Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

Wir brauchen leider auch höhere Geldstrafen, das habe ich gerade schon erklärt. Ansonsten läuft die Drohkulisse ins Leere.

Ich befürchte, wir werden in ein, zwei Jahren wieder hier stehen und das Gesetz wieder nachbessern müssen. Bis dahin haben wir noch mehr Zeit vergeudet, und es werden noch viel mehr Wohnungen zweckentfremdet werden, und es wird noch mehr preiswerter Wohnraum abgerissen werden. Und dabei brauchen wir doch so dringend jede einzelne Wohnung hier in Berlin. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Danke schön! – Für die CDU-Fraktion der Kollege Brauner!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Zweckentfremdung – die Kollegin Spranger hat es vorhin so schön gesagt – ist auch ein Teil unseres Gesetzgebungsvorhabens, das wir im Rahmen unserer Wohnungsbaupolitik machen. Wir haben einen Dreiklang aus Förderung, Neubau, Ermöglichung von Wohnungsneubau und auch Regulierung. Das Thema Zweckentfremdung, das wir im Rahmen dessen auch umgesetzt haben – und sehr zügig umgesetzt haben –, gehört in den Bereich Regulierung.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Wenn man sich die Zahlen an der Stelle ansieht, dann haben wir jetzt etwas, was wir vor vielen Jahren eben nicht hatten. Wir wissen relativ genau, wie viele rechtlich zulässige Ferienwohnungen es maximal gibt, nämlich derzeit legal 6 305 Ferienwohnungen.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Können Sie das garantieren?]

Das konzentriert sich auf ganze vier Bezirke. Das ist das, was gemeldet ist. Wir haben ja ein Ausschlussverfahren. Ich glaube, das ist schon mal eine ganz gute Grundlage. Alle anderen bewegen sich in der Illegalität.

Bisher sind wir mit dem Gesetz komplett erfolgreich.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): In welchem Berlin leben Sie eigentlich?]

Ich darf daran erinnern – das ist ähnlich wie mit dem Spielhallengesetz –: Wir sind hier im juristischen Neuland. Wohnen ist gleich Wohnen, da haben wir schon höchstrichterliche Rechtsprechung gehabt, auch für den Bereich Ferienwohnungen. Es war relativ schwierig, überhaupt den Tatbestand zu fassen. Wir sind hiermit bisher erfolgreich. Wir haben eine klare Registrierung. Wir haben einen strukturierten Markt. Die Bezirke wollten unbedingt separat umsetzen. Es trifft, wenn man auf die Zahlen achtet, eigentlich im Wesentlichen vier Bezirke, in denen mit Abstand die meisten Ferienwohnungen sind, bei allen anderen ist es eine Randerscheinung.

(Katrin Schmidberger)

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sogar ein CDU-Baustadtrat!]

All diese Daten haben wir in letzter Zeit gewonnen. Auf der Basis haben wir die Justierung hier vorgenommen. Die Kollegin Spranger hat nicht von Mängeln gesprochen, sondern wir haben hier justiert. Das Gesetz ist überaus erfolgreich.

[Aha! und Lachen von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Ja, wir haben eine klare statistische Grundlage. Wir gehen mittlerweile in einzelnen Bezirken gegen Leerstand vor. All das war vorher nicht möglich, weil wir keine Rechtsbasis hatten.

Ich glaube, dieser Teil der Regulierung hat auch dazu beigetragen, dass sehr genau überlegt wird, ob sich in dem Geschäft etwas tut. Wir sehen ja, dass das eine oder andere Verfahren im Markt hier auf dem Weg ist. Insofern haben wir jetzt geschaut, wo wir nachbessern können. Das sind klarstellende Formulierungen. Das ist das eine. Das andere ist das Thema Auskunft. Und das Dritte ist leider das Thema Datenschutz. Da mussten wir reparieren, wobei ich ein bisschen – schön formuliert – die Hände in unserer Unschuld wasche. Wir hatten das letzte Mal mit dem Datenschutzbeauftragten die Formulierung im Gesetz abgestimmt. Er stand danach nicht mehr zu seinem Wort.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Wir haben eine neue Formulierung. Ich hoffe, die ermöglicht jetzt das, was wir hier gemeinsam wollen, sprich schnellen Zugriff für die Bezirke.

Frau Schmidberger! Sie nannten das Thema Treuhänder. Das hatten wir in Berlin schon einmal. Kein einziger Bezirk hat die Treuhänderlösung genutzt, weil sie juristisch zu schwierig ist.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Es geht ja nur um eine Drohkulisse!]

Wir haben umfangreiche Auskunftsrechte, wir haben umfangreiche Möglichkeiten, an den Eigentümer heranzutreten. Im Übrigen haben wir auch hier – das haben wir jetzt nicht verschärft, weil die Strafen hier ebenfalls sehr umfangreich sind – hohe Ordnungswidrigkeitsentgelte. Wir hatten vorhin schon einmal ein Gesetz, wo wir das sehr hoch angesetzt haben. Hier ist es so, bisher haben wir keinen Bedarf, darüber hinauszugehen, weil es ja pro Vermietungsfall 50 000 Euro beträgt. Ich glaube, das ist eine nicht unerhebliche Strafsumme.

Kurz und gut, wir justieren hier bei einem Gesetz nach, wo wir eine zweijährige Übergangszeit hatten, übrigens deutlich kürzer als beim Spielhallengesetz. Insofern sind wir für uns in der Situation, dass wir zum Ende der Legislaturperiode sagen: Wir haben ein Instrument geschaffen, wir verfeinern und verbessern das Instrument, wir unterstützen die Bezirke deutlich. Die Senatsverwaltung für

Stadtentwicklung hat in der Angelegenheit umfangreiche Handreichungen, Coachings, Gespräche mit allen Bezirken durchgeführt. Ich kann nur sagen, ich glaube, das ist ein sehr erfolgreiches Regulierungsinstrument, wo wir jetzt in die entscheidende Phase gehen, wo der Bestandsschutz jetzt ausläuft. Dafür haben wir das Gesetz noch einmal nachjustiert. Ich glaube, hier heißt es: nicht meckern, sondern einfach mal anerkennen, dass wir die Dinge vernünftig gelöst haben. Insofern gehe ich davon aus, dass wir auch dieses Gesetz zügig und konstruktiv im Ausschuss beraten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Danke schön! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Kollege Prieß das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Liebe Gäste! Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz hat, wir haben es jetzt schon gehört, eine lange Geschichte, die sich durch die ganze Legislaturperiode zieht. Man muss dazu sagen, eingedenk der Diskussion von vorhin, es ist fast ein gleiches Wortungetüm wie das Mindestabstandsumsetzungsgesetz, aber das nur am Rande.

Nach zwei Jahren Zweckentfremdungsverbotsgesetz sieht man nun langsam ein, dass man mit dem Gesetzesentwurf damals einfach Käse gemacht hat

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Wäre schön, wenn es Käse wäre!]

und es nicht so richtig funktioniert. Wir haben es ja damals mit dem gemeinsamen Oppositionsänderungsantrag schon angedeutet. In der Diskussion haben wir schon darauf hingewiesen, dass z. B. diese Genehmigungsfiktion ein Problem darstellt, sobald die Anträge bearbeitet werden müssen. Damals wurde das in der Diskussion alles noch weggedrückt. Es wurde gesagt, das ist alles kein Problem. Wir stellen dann neue Leute ein, dann werden wir das auch lösen. Aber wir haben nichts davon gesehen. Es funktioniert einfach nicht. Wir sehen es hier. Die Änderungsanträge der Opposition von damals müssen jetzt in das Gesetz eingebracht werden, wenn auch in etwas anderer Form und leider nicht vollständig, aber das können wir in der Ausschussdiskussion noch erledigen.

Die Genehmigungsfiktion schafft die Möglichkeit, dass Antragsteller, die eine Zweckentfremdung ihres Gebäudes vorhaben, die Verwaltung gezielt überlasten, indem sie einfach gleichzeitig sehr viele Anträge stellen und es dadurch der Verwaltung unmöglich machen, innerhalb der gesetzlichen Fristen eine Genehmigung oder einen Widerspruch zu der Genehmigung zu erteilen. Das Problem bleibt aber bestehen, wenn die Genehmigungsfiktion

(Matthias Brauner)

im Gesetz so stehen bleibt. Es ist dann zwar nicht mehr diese Häufung von über 6 000 Anträgen da, die jetzt vorliegt und voll erwartbar war, aber es besteht auch dann noch die Möglichkeit, Zweckentfremdungsanträge in großer Zahl zu stellen und dadurch die Verwaltung zu überlasten. Die Verwaltung kann das nicht abfangen. Ich prophezeie, wenn es so wie im Änderungsantrag vorgeschlagen im Gesetz stehen soll, dann redet man in zwei Jahren wieder darüber.

Ein weiteres Problem mit dem Gesetz: Es greift nicht so richtig. Herr Brauner hat es ja angedeutet. Wir haben 6 300 angemeldete Ferienwohnungen. Die meisten Ferienwohnungen sind einfach in den illegalen Sektor abgewandert und werden illegal betrieben. Die Betreiber nutzen die Gelegenheit, dass die Verwaltung gar nicht hinterherkommt, diese illegalen Angebote aufzuspüren. An einem kleinen Schräubchen dreht man jetzt, indem man die Onlineanbieter dazu verpflichten will, ihre Anbieter aufzudecken. Aber es gibt ja schon jetzt Ausweichstrategien dieser Onlineanbieter, dass sie ihre Anbieter verschleiern. Das zeigt wieder das, was ich auch schon damals in der Debatte zum Zweckentfremdungsverbotsgesetz gesagt habe: Es ist ein stumpfes Schwert und schafft nicht das, was es schaffen soll.

Es gibt auch noch weiteren Änderungsbedarf. Frau Lompscher und Frau Schmidberger haben es schon angesprochen, z. B. die Regelung mit dem Ersatzwohnraum, die vollkommen unzureichend im Gesetz geregelt ist und im Falle des Abrisses dann einfach Luxuswohnraum schafft, der das Problem nicht löst.

Es gibt noch das weitere Problem mit dem spekulativen Leerstand. Auch dieses sind wir in dem jetzigen Zweckentfremdungsverbotsgesetz kaum angegangen. Auch das müssen wir bei der Nachbesserung noch anbringen. Das werden wir in der Ausschussdiskussion machen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung der Vorlage an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 13:

Drittes Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2713

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die Piratenfraktion. Herr Kollege Prieß! Sie dürfen gleich noch einmal. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Die Bauordnung: Das ist jetzt ein sehr technisches Thema. Die Anpassung an die überarbeitete Musterbauordnung von 2012 ist eine sinnvolle Angelegenheit. Auch die Angleichung der Bauordnungen von Berlin und Brandenburg ist eine sehr sinnvolle Sache. Das unterstützen wir. Das ist nicht das große Politikum, um das es hier geht. Über die Details können wir dann in der Ausschussdiskussion im Einzelnen reden. Aber wir haben ein wichtiges Kernanliegen, das wir in der Bauordnung von Berlin gern unterbringen würden und das vielleicht auch über die Zielsetzung der Musterbauordnung etwas hinausgehen würde. Aber das ist ja auch schon jetzt der Fall.

Ein wichtiges Thema ist für uns vor allem die Inklusion, und zwar die Herstellung von barrierefreien Wohnungen für Leute, die entweder durch Behinderung oder auch durch Alterserscheinungen nicht mehr in der Lage sind, die Wohnungen so zu benutzen, wie sie vor vielen Jahren einmal erstellt worden sind. Das ist uns ein Anliegen. Das ist auch bundesweit ein Problem, da durch das Generationenproblem immer mehr alte Menschen auch in Häusern leben, die für sie eigentlich nicht mehr so recht geeignet sind. Wir müssen dieses Problem auch in der Bauordnung anpacken. Es gibt dort schon kleine Schritte. Die Musterbauordnung schreibt jetzt eine barrierefreie Wohnung in einem Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen vor. Vorher waren es in der Berliner Bauordnung mehr als vier Wohnungen.

Es gibt gleichzeitig noch Regelungen, dass in Gebäuden mit einem Aufzug mindestens 30 Prozent der Wohneinheiten barrierefrei sein müssen und ab 2020 sogar 50 Prozent. Das bildet natürlich die künftige Entwicklung des Bedarfs ab, aber es reicht uns noch nicht aus, weil Inklusion bedeutet, dass im Grunde eigentlich alle Wohnungen, zumindest wenn sie mit einem Fahrstuhl erreichbar sind, barrierefrei erreicht werden müssten.

Barrierefrei im Wohnungsbau bedeutet allerdings – muss ich vielleicht für die erläutern, die nicht so ganz in der Sache drinstecken – nicht automatisch rollstuhlgerecht. Für rollstuhlgerechte Baustandards gibt es noch eine extra DIN-Norm, die auf der barrierefreien Bauweise beruht, aber durch größeres Platzangebot noch mehr Möglichkeiten für Rollstuhlfahrer schafft. Allerdings sollte man auch für diese Rollstuhlfahrer eine Quote einführen, die in der jetzigen Bauordnung noch nicht verankert ist. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen, dort diese Quote einzuführen, die die Möglichkeiten für Rollstuhlfahrer in der Bauordnung verankert. Ein Vorschlag von unserer Seite

wäre eine Quote von ca. 10 Prozent, aber über die Details müsste man sich in den Ausschussdiskussionen noch verständigen.

Ein weiteres Problem, das wir auch noch sehen, ist das Problem des Rückbaus bei rollstuhlgerechten Wohnungen. Im Augenblick ist die Situation so, dass Wohnungen, die von Mietern für ein Leben mit dem Rollstuhl rollstuhlgerecht hergerichtet wurden, nach Auszug dieser Mieter wieder in den Originalzustand zurückgebaut werden müssen und damit nicht mehr als rollstuhlgerechte Wohnungen bereitstehen. Wir wollen das über die Bauordnung ändern und dort verankern, dass eine einmal rollstuhlgerecht umgebaute Wohnung erhalten bleiben soll. Dafür werden wir im Ausschuss kämpfen und würden uns freuen, wenn Sie uns dabei unterstützen würden. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit! Und noch eine gute weitere Sitzung!