Protokoll der Sitzung vom 08.10.2015

[Beifall bei den PIRATEN]

Diese Beispiele ließen sich jetzt ewig fortsetzen. Es gibt auch dieses Hostel in Kaulsdorf. Das ist der Wahlkreis von Mario Czaja persönlich. Ich denke, er wird mit dem Fall vertraut sein. Aber das Problem bleibt offensichtlich bestehen. Es gibt bei den Hostels, unabhängig davon, ob die Flüchtlinge per Gutschein untergebracht werden oder ob es Gruppenbelegungsverträge gibt, keine Kontrollen. Es gibt dort keine Mindeststandards, und das muss sich jetzt ändern. – Frau Kollegin Radziwill ist nicht mehr hier, sie hat wahrscheinlich anderes zu tun. – Wenn das am nächsten Dienstag im Senat besprochen werden soll, ist es schön. Ich freue mich darauf, das zu lesen. Aber der Status quo ist eine Katastrophe. Daran muss sich etwas ändern, und wenn das durch diesen Antrag geschehen kann, gern. Ansonsten bin ich für alle Optionen offen.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag auf Drucksache 17/2483 wird die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 18 A:

Bundesliegenschaften unverzüglich für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzbar machen

Dringlicher Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2488

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zu dem Antrag Drucksache 17/2488 wird die Überweisung an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 18 B:

Alle Flüchtlinge willkommen heißen – gegen eine Politik der Ausgrenzung und Diskriminierung

Dringlicher Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2489

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zu dem Antrag hat die antragstellende Fraktion die sofortige Abstimmung beantragt. Die Koalitionsfraktionen beantragen dagegen die Überweisung federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien. Hierüber lasse ich zuerst abstimmen: Wer den Überweisungen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Die Oppositionsfraktionen. Enthaltungen? – Keine. Damit ist die Überweisung beschlossen.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 18 C:

BER: Mängel beheben statt Luftschlösser bauen

Dringlicher Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2490

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Herr Otto! Bitte schön, Sie haben das Wort, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der BER ist manchmal aus der Wahrnehmung verschwunden, obwohl er viel Geld kostet, und immer wenn er dann wieder auftaucht, sind wir erschrocken. Da sind wir erschrocken, was für Probleme da plötzlich ans Tageslicht kommen, und wundern uns. Wir sind gerade in den Haushaltsberatungen, und wenn man so in den Fachausschüssen die zweiten Lesungen mitverfolgt hat – da wird manchmal über 5 000-, 10 000-, 100 000-EuroBeträge lange gestritten und gefeilscht. Wenn man sich

(Fabio Reinhardt)

dann daneben vorstellt, dass für den Flughafen die nächsten 2,6 Milliarden – viele Leute wissen gar nicht, wie viele Nullen eine Milliarde hat – in Brüssel angemeldet sind, dann ist das schon beängstigend – jedenfalls für unsere Fraktion, die weiß, dass wir eigentlich den Berliner Anteil hier im Land, in diesem Haushalt, in dieser Situation der Stadt viel besser brauchen könnten.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Und dann kriegen wir einen Schreck, wenn wir in der Zeitung lesen: Der Bauausschuss des Flughafens hat in Schönefeld getagt, und nebenan ist das Terminal gesperrt worden. – Die Mitglieder des Bauausschusses erfahren dann zwei Tage später aus der Zeitung: Oha, hier ist ein statisches Problem im Dach! – Das liest auch der Landrat und erlässt einen Baustopp. Irgendwann kommt dann raus, das ist alles nicht so dramatisch. Da sage ich Ihnen: Es ist ja zu hoffen, dass das nicht dramatisch ist, und es kann ja auch sein, dass es ganz simple technische Fragen sind. – Aber was daran dramatisch ist: dass drei Jahre nach der Absage 2012 diese simplen bautechnischen Probleme nicht behoben sind. Das ist der Skandal!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ob das die Lüfter betrifft oder die 600 Wände – oder vielleicht waren es auch nur 60; niemand weiß das so genau –, die Anzahl ist eigentlich egal. Es ist ein Zeichen dafür, dass die Flughafengesellschaft, die Geschäftsführung, aber eben auch unser Aufsichtsrat – und Herr Henkel ist ja hier – das Projekt nicht im Griff haben und eine geordnete Abarbeitung der Mängel bisher nicht organisieren konnten, sondern dass sie zugucken, was da passiert, und genauso wie wir – man denkt ja immer, die wissen mehr – in der Zeitung von den Problemen lesen. Das ist die Schwierigkeit, und das macht uns sehr viele Sorgen. Über die Kostengrößenordnungen habe ich anfangs schon etwas gesagt.

Was passiert noch? – Sie generieren damit eine öffentliche Debatte über den Abriss des Terminals; Sie generieren eine öffentliche Debatte, ob das Ding überhaupt jemals fertig wird; Sie generieren eine öffentliche Debatte über die Standortfrage, die eigentlich seit 20 Jahren geklärt ist. Warum kommt das so? – Weil Sie es nicht schaffen, den Flughafen in Gang zu bringen, und weil Sie es auch nicht schaffen, uns als Parlament und der Öffentlichkeit überhaupt zu vermitteln, dass es vorangeht. Es geht nicht voran; es bleibt stehen, und das können wir uns nicht noch jahrelang angucken.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Das Krisenmanagement seit 2012 verdient ja diesen Namen nicht. Der Einzige, der von Ihnen geholt wurde, um tatsächlich mal technisch das Ding durchzusehen, war Herr Amann im Sommer 2012. Er hat angefangen, eine lange Liste zu machen. Dann kam Herr Mehdorn und hat gesagt: Das dauert uns zu lange! Wir beschäftigen uns nicht mit Mängeln, sondern wir bauen! – Dann hat Herr

Mehdorn da möglicherweise irgendetwas gebaut – keiner weiß so genau, was –, Herr Amann ist entlassen worden, und das ganze Ding ist steckengeblieben. Inzwischen sieht es so aus, dass Herr Amann der Einzige war, der sich selbst, der Flughafengesellschaft und hoffentlich auch dem Aufsichtsrat halbwegs einen Überblick verschaffen konnte. Deshalb bitten wir Sie, dass wir den Senat hier auffordern, tatsächlich diese Liste – – Wir haben, das sei hier eingeschoben, im Untersuchungsausschuss mal nach dieser Liste gefragt, und wir haben ungefähr zehn Ordner bekommen. Ich habe gedacht, dass sind historische Dokumente. Aber jetzt stellt sich heraus: Das sind keine historischen Dokumente, sondern das ist ein Arbeitsmittel, mit dem Herr Mühlenfeld und die anderen Techniker der Flughafengesellschaft endlich mal arbeiten und alles das, was da an Fehlern und Mängeln aufgeführt ist, abarbeiten müssten. Darum muss es gehen!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Das haben wir in diesen Antrag hier geschrieben: Wir wollen, dass sich die Flughafengesellschaft tatsächlich einen Überblick verschafft, was schon geschafft und was noch nicht geschafft ist. Wir hoffen, dass möglichst viel schon geschafft ist. Aber die Vorgänge der letzten Wochen trüben diese Hoffnung und lassen uns ahnen, dass der Abarbeitungsstand bisher ganz unten ist. Das kann nicht so weitergehen! Wir wissen alle: Jeder Tag kostet eine Million Euro, und wenn Sie überlegen – denken Sie mal an die Haushaltsberatungen jetzt im Bildungsausschuss, im Sozialausschuss –, was man mit einer Million Euro machen könnte, dann geht das nicht so weiter. Wir wollen Klarheit haben, und wir bitten den Senat und insbesondere Herrn Henkel als Aufsichtsrat, dafür zu sorgen. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion jetzt der Kollege Stroedter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Otto! Ihr Antrag heißt „Mängel beheben statt Luftschlösser bauen“. Das ist ein typischer Antrag von den Grünen. Er ist schon deshalb falsch, weil Sie natürlich beides machen müssen: Sie müssen Mängel beheben, aber Sie müssen auch Erweiterungsmaßnahmen für den Flughafen einplanen. Das mag Sie nicht interessieren – uns interessiert das. Es ist erkennbar, dass in den Monaten vor der geplanten Eröffnung des BER, im Mai 2012, – so lange ist das ja leider schon wieder her – erhebliche Fehler in der Baumaßnahme entstanden sind. Durch das verantwortungslose Handeln der Geschäftsführung um Herrn Schwarz – ich habe ja damals schon frühzeitig seinen Rücktritt gefordert, als andere hier noch anderswo standen –

(Andreas Otto)

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was?]

sind, insbesondere bezogen auf die Entrauchungsanlage, aber auch in vielen anderen Bereichen so viele Mängel entstanden, die leider nur nach und nach wieder behoben werden können. Auch wir als Fraktion sind darüber entsetzt, wenn z. B. Rauchventilatoren eingebaut werden, die doppelt so schwer sind wie geplant, und damit die Baustelle am Terminal tagelang gesperrt war. Man fragt sich: Wer hat diese Aufträge gegeben? Wieso sind fünf Ventilatoren doppelt so groß bestellt, und wie wurden eigentlich die Kosten für diese fünf abgerechnet? – Insofern – und das ist das Einzige, wo ich Ihnen zustimme, Herr Otto – war das Ziel des ehemaligen Geschäftsführers Herrn Amann in den Jahren 2012, 2013 richtig, eine ausführliche Mängelliste aufzustellen, die nach und nach abgearbeitet werden musste. Die Qualität von Herrn Mehdorn war eher eine andere – er stand für Sprints. Aber die Frage ist, was bei dem Sprint rausgekommen ist. Insofern teile ich Ihre Auffassung zu Herrn Amann eindeutig.

Auch wir kritisieren, dass neben der Kompliziertheit der Entrauchungsanlage offenbar auch einfachste bautechnische Dinge nicht ordnungsgemäß gelöst worden sind. Ich will auch sagen: Der Auftritt von Herrn Mühlenfeld sowohl im Landtag in Brandenburg als auch im Berliner Abgeordnetenhaus war teilweise wenig hilfreich, weil er für Verwirrung gesorgt hat. Aber, Herr Otto, um das auch so deutlich zu sagen: Die Probleme werden nicht dadurch gelöst, indem Abriss- oder Standortdebatten geführt werden, und Sie führen sie hier.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Was?]

Sie sagen, andere führen sie, aber Sie nehmen es in den Mund, und damit führen Sie diese Debatte entsprechend selbst. Vielmehr muss die Mängelliste abgearbeitet werden, damit der Flughafen so schnell wie möglich betriebsfähig ist. Wir gehen davon aus, dass das möglich ist, dass die Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017 stattfinden kann. Dies erwarten, daran will ich erinnern, insbesondere die 300 000 betroffenen Anwohner in den Bezirken Pankow, Reinickendorf und Spandau um diesen überlasteten Flughafen Tegel herum.

Die Geschäftsführung des Flughafens BER hat in erster Linie dafür Sorge zu tragen, dass keine weitere Verschiebung der Eröffnung des BER erforderlich ist. Hierzu gehört auch der Aufsichtsrat, und der muss natürlich seine Kontrollfunktion wahrnehmen. Wir sind dankbar, dass der Regierende Bürgermeister den Aufsichtsratsvorsitz übernommen hat – das ist kein Wunschkonzert –, und auch, dass Staatssekretär Lütke Daldrup als kontrollierende Stabsstelle dort tätig ist. Auch Bürgermeister Henkel sitzt mittlerweile seit vier Jahren in diesem Aufsichtsrat. Wir gehen davon aus, dass die gesamte Koalition gemeinsam an der Eröffnung des BER arbeitet.

Da hat mich gewundert – der Kollege wird nachher sprechen –, Herr Evers, dass ich manchmal das Gefühl bekam, sie seien schon in der Opposition angekommen, weil ich Ihre Kritik, die Sie sehr einseitig geäußert haben, nicht gerade passend fand. Das will ich Ihnen an dieser Stelle relativ deutlich für meine Fraktion sagen.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Ja, gerne!

Unabhängig von der Eröffnung des BER muss trotzdem jetzt Vorsorge geleistet werden, dass der Flughafen aufgrund der enormen Nachfrage nicht schon bei der Eröffnung zu klein ist. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als darüber debattiert wurde, der Flughafen sei zu groß. Diese Zeiten sind lange vorbei. Die Zahlen sind gestiegen, wie sie gestiegen sind. Ob sie allerdings auf Dauer so steigen, daran mache ich ein Fragezeichen, aber sie werden weiter steigen. Deshalb ist die Ertüchtigung von Schönefeld-alt erforderlich, weitere Maßnahmen ggf. ebenso. Es wäre geradezu fahrlässig, dies nicht zu tun. Es ist vielmehr Aufgabe von Geschäftsführung und Aufsichtsrat, entsprechende Beschlüsse zu fassen. Dies immer unter dem Gesichtspunkt, Herr Otto, dass die Eröffnung des BER nicht durch die geplanten Erweiterungsmaßnahmen gefährdet wird. Oberstes Ziel ist es, dass die Baustelle fertig wird. Der BER muss im zweiten Halbjahr 2017 in Betrieb gehen. Es wäre in dem Zusammenhang schön, Herr Otto, wenn die Grünen statt unnötige dringliche Anträge zu stellen – ich weiß leider gar nicht, was hieran dringlich ist – sich diesem gemeinsamen Anliegen anschlössen: fertig bauen und anschließend erweitern. Das wäre der richtige Zug. – Danke sehr!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke jetzt Frau Matuschek. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag drückt eine gewisse Hilflosigkeit aus, Hilflosigkeit, die uns alle befällt, wenn wir auf dieses Projekt BER schauen. Er drückt aber auch eine gewisse Hilflosigkeit im Hinblick darauf aus, dass wir keine Großen Anfragen mehr haben, denn normalerweise könnte man nach der alten Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses auf eine Große Anfrage Antworten erwarten, die der Senat pflichtgemäß und hoffentlich der Wahrheit entsprechend gegeben hätte.

[Martin Delius (PIRATEN): Warum haben wir daran nicht gedacht?]

Dieses Instrument haben wir nicht mehr. Kleine Anfragen haben wir nach wie vor in der Form der Schriftlichen Anfrage. Die werden regelmäßig nicht beantwortet – Herr