Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

die Vermieter begünstigt hätte. Wir haben vor allem die Lähmung der Wohnungsbaugesellschaften abgewendet. Und wir haben abgewendet, dass städtebauliche Verträge wirkungslos geworden wären. Private Investoren an der Schaffung von Sozialwohnungen zu beteiligen, ist ebenfalls ein Erfolg unserer Regulierungspolitik im Bereich des Mietwohnungsbaus. Und wir haben Kosten in Höhe von 3 000 Millionen Euro abgewendet. Das ist eine ganze Stange Geld mit Folgekosten von 600 Millionen Euro per anno und einem geringen Effekt für die meisten Mieterinnen und Mieter.

Auf der Erfolgsseite stehen allerdings viele Themen, die auch der Initiative besonders wichtig waren: Bestandssicherung für den sozialen Wohnungsbau, eine Reformierung des Bestandes – was den sozialen Wohnungsbau angeht – der Mietstruktur, Kappung auf eine echte Haushaltsverträglichkeit von 25 bis 30 Prozent, und wir haben auch eine Privatisierungsbremse eingeführt. – Frau Lompscher! Es ist nicht mehr das möglich, was Sie getan haben, Hunderttausende Wohnungen zu verkaufen, sondern jetzt bleiben die Wohnungen –

[Katrin Lompscher (LINKE): Wir haben übrigens nicht allein regiert!]

Aber Sie betonen das immer so. –, sondern jetzt bleiben die Wohnungen, die auch dazugekauft wurden – denn unter unserer Koalition haben wir den Bestand der städtischen Wohnungsgesellschaften deutlich erhöht, und es wird wieder neu gebaut –, da, wo sie sind, nämlich im Landesbesitz.

Und natürlich haben wir einen Wohnungsbauförderfonds geschaffen, der in seiner Struktur auch Legislaturperioden überdauern wird. Wir werden also nicht die Situation haben, dass dieser Fonds leerläuft und man vielleicht zum Senken kurzfristiger Haushaltsdefizite hier hineingreift. Ganz im Gegenteil: Wir können damit für fast Jahrzehnte dauerhaft kostengünstigen Wohnungsbau in Berlin fördern. Ich glaube, das ist der wahre Erfolg, was eine nachhaltige Wohnungspolitik angeht.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Am Ende haben wir mit der Initiative Wichtiges erreicht. Primär wollte sie für 120 000 Haushalte eine große Förderung. Das haben wir mit der individuellen Förderung der Haushalte bekommen, und wir haben es deutlich kostengünstiger gemacht. Die Kosten liegen bei einem Drittel, und dieses Drittel wird dazu auch noch sehr nachhaltig und für Jahrzehnte verwendet. Man könnte sagen, das ist eine echte Win-win-Situation.

Jetzt will ich noch mal zu der Mär von der sozialen Richtsatzmiete sagen. Das hört sich so nett und super an. Dummerweise funktioniert das in Berlin nicht. Das mag vielleicht in Baden-Württemberg klappen, aber da gab es andere Regeln zur Förderung des Wohnungsbaus. Die

soziale Richtsatzmiete übersetze ich Ihnen mal: Gewinnsteigerung für private Hauseigentümer. Punkt!

[Steffen Zillich (LINKE): Quatsch!]

Das wäre das Ergebnis der sozialen Richtsatzmiete, denn Sie müssten jeden Mietausfall, der dadurch entsteht, dem Eigentümer ersetzen.

[Steffen Zillich (LINKE): Nein!]

Das haben wir gemeinsam in der Expertenkommission diskutiert. Wir haben die Finger davon gelassen, weil allein dies Kosten bei 1,5 Milliarden Euro konsumtiv gewesen wären. Da hätten wir keinen Neubau gefördert, keine Wohnung bei den Städtischen zusätzlich errichtet und schon gar keine eingekauft, sondern wir hätten einfach nur umverteilt. Deswegen haben wir die Finger davon gelassen und haben lieber das Geld in den Ankauf, den Neubau und in den Mieterschutz gesteckt und in diesem Fall natürlich auch in die individuelle Mietförderung im Rahmen dessen, was verabredet wurde.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Die Richtsatzmiete ist eine Mär.

Und natürlich gehört als wichtigster Punkt dazu – wir hatten es gerade – die Baubeschleunigung. Das ist ein ganz wichtiges Element, um nachhaltig und schnell zu bauen – auf der einen Seite –, und gleichzeitig heißt es auch, dieses Gesetz – auch wenn dort Einschnitte sind – ist eine der ersten Antworten, die wir brauchen, um zusätzlichen Raum für die vielen Menschen zu schaffen, die jetzt auf einmal zusätzlich in die Hauptstadt gekommen sind. Insofern werden wir dieses Gesetz recht zügig beraten und verabschieden. Denn nur mit diesen Instrumenten – mit der Leichtbauweise und Ähnlichem – werden wir in der Lage sein, diesen Ansturm zu bewältigen.

Ein wichtiger Punkt, den ich hier noch einmal erwähnen möchte, ist ganz klar: Wir sind nicht außerhalb des Dialogs mit der Stadtgesellschaft. Wir haben einen StEP Wohnen gemacht. Wir haben ein Stadtentwicklungskonzept. Wir haben intensive Gespräche darüber, wo Wohnungsbau stattfindet. Die Bezirke haben im Dialog mit den BVVen und den Bürgerinnen und Bürgern Wohnungsbaupotenzialstudien erarbeitet. Es passiert sehr viel, und in den letzten drei Jahren ist sehr viel passiert. Das macht für mich sehr deutlich, dass wir in der Lage sein werden, die Herausforderungen gemeinsam zu meistern, damit die Berlinerinnen und Berliner kostengünstig wohnen können und wir auch gleichzeitig die Möglichkeit schaffen, die vielen jetzt hinzukommenden Menschen hier in der Stadt unterzubringen. Wir tun das mit konstruktivem und vernünftigem Handeln und nicht mit Wünsch-dir-was, wie Sie von der Opposition es dargestellt haben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Piratenfraktion folgt jetzt der Kollege Höfinghoff.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Hurra! Es ist geschafft. Der Senat hat etwas getan, was niemand für möglich hielt, und er hat mit den Initiatorinnen eines Volksbegehrens verhandelt, um einen Kompromiss zu erzielen. So viel können wir schon einmal lobend anerkennen.

Dass das jetzt gerade beim sozialen Wohnungsbau passiert, ist umso besser. Kaum ein Thema betrifft und bewegt so viele Menschen in Berlin wie dieses, denn die meisten Menschen hier leben zur Miete. Das wird sich wohl so schnell nicht ändern. Was sich schnell ändern dürfte, ist der Anteil am Haushaltseinkommen der Berlinerinnen und Berliner, der für die Miete draufgeht. Da muss der Trend endlich mal flächendeckend nach unten gehen. Anteile von 50 oder 60 Prozent und in Einzelfällen sogar noch mehr sind schlicht nicht zumutbar.

[Beifall bei den PIRATEN]

Und so schlägt uns dieser Senat jetzt ein Gesetz vor und will auch schnell alles bis zum Jahreswechsel in Sack und Tüten haben, damit dieser Volksentscheid nicht den beiden Koalitionsparteien noch den Wahlkampf verhageln kann. Das kann ich schon nachvollziehen. Es wäre auch nicht so schön für den Regierenden, wenn nicht nur alle anderen Parteien, sondern auch noch die ganzen Mieteninitiativen aktiv Wahlkampf gegen die SPD machen würden.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch mal bei den aktiven Menschen in den Mieten-Inis bedanken. Mit dem Gesetzesentwurf des Mietenvolksentscheides und dem anvisierten Termin der Abstimmung haben die tatsächlich alles richtig gemacht, um den Senat zum Handeln zu zwingen.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Wir dürfen nämlich an keiner Stelle vergessen, von wem der Druck hier ausging, auch wenn uns die Koalition das alles wieder als den großen Wurf verkaufen möchte.

[Udo Wolf (LINKE): Das war der Plan!]

Ja, das haben sie sich von Anfang an so gedacht.

[Udo Wolf (LINKE): Genau! – Martin Delius (PIRATEN): Nur Herr Henkel wusste nichts davon!]

Ja, der kann ja nur natürlich agieren, wenn er nichts weiß.

[Torsten Schneider (SPD): Ihr seid echt witzig!]

Ja, total! – Es sind ein paar wichtige Punkte geregelt, vieles bleibt aber hinter den Möglichkeiten zurück, Herr Schneider. Die Regelungen im Artikel 1 beinhalten sehr viel bürokratischen Aufwand. So sind z. B. verschiedene Energieklassen zu ermitteln, aber Mieterinnen und Mieter, die Alt-Verträge haben, werden diese Einstufung für ihr Gebäude in den meisten Fällen leider nicht kennen und also im Antrag auch nicht nachweisen können. Das Risiko, dass diese Mieterinnen und Mieter weniger Geld, als ihnen zusteht, oder je nach Verwaltungspraxis auch gar keine Zuschüsse erhalten, ist immens. Da in der Verwaltung fleißig weiter gespart werden wird, ist der Mehraufwand auch absehbar von der Verwaltung nicht zu schaffen. Wir dürfen uns also auf längere Bearbeitungszeiten freuen oder auf das konservative Allheilmittel Fremdvergabe, die aber leider bisher noch nie irgendwas zum Besseren verändert hat.

Es bleibt auch unklar, wie die Widerspruchsverfahren organisiert sein werden, was mit Abschlagszahlungen in der Startphase sein wird, welche Kosten für diese Drittvergabe anfallen, wie der Datenschutz gewährleistet werden soll, wie die Zusammenarbeit mit den anderen leistenden Verwaltungen aussehen soll – da sei nur kurz erwähnt: Wohngeldleistungen nach der WAV – oder was geschieht, um Doppelzahlungen und Streitigkeiten um die Leistungspflicht zu vermeiden. Das wissen wir alles noch nicht.

Es bleibt abzuwarten, ob die Regelungen in Artikel 2 tatsächliche Verbesserungen bringen. Eigentlich ist ja alles bereits im Bündnis für Mieten geregelt. Dass der Vorschlag der Initiatorinnen und Initiatoren des Mietenvolksbegehrens aufgegriffen wird, eine Dachanstalt des öffentlichen Rechts für die Wohnungsbaugesellschaften zu gründen, ist insofern positiv, als künftig – Herr Brauner hat es zumindest auch schon angedeutet – Liegenschaftsverkäufe durch zwei Vetos verhindert werden können. Ich hege den Hauch einer Hoffnung, dass künftig zumindest ein bisschen weniger von den letzten übrigen Perlen dieser Stadt verscheuert wird.

Außerdem soll ein Sondervermögen gegründet werden. Nun ist es allerdings so, dass solche Sondervermögen erfahrungsgemäß schnell der Kontrolle des Parlaments und der Öffentlichkeit entgleiten und sie immer zu komischen Geschäften einladen. Der bessere Weg wäre gewesen, eine zielgerichtete Stärkung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften mit klarem Handlungsrahmen und parlamentarischer Kontrolle vorzunehmen, um Fehlentwicklungen auch rechtzeitig erkennen und korrigieren zu können. Da muss nachgebessert werden.

[Beifall bei den PIRATEN]

All das soll dann von der IBB überwacht werden. Na ja, da gibt es wahrscheinlich genug Kompetenz im Haus, um das zu gewährleisten.

Es ist sehr schade, dass sich der Senat so spät in die Diskussion mit den Initiatorinnen und Initiatoren einließ und zunächst versuchte, mit Kostenargumenten die Initiative lediglich abzuwehren. Senator Henkel sticht an dieser Stelle mal wieder als schwarze Speerspitze ins Auge. Da das vorgelegte Gesetz aber nur Probleme eines kleineren Teils aller Mieterinnen und Mieter der Stadt angeht – nämlich die mit Alt-Verträgen im alten sozialen Wohnungsbau –, bleibt uns das Thema „Steigende Mieten, höhere Wohnkosten und Verdrängung“ wohl auch im Wahlkampf und darüber hinaus erhalten.

Die Bilanz des Senats in der Mieten- und Wohnungspolitik bleibt leider auch insgesamt hinter den Möglichkeiten zurück. Der Senat hat bisher zum Teil leider mit größeren zeitlichen Verzögerungen alle mietenpolitischen Maßnahmen umgesetzt, zu denen er bundesrechtlich ermächtigt ist. Hierzu gehören Mietpreisbremse, Umwandlungsverordnung und die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen im Bestand. Ja, bei der Mietpreisbremse wart ihr schneller als alle anderen, aber die Umwandlungsverordnung hat ewig gedauert. Weiterhin wurden gesetzliche Vorschriften, die durch die Rechtsprechung für unwirksam erklärt wurden – Zweckentfremdungsverbot –, neu ins Werk gesetzt und auch dieses mit Verzögerungen und Übergangsfristen. Das Gesetz scheint so praxisuntauglich zu sein, dass es demnächst wohl dringend nachgebessert werden muss.

Hinzu kommen vier Maßnahmenpakete, bei denen der Senat ohne Gesetzesänderung rein durch Verwaltungshandeln die Strategie der Vorgängersenate geändert hat. Dies sind das Bündnis für mehr Wohnungsbau auf Bezirksebene, das Bündnis für Mieten mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die neue Liegenschaftspolitik sowie das Berliner Modell zur kooperativen Baulandentwicklung.

[Zuruf von Dr. Klaus Lederer (LINKE) – Weitere Zurufe]

Ja! Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann bilde einen Steuerungskreis! –

[Beifall bei den PIRATEN – Heiterkeit]

Positiv ist, dass aus der Entscheidung zu Tempelhof offenbar zumindest die Lehre gezogen wurde, dass man gegen Volksinitiativen mit reinen Scheinlösungen oder bloßer Abwehr – hören Sie zu, Herr Henkel! – nicht immer durchkommt. Sicher wird sich das Thema Mieten aber auch aus dem kommenden Wahlkampf nicht heraushalten lassen – und das Thema Asyl auch nicht. Geflüchtete müssen nicht nur untergebracht werden, sondern sie müssen selbstbestimmt leben und wohnen dürfen. Das ist eine Verantwortung dieses Senats und, liebe Koalition, den tragt ihr.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Bei allen positiven Ansätzen, die erkennbar sind, hören Sie auf zu reagieren, und agieren Sie endlich mal proaktiv! Gestaltende Politik ist leider das Gegenteil von der typischen Linie der SPD, das Richtige immer erst dann zu tun, wenn alles andere gescheitert ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Für den Senat hat jetzt Herr Senator Geisel das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute viel über das Wachstum der Stadt gehört. Es ist angebracht, sich noch mal die Zahlen vor Augen zu halten, um die Drucksituation tatsächlich zu erkennen. 2012 kamen etwa 40 000 Menschen nach Berlin, und wir haben 3 000 Wohnungen gebaut. 2013 kamen 40 000 Menschen nach Berlin, und wir haben 5 000 Wohnungen gebaut. 2014 kamen 45 000 Menschen zu uns, und wir haben etwa 9 000 Wohnungen gebaut.

[Udo Wolf (LINKE): Wer ist „wir“?]

Für 2015 rechnen wir mit etwa 12 000 Wohnungen, die in der Stadt gebaut werden, aber es kommen 80 000 Menschen zu uns. Und für 2016 sind wir bisher davon ausgegangen, dass in der Stadt 15 000 Wohnungen gebaut werden, und alle Anzeichen deuten darauf hin, dass wieder etwa 80 000 Menschen zu uns kommen werden. Dieses Wachstum verändert die Stadt und hat die Stadt schon verändert.