Das ist unstrittig. Das bedeutet eben auch eine faktische Erhöhung des Quorums, weil es zwangsläufig dazu führen wird, dass die Anzahl, der Anteil der ungültigen Unterschriften steigt, und das faktische Quorum steigt mit. Und wenn es Ihnen wirklich nicht auch darum gehen würde, dann könnten Sie das Quorum mit der Änderung, die Sie hier vorschlagen, einfach entsprechend absenken – tun Sie aber nicht. Also erhöhen Sie das Quorum faktisch. Das ist das Eine.
[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Dr. Klaus Lederer (LINKE) – Martin Delius (PIRATEN): Das haben die nicht verstanden! – Sven Kohlmeier (SPD): Das verstehen die nicht!]
Auch die anderen Änderungen, die Sie vorschlagen: Ich glaube nicht, dass es bis jetzt ein Problem im Umgang mit der direkten Demokratie in dieser Stadt war, dass der Senat nicht genug Möglichkeiten hat, seine Position darzustellen. Das ist nicht meine Erfahrung. Ich weiß nicht, wenn es Ihre Erfahrung ist, dann haben Sie irgendetwas nicht mitgekriegt in den letzten Jahren.
Ich bin an der Stelle fast schon geneigt, das zu begrüßen, was Sie vorschlagen, weil es vielleicht dazu beitragen könnte, Transparenz reinzubringen, wie viel der Senat dafür ausgibt, für seine Position zu werben, aber ich wüsste auch gerne, von welcher Rechtsprechung des Berliner Verfassungsgerichts Sie in Ihrer Antragsbegründung eigentlich reden.
Wenn es um etwas anderes geht, dann schreiben Sie was anderes rein. Aktenzeichen sind doch nur vom Verwaltungsgericht Darmstadt und aus Bayern aufgeführt. Das können wir gerne noch im Detail diskutieren.
Was ich überhaupt nicht verstehe, das ist jetzt in der Diskussion auch noch nicht angesprochen worden, Sie erwähnen nicht nur den Senat, sondern auch das Abgeordnetenhaus. Das Abgeordnetenhaus soll öffentliche Mittel ausgeben dürfen, um seine politische Position zu einem Volksentscheid zu bewerben?
Das steht da drin: die Öffentlichkeitsarbeit des Abgeordnetenhauses. Soll ich mir das so vorstellen, dass ich dann auf www.parlament-berlin.de oder www.parlament.berlin
gehe, und dann steht da ein großes Banner: Stimmen Sie beim Volksentscheid mit Nein! Die Öffentlichkeitsarbeit des Abgeordnetenhauses ist doch nicht dazu da, die politische Mehrheit des Abgeordnetenhauses zu vertreten. Dazu sind die Fraktionen da, die einzelnen Abgeordneten.
Ganz allgemein gesprochen: Wir hatten in diesem Haus schon vor noch nicht so langer, aber schon einiger Zeit eine größere Diskussion zum Thema Reform der direkten Demokratie, in der sehr viele verschiedene Punkte angesprochen wurden. Wir haben dazu aus der Opposition neben verschiedenen anderen Anträgen, die wir schon in der Vergangenheit eingebracht haben, umfangreiche Vorschläge gemacht, bei denen wir auch gehofft haben, weil es auch aus Ihren Reihen – da ist auch Herr Saleh noch einmal anzusprechen – entsprechende Vorträge gab, dass man da gesprächsbereit wäre. Da kam nichts. Wenn das, was Sie jetzt vorlegen, die Antwort darauf sein soll, dann gute Nacht.
Selbst an den Stellen, wo Sie das Abstimmungsgesetz direkt anfassen, beschäftigen Sie sich wirklich nur mit den Aspekten, die irgendwie dazu geeignet sein könnten, den Zugang zur direkten Demokratie ein bisschen zu erschweren und es dem Senat allgemein ein bisschen leichter zu machen. Nicht einmal mit den Sachen, die in direktem Zusammenhang dazu stehen, beschäftigen Sie sich! Nur als Beispiel: Sie haben von Chancengleichheit bei dieser Broschüre geredet, dass da die Positionen alle gleich dargestellt würden. Wir haben darüber schon geredet, ob es nicht sinnvoll wäre, in dieser Broschüre nicht nur die Position des Senats und die Position des Abgeordnetenhauses, die meistens identisch sein werden, denn das Abgeordnetenhaus trägt ja den Senat mit seiner Mehrheit, sondern auch Positionen der Oppositionsfraktionen aufzuführen. Der Senat selbst hat in seiner Vorlage zur Olympiabefragung – ist aus bekannten Gründen ein bisschen unter den Tisch gefallen – genau diese Regelung vorgesehen. Nicht einmal das, obwohl Sie jetzt über Chancengleichheit in dieser Broschüre reden, greifen Sie in Ihrem Antrag auf.
Gut, Sie haben schon recht. Ich will nicht sagen, Sie legen dem Ganzen Steine in den Weg. Sie versuchen es halt mit ein paar Kieseln, die Sie irgendwo aufgeschnappt haben, aber was aus dieser Vorlage von Ihnen ganz klar wird, ist in dieser Legislaturperiode definitiv nichts mehr zu erwarten, was die Weiterentwicklung der direkten Demokratie angeht, und das ist schade.
[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Dr. Klaus Lederer (LINKE)]
Vielen Dank, Herr Dr. Weiß! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales vom 28. September 2015 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 7. Oktober 2015 Drucksache 17/2491
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Piratenfraktion. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Reinhardt. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich werde es relativ kurz machen. Wir haben in den letzten Wochen in den verschiedenen Ausschüssen zu dem Thema beraten. Ich finde es gut, und das will ich auch gerne lobend sagen, dass wir hier als Parlament aller Voraussicht nach heute klar Stellung beziehen für faire Gesundheitsleistungen für geflüchtete Menschen in Berlin. – Da könnte man jetzt klatschen, weil das alles gemeinsam beschlossen wird heute.
Ich will noch mal zwei, drei Punkte nennen, warum das wichtig ist, und zwar, zum einen ist es natürlich so, dass eine Zweiklassenmedizin, die in bestimmte Gruppen von Geflüchteten oder Gesundheitsversorgung von Geflüchteten und anderen Gesundheitsleistungen in Anspruch Nehmenden unterteilt, nicht akzeptabel ist. Gleichzeitig kommt noch hinzu, dass wir gerade in diesem Bereich das Problem haben, dass die Ausgabe der Kranken
scheine, die quartalsmäßig verteilt wurden, über die Verwaltung des Landes Berlin unnötige Belastungen auch der Verwaltung des Landes bedeutete.
Herr Kollege Reinhardt! Sind Sie mit mir der Meinung, dass der Sozialsenator sich dessen mal annehmen sollte und dem auch lauschen sollte, was hier diskutiert wird?
Kollege Magalski! Da er gleichzeitig auch Gesundheitssenator ist und es um Gesundheitspolitik geht, denke ich, dass das angemessen wäre.
Das ist ja schön! Dann kann ich fortfahren. – Natürlich geht es auch darum, die Verwaltung des Landes Berlin zu entlasten. Dieses ständige Anstehen von Geflüchteten für diese Quartalsscheine ist unnötige Arbeit, die man letztlich einfach anders administrieren kann. Die Gesundheitskarte ist ein sinnvoller Weg dorthin.
Zusätzlich kommt noch der Punkt, dass die Auswahl, welche Krankheiten nun eigentlich einer Behandlung bedürfen, nicht einer Verwaltung obliegen darf. Das ist eine ärztliche Fachfrage. Dass es bisher auch von Verwaltungsangestellten entschieden werden musste, war falsch und hat noch eine zusätzliche Belastung bedeutet. Insofern ist es richtig, dass wir heute voraussichtlich diesen Antrag dann in geänderter Form beschließen können.
Ich finde es auch richtig, dass der Senat mit Senator Czaja die Einführung der Gesundheitskarte für spätestens Anfang 2016 angekündigt hat und es auch Bewegung auf Bundesebene gibt, das heißt, auch dort eine bundeseinheitliche Regelung abzusehen ist. Das finde ich gut.
Man könnte jetzt noch mal die Frage stellen, warum die eigentlich erst jetzt kommt. Die erste Lesung war immerhin im Februar. Eigentlich hatten wir damals schon ein Einvernehmen, zumindest klang das aus den Reden heraus, dass das notwendig und sinnvoll und auch effizient in der Arbeitsbelastung ist. Trotzdem hat das ziemlich lange gedauert. In Hamburg und Bremen gibt es das immerhin schon seit vielen Jahren. Herrn Senator Czaja ist das Thema Gesundheit aus seiner eigenen parlamentarischen Karriere traditionell sehr wichtig. Trotzdem hat das sehr lange gedauert.
Ich will mich auf das Positive und die anstehenden Herausforderungen konzentrieren. Die sind nämlich jetzt auch noch vorhanden. Es ist tatsächlich so, dass die Geflüchteten – auch die schon registrierten – bis zur Einführung der Gesundheitskarte am Landesamt extreme Probleme haben. Die Leute, die dort stehen und eigentlich einen neuen Krankenschein bekommen müssten, haben dort z. T. extrem lange Wartezeiten. Zum Teil ist es auch so, dass sie einen Krankenschein bekommen, der dann z. B. nur bis Ende des Quartals gilt, das heißt, sie müssen dann im Januar schon wieder hin.
Deswegen haben wir jetzt zwei Lösungsvorschläge ausgearbeitet, von denen wir uns erhoffen, dass Sie, Herr Czaja, dafür ein offenes Ohr haben. Eine Möglichkeit wäre, dass man eine Übergangsregelung schafft, und zwar, dass die Geflüchteten, die in den nächsten Tagen und Wochen einen Krankenschein bekommen, diesen Krankenschein nicht nur bis Ende Dezember bekommen, sondern dass der länger gilt, also z. B. mindestens bis Ende Januar oder vielleicht noch ein bisschen länger.
Die zweite Möglichkeit wäre, dass man die Krankenscheine, die sonst nur am LAGeSo verteilt werden, an die Unterkünfte faxt und direkt vor Ort verteilt, sodass man nicht zum Landesamt fahren muss, um die Scheine zu beantragen. Auch das würde nicht nur den Geflüchteten das Sicherheitsgefühl geben, dass für ihre Gesundheitsleistung gesorgt wird, sondern auch die Verwaltung entlasten, die momentan schon viel zu überarbeitet ist und kaum hinterherkommt, die Registrierung vorzunehmen.
Das wären unsere Vorschläge für die Übergangsphase in den nächsten Monaten. Ansonsten wiederhole ich noch mal: Vielen Dank für die voraussichtliche Zustimmung!