Auch Herr Krüger hat recht, wenn er sagte, dass wir Sachen weiterentwickeln müssen. Aber wir kriegen das nur mit dieser Strategie, in der die Bürger einbezogen sind, und nicht so, wie es im Moment läuft. – Danke!
Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Jahr 2001, das war noch in den letzten Zügen des Diepgen-Senats, hat das Land Berlin dem SiemensKonzern das denkmalgeschützte Magnus-Haus und dessen Garten, das letzte verbliebene barocke bürgerliche Stadtpalais in der Mitte Berlins, am Kupfergraben, für damals 2,86 Millionen DM verkauft. Das Magnus-Haus wurde und wird derzeit durch die Deutsche Physikalische Gesellschaft genutzt. Dieses Nutzungsrecht dauert fort. Der sensationell niedrige Kaufpreis, Siemens selbst hat den Verkehrswert seinerzeit mit 9,8 Millionen DM taxiert, wurde nicht zuletzt mit der mangelnden Nutzungsmöglichkeit für Siemens begründet, wobei ich mir die Frage stelle: Warum kauft ein Konzern so ein Grundstück, wenn er es nicht nutzen kann?
Zumal die zweite Kaufabsicht, die der DPG als der Nutzerin, vom Senat nicht weiter verfolgt worden ist. Inzwischen wissen wir, dass Siemens die Absicht hat – wir wissen nicht, ob sie sie damals schon hatten –, dort die Hauptstadtrepräsentanz zu errichten. Und angesichts unserer Erfahrung mit SPD-CDU-Verträgen mit einflussreichen Akteuren stellt sich mir die Frage: Ist Siemens diesbezüglich schon 2001 etwas in Aussicht gestellt oder zugesichert worden?
Es läuft ein Akteneinsichtsgesuch, das mir bislang aber nur gewährt wurde, wenn ich eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben würde. Das sieht unsere Verfassung allerdings nicht vor. Insofern würde ich es begrüßen, wenn der Senat hier nicht weiter mauert, sondern die Unterlagen, wie wir es schon vor der Sommerpause gefordert haben, öffentlich macht.
Mich interessiert auch, warum dieser Verkauf unter Wert als potenzielle Beihilfe nicht bei der EU-Kommission notifiziert worden ist. Immerhin hätten sich andere Unternehmen, die mit Siemens konkurrieren und vielleicht auch eine Hauptstadtrepräsentanz bauen wollen, über solche Geschenke sicherlich auch gefreut. Sie wissen, dass nicht notifizierte Beihilfen rechtswidrig sind, dass die entsprechenden Verträge rückabgewickelt werden müssen. War es ein Kalkül, oder war es schlicht Verantwortungslosigkeit, dass diese Notifizierung in Brüssel niemals stattfand? – Das Parlament ist wegen des niedrigen Kaufpreises niemals über den Vorgang informiert worden. Und schon dieser fragwürdige Verkauf eines
bauhistorischen Kleinods für einen Apfel und ein Ei ist angesichts seiner wissenschaftshistorischen Bedeutung ein Skandal.
Richtig pikant wird die Sache aber erst durch die Geschehnisse der jüngeren Vergangenheit, für die dieser Senat und das Bezirksamt Mitte verantwortlich sind, namentlich CDU-Baustadtrat Spallek, der auch noch öffentlich damit prahlt. Denn jetzt geschah etwas, das in der Logik des Verkaufs von 2001 eigentlich auf der Hand lag: Siemens will das Grundstück natürlich repräsentativ nutzen, und da die DPG bis 2024 vertragliche Nutzerin ist, einen mehrstöckigen Neubau in den Garten des denkmalgeschützten Gebäudes stellen. Und obgleich dieses Bauvorhaben sowohl planungs- als auch denkmalrechtlich keinesfalls genehmigungsfähig ist, obwohl die zuständigen Fachbehörden sowohl im Senat als auch im Bezirksamt Mitte einen Antrag auf Bauvorbescheid aus fachlichen und rechtlichen Gründen ablehnend bescheiden wollten, hat das Bezirksamt Mitte letztlich den Bauvorbescheid erteilt. Warum? Warum setzt sich das Bezirksamt Mitte über die klaren und eindeutigen Voten der Fachbehörden hinweg? Ganz einfach: Weil sowohl im Senat als auch im Bezirksamt die Dienstvorgesetzten, namentlich Stadtrat Spallek und Senatsbaudirektorin Lüscher, die Fachbehörden dazu angewiesen haben. Und diese berufen sich dabei auf einen Wunsch des damaligen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit. Der Stadtentwicklungssenator hieß damals Michael Müller.
Wurde hier nur umgesetzt, was 2001 unter der Hand oder notariell beurkundet versprochen worden ist? Wenn ja, dann ist das ein Unding.
Denn dann ist der Kaufpreis von umgerechnet nicht einmal 1,5 Millionen Euro erst recht nicht zu erklären. Spätestens dann ist mit der Schaffung von Baurecht ein klarer Beihilferechtsverstoß gegeben, der nicht verjährt ist. Oder ging es hier darum, eine grüne Oase zu privatisieren und Siemens ein Geschenk zu machen, ungeachtet der gesetzlichen Regelungen, die auch SPD und CDU nicht einfach beiseiteschieben können? Ich erinnere an den Fall Thyssen-Krupp, die vor ein paar Jahren unmittelbar neben dem ehemaligen Staatsratsgebäude ebenfalls eine Repräsentanz errichten wollten, ein denkmalschutzrechtlich fragwürdiger Vorgang. Das hat Thyssen-Krupp dann nach Kritik und Protesten abgeblasen.
Wir fordern erstens die Aufklärung über die Umstände dieses Grundstücksdeals von 2001 und über die skandalöse Ignoranz gegenüber dem geltenden Baurecht und dem bauhistorischen Erbe Berlins. Sie stellen Schlossattrappen hin, Sie wollen die historische Mitte wieder neu errichten, und zwar disneymäßig, aber da, wo noch ursprüngliches Berlin existiert, fangen Sie an, wirre Klötze
Wir fordern zweitens die Rücknahme des Bauvorbescheids und die Rückabwicklung bzw. den Rückkauf des Grundstücks. Und wenn eine Beihilfebeschwerde bei der EU-Kommission Ihnen dabei hilft: Ich lege die gerne ein für Sie.
Drittens: Die Entwicklung eines Nutzungskonzepts gemeinsam mit der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, das Haus und Garten der Öffentlichkeit zugänglich macht und der Bedeutung des Hauses gerecht wird.
Ich kann schließen: Das historische Erbe Berlins gehört nicht den jeweils regierenden Parteien, und es gehört auch nicht einer verantwortungslosen und ahistorischen Stadtpolitik und Bürokratie. Das Magnus-Haus mit Garten und Grün unmittelbar am UNESCO-Weltkulturerbe Museumsinsel ist das letzte verbliebene Zeugnis der Bebauung der Berliner Mitte aus dem 18. Jahrhundert. Dies zu verscherbeln und seine Bebauung zu erlauben, ist ein gravierender kultur- und geschichtspolitischer Sündenfall, die Tatsache, dass diejenigen, die zur Bewahrung dieses Erbes bestellt sind, es schleifen, ein unfassbarer Vorgang. Bitte sorgen Sie mit uns gemeinsam dafür, dass dem Einhalt geboten wird, und stimmen Sie unserem Antrag zu! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dr. Lederer! – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Jahnke. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, tatsächlich, hier handelt es sich um ein bauhistorisches Erbe, wie es so schön in Ihrem Antrag heißt. In der Tat ist es ein historisches Gebäude aus dem 18. Jahrhundert auf einem Gelände, das damals sogar erst relativ kürzlich zur Stadt Berlin hinzugekommen war, heute aber mitten in der Stadt gegenüber der Museumsinsel liegt. Historisch ist aber nicht nur dieses Gebäude, historisch ist natürlich auch das, was in diesem Gebäude geschehen ist; dass z. B. Heinrich Gustav Magnus 1840 in dieses Haus einzog, dort das Physikalische Kolloquium gründete, Lehrgänge, um dieses Wissen, um Naturwissenschaften zu verbreiten, einrichtete und 1845 die Deutsche Physikalische Gesellschaft gründete. Das heißt, es handelt sich im Grunde um ein eminent wichtiges Gebäude für die wissenschaftlich-technologische Entwicklung Preußens, wo sich ja dann auch Werner von Siemens und Georg
Halske kennenlernten und 1848 ihr Unternehmen in einem Berliner Hinterhof nahe dem Anhalter Bahnhof gründeten – ein Start-up des 19. Jahrhunderts, das sich bald zum global tätigen Konzern entwickelte. 100 Jahre später, seit 1948 ist Berlin de facto nicht mehr Hauptsitz des Unternehmens, auch wenn es im Namen noch immer Siemens AG Berlin-München heißt. Und Hoffnungen vor 25 Jahren im Zuge der Einheit, die Konzernzentrale könnte wieder hierher kommen, haben sich nicht erfüllt.
Herr Kollege Jahnke! Finden Sie nicht, dass das ein hochinteressantes kulturelles Thema ist und dementsprechend auch der von der SPD gestellte Kultursenator anwesend sein sollte?
Sie sehen ja, welche Weise Auswahl die SPD-Fraktion getroffen hat: Ich bin der wirtschaftspolitische Sprecher und der Kulturausschussvorsitzende, also jemand, der sozusagen beide Bereiche in seiner Person schon vereint.
[Beifall bei der SPD und der CDU – Steffen Zillich (LINKE): Aber auf der Senatsbank sind beide Ressorts nicht da!]
Herr Jahnke! Wenn ich Sie kurz unterbrechen darf: Ich betrachte das als Bitte um Zitierung. Er wird geholt.
Die Zuständigkeitsfrage ist geklärt. Befindet sich der Kultursenator irgendwo in der Nähe? – Ah! Zumindest der Staatsekretär ist da. – Es liegt im Ressort des