Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

wir im Ostteil der Stadt Hunde im Strafvollzug – ich bin der Meinung, dahin wollen wir nicht wieder zurück.

Mein letzter Punkt: Wer ist das große Sparopfer? – Der Nachwuchs! Es werden massiv Referendarstellen eingespart, das führt zu noch mehr Wartezeiten, bevor die jungen Menschen endlich arbeiten können. Wir diskutieren international, die Juristenausbildung sei viel zu lang in Deutschland. Wenn Sie jetzt Referendarstellen einsparen, führt das dazu, dass wir dort massiv Wartezeiten haben und die jungen Leute noch später, mit Ende Zwanzig erst, in den Beruf kommen. Das weist in die völlig falsche Richtung. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Rissmann. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Christdemokraten geben niemanden auf,

[Ajibola Olalowo (GRÜNE): Auch nicht Herrn Allert!]

auch nicht Dirk Behrendt von den Grünen. Darum erzähle ich jetzt das gleiche noch mal, was der Kollege Kohlmeier zutreffenderweise berichtet hat, vielleicht nur ein bisschen einfühlsamer, langsamer und mit anderen Worten, in der Hoffnung, dass es doch noch ankommt auch bei Ihnen, lieber Kollege Behrendt!

Heute haben wir schon viel über die großen Linien gehört, die in diesen Haushalt Eingang gefunden haben. So ein Haushalt und Politik lebt doch aber auch von den kleineren Schwerpunkten in den Einzelplänen, weil sie doch Ergebnis unseres zum Teil jahrelangen Ringens in den Fachausschüssen, in den Gesprächen mit den Fachleuten und den gesellschaftlichen Akteuren sind. Und der Blick in diesen Einzelplan 06 – Justiz – zeigt – Kollege Kohlmeier hat den Schwerpunkt benannt –, dass wir weiterhin auf Sicherheit und Opferschutz Wert legen, dort unseren Schwerpunkt sehen und den Kurs der letzten Jahre fortsetzen und uns damit einfügen in das große Werk der Koalition, das hier heute beschlossen wird.

[Dr. Klaus Lederer (LINKE): Wow, Pathos!]

Einige Punkte will ich herausgreifen, um greifbar zu machen, dass wir unser Versprechen, in Berlin eine funktionierende Justiz und einen effektiven Strafvollzug zu gewährleisten, umsetzen. Im Bereich Justizvollzug haben wir nicht nur den rot-roten Stellenabbau gestoppt, sondern die Umkehr eingeleitet, indem wir 100 neue Stellen im allgemeinen Vollzugsdienst schaffen. Wir verbessern die Rahmenbedingungen für unsere Mitarbeiter im Justizvollzug: 31 Stellenhebungen im Verwaltungsdienst der

Justizvollzugsanstalten; die Bereitstellung von Mitteln zur Gewährung einer Anwärtersonderzulage für Justizvollzugsanwärter, um weiterhin qualifiziertes Personal für diesen schwierigen Job zu gewinnen; die Angleichung, das heißt, Erhöhung der Vollzugszulage für die Bediensteten in Justizvollzugsanstalten auf das Niveau des Polizeivollzuges.

Wir werden auch nicht nachlassen, die Ordnung in den Anstalten aufrechtzuerhalten. Dort, wo die von uns auf den Weg gebrachten Mobilfunkblocker im Einsatz sind, gibt es keine unerlaubte Handynutzung und damit keine Zeugenbeeinflussung mehr, keinen Kontakt ins kriminelle Milieu, keine Weiterführung von Straftaten durch die Strafgefangenen. Und genau da werden wir weitermachen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Insbesondere an die Grünen, aber auch insgesamt an die Opposition: Wir finden uns nicht damit ab, dass in unseren Haftanstalten jedermann offenbar problemlos an Drogen kommen kann. Drogen sind oft die Ursache und der Grund für die in die Strafanstalt führenden kriminellen Karrieren. Wir gehen jetzt hier in Berlin einen neuen Weg und werden ab 2016 Drogenspürhunde einsetzen in unseren Haftanstalten, um diesen Sumpf trockenzulegen.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Spüren die auch Alkohol auf?]

Wir haben die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte weiter gestärkt. Wir haben sie aus dem Schattendasein, das die Justiz in den Jahren 2001 bis 2011 führen musste, nachhaltig hinausgeführt. Bei den Strafverfolgungsbehörden findet mit insgesamt 74 neuen Stellen der größte Stellenzuwachs seit der Wiedervereinigung statt. Wir sehen die Herausforderungen, die auf die Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Flut von Asylsachen zukommen wird, und sorgen dort deshalb bereits jetzt für neue Stellen.

Wir stehen für einen effektiven Rechtsschutz, das heißt, Angelegenheiten müssen schnell erledigt werden. Wir schaffen 169 Stellen für die Berliner Gerichte, 89 im Jahr 2016, 80 2017. Wir haben den elektronischen Rechtsverkehr, der in diesem Zusammenhang zu nennen ist, allein mit 16 Millionen Euro weiter vorangetrieben. Und wir kümmern uns um den Justiznachwuchs – anders als es Herr Kollege Behrendt darstellt. Wir erhöhen die Unterhaltsbeihilfe für die Referendare um 100 Euro monatlich,

[Heidi Kosche (GRÜNE): Endlich! Endlich prassen!]

damit sich unsere jungen Kolleginnen und Kollegen auf ihre Ausbildung und nicht auf deren Finanzierung konzentrieren können und müssen.

Und schließlich sehen Sie die Handschrift der Union auch daran, dass wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner auch in diesem Haushalt die Belange der Opfer von Straftaten stärker in den Blick nehmen konnten. Die

(Dirk Behrendt)

bereits geschaffene Gewaltschutzambulanz wird noch besser finanziell ausgestattet, um das Leistungsangebot zu verbreitern. Besonders stolz sind wir auf die Einrichtung von Kinderschutzambulanzen, die ab 2016 die gerichtsfeste Dokumentation von Verletzungen nach Straftaten auch für die Schwächsten in unserer Gesellschaft ermöglichen werden.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Ich darf mich abschließend bei meinem geschätzten Kollegen Sven Kohlmeier für die wieder einmal vertrauensvolle, gute Zusammenarbeit bedanken, die im besten demokratischen Sinn nicht nur für gute Kompromisse gesorgt hat, die nicht in erster Linie christ- oder sozialdemokratisch sind, sondern gut für die Justiz und damit gut für die Menschen in unserer Stadt Berlin. – Vielen Dank!

Vielen Dank, Herr Rissmann! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Lederer. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die positiven Entwicklungen in diesem Etat, in diesem Einzelplan, wenngleich sie deutlich unter den Möglichkeiten bleiben, kann man durchaus hervorheben. Und dazu gehört in jedem Fall die Gewaltschutzambulanz. Das ist so, das kann man benennen, das ist positiv. Das haben wir unterstützt. Wir haben es begleitet, und die Kritik vom Kollegen Delius teile ich. Aber nichtsdestotrotz ist es der Einstieg in eine gute Entwicklung; das ist eine Sache, die tatsächlich auch unseren Beifall findet – das kann man an der Stelle deutlich sagen.

Auf der anderen Seite sage ich trotz alledem: Für ambitionierte Gestaltung wäre jetzt Raum gewesen, und im Unterschied – das ist ja heute schon mal hervorgehoben worden – zu der Zeit, wo wir hier die Aufräumarbeiten für verfehlte Finanzpolitik zu leisten hatten, sind die Spielräume jetzt da. Ganz offenbar aber ist Tilgungssymbolik wichtiger als kraftvolle und sinnvolle Schwerpunktsetzung. Nehmen wir beispielsweise den Ausbau der Kinderschutzambulanzen oder die Ausstattung der Gewaltschutzambulanz in einer Weise, die der Kollege Delius vorhin ja auch hervorgehoben hat – das hätten wir uns beherzter gewünscht; das hätte man auch machen können.

Ausbildungsstellenschaffung im allgemeinen Vollzugsdienst und in den sonstigen Justizvollzugsbereichen ist auch eine Sache, die wir unterstützen. Auch hier ist die Situation so: Wir mussten jahrelang abbauen. – Wir haben im Übrigen im Justizbereich durchaus auch eingestellt; was die beiden Kollegen über die rot-rote Zeit gesagt haben, ist einfach nicht wahr. – Aber im Justizvollzugsbereich ist in der Tat die Decke dünn. Da passiert

jetzt was. Auch das unterstützen wir, und wir finden es richtig, auch wenn wir es uns planvoller gewünscht hätten. Das Personalentwicklungskonzept des Senats – diese 13 Seiten mit Tabellen, die wir im Frühsommer zugestellt bekommen haben – verdient ja den Namen nicht. Ich hätte mir gerne tatsächlich gewünscht, dass man mal hingeguckt hätte: Wo liegen die Probleme? Wo muss nachgesteuert werden? Wo setzt man auch neue Akzente? – Hier mal ein paar Stellen, da mal ein paar Stellen: Das reicht eben nicht aus, und die Begründungen für die jeweiligen Stellenaufwüchse – der Kollege Behrendt hat es hervorgehoben – sind eben tatsächlich dünn. Eine interne Organisationsuntersuchung zur Angleichung der Struktur der Justizvollzugsanstalten ist halt auch kein genauer Blick dahin, welcher Behandlungs- und Resozialisierungsbedarf besteht und welches Personal man dafür braucht, sondern doch eher das Anlegen des dicken Meters.

Insgesamt ist die Tendenz – Kollege Behrendt hat das völlig richtig hervorgehoben –: mehr Häuptlinge, weniger Indianer. Das trifft in den Vollzugsanstalten zu; das betrifft die Verwaltung insgesamt, und das finden wir in der Tat nicht richtig. Die Abarbeitung von Dauerproblemen wird nicht engagiert angegangen. Stattdessen hat man den Eindruck, die Koalition pflegt ihre Hobbys, und dann wird ein bisschen Klientel bedient – mehr symbolisch, ohne wirklichen Sinn.

[Beifall bei der LINKEN]

Verbraucherschutz: Die Abteilung wird saftig aufgestockt, dabei fragen sich die Eingeweihten, was dort eigentlich geschieht. Die Verbraucherzentrale auf der anderen Seite, die systematisch unterausgestattet ist, verharrt auf dem Niveau. Das finden wir an dieser Stelle nicht korrekt. Unter Rot-Rot hat die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz mit einem Staatssekretär mehr geleistet als die Senatsjustizverwaltung mit zweien. Das ist Stückwerk! Große Linien sucht man vergeblich. Verbraucherschutzpolitische Leitlinien sind das letzte Mal vor Beginn dieser Legislaturperiode diskutiert worden, und ein ordentlicher Schluck aus der Personalmittelpulle ist in der Sache eben tatsächlich nicht begründet.

Dramatisch ist nach wie vor die Besoldungssituation: Die Anpassung an den Bundesdurchschnitt – das zieht sich durch alle Einzelpläne – lässt auf sich warten. Die Verfassungskonformität der Richterinnen- und Richterbesoldung prüft der Senat jetzt ein halbes Jahr. Wir wissen nicht so richtig, was er prüft und wie lange er prüft; irgendwann werden wir es vielleicht noch erfahren.

Der große Schwerpunkt der Landesjustizzuständigkeit ist und bleibt der Vollzug. Und da kann ich nur sagen: Vollzug ist mehr als Wegsperren – Vollzug ist vor allem Resozialisierung. Von den beiden Kollegen ist gesagt worden, Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitsinvestitionen stünden für sie im Vordergrund. Ich sage nur: Eine

(Sven Rissmann)

überzeugende Personalplanung statt des Fahrens auf Sicht, eine vernünftige Vergütung, eine Anpassung der Besoldung, eine gute Ausbildung für das Land Berlin – wir müssen doch die Leute nicht ausbilden, und dann wandern sie in andere Bundesländer ab: Das steht aus und kommt auch mit diesem Haushalt nicht. Haftvermeidung, die Bekämpfung von Ersatzfreiheitsstrafenabsitzung und die Vorverlagerung der Entlassungszeitpunkte – all das sind Baustellen, die unbearbeitet sind. Und das Strafvollzugsgesetz selbst, unambitioniert und die Fortschreibung des Status quo, sollte ursprünglich vor dem Haushalt beraten werden, damit die Ergebnisse noch einfließen können. Jetzt hat man konsequenterweise gesagt, wir machen es danach. – Ja klar, weil Haushaltsauswirkungen gleich null!

Letzter Punkt: Spielräume für die Tarifanpassung bei freien Trägern sind nicht genutzt worden. Das ist schade. Es wäre doch endlich an der Zeit! Sehr, sehr lange ist da nichts passiert. Über die Gefangenenentlohnung ist nicht wirklich diskutiert worden. Die Öffnung der totalen Institution Gefängnis – nichts da! Also: So oder so – man hätte eine Menge machen können. Aber der Kollege Behrendt hat recht: Es ist in den wesentlichen Punkten die Festschreibung des Status quo, und nichts passiert. Referendarausbildung: Wir loben, dass die Bezüge angehoben werden sollen. Allerdings müssen wir jetzt erst mal sehen. Nur warum man jetzt die Bezahlung der Referendare gegen den Umfang der Referendarausbildung ausspielt: Das konnte mir bisher keiner erklären. Das ist bedauerlich. – Wir werden Ihrem Etat nicht zustimmen!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei GRÜNEN und PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Dr. Lederer! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Weiß. – Bitte!

Vielen Dank! – Meine Damen und Herren! Wir hatten das Thema eben schon ein bisschen: Ich finde es immer ganz interessant, mit was für einer Rhetorik die Koalition über den Personalabbau und seinen Stopp im Land Berlin spricht. Eben hieß es, es wäre mit dem dritten Haushalt, der in dieser Legislatur vorgelegt worden wäre, der rotrote Personalabbau gestoppt worden. Wem gehört denn der Personalabbau der letzten vier Jahre?

[Beifall von Dr. Klaus Lederer (LINKE)]

Also es ist ja nun ein bisschen spät, nun irgendwas von Rot-Rot zu stoppen. Und in der Tat handelt es sich um eine dringend notwendige Umsteuerung; es ist auch positiv, dass die jetzt insgesamt stattfindet, auch wenn man nicht mit jedem Detail einverstanden ist. Es ist richtig. Wir haben vorhin in der Generaldebatte gehört, dass es

ein wichtiger Maßstab für die SPD ist, wie hoch sich die Brandbriefe stapeln: Sie haben sich relativ hoch gestapelt aus der Justiz, aus dem Vollzug und den Gerichten. Insofern ist die Umsteuerung gut – weil ich auch mal loben soll. Über die Details kann man dann reden. Und dass der Personalabbau komplett aufgehört hat, ist ja auch nicht ganz richtig: Es gibt immer noch pauschale Minderausgaben, die immer noch aufgelöst werden müssen. Dieses Instrument ist immer noch da, obwohl die ganze Zeit gesagt wird: Der Personalabbau ist gestoppt. – Wie gesagt: Ich finde die Rhetorik manchmal ein bisschen seltsam.

[Beifall von Dr. Klaus Lederer (LINKE) und Heiko Herberg (PIRATEN)]

Es kommen ja auch durchaus größere Aufgaben auf die Justiz in den nächsten Jahren zu: Einmal – wie es eigentlich bei allen Verwaltungen ist – weil die Stadt wächst, und dann auch aufgrund solcher Sachen wie dem Anfang des elektronischen Rechtsverkehrs, die auch schon angesprochen wurden. Da hat der Kollege Rissmann gesagt, wir hätten 16 Millionen dafür – na ja, nicht im Haushalt! Das ist ja diese Sache mit SIWA und den Haushaltstechniken, die da jetzt eingeführt worden sind: Im Haushalt gibt es trotzdem Mittel dafür für die nächste Haushaltsperiode aus Gründen, die ich nicht verstanden habe. Die Mittel aus SIWA sollen dann wohl ab 2018 in größeren Summen abfließen. Da sollen die Haushälter darüber reden, ob das irgendwie sinnvoll ist. Ich würde sagen: Nein – aber gut!

Ist Herr Kohlmeier noch da?

[Sven Kohlmeier (SPD): Hier!]

Herr Kohlmeier! Sie können ja ein qualifiziertes Lob auch mal so, wie es gegeben wird, annehmen. Also mit der Gewaltschutzambulanz haben wir gemeinsam kein perfektes, aber ein gutes Ergebnis erzielt. Trotzdem geht natürlich noch mehr, und ich hoffe auch – –

[Zuruf von Sven Kohlmeier (SPD)]

Sie haben ja schon im Voraus meine Rede kritisiert; darauf muss ich auch antworten! – Also da sind wir auf einem Weg, der dann hoffentlich weitergegangen wird.

Vertrauliche Spurensicherung – da kann man jetzt über Definitionen streiten – steht jetzt im Beschluss. Das heißt noch nicht, dass die Mittel dafür auskömmlich sind. Aber das ist eine; das ist, sagen wir mal, die Lichtseite beim Thema Zuwendungsempfänger. Die Schattenseite ist gerade eben schon angesprochen worden: Ich verstehe tatsächlich nicht, warum man bei den finanziellen Spielräumen, die wir da jetzt haben, die wir auch brauchen und die Sie auch genutzt haben für diverse Dinge – ich komme darauf gleich noch zu sprechen –, eine Tarifanpassung bei den freien Trägern nicht möglich war. Ich verstehe es nicht! Das ist eine Summe, da haben Sie ganz andere Summen für ganz andere Sachen hin- und hergeschoben, und nach Aussage des Senats selbst spiegelt sich das auch