Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Vertrauliche Spurensicherung – da kann man jetzt über Definitionen streiten – steht jetzt im Beschluss. Das heißt noch nicht, dass die Mittel dafür auskömmlich sind. Aber das ist eine; das ist, sagen wir mal, die Lichtseite beim Thema Zuwendungsempfänger. Die Schattenseite ist gerade eben schon angesprochen worden: Ich verstehe tatsächlich nicht, warum man bei den finanziellen Spielräumen, die wir da jetzt haben, die wir auch brauchen und die Sie auch genutzt haben für diverse Dinge – ich komme darauf gleich noch zu sprechen –, eine Tarifanpassung bei den freien Trägern nicht möglich war. Ich verstehe es nicht! Das ist eine Summe, da haben Sie ganz andere Summen für ganz andere Sachen hin- und hergeschoben, und nach Aussage des Senats selbst spiegelt sich das auch

(Dr. Klaus Lederer)

darin wider, dass Träger in wichtigen Bereichen des Opferschutzes, der Resozialisierung den Gürtel enger schnallen und Leistungen einschränken müssen. Insofern ist es mir nicht verständlich. Sie haben im Fachausschuss eine Aufforderung an den Senat beschlossen, dass der Senat sicherstellen soll, dass die Tarifanpassung stattfindet und er dafür Geld einstellt. Das haben Ihnen dann Ihre Kollegen im Hauptausschuss konsequent wieder weggestrichen, weil es keinen Sinn ergibt, und jetzt stehen wir da.

Wie gesagt, das Geld wäre in der Tat da gewesen. Sie haben es an anderer Stelle ausgegeben. Jetzt eine Bemerkung an den Senat gerichtet: Was ich in dem Zusammenhang sehr unglücklich fand, waren Bemerkungen in den Berichten, die danach klangen, als ob man die verschiedenen Träger da gegeneinander ausspielt, insbesondere das Thema: Na ja, wir können euch die Tarife nicht anpassen, weil die Gewaltschutzambulanz mehr Geld bekommen soll! – Ich will mal ganz deutlich sagen: So geht es nicht! Wir als Haushaltsgesetzgeber müssen darauf achten – oder Sie müssen darauf achten –: Die Träger können an der Stelle nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das geht auch an die Adresse von Herrn Graf, der vorhin in der Generalaussprache meiner Meinung nach eine sehr unglückliche Bemerkung gemacht hat, nämlich die, es gäbe ja schon genug Leute, die sich um die Resozialisierung von Straftätern kümmern in Bezug auf Opferschutz. Wir können nicht Opferschutz und Resozialisierung gegeneinander ausspielen. Das ist ein absolutes No-Go!

[Beifall bei den PIRATEN]

Beides ist absolut wichtig, und beides muss sich auch im Haushalt widerspiegeln. – Ich muss jetzt leider zum Schluss kommen.

Sie haben Geld ausgegeben für so großartige Projekte wie diese Hunde. Ja, die FDP-Hunde. Gut, dafür war Geld da. Das ist dann Ihr Konzept: Hunde statt Menschen im Strafvollzug, okay.

[Sven Kohlmeier (SPD): Drogen!]

Mit uns ist das nicht zu machen, wir werden den Haushalt in der Form ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Dr. Weiß! – Für den Senat hat jetzt das Wort Senator Heilmann. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 06 enthält die mit Abstand beste Grundlage für den Verbraucherschutz und die Justiz seit der Einheit. Das

lässt sich in Zahlen leicht ausrechnen. Die vielen Verbesserungen haben die beiden Sprecher der Koalitionsfraktionen, Sven Kohlmeier und Sven Rissmann, eben genannt. Bei beiden möchte ich mich ebenso ausdrücklich bedanken wie bei den Haushaltspolitikern. Ohne sie wäre das nicht möglich gewesen. Ich werde die beiden Sprecher nicht wiederholen. Wenn Sie es immer noch nicht wahrhaben wollen, dann lesen Sie es halt im Protokoll nach.

Ich möchte kurz auf die Einwände der Opposition eingehen. Erste Bemerkung: Sie hatten 90 Minuten Zeit in der Generalaussprache, als Opposition zu kritisieren. Sie haben alles Mögliche kritisiert, keiner hat auch nur eine Minute Justiz oder Verbraucherschutz kritisiert, das wird einen Grund haben. Zweitens: Sie haben zum Teil die Tatsachen nicht einmal richtig dargestellt. Ich denke, ich werde Ihnen jetzt mal die wesentlichen Konzepte, so kurz es geht, zusammenfassen.

Erstens: Dieser Senat hat, in zwei Stufen zugegebenermaßen und erst mit diesem Haushalt, eine vollständige neue Personalplanung für die gesamte Justiz, namentlich für den Justizvollzug, vorgelegt. Wir haben eine Ausbildungsoffensive gestartet. Wir werben um junge Leute, und wir stellen so viele Leute, Herr Behrendt, ein, wie wir maximal glauben, überhaupt auf dem Markt zu bekommen. Wir haben ja eine Wettbewerbssituation. Ich habe es Ihnen schon im Rechtsausschuss erklärt: Wir haben nicht mehr Stellen eingerichtet, sondern wir haben mehr Geld, die bisher unbesetzten Stellen auch zu besetzen, was im Ergebnis heißen wird, dass wir eine niedrige dreistellige Zahl an Menschen am Ende dieses Doppelhaushalts mehr haben werden als vorher. Und wir haben keineswegs mehr Häuptlinge eingestellt, sondern vor allen Dingen Indianer, um in Ihrer Wortwahl zu bleiben.

Zweitens: Wir haben eine Gebäudeplanung, bei der Ihre Kritik ehrlich gesagt schlicht unbegreiflich ist. Sie wollen die Teilanstalt 3 in Tegel sanieren. Wir wollen eine neue Teilanstalt bauen, weil man nämlich nicht gleichzeitig belegen und umbauen kann. Im Übrigen war es schon bei der Teilanstalt 1 so, dass wir sie aus rechtlichen Gründen leerziehen mussten und sie mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht umzubauen ist. Deswegen wollen wir da eine neue Teilanstalt haben, genau um das zu tun, was Sie wollen, nämlich auch über Gebäudemanagement Resozialisierung zu betreiben. Es gibt eine ganz sinnvolle Planung, die übrigens die schrittweise Sanierung von Moabit – das wissen Sie auch – im laufenden Betrieb macht. Da ist die Teilanstalt 3 schon saniert, wie Sie wissen. Jetzt werden die anderen Teilanstalten nach und nach saniert.

Dann haben Sie etwas zum Umfang des Referendariats gesagt. Pro Bevölkerung bildet auch in diesem Haushalt niemand so viele Referendare aus, kein Bundesland, wie Berlin. In Brandenburg gibt es freie, unbesetzte Referendarstellen, obwohl Brandenburg schon mehr zahlt als wir.

(Dr. Simon Weiß)

Ich finde es absolut zumutbar, in Berlin zu leben und in Cottbus ein Referendariat zu machen. Warum wir das mit Berliner Steuerzahlergeld weiter so überproportional finanzieren müssen, ist mir nicht begreiflich. Ich selber habe mein Referendariat in Bayern gemacht. Ich habe in München gewohnt und musste auch nach Rosenheim, Landshut und sonstwo hin. Das tut einem nicht schlecht, wenn man als Großstädter auch mal etwas sieht, was nicht Großstadt ist.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Jetzt verstehen wir!]

Insofern ist das eine sehr schlüssige Gesamtkonzeption.

Völlig weggelassen haben Sie, dass es mit dem elektronischen Rechtsverkehr, den SIWA-Mitteln, den zusätzlichen Stellen ein Rundumpaket für die Modernisierung der IT in der Gerichtsbarkeit gibt, in der Staatsanwaltschaft und übrigens auch im Vollzug, um mehr Zeit für Resozialisierung zu lassen und Standardfragen nicht mehr durch Bedienstete machen zu lassen.

Letzter Punkt: Opferschutz, den ich noch erwähnen will. Dazu gehört auch die Gewaltschutzambulanz. Wenigstens einige von Ihnen haben sich ja dankenswerterweise differenziert geäußert. Es war die Justizverwaltung, die das angestoßen hat. Es war dann die Koalition, die weiter finanziert hat. Ich weiß, dass wir alle eine dritte Stufe wollen. Die Charité ist aber gar nicht so weit, die brauchen dafür ein neues Gebäude. Deswegen ist es im Haushalt 2016/17 gar nicht sinnvoll, das zu finanzieren, weil es dafür an dem Gebäude fehlt. Das wird man in diesen zwei Jahren nicht hinbekommen. Wir arbeiten mit der Charité daran, ein Konzept für den dann folgenden Haushalt mit Gebäude hinzubekommen. Insofern macht das alles sehr viel Sinn, was wir machen.

Ich wollte noch kurz darauf hinweisen, dass wir auch im Verbraucherschutz nicht nur mehr Geld, sondern auch mehr Konzepte haben. Wir haben spezielle Verbrauchergruppen: Jugendliche, Senioren und Migranten. Wir kümmern uns ums Digitale, wir wertschätzen Lebensmittel, der Tierschutz hat erstmalig einen eigenen Haushaltstitel. Diese Koalition hat mehr für alternative Tierschutzforschung gemacht als jede Koalition vor ihr.

Und allerletzter Punkt, lieber Herr Behrendt: Dass Sie nun ausgerechnet das Gasnetz nennen. Ich finde, als Justizsenator habe ich die Aufgabe, den Senat darauf hinzuweisen, wenn etwas rechtswidrig ist. Nun hat das das Landgericht entschieden, das Kammergericht entschieden, und auch die Kartellbehörden sehen das so wie ich. Man kann ja von mir aus anderer Meinung sein, aber zu sagen, ich hätte da total unrecht gehabt, das halte ich für eine ziemlich einseitige Sichtweise der Dinge.

[Zurufe von den GRÜNEN]

In diesem Sinne: Freuen Sie sich, dass es einen guten Einzelplan 06 gibt! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Senator! – Es liegen nun noch weitere Wortmeldungen zum Einzelplan vor zu den Themen Verbraucherschutz und Tierschutz. Das Wort hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Altug. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Heilmann! Sie haben hier gezeigt, wie wichtig Ihnen Verbraucherschutz ist, Sie haben nämlich zwei Sätze dazu gesagt, mehr nicht. Es muss mehr sein.

Während die Verbraucherzentrale Berlin nach den Plänen des Senats mal wieder eine Nullrunde einlegen sollte und in den Bezirken das Personal für Lebensmittelkontrollen fehlt, genehmigt sich die Verwaltung selbst gleich zehn zusätzliche Stellen; mehr als 36 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen nach dem hier vorgelegten Haushalt für den Verbraucherschutz zuständig sein. Es waren im Jahr 2013 24. Ich frage mich: Was tun diese Menschen? Diese Frage haben Sie uns bis jetzt nicht beantwortet. Vermutlich sollen sie das neue Hundegesetz umsetzen, wenn die Koalition noch die Kraft findet, es zu überarbeiten. Denn nach dem gescheiterten Bello-Dialog

[Andreas Gram (CDU): Gescheiten!]

haben die angehörten Sachverständigen am Gesetzentwurf des Senats kein gutes Haar gelassen. Mit dem zusätzlichen Personal kann dann hoffentlich verhindert werden, dass Verträge abgeschlossen werden, bevor das Parlament zugestimmt hat.

Wir freuen uns, dass der Senat einige unserer Initiativen aufgegriffen hat und weiterverfolgt. So wurde erkannt, dass der zielgruppenorientierte Verbraucherschutz für Menschen mit Migrationsgeschichte, aber auch für Jugendliche und Senioren weiter ausgebaut werden muss. Wichtig ist uns bei diesen Projekten, die von externen Trägern und Verbänden durchgeführt werden, jedoch die Transparenz – sowohl bei der Auswahl als auch bei den Ergebnissen.

Die immer größer werdende Zahl von Stadtimkerinnen und -imkern wird sich über die leicht erhöhten Mittel zur Förderung des Bienenschutzes und zur Stabilisierung der Bienenbestände freuen.

Wie bei so vielen neuen Herausforderungen reagiert der Senat auch beim Verbraucherschutz nur zögerlich oder gar nicht. Themen wie Transparenz und Nachhaltigkeit sind für den Senat noch immer Fremdwörter. Der Senat hat keinen Plan, egal, ob es um die Kennzeichnung

(Senator Thomas Heilmann)

vegetarischer und veganer Lebensmittel oder die Einführung des Smiley-Systems geht, und schiebt die Verantwortung wahlweise auf Europa oder die Bezirke. Wir haben dazu Anhörungen durchgeführt und Anträge gestellt. Ich bin gespannt, ob sie in dieser Legislaturperiode zumindest noch beraten werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Vielen Dank, Herr Dr. Altug! – Für die CDU-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Jupe. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Verbraucherschutzbereich ist eine Materie, die sich durch alle gesellschaftlichen Bereiche zieht. Wenn Sie die Themen nehmen, die in den letzten drei, vier Jahren öffentlich diskutiert wurden, Kleinanlegerschutz, Elektroschrott, Lebensmittelkontrolle, Transparenz, Kodifizierung des Patientenrechts – ich könnte noch mehrere andere nennen –, dann sehen Sie, dass es an allen Ecken der Gesellschaft des Verbraucherschutzes bedarf. Ich glaube, das war auch ein Gedanke, der sich in den Koalitionsverhandlungen dieser Koalition manifestiert hat, die eben deswegen die Abteilung für Justiz und Verbraucherschutz geschaffen und ressortiert hat und ihr eine eigene Staatssekretärin zugeordnet hat. Das kann man nicht hoch genug einschätzen.

Mit der Staatssekretärin haben wir die Rahmenbedingungen der Verbraucherschutzarbeit grundlegend verbessert, abzulesen an den bisherigen Haushalten. Dort wurde die Verbraucheraufklärung durch mehr Mittel gefördert. Es war daher möglich, neue Themen anzugehen und zu erarbeiten.

Als Beispiel sei der Onlineschlichter erwähnt. Wie Sie wissen, wird der Handel im Internet immer wichtiger. Verbraucher brauchen auf diesem Marktplatz Schutz und Möglichkeiten, wahrgenommen zu werden. Das Stichwort ist Ausgleich, Ausgleich durch Schlichtung. – Ich kürze hier.

Darüber hinaus wurden andere Zielgruppen unterstützt. Vorbildcharakter hat dabei die Schulung von Multiplikatoren im Bereich türkischer und arabischer Gemeinden. Die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden, wird bewusst gefördert. Berlin hat mit diesem Mentorenprojekt neue Wege beschritten. Der zu beschließende Haushalt unterstützt dieses Projekt, gerade auch im Hinblick auf die Flüchtlinge und zu deren Nutzen.

Oben habe ich das Stichwort Verbraucherbildung erwähnt. Der Senat und seine Senatsverwaltungen für Verbraucherschutz und für Schule sind insoweit zu loben.

Die Einflechtung des Verbraucherschutzes in die Bildung der Jugendlichen hat bundesweit Vorbildcharakter. Ich finde das grundlegend. – Ich verkürze an dieser Stelle.

Es geht uns um eine verbrauchergerechte Welt. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesem Haushalt in den genannten Maßnahmen einen weiteren Schritt in eine verbrauchergerechtere Welt schaffen. – Danke!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Jupe! – Für die Piratenfraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Kowalewski. – Bitte!

Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch im Verbraucherschutzhaushalt setzt sich – das hat Herr Senator Heilmann schon erwähnt – ein gefährlicher Trend fort. Während die institutionelle Förderung der Verbraucherzentrale stagniert, gibt es dafür mehr Projektmittel. Das heißt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Zeit darauf verwenden müssen, Projektanträge zu stellen, und damit diese Zeit nicht mehr für die Beratung der Verbraucherinnen und Verbraucher zur Verfügung steht.

Außerdem wird es durch die schleichende Projektisierung allen Verbraucherschutzes schwieriger, kurzfristig auf neue Trends oder Angebote zu reagieren. Wir haben im Haushalt 200 000 Euro für ein neues Hunderegister – eine Parallelstruktur zu existierenden Datenbanken, datenschutzrechtlich bedenklich und unnötig, zumal die Bezirke bereits angekündigt haben, dass es ihnen gar nicht möglich sein wird, diese Datenbanken zu pflegen. Stattdessen hungert Berlin die Tiersammelstelle aus, sodass der Berliner Tierschutzverein diese hoheitliche Aufgabe mit hochgezogenen Lefzen zu 90 Prozent aus Spendengeldern subventioniert, und das seit Jahren und eben auch noch bis Ende 2016, weil eine Kündigung vorher nicht möglich war. Ein neuer Betreiber soll per Ausschreibung gesucht werden. Wir wissen aber, wie gut Ausschreibungen in Berlin funktionieren. Wer sollte denn diese Tiersammelstelle günstiger betreiben können, ohne den Tierschutz zu gefährden, als das Tierheim?