Protokoll der Sitzung vom 08.10.2015

Dieses Instrument haben wir nicht mehr. Kleine Anfragen haben wir nach wie vor in der Form der Schriftlichen Anfrage. Die werden regelmäßig nicht beantwortet – Herr

(Jörg Stroedter)

Delius wird mir recht geben. Somit ist der Antrag der Grünen das hilfsweise per Antrag ausgedrückte Bemühen, die Antworten zu erhalten, die man gern erhalten möchte – das einmal vorangestellt.

Über den Flughafen reden, das mache ich jederzeit gern. Ich glaube nur nicht, dass man durch den noch sovielten Bericht durch den Senat, durch Politikerbriefe an die Abgeordneten, durch Medienberichterstattung oder was auch immer, Beratung im Ausschuss XY Auskünfte erhält, die tatsächlich dem Auskunftsanspruch nachkommen. Ich bin der festen Überzeugung, dass diejenigen, die da jetzt in der Geschäftsführung wie im Aufsichtsrat die Verantwortung tragen, es auch nicht besser wissen oder – das ist jetzt eine Vermutung – auch gern Sachverhalte in die Öffentlichkeit pusten, die von den tatsächlichen Fehlern und Mängeln ablenken, die es nach wie vor in diesem Projekt gibt.

Weil hier Herr Amann so toll gelobt wurde: Herr Amann hat diese Baustelle lahmgelegt, und zwar richtig. Herr Amann hat befreundete Firmen geholt, die alle für viel Geld Zeugs gemacht haben, und keiner weiß so richtig, mit welchem Ergebnis. Auf jeden Fall haben sie den Bau nicht vorangebracht. Das muss man einfach konstatieren. Es sind nach wie vor viele Firmen dort gebunden, die sich über jeden Tag Stillstand freuen. Die freuen sich über jeden Tag Verzögerung, weil die Verträge offensichtlich so ausgestaltet sind, dass Stillhaltezeiten bezahlt werden. Das, was dort jetzt an Geld abfließt und noch abfließen soll, worüber es Nachfinanzierungsbegehren gibt, das ist intransparent für das Parlament, da gebe ich den Grünen recht, aber es tut sich auch herzlich wenig hinsichtlich einer wirklich tiefgründigen Aufklärung der Sachverhalte, die da heißen: Geldverschwendung in diesem Projekt. Diesbezüglich kommen wir auch mit solchen Anträgen nicht weiter.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Claus-Brunner?

Ach, wir sind am Ende des Tages, ich will Sie nicht länger aufhalten, als wir ohnehin schon hier sitzen müssen. Wir können das gern hinterher im Dialog klären.

Ich meine schon, es gibt bestimmte Dinge, die sind nicht abgearbeitet worden. Es gibt diese Mängellisten in verschiedenen Varianten und die Abarbeitung der Baumängel, also der Leistungen, die dort erbracht wurden, die eigentlich in die Gewährleistungspflicht der Firmen, die da schon Geld kassiert haben, fallen, das stockt und hängt nach. Diese vermörtelten und nicht verklebten Brandschutzwände sind nur ein Aspekt davon. Von den Ventilatoren, das haben wir im Untersuchungsausschuss klären können, war 2010 dokumentiert, dass dafür ein Sta

tiknachweis erfolgen muss. Dies war dokumentiert bei der pg bbi, die man davongejagt hat. Allerdings ist offenbar dieser Plan in der großartigen Dokumentation des Projektsteuerers irgendwo verschüttgegangen. Keiner hat mehr darauf geguckt. Jetzt schreien alle: Hallo, hallo, warum hat das keiner mitbekommen? Weshalb hängen dort falsche Ventilatoren? – Hätte man die Dokumentation, die man damals hatte, nicht weggeworfen, sondern aufbewahrt und systematisiert, dann hätte man das schon 2010, 2011, 2012, 2013 oder 2014 längst in Ordnung bringen können, Herr Stroedter! Hat man aber nicht. Man muss sich fragen: Warum hat man nicht? – Nun geht es schon wieder weiter, jetzt werden wieder neue Aufträge ausgelöst. Man kommt dann wieder auf das große Thema: Dieses Mal machen wir alles richtig mit einem Generalunternehmer, der uns das schlüsselfertig macht. – Liebe Leute! Die Kompetenz auf der Bauherrenseite, die eigene Kompetenz, das ist das A und O sowohl bei der Abarbeitung der Mängel als auch bei der Neuauftragsvergabe für die Zukunft. Da gibt es nach wie vor erhebliche Mängel. Aber das klären wir nicht durch Große, Kleine oder Schriftliche Anfragen an den Senat.

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Jetzt für die CDUFraktion Herr Kollege Evers – bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist inzwischen gute Tradition, dass die Grünen hier dünne Anträge zum BER vorlegen, anstatt konstruktive Beiträge zu leisten. Ich lasse kurz Revue passieren, was in den letzten Monaten alles stattgefunden hat: Da haben Sie einen Baubeirat gefordert, ohne uns zu erklären, was der eigentlich tun soll. Der nächste Antrag forderte ein externes Controllinggremium, das neben Flughafencontrolling und Aufsichtsrat gestellt werden sollte, und dieses Mal ist es dieser Antrag, von dem ich nicht genau weiß, was eigentlich sein Inhalt ist. Es könnte eine Kleine Anfrage sein, es hätte auch eine Große Anfrage sein können, wobei, Frau Kollegin Matuschek, Sie die Einzige hier im Haus sind, die die vermissen, und vielleicht auch die Einzige, die erhellt nach diesen Großen Anfragen aus dem Haus ging. Ich habe nicht den Eindruck, dass das so erschöpfend und umfassend war, wie Sie das vielleicht in beschönigender Erinnerung haben.

Was soll dieser Antrag? – Sie möchten Berichte bekommen. Dann melden Sie einen Besprechungspunkt für den Bauausschuss an, dort gehört das Thema nämlich hin. Wir werden es hier im Plenum sicherlich nicht erschöpfend behandeln können, da hätte es dieses Verfahren getan. Aber nein, Sie möchten uns hier kurz vor Feierabend noch mit dem BER beschäftigen. Dann tun wir Ihnen den Gefallen.

(Jutta Matuschek)

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: All die Informationswünsche, die Sie in Ihrem Antrag artikulieren, sind berechtigt, die treiben auch uns um, die treiben die Koalition in Gesamtheit um. Das hat der Umstand gezeigt, dass wir gemeinsam das Thema im Hauptausschuss aufgerufen haben. Ich schreibe einmal dem Umstand, dass Sie, Herr Otto, parallel im Bauausschuss saßen, zu, dass Sie diesen Antrag noch für notwendig hielten in seiner Dringlichkeit. Aber vielleicht hätten Sie Herrn Esser einfach fragen können, was Herr Lütke Daldrup da zu berichten wusste, das hätte möglicherweise gereicht.

[Beifall von Ole Kreins (SPD)]

Denn eins sei einmal angemerkt, es mangelt dem BER nun wahrlich nicht an parlamentarischen Berichten, schon gar nicht an parlamentarischen Ausschüssen und Gremien, die sich mit ihm beschäftigen. Vielleicht ist es auch eins der Probleme, mit dem sich diese Geschäftsführung herumschlagen muss, dass sie bald mehr Zeit in Ausschüssen dreier Parlamente zubringt als mit der Aufgabe, die sie eigentlich hat, nämlich diesen BER möglichst zügig fertigzustellen und ans Netz zu bringen.

Insofern rate ich Ihnen dringend: Nutzen Sie doch die Gremien, die wir haben! Nutzen Sie Ihre guten Kontakte, die Sie auch zu den Kollegen im Deutschen Bundestag und im Brandenburger Parlament haben, um alles abzufragen, was Sie hier bewegt. Ich persönlich habe meine Zweifel, dass weitere Berichte aus dem Senat uns alle hier und Sie im Besonderen so erhellen werden, wie Sie sich das vorstellen.

Die Probleme sehe ich genau wie Sie. Und ich glaube, dass wir uns alle miteinander Gedanken darüber machen sollten, wie sie abzustellen sind. Zu entscheiden ist es aber letztlich im Aufsichtsrat und in dessen Umgang mit der Geschäftsführung. Wir haben es vielleicht mit Problemen zu tun, für die diese Geschäftsführung in erster Linie nicht die Verantwortung trägt, weil es von anderen Verantwortungsträgern vorher entschieden wurde,

[Andreas Otto (GRÜNE): Ach was!]

aber das, was mich umtreibt, ist die Art und Weise, wie Kommunikation stattgefunden hat. Der Kollege Stroedter hat kurz auf die verwirrenden Beiträge von Herrn Mühlenfeld hingewiesen. Es war ja nicht der einzige Fehlgriff, der kommunikativ seitens der Flughafengeschäftsführung in letzter Zeit stattfand. Wenn man in die Flughafengesellschaft hineinhört, dann hat man es häufiger, dass einem von Machtvakuum, Entscheidungsschwäche und anderen Dingen berichtet wird, die einen durchaus daran zweifeln lassen, dass die Geschäftsführung im Moment so stark aufgestellt ist, wie wir uns das angesichts der Bedeutung des Projekts wünschen würden.

Aber mit dieser Geschäftsführung umzugehen, sie zu treiben, sie zu kontrollieren, das ist Aufgabe des Aufsichtsrats, das ist Aufgabe derjenigen, die diese Personalie entschieden haben. Der heimliche Aufsichtsratsvorsit

zende ist ja da. Insofern, denke ich, tun wir gut daran, das im Parlament weiter aufmerksam zu beobachten, vor allem aber, den Aufsichtsrat darin zu ermuntern, zu ermutigen, seiner Aufgabe konsequent nachzukommen. Ich glaube aber nicht, dass es zu unseren Aufgaben gehört, uns regelmäßig von Ihnen hier mit so dünnen Anträgen beschäftigen zu lassen. Ich sage mal: Wenn das alles ist, was Sie im Lauf haben, dann ist es ja kein Wunder, dass bei der SPD der Eindruck aufkommt, ich würde hier die Opposition vertreten. Das ist weder mein Selbstverständnis noch meine Aufgabe. Da wünsche ich mir, dass Sie das kraftvoller tun, als es bisher der Fall gewesen ist. Wenn das alles war, habe ich auch daran meine Zweifel. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Piratenfraktion jetzt der Kollege Delius. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr verehrte Damen und Herren! Ich kann Ihre Verzweiflung ja verstehen. Die Grünen sind verzweifelt, weil sie ihre Aktuelle Stunde nicht bekommen haben und weil es naturgemäß schwierig ist, insbesondere in dieser Partei, eine konsistente Position auch zum BER zu entwickeln.

[Beifall und Lachen bei der SPD und der CDU]

Das fällt Ihnen auch nicht leicht. Die CDU muss gar nicht lachen.

[Oliver Friederici (CDU): Jetzt kriegen wir’s!]

Und von der SPD brauchen wir gar nicht erst reden. Die Koalition ist verzweifelt, weil sie schon wieder über ein Thema reden muss, das sie am liebsten vergessen möchte.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Und wir alle sind gemeinsam verzweifelt, weil wir seit Jahren alle Nase lang von der „Bild am Sonntag“ an unserer Arbeit gehindert werden, weil wieder irgendein Skandal kommt, der uns dann dazu zwingt, uns in der Presse zu profilieren, ob wir nun zur Opposition oder zur Koalition gehören, das ewig gleiche Spielchen.

[Beifall von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Ich kann das verstehen. Es ist Quatsch. Es hilft keinem weiter.

Das Gleiche gilt aber auch für diesen Antrag. Wenn man nämlich liest, dass darin steht, die Grünen seien auf eine grandiose Idee gekommen: Sie sagen, um die Probleme zu lösen, fragen wir doch den Senat.

[Heiterkeit – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

(Stefan Evers)

Dass ich noch nicht darauf gekommen bin, das weiß ich auch nicht!

[Zuruf von Andreas Gram (CDU)]

Vielen Dank, Herr Otto, für den Hinweis. Da muss man wirklich eine Weile im Parlament gewesen sein, um zu diesem Schluss zu kommen.

Aber wonach fragen Sie denn den Senat? Das ist so allgemein, dass ich mir überlegt habe, eine Kleine Anfrage daraus zu machen. Aber sowohl mein Mitarbeiter als auch mein eigenes Gewissen haben mir davon abgeraten, weil es wahrscheinlich zu peinlich wäre, selbst für den Senat, der das beantworten muss.

Aber was würde denn passieren, wenn tatsächlich Herr Henkel – er ist als Vertreter im Aufsichtsrat, ist Bürgermeister und natürlich Vertreter des Senats in diesem Haus – jetzt in die Bütt gehen und darauf antworten würde? – Ich zitiere ihn dann gerne aus dem Untersuchungsausschuss. Er wird uns sagen, die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft hat uns immer geantwortet. – Lassen Sie das mal kurz kreisen, was ein Aufsichtsratsmitglied auf konkrete Fragen aus dem Untersuchungsausschuss antwortet. Er sagt: Die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft ist uns nie eine Antwort schuldig geblieben. – Damit begnügt sich dann auch dieser Senat. Ich lasse das auch für das Protokoll so stehen.

Es ist klar, warum der Antrag gestellt wird. Die Grünen wollten gerne über das Thema reden. Im Gegensatz zu Herrn Evers bin ich der Meinung: Jawohl, es ist unsere Aufgabe, gemeinsam darüber zu reden, worüber eine Fraktion in diesem Haus reden möchte. Das tue ich dann gerne. Frau Matuschek hat das bautechnische Chaos schon angesprochen. Ich wiederhole dann gerne, was ich auch in den letzten zwei Wochen in der Presse regelmäßig gesagt habe. Eines muss doch klargestellt werden: Das Projekt BER, so wie es ’94 oder ’93 angedacht, wie es um die 2000 geplant, so wie es vergeben worden ist, so wie es angefangen wurde zu bauen, ist gescheitert.

[Beifall bei den PIRATEN – Oliver Friederici (CDU): Na ja!]

Nichts anderes entspricht der Wahrheit. All das, was Sie hier gerade erzählt haben, deutet darauf hin. Erkennen Sie es doch an! Es ist bautechnisch gescheitert. Frau Matuschek hat wunderbare Beispiele aufgezählt. Dass man jetzt diese Probleme findet, heißt einfach nur, dass man seit Jahren der Probleme an der Baustelle nicht Herr wird.

Es ist wirtschaftlich gescheitert, die Flughafengesellschaft glaubt inzwischen selbst nicht mehr daran, dass 2020 oder sogar 2025 eine Wirtschaftlichkeit des dann möglicherweise in Betrieb befindlichen BER gegeben sein wird und man anfangen können wird, Kredite zurückzuzahlen.

Es ist finanzpolitisch gescheitert, schon allein aus dem Grund, weil wir es geschafft haben, mit unseren Eigenkapitalzuführungen eine am BER kaputtgegangene Flughafengesellschaft künstlich aufzublähen, deren Eigenkapitalwert so hochzuhalten, dass es überhaupt noch Sinn macht, einen Antrag auf Notifizierung an die EU-Kommission zu stellen. Und selbst das glaubt uns die EUKommission nicht mehr. Wir sehen eine mögliche Zwangsprivatisierung dieses Projektes kommen.

Was können wir jetzt also tun? – Anerkennen, was die Realität ist und danach handeln. Ich habe nie von Abriss gesprochen. Ich halte es für einen Schwachsinnsvorschlag. Da wollte sich wieder ein Politiker aus der Hinterbank des Bundestags – wir wissen alle, wer es war – profilieren.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Das ist Quatsch! Man muss aber mal darüber reden, was ein möglicher Plan B ist. Ich habe vor drei Jahren den Senat gefragt, was sein Plan B zu dem Projekt BER ist. Da hat der Senat gesagt, haben wir nicht. War wenigstens ehrlich. Gibt es aber immer noch nicht.

[Andreas Otto (GRÜNE): Wen haben Sie gefragt?]