es Berlin schlecht ging. Sie haben ihren solidarischen Beitrag geleistet, ohne den es Berlin nicht geschafft hätte, heute wieder Überschüsse zu erzielen. Lange gab es keine Erhöhung der Besoldungen. 2005 wurde die Jubiläumsgratifikation sogar gestrichen. Gleichwohl haben wir immer gesagt: Wenn es Berlin wieder besser geht, bekommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder mehr Geld. 2004 war der Lohnverzicht der Preis für den Konsens, der sich nun im wahrsten Sinn des Wortes auszahlt.
Rückwirkend per 1. Januar 2016 führen wir die Jubiläumszuwendung für Beamtinnen und Beamten wieder ein. Dazu gehört – das haben wir gestern abweichend von der Senatsvorlage im Hauptausschuss beschlossen –, dass wir die Zeiten für die Ausbildung des Vorbereitungsdienstes
wieder anrechnen. Wir wertschätzen die langjährige Treue und Leistung der Beamtinnen und Beamten. Berlin hat den Umschwung geschafft, und wir halten Wort. Es gibt mehr Geld für Beamtinnen und Beamten. Wir haben die Besoldungen und Pensionen 2010 um 1,5 Prozent, 2011 bis 2013 um jährlich 2 Prozent und 2014 und 2015 um jährlich 2,5 Prozent erhöht. Dieses Jahr erhöhen wir die Beamten- und Richterbesoldung ab 1. August 2016 sogar um 3 Prozent und liegen damit bundesweit an der Spitze. Im Übrigen hat die Koalition 2014 auf Initiative meiner Fraktion die Systematik durchgesetzt, dass Tarif- und Besoldungserhöhung jährlich als Sonderzulage um mindestens 0,5 Prozent über den Steigerungen des Länderdurchschnitts liegen. Wir kommen damit unserem Ziel nah, den Lohnabstand zu anderen Bundesländern sukzessive auszugleichen.
Dass mehr Megasprünge von heute auf morgen nicht möglich sind, wissen wir alle. Als Konsolidierungsland haben wir immer noch den Stabilitätsrat im Rücken. Erfreulicherweise hat er dem Land Berlin gestern Fortschritte und Bemühungen bei den Konsolidierungen attestiert und damit eine Ende des Sanierungsverfahrens noch im laufenden Jahr in Aussicht gestellt, was mit einer Bundeshilfe von rund 80 Millionen Euro verbunden ist.
Nein! – Das ist ein großer Erfolg für uns alle.
Er zeigt, dass Berlin mit seiner vorsichtigen und stringenten Haushaltspolitik, zu der der Einkommensverzicht gehörte, in den letzten zehn bis zwölf Jahren richtig lag.
Zurück zu den Beamtinnen und Beamten: Gerade bei den unteren Besoldungsgruppen ist es uns wichtig, dass in ihrem Geldbeutel deutlich spürbar etwas passiert – nicht nur, weil sie wertvolle und wichtige Leistungen für Berlin erbringen, sondern weil ihnen eine angemessene Alimentation zusteht und der Anschluss an andere Bundesländer gehalten werden muss, damit es keine Schieflage im Tarifgefüge gibt. Darum haben wir gestern im Hauptausschuss – auch hier abweichend von der Senatsvorlage, aber mit Unterstützung und Stimmen der Opposition – eine soziale Komponente eingeführt, einen Mindestbeitrag von 75 Euro unterhalb von A 10, sodass diese Lohngruppen proportional stärker profitieren. Für all das Genannte haben wir im laufenden Doppelhaushalt die notwendigen Mittel eingestellt. Darüber hinaus haben wir bereits im April parlamentarisch die Vollzugszulage in der Justiz erhöht – Herr Juhnke hat es vorhin erwähnt –,
(Benedikt Lux)
eine Zulage für Notfallsanitäter eingeführt und dort, wo Mangelberufe erkennbar sind – sprich: wo es zu wenig qualifizierte Bewerbende gibt –, einen Anwärtersonderzuschlag als Anreiz möglich gemacht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Beamtinnen und Beamten! Berlin hat sich erfreulicherweise wieder zu einer wachsenden Metropole entwickelt, sodass wir optimistisch nach vorne blicken können. Nach harten, aber notwendigen Spar- und Verzichtsjahren für Sie und Ihre Familien haben wir Wort gehalten und schließen nun schrittweise die Einkommenslücken bei der Beamtenbesoldung.
Abschließend lassen Sie mich sagen, dass wir nicht nur den gehalts- und besoldungsmäßigen Status quo wiederherstellen wollen. Wir wollen, dass unser öffentlicher Dienst in Berlin wieder attraktiver und konkurrenzfähiger wird, ganz im Sinn einer modernen Hauptstadtverwaltung, die ihrem Namen gerecht wird. Das drückt sich natürlich nicht nur im Einkommen aus. Das kann ein öffentlicher Arbeitgeber naturgemäß auch gar nicht leisten. Doch gerade uns als SPD-Fraktion brennt dieses wichtige Thema auf den Nägeln, und wir werden das Thema weiter vertiefen, weil die Verwaltung mehr als angeglichene Gehälter und Besoldungen verdient. Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Änderungsantrag. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage den Senat: Welches Ergebnis hat die Sitzung der Soko, der Sonderkommission Ausbildungsplatzsituation und Fachkräftesicherung beim Regierenden Bürgermeister vom 20. Mai 2016 im Sinne einer Stärkung der dualen Ausbildung und Fachkräftesicherung gebracht?
Nur eine kleine Nachfrage habe ich noch: Wie werden Start-up-Unternehmerinnen und -Unternehmer unterstützt, um künftig selber ausbilden zu können, und welche Rolle und Perspektive hat hierbei die Verbundausbildung?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag, mit dem wir uns bereits im Plenum und in den Ausschüssen intensiv befasst haben, zielt darauf ab, den Blickwinkel auf die Industriestadt Berlin festzulegen und im Sinne des Begriffs Industriekultur Vergangenes und Zukünftiges gleichzeitig in den Blick zu nehmen. Wir wollen weitere Schätze bergen, die die Wahrnehmung stärker auf die arbeitende und erfindende Stadt lenken, auf die Industriestadt, die sie seit Beginn ihrer Metropolenwerdung ist. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal, das wir unter dem Begriff Industriekultur noch mehr ins öffentliche Bewusstsein rücken und weiterentwickeln wollen.
Wir wollen einen Bogen spannen von unserer einmaligen Industriegeschichte, die ganze Stadtquartiere geprägt und eine großartige Architektur hervorgebracht hat, bis zur heutigen und stetig wachsenden Industriestadt, die sich auch zum wichtigen Dienstleistungs- und Tourismusfaktor entwickelt hat und mittlerweile ein Magnet für die weltweite Start-up-Szene ist.
Genau hierzu hat mein Fraktionskollege Frank Jahnke in der ersten Lesung ausführlich Stellung bezogen. Weltbe
kannte Clubs in Elektro- und Heizkraftwerken, Start-ups und Kultureinrichtungen in alten Werkhallen, Backfabriken und Brauereien zeigen, wie wir den rauen Charme zahlreicher Gebäude kreativ und wirtschaftlich sinnvoll aufleben lassen können. Berlin war früher als Elektropolis bekannt. Industriekultur in unserem Sinne soll kein sozialromantischer Selbstzweck sein, sondern mit aktuellen Themen wie der Energiewende, der Elektromobilität oder dem wirtschaftlichen Wandel verzahnt werden. So könnte Berlin als Standort für innovative Zukunftstechnologien und neue Industrien noch attraktiver werden. Genau das verfolgt unser Antrag.
Ich freue mich, dass der Antrag in vier Ausschüssen rege und kritisch diskutiert wurde und halte meinen Eindruck fest, dass unser Anliegen inhaltlich geteilt wird. In keinem Ausschuss hat es eine Gegenstimme gegeben. Daher lade ich Sie ein, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, dem Antrag heute zuzustimmen und die hervorragenden Potenziale unseres industriellen Erbes mit fortzuentwickeln.
Die Zustimmung zum Antrag bietet Möglichkeiten für zahlreiche parlamentarische Initiativen. Etwa fragte Kollege Brauer von der Linkspartei neulich den Senat nach der Perspektive für das Kulturhaus des VEB Elektrokohle Lichtenberg. Seine Anfrage machte sich der Senat zu eigen und lässt das Kulturhaus nun durch das Berliner Zentrum für Industriekultur prüfen, ob der Anregung des Kollegen Brauer gefolgt werden kann.
Es geht bei dem Kulturhaus zwar um kein industriell genutztes Objekt, doch ist dieser Typus in Verbindung mit Industrieanlagen zu sehen. Das ist eine schöne Nachricht ganz im Sinne unseres Antrages, daher diese Betonung.
Ich sehe weitere Themen, die sich mit dem Antrag fortspinnen lassen, etwa unsere Arbeitskultur, auf die einem Ausschuss ebenfalls hingewiesen wurde. Im laufenden Doppelhaushalt haben wir jeweils 140 000 Euro im Einzelplan 12, Stadtentwicklung und Umwelt, eingestellt. Damit kann unsere begonnene Arbeit nun schrittweise verstetigt und von der federführenden Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ressortübergreifend koordiniert werden. Das ist ein guter Erfolg für die Koalition.
Ich bedanke mich beim Koalitionspartner, dass er sich unserer Initiative angeschlossen hat und sie mitträgt,
bei meinem Kollegen Frank Jahnke, mit dem ich gemeinsam das Thema ins Parlament gebracht habe. Ebenso danke ich für konstruktive Beratung und Hinweise aus den Ländern Nordrhein-Westfalen und Brandenburg –
das dortige Wirtschaftsministerium in Potsdam fördert übrigens seit 2014 ein Netzwerk für Industriekultur –, und ich danke Herrn Prof. Hoppe vom Technikmuseum, Frau Prof. Hoffner von der Hochschule für Technik und Wirtschaft sowie dem BZI, dem Berliner Zentrum für Industriekultur, das künftig federführend als Industriekulturkoordinator von der Stadtentwicklungsverwaltung eingesetzt wird. Last but not least gilt mein besonderer Dank Frau Dr. Tille aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, und wer mehr zum Thema erfahren will, dem empfehle ich aus dieser Verwaltung die drei wunderbaren Broschüren zum Thema. Ohne die Unterstützung der Genannten wäre dieser Antrag heute nicht da, wo er ist und sein soll: hier im Parlament. Sie alle und viele mehr leisten wichtige Beiträge, dass unsere Industrie- und Gewerbestätten nicht nur kulturelle Denkmäler sind, sondern ihre Potenziale kreativ und wirtschaftlich genutzt werden. – Ich bitte alle Parteien, dem Antrag zuzustimmen. Vielen Dank!
Herr Kollege! Wenn Sie das Thema nicht interessiert – anders kann ich Ihre Ausführungen nicht interpretieren –, warum stellen Sie dann fest, dass die Ausstattung zu gering ist?
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage den Senat: Wie viele neue Stellen wurden insgesamt 2015 und 2016 in den Bürgerämtern geschaffen? Wofür werden sie eingesetzt?
Wann wird es dann zu echten, zu tatsächlichen Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger kommen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach vier Rederunden im Plenum und verschiedenen
(Senatorin Sandra Scheeres)
Ausschussdiskussionen haben wir uns zu einem zentralen Anliegen intensiv ausgetauscht. Die Struktur der Jugendberufsagentur ist längst etabliert. Der Ball liegt nun bei den Akteuren des Arbeitsbündnisses Jugendberufsagentur, deren Hauptziel es ist, den Übergang von der Schule in Ausbildung, Arbeit und Studium zu ermöglichen – kein Abschluss ohne Anschluss! Wir haben finanzielle und personelle Stellschrauben gut justiert und statten die entscheidenden Stellen, die Steuerung des Gesamtprojektes, die Bezirke und Schulen, mit dem aus, was sie brauchen, damit die Jugendberufsagentur ab Oktober 2015 erfolgreich starten kann.
Ich widme meinen heutigen Beitrag der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg. Sie steht in besonderer Verantwortung, damit die Jugendberufsagentur keinen Kaltstart erlebt. Für die Regionaldirektion ist die Messlatte der § 1 der Kooperationsvereinbarung, die alle Bündnispartner verbindlich vereinbart haben. Ich zitiere:
Zielgruppe der Jugendberufsagentur Berlin sind alle jungen Menschen, die in der Regel das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, am Übergang von der Schule in das Berufsleben stehen und ihren Wohnsitz in Berlin haben. Diese Phase des Übergangs ist mit Erzielen eines erfolgreichen Berufsabschlusses beendet. Bei jungen Menschen mit Behinderungen gilt insbesondere der Inklusionsgedanke im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention.
Wir nehmen die gemeinsame Kooperationsvereinbarung der Bündnispartner ernst und achten genau darauf, dass die Zielgruppe an keiner Stelle vorschnell aufgeweicht wird. Die Jugendberufsagentur ist doch gerade für schwer vermittelbare Jugendliche da, damit sie mit passenden Maßnahmen zur Ausbildungsreife befähigt werden. Wir dürfen nicht ungeduldig werden, wenn es dabei etwas länger dauert. Quantität und Qualität dürfen hier keinesfalls miteinander in Konflikt geraten, etwa weil aus Sicht der Agentur nicht rasch genug die Statistik stimmt. Wenn nur der äußere Schein stimmen soll, dann haben wir ein Problem.
Ich spiele hier auf die Gründe für die verzögerte Kooperationsvereinbarung Ende letzten Jahres an, die wir kritisch wahrgenommen haben. Statt langer Warteschleifen in trägen Übergangssystemen wollen wir sichere Landungen in Arbeit und Ausbildung. Das muss auch der zentrale Auftrag der Agentur sein, die ihr Modell an der Stelle überdenken sollte, auch wenn das zunächst mit einem Anstieg junger Arbeitsloser verbunden ist. Aber ist das nicht der ehrlichere Weg und Teil des ganzheitlichen Ansatzes? Wenn Jugendberufsagentur, dann richtig! Da stimme ich mit der Überschrift des Antrags der Linken voll und ganz überein. Die Betonung liegt auf alle. Der Lackmustest ist also, ob die Jugendberufsagentur dem gemeinsam erklärten Anspruch, eine für alle zu sein, gerecht wird. In diesem Sinne ist die Intention unseres Antrags zu verstehen. Gerade Jugendliche mit Behinde
rung haben es besonders schwer, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu bekommen oder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Wir müssen sie daher gut im Auge behalten.
Dass die Jugendberufsagentur kein Allheilmittel sein kann, das sehe ich. Es kommt mindestens ebenso darauf an, dass das Landeskonzept Berufs- und Studienorientierung flächendeckend in den allgemeinbildenden Schulen umgesetzt und mit lokalen Akteuren der Wirtschaft vernetzt wird. Gleichfalls stehen Wirtschaft und Verwaltung in der Verantwortung, ihren Ausbildungsverpflichtungen nachzukommen, damit ausreichend Fachkräfte ausgebildet werden, die morgen für das Wachstum in dieser Stadt zu sorgen haben.
Mein heutiger Beitrag steht unter dem Eindruck einer Diskussionsveranstaltung von Verdi mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Jobcentern, die künftig in den Jugendberufsagenturen eingesetzt werden sollen. Das fand vor zwei Tagen statt. Frau Cordt rechne ich es im Nachgang hoch an, dass sie es als eine wichtige Erkenntnis aus dieser Veranstaltung mitnimmt, die künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in bezirklichen Jugendberufsagenturen stärker über ihre künftigen Aufgaben informieren zu wollen. Nach der Veranstaltung bestätigte sich mein Eindruck, dass hier noch einiger Informationsbedarf besteht, dem sicherlich in den nächsten Wochen nachgegangen wird. Nicht nur das, es ist richtig erkannt worden, dass das gemeinsame Ziel einer nachhaltigen Integration in eine sichere Erwerbsbiografie für alle nur dann funktioniert, wenn systemübergreifend gearbeitet wird. Es sind vor allem die komplexen, die rechtsübergreifenden Fälle entscheidend, bei denen es auf eine gute kollegiale Zusammenarbeit an den Schnittstellen ankommt, damit die Maßnahmen der Jobcenter sinnvoll und logisch miteinander verzahnt werden. Das heißt erstens, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen für diese neue Form des lösungsorientierten Zusammenarbeitens qualifiziert werden. Und zweitens müssen die Leistungen und Maßnahmen der Jugendhilfe vor Ort nicht nur konkretisiert, sondern auch verbindlich verabredet werden. Qualitative Mindeststandards sind ein Muss.
Last but not least gebe ich der Verwaltung mit zu prüfen, ob sie unter den Bedingungen der wachsenden Stadt für künftige Aufgaben bei den sozialen Dienstleistungen in den Bezirken auch ausreichend mit Fachkräften gerüstet ist. Ansonsten sollten hier die Ausbildungsaktivitäten in der Ausbildung für den allgemeinen Verwaltungsdienst verstärkt werden.
Ich empfehle, dem vorliegenden Antrag der Koalition Drucksache 17/2019 zuzustimmen und den Antrag der Linken abzulehnen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Personalentwicklung im Land Berlin ist längst ein vordringliches Unterfangen, dem der Senat mittlerweile höchst nachdrücklich nachkommt. Insbesondere unsere parlamentarischen Initiativen unterstreichen das dringende Anliegen. Sie haben einen wichtigen Beitrag geleistet,
(Katrin Möller)
dass der schwere Verwaltungstanker inzwischen den Kurs ändert und umlenkt. Im Haupt- und Unterausschuss diskutieren wir das regelmäßig. Endlich ist Personalmanagement Chef- und Chefinnensache im Land Berlin.
In diesem Sinn hat sich auch die Jugendverwaltung auf Initiative der Senatorin mit den Bezirken auf den Weg gemacht und die Personalbedarfe für die Jugendämter aufgabenkritisch analysiert und bewertet. So dürfte es kaum überraschen, dass mehr neue Berlinerinnen und Berliner die Nachfrage nach Kitas, bei den HzE, beim Elterngeld und bei den sozialpädagogischen Diensten erhöhen und ergo mehr Personal in den Jugendämtern erfordern. Diese Leistungen sollen rasch und bürgernah von qualifizierten Fachkräften und guten Arbeitsbedingungen erbracht werden. Das ist unser Anspruch und Auftrag zugleich.
Als ein erstes Zwischenergebnis stellte die Jugendverwaltung ihre Maßnahmeplanung im Frühjahr unter dem Titel vor: Wege zu einer nachhaltigen Sicherung der Aufgabenerfüllung der Berliner Jugendämter. Vereinbart wurde ein Mehrbedarf von 160 zusätzlichen Vollzeitstellen für die Kita-, Gutschein- und Elterngeldstellen, respektive für den regionalen sozialpädagogischen Dienst, verbunden mit einer höheren Vergütung und ein verbessertes Bezahlsystem für die Fachkräfte.
Weiter wurde ein fortschreibungsfähiges Personalbemessungsmodell vereinbart, das sich an dem 2009 vom Senat akzeptierten Niveau des Musterjugendamtes orientiert. Die Arbeit in den Jugendämtern muss so attraktiv gemacht werden, dass die Stammbelegschaft gehalten wird und sich Berufseinsteigende für die Arbeit dort interessieren. Auch das wurde vereinbart. Nicht von ungefähr ist gerade hier die Fluktuation vergleichsweise hoch. Nicht vereinbart wurde, dass die GEW ihre weißen Fahnen nicht mehr aus dem Fenster hängt, wie sie es nächste Woche erneut planen. Das möchte ich nur am Rand erwähnen.
Parallel zu der Maßnahmeplanung hat die Finanzverwaltung mit dem RdB im Rahmen der AG Wachsende Stadt für die Aufgabenfelder HzE einen Mehrbedarf von rund 70 Vollzeitstellen vereinbart. Hinzu kommen insgesamt etwa fünf Vollzeitstellen für die Aufgabenfelder Elterngeld und Kita. Die Betrachtung in der AG Wachsende Stadt ist nur teilweise deckungsgleich mit den untersuchten Aufgabenfeldern in der hier behandelten Maßnahmeplanung, da nicht alle Annahmen gleich sind. Man muss also sehr genau hinschauen, um richtige Aussagen treffen zu können.
Aus qualitativer wie quantitativer Sicht ist das Ergebnis der Maßnahmeplanung weitergehender als das der AG Wachsende Stadt. Die Entscheidung, den bezirklichen Jugendämtern auf Basis der AG Wachsende Stadt mehr
Personal für das Aufgabenfeld HzE zuzuweisen, bewerten wir als einen richtigen Schritt, den wir sehr begrüßen.
Alles in allem liegt nun eine fundierte Grundlage für eine vertiefende Beratung zwischen der Jugend- und Finanzverwaltung vor, die sich nun verständigen wird, wie die Maßnahmen umgesetzt, die Vergütung angepasst und das Berufsbild attraktiver werden kann. Wir halten den vorliegenden Antrag für entbehrlich und empfehlen für die weitere fachliche Beratung die Überweisung in den Bildungsausschuss. – Vielen Dank!
Die rote Karte ist ja wohl für Frau Remlinger, oder? – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Remlinger! Diese rote Karte, die möchte ich Ihnen mal erteilen aus verschiedenen Gründen.
Zum Ersten: Sie sind eine geistige Brandstifterin. Was sind Sie für ein Vorbild für Jugendliche, wenn Sie hier Begriffe „Molotowcocktails“ und „zündeln“ verwenden? Ich habe den Eindruck, dass Sie in Gedanken schon beim Ankiffen am 1. April im Görlitzer Park sind.
Und im Übrigen – der Parlamentspräsident hat eben darauf hingewiesen –: Michael Müller ist bei der Ministerpräsidentenkonferenz; auch ein weiterer Fehltritt; vielleicht das nächste Mal ein bisschen besser zuhören. Sie wissen doch ganz genau, dass der Regierende Bürgermeister in seiner Regierungserklärung und später auch in seinem Senatsbeschluss festgehalten hat, dass die Jugendberufsagentur eines der dringendsten Anliegen der Koalition ist. Das halte ich hiermit im Protokoll fest.
Die heutige Aktuelle Stunde befasst sich in der Tat mit dem wichtigen Thema, das in Berlin ein Dauerbrennerthema ist: die Jugendarbeitslosigkeit. Der erfreuliche Teil der Befassung ist dabei, dass wir Rezept und Lösung gleich mit präsentieren. Die Jugendberufsagentur Berlin – sie kommt. Unter einem Dach und aus einer Hand werden bestehende und gut funktionierende Teilsysteme zu einer Jugendberufsagentur gebündelt, damit der Übergang Schule – Beruf künftig besser als bislang gelingt. Die Senatsverwaltung für Bildung und die für Arbeit, die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit und die zwölf Bezirke haben erkannt, dass
komplexe Politikziele nur gemeinsam und systemübergreifend umzusetzen sind. Das ist ein großer Erfolg.
Die Jugendberufsagentur orientiert sich an den Erwartungen, Bedürfnissen und Lebenslagen junger Berlinerinnen und Berliner. Sie stehen im Fokus und eben nicht die Maßnahmen. Auch das ist ein großer Erfolg. Die Jugendberufsagentur hat die Aufgabe, dass die Zahl der Schul- und Studienabbrecher verringert wird und weniger Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst werden. Unproduktive Wartezeiten in schulischen oder außerschulischen Angeboten sollen zugunsten einer wirksameren Landung in Ausbildung, Arbeit oder Studium erfolgen. Mehr Jugendliche sollen in duale Ausbildung gebracht werden.
Lassen Sie mich ein paar Punkte herausgreifen, sich ändern werden. Steigende Fallzahlen: Mit der Umsetzung der Jugendberufsagentur Berlin dürfte ein zunächst gewünschter Effekt verbunden sein, auf den ich heute bereits vorsorglich hinweisen will. Es wird zunächst zu einer Steigerung der Fallzahlen kommen. Das sollte kein Grund zur Panik oder Anlass fürs Schlechtreden der Jugendberufsagentur Berlin sein. Es handelt sich um einen gewollten Effekt, bei dem der Ist-Verbleib aller Jugendlichen stetig und gezielt erfasst wird. Das ist ganz im Sinne des Erfinders.
Die Schulen: Schulen nehmen künftig eine Schlüsselrolle ein. Unversorgte Jugendliche und solche, die einen Qualifizierungsplatz nach der 10. Klasse nicht antreten, werden systematisch von der Jugendberufsagentur kontaktiert. Niemand soll verlorengehen. Weiter werden an den integrierten Sekundarschulen Teams zusammengestellt, die ab dem kommenden Schuljahr Schülerinnen und Schüler rechtzeitig vor Ort an die Hand nehmen. Das Landeskonzept für Berufs- und Studienorientierung ist ein weiterer wichtiger Baustein, damit der Übergang Schule – Beruf aus einem Guss funktionieren kann. Alle allgemeinbildenden Schulen werden ein Berufs- und Studienorientierungskonzept entwickeln. Dazu gehören verbindliche Regeln, etwa wann und wie Schulen Praktika organisieren sollen. Wir werden darauf achten müssen, dass Unternehmen und Betriebe ausreichend und qualitativ gute Praktikumsplätze bereithalten.
Ich begrüße, dass sowohl integrierte Sekundarschulen wie Gymnasien nach festen Qualitätsmerkmalen eingebunden werden. Bei beiden Schultypen bekommen Schülerinnen und Schüler verbindlich geregelte Einblicke in die Arbeitswelt. Das ist gut. Die Einbindung der Gymnasien bei der Umsetzung der Jugendberufsagentur ist folgerichtig. Es zeigt sich doch gerade in Berlin, dass das Abitur eben nicht den Abschluss eines Studiums logisch vorzeichnet. Das beweisen die hohen vorzeitigen Abbruchquoten im Studium, für die vor allem drei Gründe typisch sind: die Anforderungen, denen man vielleicht nicht gewachsen ist, Finanzierungsprobleme – nein, keine Zwischenfrage – sowie mangelnde Motivation, die auf eine unzureichende
(Stefanie Remlinger)
berufliche Orientierung zurückzuführen ist. Studium und Ausbildung sind gleichberechtigte mögliche Karrierewege. Dass dies nun auch an Gymnasien stärker vermittelt wird, entspricht der Lebenswirklichkeit und ist ein weiterer Erfolg.
Ich halte hier noch einmal fest, dass die Jugendberufsagentur kein weiteres Jobcenter ist, keine neue Behörde, sondern ein Ansatz, der eine andere, eine systemische und kollegiale Hilfekultur vorsieht. Ich appelliere an die Wirtschaft, mehr auszubilden. Das habe ich schon so oft gesagt. Wer heute nicht ausbildet, hat morgen keine Fachkräfte. Wir brauchen mehr denn je das Engagement der Berliner Wirtschaft und eine bessere Ausbildungs- und Ausbildungsbetriebsquote. Die Investition in eine qualitativ hochwertige duale Ausbildung sichert den eigenen Fachkräftebedarf. Jugendliche, die heute nicht ausgebildet werden, sind morgen arbeitslos, und sie bleiben es auch übermorgen. Ich bleibe zuversichtlich, dass wir das ohne eine Ausbildungsabgabe hinbekommen werden.
Ich komme nun zu den Bezirken, von denen die ersten vier im Spätsommer mit einer regionalen Jugendberufsagentur an den Start gehen. Es ist gut, dass das rasch passiert. Über die genaue Ausgestaltung und Einbindung regionaler Netzwerke entscheiden die Bezirke. Sie haben sich lediglich an vereinbarten Mindeststandards zu orientieren. Jugendliche können so berlinweit auf identische Qualitätsstandards zurückgreifen. Vorgesehen sind zunächst zwei Personalstellen pro Bezirk sowie die Sachmittel für die Qualifizierung von Beschäftigten. Die bezirklichen Jugendberufsagenturen werden nur funktionieren, wenn sie umfangreich ausgestattet sind. Das ist der Fall und zeigt, wie wichtig die Bezirke an dieser Schnittstelle sind und dass sie ernst genommen werden. Das ist aber auch höchst notwendig, schwankt die jugendliche Arbeitslosigkeit zwischen den Bezirken doch enorm.
Ab Spätsommer 2015 starten Spandau, Marzahn-Hellersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg sowie Tempelhof-Schöneberg in ersten eigenen Anlaufstellen mit ihrer Arbeit unter einem Dach. Dabei beraten, betreuen und vermitteln sie nicht nur, sondern bieten auch sozialintegrative Leistungen an. Bis Ende 2016 entstehen zwölf regionale Anlaufstellen. Es kommt entscheidend darauf an, dass die noch zurückhaltenden Bezirke, die es leider gibt, ausreichend unterstützt und ermutigt werden und dass das Personal gut qualifiziert wird. Das ist wichtig, weil die Teams gut zusammenarbeiten müssen, um komplizierte Fälle kollegial beraten zu können. Hier wird eine neue Form von rechtskreisübergreifender Arbeitskultur entstehen.
Junge Menschen mit Behinderung haben mit den schulischen Berufswegekonferenzen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt schon ein Verfahren für den Übergang Schule – Beruf, das in das Konzept der Jugend
berufsagentur eingebunden ist. Damit bleibt sichergestellt, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderschwerpunkten mit an Bord sind. Senatorin Scheeres hat kürzlich darauf auch noch einmal hingewiesen. Wir als Koalition behalten ein Auge drauf.
An die Jugendberufsagentur Berlin sind Ziele und Hoffnungen geknüpft. Sie gelingt, wenn jedes Mitglied im System es schafft, die eigenen Interessen zugunsten des gemeinsamen Erfolgs zurückzustecken. Und sie gelingt, wenn wir sie an den Erwartungen und Bedürfnissen der Jugendlichen ausrichten und ihnen transparente und passende Wege aufzeigen. Ich bin sehr gespannt und hoffnungsvoll, dass diese sozialdemokratische Initiative auch in Berlin ein Erfolg wird.
Lassen Sie mich abschließend drei Dinge festhalten. Es ist ein gutes Zeichen, dass die Einrichtung der Jugendberufsagentur Berlin relativ wohlwollend und einvernehmlich von allen Fraktionen hier im Parlament begleitet wird; es zeigt, dass die Reform des Übergangssystems an der Schnittstelle Schule – Beruf überfällig ist. Lassen Sie mich hier auch einmal den Senat loben.
Sein Beschluss, die Jugendberufsagentur Berlin einzurichten, ist sowohl ein Ergebnis professioneller Zusammenarbeit zwischen der Bildungs- und der Arbeitsverwaltung als auch ein hervorragender Beweis für die Ernsthaftigkeit, die Jugendarbeitslosigkeit – im Gegensatz zur Opposition – nachhaltig reduzieren zu wollen. Das stimmt mich für die folgende Phase der regionalen Umsetzung optimistisch.
Last but not least danke ich Herrn Ralf Jahnke aus der Bildungsverwaltung höchst ausdrücklich. Statt sich extern Rat einzuholen, hat er als Leiter der Projektstelle „Jugendberufsagentur in Berlin umsetzen!“ dieses Megaprojekt gesteuert, koordiniert und erfolgreich und rasch dorthin geführt, wo es jetzt steht: vor der Umsetzung. Das ist enorm und zeigt, wie stark und leistungsfähig die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem öffentlichen Dienst sind. Darauf kann Berlin stolz sein. – Vielen Dank!
Herr Spies! Haben Sie die Mitteilung – zur Kenntnisnahme – vom Senat an das Abgeordnetenhaus über „Jugenderwerbslosigkeit bekämpfen – Fachkräfte sichern: Einrichtung einer Jugendberufsagentur in Berlin“ zur Kenntnis genommen sowie die Vorlage – zur Kennt
(Katrin Möller)
nisnahme – über das Landeskonzept Berufs- und Studienorientierung?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die aufgabenkritische Bewertung von Personalbedarfen und wie es jenseits dieser Legislaturperiode mit personellen Entwicklungen in der öffentlichen Verwaltung vorangeht, ist uns ein dringendes Anliegen, an dem wir dran sind. Einige Senatsverwaltungen haben sich sehr wohl dem Thema gestellt und dem Parlament berichtet. Das ist für uns ein Beleg, dass sie sich ernsthaft mit dem Thema wachsende Stadt und ihren soziodemografischen Folgen auseinandersetzen und ihre Planungen in diese Richtung vornehmen. Von denen, die es noch nicht nachweislich getan haben, erwarten wir zeitnah qualitative Antworten.
Meine Hauptausschussvorgängerin Kirsten Flesch hat sich in der Aussprache zu diesem Antrag klar geäußert. Ich wiederhole es an dieser Stelle nicht, lade Sie aber ein, das Protokoll vom 3. Juli 2014 zu lesen. Weiter habe ich mit den Kolleginnen Dr. Clara West und Kirsten Flesch – Sie haben es bereits erwähnt, Herr Schruoffeneger – in einer Schriftlichen Anfrage von 15. Januar 2015 nachgefragt. Sie können die interessante Antwort der Finanzverwaltung vom 25. Januar 2015 nachlesen.
Ich halte nur kurz fest, dass die Auseinandersetzung mit der ökonomischen und von der Bevölkerungszahl her wachsenden Stadt mit grundlegend geänderten Rahmenbedingungen verbunden ist. Ich habe Verständnis dafür, dass dieser Umdenkprozess für einen Verwaltungstanker zeitintensiv ist und Ergebnisse manchmal nur kleinteilig abzulesen sind. Gleichwohl wird in der zuvor angeführten Schriftlichen Anfrage festgehalten, dass
unter den Bedingungen der wachsenden Stadt und der demografischen Entwicklung an aktuelle Entwicklungen stärker angepasst werden muss.
(Oliver Schruoffeneger)
Ausdrücklich danke ich der Senatsverwaltung für Finanzen, die zur letzten Sitzung des Unterausschusses Produkthaushalt und Personalwirtschaft über die geänderte Praxis bei der Gewinnung von Personal mit Berufserfahrung und Quereinsteigern ausführlich berichtete und so ihre Hausaufgaben gemacht hat. Unter Hinweis auf die weiterhin geltenden Richtlinien der Regierungspolitik zum Personalabbau bis Ende 2016 unter sonst gleichen Bedingungen verweist die Finanzverwaltung im gleichen Bericht darauf, dass die jeweiligen bezirklichen Zielzahlen bei wegfallenden oder hinzukommenden Aufgaben im Kontext der wachsenden Stadt in gewissem Maß flexibel sind. Zugesagt wurde ein jederzeit mögliches individuelles Nachsteuern bei den Pflichtaufgaben, wenn die Leistungserbringung nachweislich Schwierigkeiten bereitet. Aktuell geht es beispielsweise um eine kurzfristige Aufstockung bei den Bürgerämtern, die mit den Bezirken verhandelt wird.
Auch der Regierende Bürgermeister räumte in der letzten Woche ein, dass beim Personalabbau in den Ämtern „übertrieben und über das Ziel hinausgeschossen“ wurde. Dafür hat er nicht nur von uns als SPD, sondern von allen Seiten inklusive der Tagespresse viel Zustimmung erhalten.
Wir fordern weiter, dass in den Bezirksbehörden im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten mehr Personal einzustellen und mehr Eigenständigkeit zu gewähren ist, wo Bürgerinnen und Bürger mehr Service erwarten, also sowohl in Bürgerämtern und Elterngeldstellen als auch in Bauplanungsämtern. Diese Erkenntnis ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, und auch hier wird bereits gehandelt.
Als Haushaltsgesetzgeber sind wir aber auch an die Einhaltung der Pfade gebunden, die wir uns gegeben haben bzw. die uns vorgegeben sind. Oder glauben Sie, liebe Grüne, hier vor dem Parlament lande gleich ein Hubschrauber, der Geld ablade, mit dem wir eben mal Ihre Vorstellungen außerordentlich umsetzen könnten? Sachte also!
Sie sehen, die verordnete Zielzahl bleibt vorerst amtlich, auch wenn die Verwaltungspraxis aufgrund aktueller städtischer Entwicklungen eine andere Richtung längst vorgibt.
Den vorliegenden Antrag halte ich aus den genannten Gründen für überflüssig und rege an, ihn auch hier im Plenum abzulehnen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Koalition und insbesondere die SPD legt seit Beginn der Legislaturperiode den Blick darauf, dass alle jungen Berlinerinnen und Berliner die gleichen Chancen für ein selbstbestimmtes Leben bekommen, damit Bildungsaufstieg möglich ist. Wir haben die große Herausforderung angenommen, den Übergang von der Schule in den Beruf besser zu koordinieren und effektiver zu gestalten. Aufbauend auf bestehende und gut funktionierende Strukturen und Bündnisse gehen wir mit der Jugendberufsagentur Berlin einen Schritt weiter und stellen junge Berlinerinnen und Berliner konsequent in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns. „Niemand soll verlorengehen“ oder „Kein Abschluss ohne Anschluss“ sollen keine Floskeln sein, sondern ehrgeizige Ziele mit klarer Botschaft. Wir wollen Übergänge mit System. Wir wollen sanfte Landungen in Ausbildung, Arbeit oder Studium. Wir wollen keine Warteschleifen, sondern Übergänge mit System.
Unter der Federführung der Senatsbildungsverwaltung wird seit über einem Jahr in unzähligen Verhandlungen und unter Hochdruck an der Herkulesaufgabe gearbeitet, unterschiedlich tickende Teilsysteme mit individuellen Zielen in Einklang zu bringen. Im Ergebnis steht in jedem Bezirk ein Arbeitsbündnis, eine Jugendberufsagentur Berlin, die Leistungen unter einem Dach nach einheitlichem Qualitätsmaßstab erbringen wird. Ich bin froh, sagen zu können, dass die Jugendberufsagentur Berlin primär auf eine sozialdemokratische Initiative zurückgeht.
In der Projektvereinbarung vom Juni 2014 wurde die Berücksichtigung der Gruppe Junge Berlinerinnen und Berliner mit Behinderung verankert. Weiter wurde geprüft, wie die Jugendberufsagentur Berlin die wichtigsten Leistungen etwa nach SGB II, III und VIII sowie dem Berliner Schulgesetz integrieren kann, ebenso die Leistungen nach SGB IX und XII, also für Rehabilitation und Eingliederungshilfe, um den gesetzlichen Auftrag der inklusiven beruflichen Bildung zu erfüllen.
Der Zugang zur Jugendberufsagentur Berlin ergibt sich so in allen Formen für junge Berlinerinnen und Berliner. Das sehen ebenso die geplanten Verfahren der Berufs- und Studienorientierung im Landeskonzept vor, die explizit alle Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Bedarf erfassen. Unser Ziel ist es, alle Leistungsbezüge in den aufzubauenden regionalen Anlaufstellen der Jugendberufsagentur abzubilden. Gleichwohl sehen wir, dass die bezirklichen Organisationsformen sehr ausdifferenziert werden müssen, um Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung zu realisieren. Wir achten genau darauf, dass diese Leistungen nach und nach integriert werden – verbindlich und nach Zeitplan.
Im Hinblick auf Ihren Schaufensterantrag, liebe Grüne, werfen Sie die Frage auf, ob der Auswahlprozess durch Kriterien begleitet wird, die – ich zitiere – „transparent nachvollziehbar“ sind. Wodurch denn sonst? Warum fragen Sie das? Natürlich werden auch hier gemeinsam Kriterien mit den Partnern abgestimmt, nach denen die Bezirke einschätzen können, ob sie sie umsetzen können und wollen. Im Zuge dessen werden vier Startbezirke vorgeschlagen, zu denen der Rat der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Stellung bezieht. Sie sehen, die Offenheit des gesamten Auswahlprozesses ist auch hier nicht zu übersehen.
Selbstverständlich ist auch an das Kriterium „Jugendgerechte Gestaltung der Liegenschaften“ gedacht und wurde im angesprochenen Kriterienkatalog zur Auswahl der Startbezirke aufgenommen. Liebe Grüne! Jetzt und hier nach möglichen Unzulänglichkeiten im Prozess zu suchen, bevor Sie überhaupt die Senatsvorlage zur Kenntnis genommen oder diskutiert haben, finde ich unprofessionell. Genau an solchen Projekten wie der Jugendberufsagentur Berlin können die Berlinerinnen und Berliner erkennen, dass wir uns nicht nur um die rein quantitative Senkung der Jugendarbeitslosigkeit kümmern, sondern um das qualitative Wohlergehen gleichermaßen. Wir wollen mehr Schul- und Ausbildungsabschlüsse und weniger Studienabbrüche, damit Bildungsaufstieg für alle möglich ist. Wir haben erkannt, dass das nur gemeinsam und systemübergreifend im Team funktionieren kann. Gesagt ist getan.
(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)
Ich beantrage für heute die Annahme des Antrages in der vorliegenden Fassung vom 14. Januar sowie die Überweisung der beiden weiteren Anträge in den Arbeits- und Bildungsausschuss. – Vielen Dank!
Ich habe noch nicht mal geredet!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein starkes Signal, das die rot-schwarze Koalition in die Stadt sendet. Wir verabschieden ein Gesetz, mit dem heute ein Fonds mit der gesetzlichen Bezeichnung Sonderfonds Infrastruktur der Wachsenden Stadt, kurz SIWA, errichtet wird.
Es ist gut, weil wir in die Zukunft investieren. Wir haben uns in der ersten Lesung und im Hauptausschuss intensiv ausgetauscht, und ich habe den Eindruck, dass die Opposition im Grundsatz mit uns einig ist. Daher hätte ich es heute begrüßt, wenn Sie mit uns gestimmt hätten.
Lassen Sie mich die drei Kernpunkte des Gesetzes nennen. Erstens: Wir führen den Konsolidierungskurs in Berlin fort und sind nun das erste deutsche Bundesland, das per Gesetz eine Schuldentilgung von Haushaltsüberschüssen zu 50 Prozent fixiert. Das ist ein großer Erfolg.
Zweitens erweitern wir als Bundesland unsere Möglichkeiten, um zusätzlich und zweckgebunden in unsere Infrastruktur zu investieren. Wir binden uns auch hier per Gesetz und speisen diese andere Hälfte der Überschüsse ab 2014 in den Sondervermögensfonds ein. Auch das ist beachtlich.
Drittens ist das Gesetz ein verantwortungsvoller Ausweg aus dem Dilemma, sowohl Schulden tilgen zu müssen als auch Investitionen nicht zu unterlassen. Wir schaffen mit dem Sondervermögen Wachsende Stadt aus eigener Kraft Spielräume, etwa für Sanierungsaufgaben, für den Ausbau der städtischen Infrastruktur, für die Bereiche Verkehr, Jugend und Bildung sowie Sport und Freizeit und für die Unterbringung von Flüchtlingen.
Eine wachsende Bevölkerungszahl geht mit zusätzlichen Anforderungen einher. Dem tragen wir Rechnung. Wir setzen Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung, stimulieren Wachstum und Beschäftigung und leisten einen wichtigen Beitrag, die Investitionsquote in der Stadt zu erhöhen. Eine DIW-Studie hat herausgefunden, dass jeder regional investierte Euro ein Mehrfaches an Wirtschaftskraft hervorbringt.
Sie sind doch gleich dran, Herr Zillich! – Das Gesetz tritt zum 31. Dezember 2014 in Kraft, wobei der Zugriff auf etwaige Haushaltsüberschüsse auf das vollzogene Haushaltsjahr erfolgt, also für 2014.
Ich möchte auch erwähnen, dass wir die Überführung der Überschüsse in den Sondervermögensfonds um 80 Millionen Euro Konsolidierungshilfen des Bundes reduzieren. Das halten wir für richtig und gut und betrachten es als konkludente Auslegung der Vereinbarung mit dem Bund, der wir so nachkommen wollen.
Nein! – Ebenso nutzen wir solche Spielräume – mein Kollege Schneider hat hier vor zwei Wochen bildhaft vom lebenden Haushalt gesprochen –, die den Senat in die Lage versetzen, im laufenden Haushaltsvollzug mit zusätzlichen Maßnahmen zu reagieren und zu handeln. Das ist richtig und uns wichtig, und ich meine, wir sind uns hier prinzipiell einig.
Unsere Botschaft ist klar: Wir stärken notwendige Investitionen für die wachsende Stadt, ohne die Prämisse stabiler Finanzen zu gefährden. Wir handeln vorausschauend, denn künftig werden mehr Berlinerinnen und Berliner unsere Infrastruktur nachfragen. Das bedeutet mehr Kitas, Schulen, Hochschulplätze, Wohnraum, gute Verkehrswege und nicht zuletzt ein ausreichendes Angebot an Sport- und Freizeitanlagen genauso wie reibungslos funktionierende Bürgerämter in den Bezirken.
Ich bitte Sie, dem vorliegenden Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens für die Infrastruktur der wachsenden Stadt zuzustimmen. – Vielen Dank!
(Vizepräsident Andreas Gram)
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Fraktion Die Linke! Liebe Kollegin Möller! Ich verstehe schon die Logik der Aussage in der Überschrift Ihres Antrags „Wenn Jugendberufsagentur, dann richtig!“ nicht. Auch beim Lesen habe ich ein Déjà-vu. Was Sie fordern, ist doch längst in der Mache. Das können sie etwa in den Medien nachlesen, die sehr positiv berichten. Schön wäre es gewesen, wenn wir heute einen gemeinsamen Antrag beraten würden.
Berlin steckt mitten im Prozess und setzt die Jugendberufsagentur um, die angesichts der geplanten Größe mit zwölf Standorten und drei Agenturen Vergleichbares sucht. Damit wird dem Beschluss der Sonderkommission „Ausbildungsplatzsituation und Fachkräftebedarf“ beim Regierenden Bürgermeister gefolgt. Die Jugendberufsagentur ist wichtig. Am Ende muss mehr als eine Verwaltungsreform stehen. Ausbildung soll nicht nur der Ausbildung wegen gefördert werden, sondern es muss gelingen, Jugendliche und junge Erwachsene unter einem Dach in Arbeit und Ausbildung zu bringen. Miteinander statt Nebeneinander! Es geht um das gemeinsame Ziel, den Übergang von der Schule in den Beruf im Sinne von „Kein Anschluss ohne Abschluss“ erfolgreicher zu gestalten.
Nein! – Wir wollen, dass kein Jugendlicher mehr im Nach-der-Schule-System verlorengeht, und wir wollen, dass Ressourcen viel wirksamer eingesetzt werden. Das will gut geplant sein. Viele wichtige Akteure der Stadt haben das Projekt der Jugendberufsagentur zu verantworten und ziehen an einem Strang. Das erst einmal hinzubekommen, ist eine beachtliche Leistung, ist aber angesichts der Projektgröße auch nötig.
Die Bildungsverwaltung steuert den Prozess und hat die Ziele des Landes, der Bezirke und der Bundesagentur für
Arbeit zu vereinen. Aktuell wird auf der Landesebene eine kooperative Zusammenarbeit abgestimmt. Es werden Mindest- und Qualitätsstandards festgelegt. Die Aufgaben der regionalen Standorte und wie sie durch wen zu erledigen sind, wird festgelegt.
Dazu gehört auch die Berufs- und Studienorientierung, die sich zurzeit im Abstimmungsprozess im Senat befindet. Im nächsten Schritt wird eine regionale Kooperation vereinbart, die die bezirklichen Besonderheiten berücksichtigt. Auch der RdB hat einen wichtigen Beitrag geleistet und die Kooperationen unterschrieben, damit die Ausstattung in den Bezirken gut erfolgen kann. Sie bekommen die Unterstützung, die sie brauchen.
Dennoch ist die Jugendberufsagentur keine eigenständige Institution mit eigenen Ressourcen. Ein wichtiges Arbeitspaket in den laufenden Vorarbeiten ist aus diesem Grund das Ressourcenprojekt, weil die Projektpartner Sach-, Finanz und Personalmittel eigenverantwortlich verwalten müssen. Die Finanzverwaltung ist eng eingebunden, und ein möglicher Finanzbedarf wird zu gegebener Zeit zu klären sein – voraussichtlich zum Jahresende, wenn auch das Gesamtkonzept vorliegt.
Sie sehen: Alles, was im vorliegenden Antrag steht, passiert längst. Wir lassen uns das weder klein noch schlecht reden – und schon gar nicht von Ihnen von der Opposition, aber auch nicht von anderen. Dennoch übersehe ich nicht Ihre wohlwollende Zustimmung und finde das gut.
Bevor ich zum Schluss komme, unterstreiche ich, dass die Unterstützungsangebote nur dann zur Geltung kommen, wenn ausreichend Betriebe ausbilden und genügend Ausbildungs- und Praktikumsplätze oder Verbünde anbieten. Die wachsende Stadt Berlin braucht hier dringend Engagement. – Ich empfehle die Überweisung in den federführenden Bildungsausschuss und den mitberatenden Arbeitsausschuss. Dort besprechen wir alles Weitere, und auch ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir noch etwas Gemeinsames hinbekommen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag bekräftigt, dass die Aufarbeitung der LSBTI-Geschichte von Emanzipation und Verfolgung ein wichtiges Anliegen des Landes Berlin ist – also die Sicherung des kulturellen Erbes von Lesben, Schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen.
Seit 2009 hat der Senat viele bemerkenswerte Aktivitäten unternommen. Gemeinsam entwickeln wir die Akzeptanz sexueller Vielfalt in unserer Gesellschaft stetig weiter. Dazu bringen wir als rot-schwarze Koalition nach und nach parlamentarische Anträge ein und behandeln jetzt den zweiten von acht Anträgen.
Wir fordern den Senat auf, ein wichtiges Ziel der Initiative „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ weiter voranzubringen. Es geht um das Handlungsfeld Geschichtsdokumentation und Aufarbeitung sowie Forschung mit LSBTI-Bezug. Es ist an der Zeit, einen institutionalisierten Verbund bestehender Archive aufzubauen,
die die berlinbezogene LSBTI-Geschichtsforschung unterstützt.
Es ist zudem zu prüfen, wie Forschungsvorhaben stärker initiiert werden können. Fachlichen Sachverstand haben wir bereits mit dem Landesarchiv Berlin, das bei der Kulturverwaltung angesiedelt ist.
Wie das Magnus-Hirschfeld-Institut wieder eingerichtet wird, soll unter der Annahme geprüft werden, ob die geplanten Vorhaben mit einer gebündelten zentralen Archiveinrichtung genau dort auch richtig angesiedelt sowie berechtigt sind im Hinblick auf die aktuelle Situation bestehender Vielfalt-Netzwerke.
Hierzu haben wir einen Anfang gemacht und erstmalig Mittel im laufenden Doppelhaushalt eingestellt, Herr Lederer. Weiter ist es Aufgabe der neuen Liegenschaftspolitik, eine angemessene Immobilie zu finden.
Wir wollen, dass der Senat die Arbeit verstetigt, die er bereits 2012 mit der Einberufung eines Koordinationsgremiums zur LSBTI-Geschichte eingeleitet hatte, um die juristische Verfolgung Homosexueller und die Diskriminierung nicht heterosexueller Lebensweisen im Nachkriegsdeutschland historisch aufzuarbeiten und zu dokumentieren.
(Hakan Taş)
Nein, die gestatte ich nicht.
Die Forschenden sollen dabei all die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um ihrem Forschungsauftrag gerecht zu werden, etwa bei der Akteneinsicht für Quellenstudien. Die Ergebnisse sollten zu gegebener Zeit im Berliner Stadtbild sichtbar gemacht werden, zum Beispiel in Ausstellungen und mit Gedenktafeln.
Weiter fordern wir, dass auch lesbische Lebensweisen stärker in der Forschung und Wissenschaft berücksichtigt werden. Über den oben genannten Koordinierungstisch beim Senat sollen die Lebensverhältnisse und die Diskriminierung lesbischer und bisexueller Frauen historisch aufgearbeitet werden. Die kommen nämlich bislang viel zu kurz.
Als ein Vorbild für hervorragende Arbeit auf diesem Gebiet möchte ich den Verein „Spinnboden“ nennen. Dort befindet sich die größte Sammlung von Zeugnissen und Spuren lesbischer Existenzen europaweit, ein Archiv mit Präsenzbibliothek und einer Dokumentationsstelle. Seit über 40 Jahren werden dort Daten gesammelt, verarbeitet und so viele Lebensgeschichten bewahrt. Dank „Spinnboden“ wissen wir mehr über Frauen wie Hilde Radusch oder über soziales Leben und Leiden frauenliebender Frauen in der Weimarer und Nazi-Zeit.
Berlin engagiert sich bereits auf Bundesebene für die nach 1945 verurteilten homosexuellen Männer. Wir wollen, dass der Senat weiter proaktiv bleibt und Gespräche mit dem Justizministerium und auf der Bund-LänderEbene führt.
Abzuwarten bleibt die verfassungsrechtliche Prüfung. Werden die Urteile aufgehoben? Wie ist mit der Rechtsfolge umzugehen, etwa im Hinblick auf Schuldbekenntnis des Staates und der damit verbundenen finanziellen und gesellschaftlichen Entschädigung für die Strafverfolgung?
Für uns als SPD ist das ein wichtiges Anliegen.
Anonyme Schmierereien gegen Denkmäler und Stelen, Hassgewalt und Homophobie von „Andersdenkenden“ stehen in einer Großstadt wie Berlin leider immer wieder auf der Tagesordnung. Die Kosten für die Reparatur sind hoch und nicht planbar. Hier ist zum einen couragiertes Engagement der Stadtgesellschaft gefragt, zum anderen
sollen Wege gefunden werden, wie gesellschaftliche Akteure und Unternehmen für eine Gedenkkultur von LSBTI-Persönlichkeiten stärker gewonnen werden können. Ich möchte anregen, über die fünf bekannten Orte hinaus weitere Gedenkorte, etwa in Verantwortung des Landes oder der Bezirke, zu schaffen.
Wir fordern nachdrücklich, dass der Senat eine aussagekräftige Studie in Auftrag gibt, damit die Forschungs- und Datenlage von LSBTI-Jugendlichen mit validem Material verbessert wird.
Studien sind in Land und Bund mehr als dünn gesät und lassen sich an einer Hand abzählen. Nennen möchte ich erstens ein in Berlin bis Oktober laufendes Projekt der Katholischen Hochschule für Sozialwesen zu trans- und intergeschlechtlichen sowie genderqueeren Jugendlichen zur Verbesserung ihrer Lebenswelten sowie zweitens die Ende 2013 begonnene bundesweite Studie des Deutschen Jugendinstituts zur Coming-out-Verläufen und Diskriminierungserfahrungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Zielgruppe, über die wir hier reden. Diese Studie wird erst Ende 2015 abgeschlossen sein.
Sie sehen, wir wissen noch relativ wenig und sollten hier Forschungslücken schließen.
Allein unseren Kindern sind wir das schuldig. Wir brauchen mehr Wissen, wie Diskriminierungen aussehen und wie viele es davon gibt, um passende Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und Benachteiligungen weiter zu bekämpfen.
Ich lade an dieser Stelle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, Forschungsaktivitäten auf diesem weitgehend unbekannten Gebiet zu prüfen. By the way – der Aspekt Mehrfachdiskriminierung wurde bislang noch gar nicht untersucht.
Und Sie reden sich zu Tode, Herr Lederer! – Die rotschwarze Koalition bringt die Gleichstellung von LSBTIMenschen in Berlin voran und bekämpft alle Formen von Homophobie und Transhomophobie. Dazu haben wir im laufenden Doppelhaushalt wichtige Strukturen abgesichert und setzen uns mit diesem Antrag in einem weiteren Schritt engagiert für das Vorankommen der Initiative sexuelle Vielfalt ein.
Für heute beantragen wir die Überweisung in den federführenden Ausschuss für Arbeit, Integration und Frauen und freuen uns dort auf die gemeinsame Diskussion. – Vielen Dank!
Welche Ergebnisse wurden in der letzten Sitzung der Sonderkommission „Ausbildungsplatzsituation und Fachkräfteentwicklung“ beim Regierenden Bürgermeister erzielt? Wie bewertet der Senat die Ergebnisse im Hinblick auf die Einrichtung einer Jugendberufsagentur in Berlin, und in welchen Schritten erfolgt die Umsetzung?
Ich frage den Senat: Wie funktioniert das Landesprogramm Integrationslotsen/Stadtteilmütter, das seit 1. Januar 2014 regelfinanziert wird? Was ist nun anders? Welchen Beitrag leistet das Programm im Sinne von guter Arbeit und Integration?
Was muss passieren, damit das Programm langfristig gesichert wird?
Ich frage den Senat:
1. Wie will der Senat das kürzlich veröffentlichte Konzept der Jugendberufsagentur umsetzen, um jungen Menschen den Übergang in Ausbildung und Erwerbsarbeit zu ermöglichen?
2. Wie wird dabei die Regionaldirektion BerlinBrandenburg eingebunden?
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute das Gesetz zur Feststellung der Gleichwertigkeit und Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen für Berlin – kurz: Anerkennungsgesetz – verabschieden werden. Wir schließen damit eine Lücke. Seit 2012 gibt es auf Bundesebene das Anerkennungsgesetz, das für bundesrechtlich geregelte Berufe gilt, also zum Beispiel für Krankenpfleger oder Ärzte. Heute stimmen wir für ein entsprechendes Landesgesetz, das für die landesrechtlichen Berufe gilt, etwa für Erzieher, Lehrkräfte, Sozialpädagogen oder Ingenieure. Wir schließen diese Lücke, weil wir es als rotschwarze Koalition nicht hinnehmen, dass Aufstiegschancen in der Stadt verschenkt werden.
Wir beenden eine paradoxe Situation: Es gibt viele gut ausgebildete Menschen in dieser Stadt, die ihren Beruf nicht ausüben können, obwohl sie in diesem Beruf dringend gebraucht werden. Teilweise sind diese Mitbürger sogar auf staatliche Transferleistungen angewiesen.
Das Anerkennungsgesetz zielt auf ein rasches, verbindliches, schnelles und transparentes Prüfverfahren und auf eine gute Beratungsinfrastruktur. Spätestens nach drei Monaten wird ein rechtsfähiger Bescheid ausgestellt. Die Bewertung und Anerkennung erfolgt unabhängig von Nationalität, Herkunft und Aufenthaltsstatus.
In der ersten Lesung debattierten wir darüber, ob es ein Stipendienprogramm für landesrechtlich geregelte Berufe für jene Interessierte geben sollte, die keine Leistung nach SGB II oder III beziehen. Die Teilnahme an Fortbildungen und Anpassungsmaßnahmen für diejenigen, die sich weiterqualifizieren wollen, da sie noch nicht die Voraussetzung für die volle Anerkennung haben, soll nicht am Geldbeutel scheitern. Ich bleibe aber bei meiner Ansicht, dass wir dafür Haushaltsgelder erst dann einstellen sollten, wenn es sich als notwendig erweist. Denn die Betroffenen werden sich melden, wenn sie Bedarf nach Hilfe zum Lebensunterhalt oder für Einmalzuschüsse während der Anpassungsmaßnahme – also für Sprachkurse, Übersetzungen, Lehrmaterialien oder Gebühren – haben. Die fachkundigen Beratungsstellen wie das IQNetzwerk werden diesen Bedarf mitbekommen und uns zurückmelden.
Ja!
Ich habe es gerade gesagt: Bei den zuständigen Beratungsstellen, zum Beispiel beim IQ-Netzwerk, bei den Erstberatungsstellen.
Die Beratungen sind im Dialog, und dann gibt es da Möglichkeiten.
Für die rasche Umsetzung des Gesetzes an sich ist es jedoch nicht erforderlich, diese Mittel einzustellen. Sollte sich herausstellen, dass Anpassungskosten dazu führen, dass Weiterqualifizierung unterbleibt, dann werden wir, als erfolgreiche Koalition, die wir sind, nachjustieren. Darauf haben wir uns bereits verständigt. So habe ich auch Senatorin Kolat und Staatssekretär Rackles kürzlich im Arbeitsausschuss verstanden, die sich beide wohlwollend dazu äußerten und in der Lage sind, Mittel flexibel zur Verfügung zu stellen. Das können Sie im Protokoll dieses Ausschusses nachlesen. Ich werde beide beim Wort nehmen, wenn eine Nachsteuerung erforderlich werden sollte.
Die amtliche Statistik von Bund und Ländern veröffentlicht jährlich Daten zum Anerkennungsgesetz. Daher müssen wir auch keine jährliche Evaluierung im Gesetz festschreiben. Wir werden die Daten auswerten und gegebenenfalls weiteren Handlungsbedarf prüfen.
Das Gesetz steht und fällt mit einer guten Umsetzung. Dazu sind zwei Dinge wichtig, die wir eng begleiten werden: Zum einen muss das Anerkennungsgesetz gezielt beworben werden. Ich gehe davon aus, dass das geschieht, wollen doch Wirtschaft, Sozialpartner, Jobcenter sowie die Arbeitsagenturen den Erfolg bei der Integration dieser Fachkräfte. Da werden wir nachhalten.
Zum anderen müssen gute Angebote für Nachqualifizierungen und Ausgleichsmaßnahmen unterbreitet werden, wenn die Anpassung nicht sofort gelingen kann. Das bleibt noch ein spannendes Thema.
(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)
Das Anerkennungsgesetz in Berlin wird eine Erfolgsgeschichte werden. Wir stärken die Aufstiegskultur und Integrationsmöglichkeiten. Dafür steht die SPD seit 150 Jahren, und dafür steht die rot-schwarze Koalition im Land Berlin, die wieder einmal zeigt, wie handlungsfähig sie ist.
Das zu beschließende Anerkennungsgesetz für Berlin ist die Grundlage für einen arbeitsmarkt- und integrationspolitischen Meilenstein. Von den gut ausgebildeten Fachkräften profitieren die Berliner Wirtschaft und die öffentliche Verwaltung. Die Zuwanderer profitieren davon, weil wir ihre beruflichen Abschlüsse, Erwerbsbiografien und Bildungsleistungen anerkennen und sie im erlernten Beruf arbeiten können.
Ich freue mich, dass unser Tun und Handeln auch bei der Opposition Anklang findet. Es zeigt, dass wir uns einem wichtigen gesamtgesellschaftlichen Anliegen erfolgreich gewidmet haben. Ich bitte Sie daher: Stimmen Sie alle für unser Gesetz mit Ja, so wie wir es im Arbeitsausschuss getan haben! – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beschließen wir den Einzelplan 09 für Arbeit, Integration und Frauen und führen ein wichtiges Anliegen der Koalition fort. Gute Arbeit und gute Ausbildung – das ist das Herzstück des rot-schwarzen Koalitionsvertrags. Das Kapitel Arbeit und Ausbildung hat bereits zum zweiten Mal in Folge kräftige Einschnitte hinnehmen müssen, das aber auch, weil weniger ausgegeben werden musste als geplant.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass „Berlin-Arbeit“ wirkt. Das belegen die ständig sinkenden Arbeitslosenzahlen der letzten Monate, nicht selten entgegen dem Bundestrend. Anfang Dezember ist die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit 1993 unter 200 000 gesunken. Die Koalition lag richtig, als sie die Arbeitsmarktpolitik in Berlin neu justierte und sich darauf verständigte, sämtliche arbeitsmarkt- und berufspolitischen Aktivitäten verstärkt auf den ersten Arbeitsmarkt auszurichten. Wir waren trotz den Mittelkürzungen erfolgreich. Das ist ein Beleg dafür, dass es bei der Arbeitsförderung eben nicht nur auf die Höhe der eingesetzten Mittel ankommt. Wir haben sie wirkungsvoll eingesetzt.
Unterstützt wurden wir beim Abbau der Arbeitslosigkeit durch die konjunkturelle Entwicklung. Der Rückgang erfasst langsam auch die strukturelle Arbeitslosigkeit. Das zeigt auch, dass Arbeitsmarkt und Wirtschaftspolitik nicht voneinander zu trennen sind, denn nur wenn die Wirtschaft brummt, sinkt die Arbeitslosigkeit. Die gute Konjunktur brachte in Berlin einen Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Die Beschäftigtenzahl weist aktuell einen historischen Höchststand von 1,2 Millionen auf. Die Strategie „Berlin-Arbeit“ ist richtig. Wir werten die Beschäftigungsentwicklung als ein positives Zwischenzeugnis. In diesem Sinne wollen wir die Zahl der Langzeitarbeitslosen und der jugendlichen Arbeitslosen weiter reduzieren.
Uns ist es klar, dass es gerade beim Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit noch keinen nachhaltigen Wendepunkt gibt. Aber wir sehen einen Silberstreifen am Horizont, und zwar dort, wo wir einen Dreiklang aus Qualifizierung, Coaching und Arbeitspraxis fördern.
Ich muss an dieser Stelle an die Berliner Unternehmen appellieren, dass sie ihre Einstellung überdenken und mehr Langzeitarbeitslosen eine Chance geben mögen. Hier unterstützt die Arbeitsverwaltung ab sofort Unternehmen, indem etwa Lohnkostenzuschüsse vereinfacht in Anspruch genommen werden können oder aber bei der Umwandlung befristeter Minijobs in reguläre Arbeit.
(Christopher Lauer)
Ich bewerte es auch als einen persönlichen Erfolg, dass die Koalitionsfraktionen die Rücknahme der geplanten Kürzungen bei der beruflichen Bildung erkämpfen konnten, die nun auf dem Stand des letzten Doppelhaushalts bleibt. Es wird weder bei den Maßnahmen des Richtlinienprogramms des Senats noch beim Berliner Ausbildungsplatzprogramm gespart. Auch das Landesprogramm Mentoring, die Berufsorientierung sowie -vorbereitung bleiben auf gleichem Niveau. Der Koalition ist dieses Signal wichtig, weil wir wollen, dass bei den Bemühungen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit nicht nachgelassen wird.
Ich sagte es schon in meiner letzten Haushaltsrede: Wer heute nicht ausbildet, hat morgen keine Fachkräfte. Wir brauchen mehr denn je das Engagement der Berliner Wirtschaft und eine bessere Ausbildungs- sowie Ausbildungsbetriebsquote. Dafür werben wir.
Die Investition in eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung sichert den eigenen Fachkräftebedarf. Jugendliche, die heute nicht ausgebildet werden, sind morgen arbeitslos. Und sie bleiben es auch übermorgen. Das darf nicht sein.
Der Senat hat mit seinem Landesprogramm zur Förderung der Berufsausbildung für fast alles eine Lösung, etwa dann, wenn der Betrieb klein, das Unternehmen nicht finanzstark ist oder die Unternehmerin oder der Unternehmer den Eindruck hat, Jugendliche seien nicht ausbildungsreif. Beispielhaft nenne ich an dieser Stelle die gestern gestartete Qualifizierungsinitiative der BauSozialpartner „Startklar für Ausbildung“. Arbeitslose junge Menschen werden dabei für den Bau-Arbeitsmarkt motiviert und qualifiziert. Ebenso nenne ich die Senatskampagne „Berlin braucht dich“, die die Metall- und Elektroindustrie übernommen hat.
Ja, das ist ja auch nicht schlecht! – Die Initiative unterstützt Betriebe dabei, dass sie ihre Ausbildung für Jugendliche mit Migrationshintergrund öffnen. Ich finde, beides sind hervorragende Beispiele, wie Politik und Wirtschaft gut zusammenarbeiten.
Ich schließe das Kapitel Arbeit mit einem unserer wichtigsten Projekte. Es ist uns als SPD-Fraktion nach langen und zähen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner endlich gelungen, heute ein Landesmindestlohngesetz für Berlin zu verabschieden.
Meine Kollegin Birgit Monteiro hat das vorhin ausgeführt, und ich ergänze, dass hier die rote Tinte des Koalitionsvertrages deutlich sichtbar ist. Ein großer Erfolg für uns, ein guter Tag für Berlin, weil wir Arbeit weiter stärken, von der Berlinerinnen und Berliner leben können.
Auch für die weiteren Kapitel des Einzelplans 09 gilt: Wir setzen die Akzente richtig! Es ist uns gelungen, in den Bereichen LADS, Integration und Migration sowie Frauen und Gleichstellung die bestehenden Programme fortzuführen und an einigen Stellen auszubauen. Das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wird ausgeweitet. In allen Bezirken werden endlich Registerstellen eingerichtet, um die Arbeit von Rechtsextremisten zu dokumentieren. Dieser zivilgesellschaftliche Beitrag, der bisher nur vereinzelt ehrenamtlich oder gar nicht erfolgte, besitzt für uns höchste Priorität.
Antidiskriminierungspolitik ist uns wichtig, und wir stellen uns stets auch haushälterisch neuen Themenfeldern. Dabei ist es vor allem ein großer Erfolg der SPDFraktion, dass wir haushaltsübergreifend zusätzliche 489 000 Euro für den kommenden Doppelhaushalt haben werden.
Die Initiative „Sexuelle Vielfalt“ und Projekte für gleichgeschlechtliche Lebensweisen werden fortentwickelt. Dabei werden die „Community Games“ im Einzelplan 09 verstetigt.
Sie leisten einen wichtigen Beitrag, um Homophobie und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität zu bekämpfen.
Danke für das Angebot, Herr Lederer! – Neu ist, dass die Stadtteilmütter und die damit verbundenen Beschäftigungsmaßnahmen demnächst in eine gesamtstädtische und regelfinanzierte Gesamtstruktur überführt werden.
Die integrationspolitischen Projekte werden wir weiter professionalisieren. Neben dem Qualitätsdialog gibt es ein neues Bewerbungsverfahren für die Verteilung öffentlicher Projektgelder, sodass die Zielwirkung weiter verbessert wird.
Last but not least ist es ein weiterer besonderer Erfolg, dass wir 600 000 Euro zusätzlich für Sprachkurse für Flüchtlinge einstellen werden. Alle Senatsverwaltungen sind gefragt, wenn wir wollen, dass sich die Situation der Roma in unserer Stadt signifikant verbessert. Im Einzelplan 09 werden wir neue Mittel einstellen für Notunterbringung, Kultur- und Sprachmittler, mobile Anlaufstellen sowie für die Verbesserung beruflicher Chancen jugendlicher Roma.
Trotz der Kürzungen bei der Arbeitsmarktpolitik haben wir mit den gegebenen Mitteln einen ordentlichen und nachhaltigen Haushalt aufgestellt und die richtigen poli
tischen Schwerpunkte gesetzt. Bitte stimmen Sie dem Einzelplan 09 zu! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, dass der Senat ein Gesetz zur Feststellung der Gleichwertigkeit und Anerkennung ausländischer Berufsqualifikation eingebracht hat. Das Thema hat einen hohen politischen Stellenwert. Ich begrüße, dass nun eine fortschrittliche Gesetzesvorlage ihren parlamentarischen Weg geht. Gut Ding will manchmal Weile haben.
Das BQFG Berlin ist eine dringende Notwendigkeit. Es gilt für bundes- und landesrechtlich geregelte Berufe. Nun wird es ein transparentes und verbindliches Verfahren mit umfangreichen Beratungsmöglichkeiten geben. Die Bewertung und Anerkennung erfolgt unabhängig von der Nationalität, dem Herkunftsland und dem Aufenthaltsstatus. Spätestens nach drei Monaten wird ein rechtsfähiger Bescheid ausgestellt.
Die SPD-Fraktion setzt sich nachhaltig für eine noch bessere Aufstiegskultur und Integration ein. Wir erkennen endlich berufliche Abschlüsse, Erwerbsbiographien und Bildungsleistungen von Zuwanderern an, die damit im erlernten Beruf arbeiten können. Das ist die Idee des Bundes-BQFG, das am 1. April 2012 in Kraft getreten ist und auf eine Initiative der SPD-Bundesfraktion zurückgeht. Das ist ein großer Erfolg.
Alles in allem verknüpfen wir mit dem Gesetz die Erwartung, dass mehr Fachkräften der Zugang zu Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten besser und passgenauer gelingen wird. Davon profitieren die Berliner Wirtschaft und die öffentliche Verwaltung, die vor großen personellen Herausforderungen stehen und für die sich nun ein Mehr an Fachkräften anbietet.
Lassen Sie mich neben dem Lob folgende Kritikpunkte ansprechen: Im Hinblick auf die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen teile ich nicht die Linie des Senats und finde den Entwurf halbherzig. Beim Vollzug des Gesetzes halte ich es gerade für landerechtlich reglementierte Berufe für geboten, eine Finanzierung der Kosten zu ermöglichen. Interessierte sollen auch dann an Fortbildungen und Anpassungsmaßnahmen teilnehmen können, wenn ihre wirtschaftliche Situation angespannt ist und sie keine Leistungsbeziehenden nach SGB II oder III sind. Das ist bislang nicht vorgesehen.