Vielen Dank! – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schauen Sie sich heute die Pressemitteilungen von „Moabit hilft“ an. Mit Genehmigung des Präsidenten zitiere ich einen Teil daraus:
Familien mit Babys liegen auf kaltem Beton, Menschen ohne Unterkunft irren durch die Stadt, schlafen jede Nacht woanders oder unregistriert in Zelten, in Parks oder bei Bekannten in überfüllten Wohnungen. Sie werden von Hostels trotz amtlichem Unterbringungsschein nicht mehr aufgenommen oder nach wenigen Tagen wieder vor die Tür gesetzt. Aufgrund großer Zahlungsrückstände und wirtschaftlich unzumutbarer Zahlungsziele.
Das ist die Realität im Lande Berlin. Ich finde das unerträglich. Kinder sollten in weichen Betten statt auf Beton schlafen.
Erwachsene auch, da gebe ich recht – ich weiß gar nicht mehr, welche Kollegin bzw. welcher Kollege das gesagt hat –, aber es ist noch mal besonders schmerzhaft zu sehen, vielleicht auch für mich als Mutter, dass die Kinder, die wir sonst schützen und woanders schlafen legen, auf dem kalten Beton schlafen. Wie dem auch sei, jedenfalls ist ein zentrales Problem, dass die Hostels teilweise schlecht sind. Und teilweise ist auch das Problem, dass die Rechnungen der Hostelbetreiber nicht bezahlt werden.
Der Antrag, den die Linksfraktion gestellt hat und den die Kollegin Breitenbach vorgestellt hat, ist von bestechender, schlichter Schönheit, muss ich feststellen.
Ich würde ihn gern zusammenfassen mit dem Satz: Mit Betreibern von Beherbergungsbetrieben zu reden, kann helfen. Da stellt sich die Frage, warum dieser Senator mal wieder nicht allein darauf gekommen ist. Denn dass wir darüber reden, dass die Menschen mit diesen Kostenübernahmescheinen keinen Schlafplatz finden, ist schon über ein Jahr, über zwei Jahre her – ich habe aufgehört zu zählen.
Aber interessant finde ich: Heute habe ich erfahren, nicht nur von der Kollegin Radziwill, dass das Landesamt für Gesundheit und Soziales mit ihnen spricht. Und zwar sagt das Landesamt für Gesundheit und Soziales den Hostelbetreibern: Ach, ihr habt einen Kostenübernahmeschein über 50 Euro! Aber ihr geht doch nicht davon aus, dass ihr für die Übernachtung vom Landesamt für Gesundheit und Soziales auch 50 Euro bekommt! – Die Verhand
lungssituation ist denkbar gut, wenn die Hostels kurz vor der Pleite stehen, weil über ein halbes Jahr keine einzige Rechnung bezahlt wurde. Dann wird noch zusätzlich Druck ausgeübt, indem gesagt wird: Wenn Sie künftig weiterhin Geflüchtete unterbringen wollen, dann müssen Sie den Preis von 20 oder 30 Euro akzeptieren; denn sonst kommen Sie auf die schwarze Liste, und dann können Sie überhaupt keine Flüchtlinge mehr unterbringen! – Das ist Teil dieses organisierten Versagens dieser Behörde in der Verantwortung von Herrn Senator Czaja, und da sage ich klipp und klar: Schämen Sie sich dafür, Herr Senator Czaja!
Ich will auf keinen Fall, dass auf dem Rücken von Geflüchteten Gewinne erzielt werden. Ich will, dass es faire Bedingungen gibt, wo den Hostelbetreibern vorher klar gesagt wird, wie die Bedingungen sind, damit dieses Hostel überhaupt akzeptiert wird, und dass dann auch klar gesagt wird, wie viel Geld sie dafür bekommen. Aber wenn das vorher klar angesagt wird, dann muss nachher das Geld auch bezahlt werden. Das ist ein Minimum an Standard, auch im Umgang mit Partnern, von denen – so habe ich es jedenfalls verstanden – die Kollegin Breitenbach in ihrem Antrag redet, wenn sie sagt: Setzen Sie sich zusammen, verhandeln Sie auf Augenhöhe und schaffen Sie danach reelle Chancen, sodass Menschen in Beherbergungsbetrieben im Land Berlin untergebracht werden und nicht irgendwelche Fantasie-50-EuroHostelgutscheine erhalten, für die es im Zweifel keinen Cent gibt oder viel weniger. Das haben weder die Flüchtlinge noch die Hostelbetreiber verdient.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf am Anfang präzisieren: Wir reden heute über Hotelzimmer, wir reden über Hostels, und wir reden über Pensionsplätze – damit die Unterschiede klar sind. Selbstverständlich darf es bei der Mobilisierung von Unterbringungsmöglichkeiten für eine noch immer stark wachsende Zahl von Asylbewerbern keine Tabus geben. Allerdings müssen die aktuellen und zukünftigen Maßnahmen – darauf lege ich großen Wert – rechtlich einwandfrei, qualitativ vertretbar und auch kostenerträglich sein. Deshalb waren bisher Gutscheine für Hostels immer nur eine letzte Möglichkeit zur Überbrückung kurzer Zeiträume. Die verzögerten Zahlungen waren der zu geringen personellen Ausstattung im Landesamt für Gesundheit und Soziales, aber auch der notwendigen nachträglichen Prüfung geschuldet, ob alles mit rechten Dingen zugegangen und
berechnet worden war. Zu oft gab es Presseberichte – die gerade auch von Ihnen immer wieder angeführt wurden – zu Überbelegungen und katastrophaler Qualität angebotener Räume. Auch zeigte sich im Nachhinein bei der Prüfung, dass einige Hostels und Pensionen dem Land zum Beispiel höhere Preise abverlangten, als sie von Touristen in ihrer Internetpräsentation zum selben Zeitpunkt verlangt haben.
Nein, ich möchte keine Zwischenfragen zulassen. – Deshalb bleiben wir dabei, dass die Unterbringung in landeseigenen und durch das Land kontrollierten Einrichtungen grundsätzlich vorzuziehen ist. Es besteht auch am Ende die Gefahr, dass Hostels und Pensionen nur solche Kapazitäten anbieten, die auf dem Touristenmarkt selbst unter recht anspruchslosen oder anspruchsarmen Nachfragern keine Abnahme finden, dann aber dank sicherer Steuermittel und fester Kontingentabmachung mehr als angemessene Profite für die Betreiberinnen und Betreiber abwerfen.
So erklärt sich auch, dass die Senatsverwaltung – ich halte das für richtig – in den letzten Wochen trotz der enorm wachsenden Zahl der ankommenden Asylbewerber die Zahl derjenigen, die vorerst in Hostels untergebracht wurden, deutlich verringert hat. Mit einigen – und das muss hier auch gesagt werden; es wird immer so getan, als gäbe es da keine Gespräche – qualitativ akzeptablen Hostels gibt es Kontingentvereinbarungen, die ein vertretbares Preis-Leistungsverhältnis festlegen, vorgegebene Kriterien erfüllen und von der BUL auch schon jetzt geprüft werden.
Lassen Sie mich abschließend eine Bemerkung machen, die vielleicht einigen nicht passen wird! Wenn tatsächlich ein schmales Hotelzimmerkontingent zum Beispiel mit der DEHOGA verabredet werden würde, stellte sich – bis auf wenige Ausnahmen, die ich gerne zugestehen will – die Frage, wer in eine Notunterkunft kommt und wer in einem Mittelklassehotel Aufnahme findet.
Dass es da massive Auseinandersetzungen unter den Betroffenen geben wird, ist klar absehbar, abgesehen davon, dass für eine Hotelunterbringung der Asylbewerber die Berlinerinnen und Berliner selbst beim besten Willen kaum Verständnis haben werden. – Alles Weitere im Ausschuss! Ich danke Ihnen.
Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt Frau Kollegin Breitenbach das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!
Sehen Sie, Herr Krüger, das meinte ich, als ich gesagt habe, die Berliner CDU lebe in einer Parallelgesellschaft.
Sie haben keine Ahnung, wie die Situation in dieser Stadt ist, und Sie haben ganz offensichtlich keine Ahnung, wie die Menschen in dieser Stadt untergebracht sind. Seit drei Jahren fordern wir – abwechselnd mit den anderen Oppositionsparteien –, dass endlich Flüchtlingsunterkünfte mit definierten Standards, die vertraglich vereinbart sind und kontrolliert werden, eingeführt werden. Seit drei Jahren, Herr Krüger, liebe CDU, lehnen Sie all diese Anträge ab, ohne dass sich irgendetwas verändert hat. Herr Krüger! Bitte, wo sind denn die landeseigenen Unterkünfte, von denen Sie sprechen? Es gibt die sechs Container. Darüber brauchen wir uns jetzt nicht zu streiten. Ich weiß, wie toll Sie sie finden, und Sie wissen, wie bescheuert ich die finde. Mehr haben Sie nicht geschafft.
Ich habe Ihnen das letzte Mal schon gesagt: Sie sagen immer, der Senat bemühe sich redlich –, und nichts passiert, und Sie haben letztes Jahr gesagt: Jetzt steht aber der Winter vor der Tür, und wir müssen gucken, wie wir die Wintersituation meistern. – Jetzt sage ich Ihnen: Der Winter steht vor der Tür. Wir sind bei Turnhallen und Zelten angekommen, und kein Ende ist absehbar. Wir haben Ihnen einen umsetzbaren Vorschlag gemacht. Dieser Vorschlag würde bedeuten, dass man diesen unseriösen Hostelbetreibern das Handwerk legen kann, denn man schickt die Leute nicht mit einem Blankogutschein los, sondern man sagt ihnen: Wir haben ein Kontingent in Hotel/Hostel x, y z. Dahin kannst du gehen, dort kriegst du ein Zimmer. – Das, Herr Krüger, ist der Unterschied. Das ist ein Plan, der Sinn und Verstand hat.
Das haben wir Ihnen vorschlagen. Alles andere, was Sie hier machen und erzählen, ist ein unglaublich großer Quark und stimmt mit der Realität nicht überein, und das wissen Sie.
Vielen Dank! – Bitte schön, Herr Kollege Krüger! Dann können Sie erwidern. – Ansonsten, liebe Kolleginnen und Kollegen, würde ich bitten, die Plätze einzunehmen oder die Gespräche draußen zu führen. Besser wäre es, die Plätze einzunehmen.
Verehrte Frau Kollegin! Ihre von Markigkeit strotzenden Worte führen doch aber nicht daran vorbei, dass es in den letzten Monaten vonseiten des Senats durch den gesamten Wechsel der Konzeption der Unterbringung und selbstverständlich angefangen von den Bauten, die Sie hier so abfällig angesprochen haben, über die jetzt im Haushalt stehenden Planungen im Bereich einzelner Fertigelemente Stück für Stück voranging, dass es andere Immobilien gibt, die ertüchtigt werden. Sie erwarten immer alles auf einen Schlag. Das ist meines Erachtens nicht möglich.
Wenn Sie in der letzten Zeit auf der einen Seite die Hostels immer wieder kritisiert haben, sie jetzt aber plötzlich als die Lösung aus dem Boden heben, dann ist das doch nicht ganz logisch. Bereits jetzt gibt es doch schon mit einigen dieser Hostels Verträge. Damit kann man sehr wohl weitermachen. Trotzdem bleibe ich dabei: Die bessere Lösung ist, wenn wir vom Staat aus kontrollierte Unterbringungsmöglichkeiten anbieten können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag hat, wie schon gesagt, nur einen schlanken Satz: Mehr Kontingente an Hostelwohnungen. – Das ist natürlich höchstens eine Übergangsregelung. Wohnungsunterbringung ist richtig und notwendig, und Hostelunterbringung ist zu vermeiden. Hostels haben keine pädagogische Betreuung, keine Kochmöglichkeiten. Die Flüchtlinge dort haben keine feste Anschrift. Es gibt keine familien- und kindergerechte Unterbringung. Das ist natürlich nicht das Nonplusultra. Ich denke, an der Stelle sind wir uns schon mal einig.
Aber die Sache ist natürlich, dass wir momentan nicht mit angemessen vielen Wohnungen hinterherkommen, mit der Wohnungsvermittlung, mit der Herrichtung von Ge
bäuden und auch mit dem Bau von neuen Unterkünften. Ich finde es unsäglich, dass wir immer noch Immobilien haben, die angeboten wurden, nachdem Senator Czaja öffentlich darum gebettelt hat, dass die BImA endlich Immobilien rausrückt, die immer noch nicht geprüft wurden, dass wir immer noch nicht hinterherkommen, diese Prüfung vorzunehmen und dann diese Immobilien herzurichten.
Herr Krüger! Diese modularen Unterkünfte, die jetzt im Haushalt stehen: Das ist richtig, aber wo sind die denn? Erst mal brauchen wir Grundstücke für diese Unterkünfte. 36 waren geplant. 36 Grundstücke sollten von den Bezirken bereitgestellt werden. Der aktuelle Stand war, dass vier Grundstücke bereitgestellt wurden. Vielleicht sind es jetzt schon sechs oder acht, aber die Zahl an Unterbringungsplätzen, die über diese modularen Unterkünfte bereitgestellt werden sollte, ist doch völlig illusorisch. Kein Mensch, weder der Finanzsenat noch der Sozialsenat, weiß, woher diese Grundstücke für diese Immobilien kommen sollen, wofür die Mittel schon im Haushalt stehen, aber wo völlig unklar ist, wann die wie gebaut werden können. Insofern kann das ewig dauern. Wir müssen schauen, wie wir dort Zwischenlösungen finden. Das stimmt allerdings.
Insofern, wo der Antrag recht hat: Was sich jetzt entwickelt hat, ist noch schlimmer als die Hostelunterbringung, wie sie grundsätzlich und theoretisch gedacht war. Die Ausgabe von Blanko-Hostelgutscheinen an die Geflüchteten hatte katastrophale Folgen. In der Regel sind diese zu mehreren Hostels hingegangen, wollten dort untergebracht werden, wurden abgewiesen: Das Verfahren ist zu kompliziert, das Landesamt zahlt nicht oder nicht zeitnah. – Die Folge war, dass diese Flüchtlinge in die Obdachlosigkeit gerutscht sind oder durch Ehrenamtliche untergebracht wurden. Auch hier möchte ich den vielen Menschen meinen Dank aussprechen, die in den letzten Monaten Menschen unterbracht haben, die ihre Wohnung bereitgestellt haben und die Menschen unterstützt haben, weil sie zum Beispiel am LAGeSo gestrandet waren.
Diese Hostels, die sich mit den Flüchtlingen eine dicke Tasche machen oder die Flüchtlinge ablehnen, das ist doch letztendlich alles ein Rahmen, den diese Regierung bereitstellt. Es ist doch so, dass letztendlich diese Angebote und die Ausnutzung, die durchgeführt wird, durch den Bedarf entstehen. Das heißt, wir müssten sofort dazu übergeben, die Ausgabe von wertlosen Hostelgutscheinen zu stoppen. Es kann doch nicht sein, dass wir den Leuten weiter diese Gutscheine in die Hand drücken, was auch noch Verwaltungsarbeit erfordert, in dem Wissen, dass diese Menschen mit den Gutscheinen nicht unterkommen können. Das funktioniert doch nicht. Die Kontingente könnten dieses Problem tatsächlich beheben und tun es zum Teil auch schon. Insofern spricht der Antrag in dem Bereich einen wichtigen Punkt an.
Soweit mir bekannt ist, führt der Senat schon Gespräche, um die Anzahl der Hostelgutscheine zu reduzieren und die Kontingente zu erhöhen bzw. um mehr Gruppenbelegungsverträge zu erreichen. Das ist in den letzten Monaten auch schon geschehen. Insofern gehe ich davon aus, dass die Gespräche, die hier skizziert werden, tatsächlich stattfinden.
Ich will ein weiteres Problem ansprechen, das genau durch diese Kontingentverträge offensichtlich neu entsteht, und dazu kann ich Ihnen allen nur die Dokumentation der VICE empfehlen, die seit gestern tagsüber online ist und in der das skizziert wird. Es wird ein Hostel porträtiert, das City 54 in Berlin-Mitte. Dort werden offensichtlich statt der eigentlich 280 Unterbringungsplätze für Touristen mittlerweile bis zu 850 Unterbringungsplätze für Geflüchtete angeboten. Sie können sich an zwei Fingern abzählen, dass das nicht funktionieren kann. Wenn 280 Touristen dort unterkommen, kann man nicht einfach 850 Flüchtlinge dort unterbringen und so tun, als ob das kein Problem darstellen würde. Das sind Menschen wie du und ich, und die haben einen Anspruch auf die gleiche Quadratmeterzahl mit den gleichen Mindeststandards und dem gleichen Anspruch, untergebracht zu werden.