Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

[Uwe Doering (LINKE): Wie es die „BZ“ gestern geschrieben hat! – Zuruf von Ajibola Olalowo (GRÜNE)]

Wie bitte? Sie müssen lauter reden, ich verstehe Sie nicht.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Meine Herrschaften! Jetzt hat die Kollegin Dr. West das Wort. – Bitte!

Jedenfalls ist es so, ich würde im Großen und Ganzen sagen, dass dort keiner freiwillig hingeht. In der Regel geht man deshalb dorthin, weil man dorthin muss. Man muss dorthin, weil der Staat von uns verlangt, dass wir zu bestimmten Gelegenheiten Formulare und Ausweise brauchen.

(Harald Moritz)

Dass genau dieser Staat nicht in der Lage ist, innerhalb einer gewissen Zeit uns diese Formulare, Ausweise oder was auch immer, auszustellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein schlechter Witz.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU und den GRÜNEN – Lachen von Thomas Birk (GRÜNE) – Sabine Bangert (GRÜNE): Wer ist denn der Staat? – Uwe Doering (LINKE): Der Staat sind Sie!]

Ich erzähle Ihnen nichts Neues, denn in dieser Stadt wird rauf und runter schon seit ewigen Zeiten darüber diskutiert, dass es in den Berliner Bürgerämtern nicht gut läuft – und zwar zu Recht. Ich sage Ihnen aber auch: Nur reden, das hilft nicht mehr weiter.

Genau deswegen legen wir Ihnen als Koalitionsfraktionen einen Antrag vor, der klare Maßnahmen benennt, wie man den Service der Berliner Bürgerämter wieder auf das Normalmaß bringt. – Ich habe leider nur vier Minuten Redezeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb keine Zwischenfragen.

Okay!

Klar, das geht nicht ohne mehr Personal und vor allem nicht, wenn man nicht mehr Termine zu mehr Zeiten anbieten will, auch das ist klar. Deshalb stellen wir den Bezirken, das ist heute bereits mehrfach gesagt worden, 36 zusätzliche Stellen zu Verfügung. Ich sage Ihnen aber auch: Das wird nicht ausreichen, um den Service zu verbessern. Natürlich geht es auch darum, die Organisationsabläufe in den Bürgerämtern vor Ort zu verbessern. Ich bin zum einen sehr dankbar, dass es jetzt eine Organisationsuntersuchung geben soll, die die Senatsverwaltung für Finanzen anleitet. Ich bin übrigens auch dem Finanzsenator sehr dankbar dafür, dass er an der Stelle einmal das Thema Krankenstand angesprochen hat.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ist das nicht eigentlich bei Inneres?]

Zum anderen – darauf komme ich jetzt –, wir reden hier nämlich über ein Thema, bei dem wir es mit 14 Verwaltungen zu tun haben, geht es dabei natürlich auch um die Innenverwaltung, weil wir nämlich die Terminvergabe dringend verbessern müssen. Da würde ich jetzt einmal ganz kleine Brötchen backen, liebe Kolleginnen und Kollegen, da geht es nicht darum, dass wir den Schritt in eine große Zukunft wagen, sondern dass wir endlich einmal in der Gegenwart ankommen.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ja!]

Da geht es zum einen darum, dass die Portale so sein müssen, dass sich dort jeder Mensch zurechtfindet, ohne lange Texte durchzulesen, da geht es auch darum, dass

man es möglich macht, dass man gar nicht mehr zum Bürgeramt gehen muss, wenn man es nicht unbedingt muss. Das ist ein wichtiger Punkt. Zum Ende, wenn man doch hingehen muss, dass selbstverständlich genug Termine für alle Menschen da sind, die einen Termin brauchen.

Jetzt ist meine Redezeit schon fast zu Ende. Ein letzter Punkt noch: Was die kommerzielle Terminvergabe anbetrifft, dazu sage ich Ihnen ganz klar: Das möchte ich nicht. Aber es ist vor allem ein Armutszeugnis für den Staat, dass es so etwas gibt.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und den PIRATEN – Thomas Birk (GRÜNE): Sie sind der Staat, verdammt noch mal!]

Genau, darauf komme ich gleich. – Aus der ganzen Kritik, es gehe alles nicht weit genug, es komme alles viel zu spät und so weiter, kann man jetzt den Schluss ziehen, dass man nur zuschaut, die Dinge schlecht laufen lässt oder auf ein göttliches Wunder wartet. Das überlassen wir als Koalitionsfraktionen gerne Ihnen. Wir sorgen lieber dafür, dass es in den Bürgerämtern demnächst gut läuft.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Mal sehen!]

Ich lade Sie herzlich ein, sich uns anzuschließen, diesen Antrag heute mit zu beschließen und zum anderen diesen 14 Verwaltungen in den nächsten Monaten gemeinsam auf die Finger zu schauen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Frau Kollegin Dr. West! – Der Kollege Birk spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grünen und hat auch das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau West! Ihre Rede war eine Frechheit!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Helau! Helau!]

Sie haben als Fraktionen den Bezirken die Stellen geklaut,

[Torsten Schneider (SPD): Karneval! – Zurufe von der SPD: Helau!]

und nun rufen Sie: Haltet den Dieb!

Entschuldigung! Jetzt mal alle wieder ein wenig runterrüsten.

(Dr. Clara West)

Nein! Ich rüste nicht runter. Das können sich die Bezirke und wir uns nicht bieten lassen.

[Zurufe von der SPD: Helau!]

Sie haben den Bezirken die Stellen geklaut und rufen: Haltet den Dieb! Das kann doch nicht wahr sein!

[Beifall bei den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Hey! Helau! Hey!– Weitere Zurufe von der SPD]

Liebe Kollegen! Wir sind hier nicht in der Ostkurve!

[Zuruf]

Jetzt alle mal wieder ein bisschen herunterkommen!

Während wir hier heute debattiert haben

[Oliver Friederici (CDU): Sie sind Politiker, nicht Schauspieler! – Zurufe von der SPD]

ich hoffe, das geht nicht alles von meiner Redezeit weg –,

[Zurufe von der SPD: Doch, doch!]

gab es heute Morgen noch 40 freie Termine am 8. und am 4. Februar. Die sind bis auf drei Termine, einen in Kladow und zwei in Spandau oder in Köpenick, alle weg. Das ist die Servicestadt Berlin. Ich würde sagen, das ist die Servicewüste Berlin. Das haben Sie zu verantworten, meine Damen und Herren!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Sie haben trotz aller Warnungen die Kürzungen auf 20 000 Vollzeitäquivalente weiter durchgezogen. Frau Remlinger hat schon 2012 vor den Folgen gewarnt. Wir haben letztes Jahr ein Moratorium gefordert, Sie wollten das alles nicht hören, trotz der wachsenden Stadt. Wo sollen sich die Neu-Berliner denn anmelden als im Bürgeramt? Wo sollen sie und demnächst die Flüchtlinge denn sonst hingehen? Dafür reichen die Stellen, die Sie jetzt zusätzlich gegeben haben, wahrscheinlich nicht aus. Aber schon gar nicht die Maßnahmen, die Sie jetzt erwägen, denn wenn Sie jetzt tatsächlich die OnlineTerminvergabe abschalten, um dem Missbrauch vorzubeugen, dann haben Sie den nächsten Flaschenhals beim ITDZ, und dann müssen Sie dort massenweise Leute einstellen, wenn Sie die zwei Minuten Wartezeit am Telefon für alle Dienstleistungen, die das ITDZ anbietet, nicht verlängern wollen. Davon haben Sie nichts in Ihrem Antrag zu stehen.

[Torsten Schneider (SPD): „Stehen“, nicht „zu stehen“!]

Danke schön, Herr Oberlehrer!

[Heiterkeit bei der SPD – Torsten Schneider (SPD): Gerne!]

Staatssekretär Statzkowski hat beklagt, dass die Bezirke überproportional bei den Bürgerämtern gespart haben. Wo hätten sie denn sonst sparen sollen? Bei den Jugendämtern?

[Torsten Scheider (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Oder bei den Bauämtern, damit die Schulen weiter verfallen? Bei den Stadtentwicklungsämtern, damit keine Baugenehmigungen erfolgen können? – Herr Schneider möchte mich unbedingt etwas fragen. Nun werden Sie es doch los.