Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir in der Koalition wollen – und die Worte meiner Vorrednerin haben gezeigt: eine breite Mehrheit dieses Parlaments will –, dass die Arbeit der Stadtteilmütter fortgesetzt wird. Wir in der Koalition wollen auch, dass in der Berliner Arbeitsmarktpolitik die Integration der arbeitslosen Menschen in den ersten, den wirklichen Arbeitsmarkt stets im Mittelpunkt steht. Der heutige Antrag der Grünen gibt uns Gelegenheit, hier und im Ausschuss darüber zu sprechen, wie wir beide Ziele – vielleicht noch besser als bisher – in Übereinstimmung bringen können.
Warum ist die Arbeit der Stadtteilmütter wichtig und vorbildlich? – Weil sie Familien mit Migrationshintergrund das Einleben in Deutschland erleichtern und sie bei der Integration in ihr Lebensumfeld unterstützen. Weil sie mit ihren Biografien und Erfahrungen näher dran sind an den Familien ihrer Stadtteile, weil sie bei ihrer Klientel daher einen Vertrauensvorschuss genießen und sie leichter erreichen können, als manche Behördenvertreter oder Träger der sozialen Arbeit dies vermögen. Aber auch und vor allem deshalb, weil die Stadtteilmütter selbst das erbringen, was wir mit Recht und aus Überzeugung von arbeitslosen Menschen und Leistungsbeziehern mit und ohne Migrationshintergrund verlangen: Sie opfern Zeit und zeigen großes Engagement, um sich in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren, um ihre Chancen auf auskömmliche Arbeit zu verbessern. Sie beziehen nicht
nur Leistungen, sondern sie erbringen eine wertvolle Gegenleistung für die Familien in ihren Stadtteilen und für die Stadt insgesamt.
Ein großes eigenes Engagement, ein Nutzen für die geförderten Menschen und die ganze Stadt – genau das wollen wir in der Arbeitsmarktpolitik. Wir wollen aber noch mehr. Wir wollen für alle Geförderten eine klare Perspektive für den ersten Arbeitsmarkt. Diese Ausrichtung auf das Ziel auskömmliche Arbeit jenseits von Fördermaßnahmen ist eines der Markenzeichen von BerlinArbeit. Der Antrag der Grünen spricht dabei wichtige Punkte an: Qualifikationsprofile, individuelle Stufenpläne, vor allem auch grundlegende Qualifikationen wie das sichere Beherrschen der deutschen Sprache und das Nachholen fehlender Schulabschlüsse. Das Landesrahmenprogramm Integrationslotsinnen und Integrationslotsen enthält bereits viele richtige Ansätze. Qualifikations- und Aufgabenprofile für Integrationslotsen und Stadtteilmütter existieren bereits und werden weiterentwickelt. Eine Basisqualifikation, die 100 Stunden umfasst und aus vier Themenfeldern besteht, ist bereits verbindlich. Im Landesrahmenprogramm ist eine Berufswegeplanung zur Weiterbildung enthalten, die zukünftig noch ausgebaut werden soll. Schon Anfang dieses Jahres wurde ein entsprechendes Pilotvorhaben gestartet, das im Juni 2015 enden wird. Im Anschluss, ab Juli 2015, wird dann eine Expertenrunde zur Entwicklung eines einheitlichen Standards zur Etablierung eines Berufsbildes eingerichtet. Konkret wird derzeit geprüft, ob und wie das Berufsbild Integrationsberater entwickelt werden kann oder wie ein Übergang in andere ergänzende Berufsprofile möglich ist. Ich teile aber ausdrücklich die Auffassung, dass bei der klaren Perspektive für den ersten Arbeitsmarkt noch Luft nach oben ist.
Für viele Frauen mit Migrationshintergrund ist die Tätigkeit als Stadtteilmutter der erste bezahlte Job. Leider schaffen bisher nur wenige den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt. Tatsächlich sind, wie es der Antrag der Grünen nahelegt, insbesondere fehlende Abschlüsse und manchmal auch mangelndes Beherrschen der deutschen Sprache die Gründe für diese Barriere. Da der Einsatz der Stadtteilmütter zeitlich befristet ist, sollte die Tätigkeit in eine staatlich anerkannte Ausbildung münden. Ein Berufsfeld Integrationsberater kann dabei eine Möglichkeit sein. Für den ersten Arbeitsmarkt, für eine Arbeit bei gemeinnützigen und gewerblichen Arbeitgebern kommt aber auch ein Übergang in die Qualifikation zur Sozialassistentin in Frage. Die zwei- bis dreijährige Ausbildung erleichtert den Frauen den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt enorm. Für die Ausbildung ist allerdings mindestens ein Hauptschulabschluss erforderlich. Bei einem mittleren Berufsabschluss kann eine verkürzte Ausbildungszeit absolviert werden. Fehlen diese Abschlüsse, so besteht die Möglichkeit, sie nachzuholen.
Was die sprachlichen Qualifikationen angeht, gilt nicht nur für die Stadtteilmütter, sondern für alle: Der Weg in Arbeit und Beschäftigung darf nie an mangelnden Sprachkenntnissen scheitern. Wir dürfen und müssen stärker noch als bisher gerade von allen langzeitarbeitslosen Menschen ohne ausreichende Sprachfertigkeiten verlangen, dass sie ihre Zeit für das Erlernen der deutschen Sprache investieren.
Die Förderung der Stadtteilmütter verbindet erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik und Integration. Das Projekt ist richtig und gut, kann aber noch besser werden. Die wichtigen Fragen sind gestellt; nun können wir uns im Ausschuss diesen Fragen widmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dr. Korte! – Für die Piratenfraktion erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Reinhardt. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Allseits wird von Integration und der Notwendigkeit dazu gesprochen, von Unterstützung von Menschen aus der migrantischen Community und von Partizipation. Das Projekt Integrationslotsen und Stadtteilmütter – ich fasse das jetzt mal zusammen, die Kollegin hat das schon ganz gut auseinandergenommen und die einzelnen Details erklärt – ist ein Vorzeigeprojekt zur Unterstützung von Menschen auch mit Migrationshintergrund. Menschen erhalten Hilfe bei den Ämtergängen, der Suche nach Sprach- und Integrationskursen und einiges mehr. Das Projekt ist auch bekannt als eine Art Türöffner in die Migranten-Community.
Immer wieder wird hier von Erfolgsprojekten gesprochen, wenn es um die verschiedenen Themen geht, die der Senat behandelt, häufig nicht unbedingt zu Recht. In diesem Fall aber schon. Das Projekt Integrationslotsen und Stadtteilmütter ist ein Erfolgsprojekt. – Da hätte man jetzt auch mal klatschen können, weil sich alle eigentlich einig sind!
Allerdings ist es ein Projekt, das über ehrenamtliche Arbeit vor allem in den Bezirken entstanden ist. Das Projekt ist 2004 vom Diakonischen Werk entwickelt worden, zunächst im Quartiersmanagementgebiet Schillerpromenade, später in allen Stadtteilen Neuköllns. Seit 2006 sind in Berlin insgesamt 332 Stadtteilmütter ausgebildet worden. Aktiv tätig waren im Februar 2014 79 Stadtteilmütter, und zwar in allen Quartiersmanagementgebieten Neuköllns.
Nun kommt der Senat ins Spiel. Das hat Frau Kollegin Grosse auch schon angedeutet. Auf ein Erfolgsprojekt setzt man sich natürlich auch gern drauf. Im Oktober 2013 wurde aufgrund dieses Erfolges dann das Stadtteilmütterprojekt bzw. das Landesrahmenprogramm Integrationslotsinnen gestartet. Inzwischen sind insgesamt 69 Stellen über das Programm für zwei Jahre regulär im Haushalt 2014/2015 verankert – 2,2 Millionen Euro für 2014 und 2,236 Millionen für 2015. Das ist auch alles völlig okay. Das finde ich auch richtig. Aber daraus resultieren natürlich auch Verpflichtungen, und das sind zwei Verpflichtungen.
Die erste Verpflichtung ist, dafür zu sorgen, dass das Projekt und die Arbeit der Integrationslotsinnen und Stadtteilmütter gesichert sind und auch fortgesetzt werden können. Das Problem ist: Man liest immer wieder von nicht gesicherten Mitteln und von Zwangspausen, die eingelegt werden. Insgesamt ist sehr viel Unsicherheit in diesem Projekt, und wir werden sehen, wie es jetzt in der Haushaltsplanung und über die nächsten Jahre weitergeht. Am 30. September 2014 war z. B. zu lesen: „Integrationsprojekt in Neukölln – 57 Stadtteilmütter müssen wohl aufhören!“ Also genau solche Schlagzeilen bekommt man immer wieder zu lesen. Das ist das eine Problem. Ich denke, dazu werden wir uns hier auch noch mal austauschen müssen.
Das zweite Problem: Die Menschen, die dort beschäftigt sind und dort wertvolle Arbeit leisten, müssen natürlich auch mitgedacht werden. Was passiert mit ihnen? Wie entwickeln sie sich? Wie können sie ihren Weg weitergehen, diese Arbeit fortsetzen, aber dann möglicherweise auch auf den ersten Arbeitsmarkt kommen? – Es handelt sich bei allen Initiativen um Maßnahmen und Projekte, die für die Betroffenen irgendwann ihr Ende finden. Die Frage ist also: Was kommt danach? Wie qualifiziert man sie weiter?
Kennzeichnend für die Initiativen und Projekte müsste eigentlich eine doppelte Wirksamkeit sein. Die Stadtteilmütter selbst, die bislang langzeitarbeitslos und auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen waren, müssten durch ihre Mitarbeit in den Initiativen und Projekten ihr Erwerbspotenzial ausbauen. Viele der Frauen werden in ihren Vorbereitungskursen gut ausgebildet, sie erwerben jahrelang praktische soziale und pädagogische Kompetenzen. Mit ihrer Arbeit als Stadtteilmütter müssten sich die Frauen und natürlich auch die Männer für eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt qualifizieren – z. B. im sozialpflegerischen oder im pädagogischen Bereich, gerade auch in Kindertagesstätten, wo immer noch Tausende Erzieherinnen fehlen. Es fehlen in Berlin die Konzepte, die Karriere dieser Stadtteilmütter voranzutreiben und diesen Menschen eine Zukunft zu geben. Es fehlen die Maßnahmen für einen nachhaltigen Übergang in den ersten Arbeitsmarkt.
Der Antrag versucht, das Problem zu lösen, indem er konkrete Vorschläge unterbreitet – von der Erstellung von Qualifikationsprofilen über die Vermittlung in Weiterbildung bis zur Finanzierung einer berufsqualifizierenden Ausbildung. Tatsächlich ist genau dies zwingend notwendig. Wir haben Menschen, die jahrelang als Stadtteilmütter und Integrationslotsen hohe soziale, multikulturelle und pädagogische Kompetenzen erworben haben, und gleichzeitig haben wir einen Zuzug von Menschen auf der Flucht. Wir sind auf die Kompetenzen dieser Stadtteilmütter und Integrationslotsinnen dringend angewiesen. Ihre Fähigkeiten werden gebraucht. Es muss darum gehen, ihnen allen eine Perspektive zu geben und sie nach ihrem Einsatz nicht alleine zu lassen. Es fehlt momentan noch an den Strukturen in Berlin, an Unterstützung und Förderung für den Übergang, und der Antrag – so er denn angenommen wird – schafft diese Strukturen. Insofern kann ich mich diesem vollumfänglich anschließen. – Danke schön!
Danke, Kollege Reinhardt! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Für eine Berliner Verfassung, die auf den Gebrauch des Begriffs „Rasse“ verzichtet (Dreizehntes Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin)
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 29. April 2015 Drucksache 17/2256
Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache 17/1481-1
Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II der Drucksache 17/1481.
In der Debatte beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und erneut hat Frau Dr. Kahlefeld das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Oppositionsfraktionen, den Begriff „Rasse“ aus der Berliner Verfassung zu streichen und durch eine Formulierung zu ersetzen, die das Verbot des Rassismus eindeutig fortschreibt, ist von der Koalition im Ausschuss leider abgelehnt worden. Nach einer Anhörung, zu der u. a. Vertreter der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, des Moses-MendelssohnZentrums für europäisch-jüdische Studien und des Deutschen Instituts für Menschenrechte eingeladen waren, sind die sachlichen Argumente eigentlich alle ausgetauscht. Es bleibt nur, das Bedauern meiner Fraktion darüber zu konstatieren, dass die Empfehlung, den Begriff zu ersetzen, keine Mehrheit gefunden hat. Die neue Formulierung – sie liegt auf Ihren Tischen – hätte gelautet: „Niemand darf rassistisch... benachteiligt oder bevorzugt werden.“
In den Empfehlungen des UN-Antirassismus-Ausschusses an Deutschland vom 15. Mai 2015 wird ausdrücklich moniert, dass die ungenaue oder ausweichende Definition von rassistischer Diskriminierung in Deutschland negative Auswirkungen auf die Rechtsprechung und den Schutz vor Rassismus hat. Das betrifft das übliche Ausweichen auf Begriffe wie „Xenophobie“ oder „kulturelle Differenz“, aber auch den überholten Bezug auf das Konstrukt „Rasse“. Die von uns vorgelegte Formulierung hätte klargestellt, dass Rasse nichts ist, womit man unbefangen arbeiten kann und worunter man, wie die Juristen sagen, subsumieren kann, ohne Gefahr zu laufen, dabei selbst zu diskriminieren. Die Formulierung, wie sie heute in der Verfassung steht, meint ja genaugenommen: Niemand darf wegen seiner Rasse, von der der Rassist annimmt, dass es sie gibt, benachteiligt oder bevorzugt werden – niemand darf also wegen einer Eigenschaft, die zu behaupten schon diskriminierend ist, benachteiligt oder bevorzugt werden. – Wir hätten klar formulieren können, was jetzt hinzugedacht oder erklärt werden muss. Schade, dass wir das nicht erreichen konnten!
Des Weiteren hätten wir gemäß den Empfehlungen des UN-Antirassismus-Ausschusses mit der neuen Formulierung zu einer Verbesserung des Schutzes der Opfer von Rassismus beigetragen. Unter den Begriff „rassistisch“ fallen nämlich nach internationalen Definitionen auch solche Handlungen, Äußerungen, Gesetze oder Verwaltungsrichtlinien, die nicht direkt diskriminierend sind, sondern in ihrer Wirkung, also mittelbar. Es kommt nicht allein auf die Intention an, sondern auf die diskriminierende Wirkung. Man redet vom Verbot faktischer Diskriminierung. In der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union, des Bundesverfassungsgerichts
Zum Dritten hätten wir uns im Parlament mit der Verfassungsänderung dem gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurs gegenüber als lernfähig erwiesen. Es gibt in der deutschen Diskussion – und das sollten wir alle begrüßen – ein gestiegenes Problembewusstsein. Dass der englische Begriff „race“ nicht mit „Rasse“ übersetzt werden kann, ist im wissenschaftlichen und publizistischen Kontext seit Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit. Das gehört zum Schulwissen. „Race“ impliziert eine Distanzierung von Rasse als biologistischer Konstruktion, die im deutschen Begriff „Rasse“ so nicht enthalten ist. Warum also konservieren die Koalitionsfraktionen einen Begriff, der im besten Sinne überholt ist?
Natürlich wird die Lebensrealität in Berlin nicht automatisch weniger rassistisch, wenn wir in der Verfassung die Begrifflichkeit ändern. Aber eine Verfassungsänderung wäre ein wichtiger und nicht nur symbolischer Schritt gewesen. Die Empfehlung der UN macht das deutlich.
Wir bedauern daher Ihre Ablehnung unseres Antrags. Sie ist provinziell. Selbst in Brandenburg konnten sich alle Fraktionen mit Ausnahme der CDU zu einer Änderung durchringen. Ich kann nur hoffen, dass wir in Zukunft unseren Verfassungstext seiner ursprünglichen Intention folgend aktualisieren können. – Vielen Dank!
Danke schön! – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Kollege Kohlmeier und hat auch das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kahlefeld! Ja, die Entscheidung, die wir heute treffen, ist gerade keine parteipolitische Angelegenheit. Die Koalition hat Offenheit für den Vorschlag gezeigt und bei der Einbringung des Antrags deutlich gesagt, dass wir wollen, dass hier keine Schutzlücke entstehen darf und dass wir aber auch keine Verschlimmbesserung der Verfassung von Berlin wollen. Die SPD hatte bei der Einbringung Ihres Antrags Bedenken gegen den Begriff geäußert, den Sie hier einsetzen wollten, „Rasse“ durch „aus rassistischen Gründen“ zu ersetzen.
Der Rechtsausschuss hat, wie ich finde, eine äußerst fundierte Anhörung mit gleich vier Anzuhörenden durchgeführt. Sie haben die Bedenken aus dem Rechtsausschuss auch aufgegriffen. Der Antrag, den Sie hier einrei
chen, lautet nunmehr nicht, den Begriff „Rasse“ durch „aus rassistischen Gründen“ zu ersetzen, sondern den Begriff „Rasse“ durch „rassistisch“ zu ersetzen. Aber auch das, liebe Kollegin Kahlefeld, überzeugt uns nicht, eingedenk der Anhörung, die wir im Rechtsausschuss hatten. Es gab zwei Anzuhörende, die hier den Vorschlag gemacht haben, das Wort „Rasse“ durch „rassistisch“ zu ersetzen. Es gab einen Anzuhörenden, der den Vorschlag gemacht hat, das Wort „Rasse“ durch „aus rassistischen Gründen“ zu ersetzen. Es gab einen weiteren Anzuhörenden, Herrn Barskanmaz, der gesagt hat, Ihr Antrag sei symbolische Politik.
Der Anzuhörende Barskanmaz verwies darauf, dass der Europäische Gerichtshof mit dem Begriff „Rasse“ arbeitet. Der Anzuhörende Barskanmaz verwies darauf, dass der Rechtsbegriff „Rasse“ in Unions- und Völkerrechtsverträgen und im Völkerrecht allgegenwärtig ist. Der Anzuhörende Barskanmaz verwies auch darauf, – weil Sie es genannt haben, liebe Kollegin –, dass eine bessere Entscheidungsfindung durch einen geänderten Begriff spekulativ ist und bisher auch nicht dargelegt wurde.
Das Anliegen, das Sie mit dem Antrag vorgelegt haben, ist nachvollziehbar, aber der Lösungsvorschlag überzeugt uns nicht. Offenbar gibt es auch 14 andere Bundesländer und den Bund, die sich bisher nicht dazu durchringen konnten, den Begriff „Rasse“ durch einen anderen Begriff zu ersetzen. Da gibt es in der Diskussion, sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der juristischen, weitere Vorschläge, wie er in der Ersetzung vorliegen kann.
Uns überzeugt weiterhin auch nicht, den Begriff „Rasse“ durch „rassistisch“ zu ersetzen; denn nach dem Wortsinn ist das unpassend. Das passende Adjektiv zu dem Substantiv „Rasse“ ist „rassisch“. Das passende Adjektiv zu dem Substantiv „Rassismus“ ist „rassistisch“. Wenn man hier wirklich eine Ersetzung haben wollte, hätte es eigentlich lauten müssen: „rassisch“ und nicht „rassistisch“. Insofern stellt sich mir die Frage, ob durch die Ersetzung nicht eine Schutzbereichsveränderung stattfindet.
Schlussendlich, liebe Kollegin, waren offenbar auch die Grünen im Bundestag – der von Ihnen allseits geschätzte Jerzy Montag – als Rechtspolitiker bisher nicht überzeugt, den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz zu streichen. Dazu gab es 2012 einmal einen entsprechenden Antrag der Fraktion der Linken im Bundestag. Ich darf zitieren:
Gegen diese Menschen und ihr menschenverachtendes Treiben hilft es nichts, selbst auf den Gebrauch des Wortes „Rasse“ konsequent zu verzichten und es durch andere Begriffe wie beispielsweise „ethnische Herkunft“ zu ersetzen.