Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

Wenn Kollege Behrendt von der einen Oppositionsfraktion nur kritisieren kann, dass ihn die Formalien stören und wir heute so schnell darüber abstimmen müssen, nachdem das Vorhaben schon etwas älter ist,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Ach, Gott! – Heidi Kosche (GRÜNE): Zehn Jahre!] ]

und ansonsten Ehe und Familie nicht richtig ausgeprägt sind – dazu sage ich später etwas –, und sich Kollege Lederer von einer anderen Oppositionsfraktion zwar sachlicher und mit mehr Sachkunde als Herr Behrendt, aber am Ende auch nur daran stört, dass wir den Arrest aufrechterhalten haben, dann ist das wirklich wenig Kritik, was im Umkehrschluss heißt, dass wir offenbar so gut gearbeitet haben, dass selbst der Opposition nicht allzu viel dazu einfällt, was man daran aussetzen kann. Darum werden wir dieses Strafvollzuggesetz heute auch beschließen.

(Dr. Klaus Lederer)

Dem sind sehr umfangreiche Beratungen vorausgegangen, denn es gilt, gerade für den sehr sensiblen Bereich des Strafvollzugs einen vernünftigen Interessensausgleich zu erreichen. Die Belange der Opfer, der staatliche Strafanspruch, der Schutz der Allgemeinheit und der Anspruch auf Resozialisierung sind nicht in Widerspruch zu setzen, so wie es die Grünen permanent versuchen. Vielmehr sollten diese nebeneinander stehend und einander ergänzend das Fundament für einen guten und modernen Strafvollzug bieten, und das ist uns mit diesem Gesetzentwurf gelungen.

Die Änderungsanträge der Grünen, die in der Tat weitestgehend abgelehnt werden mussten, sind durchgehend geprägt von einem erschreckenden Misstrauen gegenüber den Bediensteten im Strafvollzug und den Richtern bei den Strafvollstreckungskammern. Dieses Misstrauen ist vollkommen unbegründet, es wird den Mitarbeitern, die dort einen harten Dienst tun, nicht gerecht. Deshalb können wir Änderungsanträgen, die einen solchen Duktus tragen, schon a priori nicht zustimmen.

Zu dem Vorwurf, wir Christdemokraten würden die im Grundgesetz verbürgte Stellung von Ehe und Familie nicht berücksichtigen, weil wir Ihren abenteuerlichen Änderungsanträgen nicht zugestimmt haben, kann ich nur Folgendes sagen: Sie konnten auch in der Ausschussberatung nicht ein Beispiel dafür nennen oder irgendwie deutlich machen, welche Relevanz Ihr Änderungsantrag überhaupt hat. Im Übrigen gilt – und das wissen Sie auch, Herr Behrendt –, dass etwas, was im Grundgesetz geregelt ist, nicht in einem einfachen Gesetz noch mal abgeschrieben werden muss. Das ist vollkommen überflüssig und keine handwerklich gute Arbeit.

Wir können den Grünen auch nicht zustimmen, wenn sie verpflichtende Ansprüche für Strafgefangene festschreiben wollen und damit der Verwaltung auch die Möglichkeit der Einzelfallprüfung durch Ermessensentscheidungen nehmen wollen. Dabei haben Sie auch vollkommen aus dem Blick verloren, dass Ansprüche, die man in Gesetze schreibt, auch finanziert werden müssen. Damit bin ich bei einem für mich sehr wichtigen Punkt. Es kommt nicht nur darauf an, irgendetwas in Gesetzen zu formulieren, sondern es kommt auch darauf an, was man macht.

Daran gemessen kann diese Koalition einiges vorweisen. Wir haben den Justizvollzug in den wenigen Jahren, in denen CDU und SPD hier gemeinsam regieren, sehr vorangebracht. Wir haben die Anwärter für den Justizvollzugsdienst entgegen den Planungen von Rot-Rot, Herr Kollege Lederer, übernommen und damit für eine personelle Entlastung gesorgt. Wir haben darüber hinaus weitere Einstellungen vorgenommen, denn ein guter Vollzug braucht Personal. Wir haben die Anwärtersonderzuschläge für Justizvollzugsobersekretärsanwärter auf den Weg gebracht, um auch in Zukunft gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen zu können. Wir werden

die Vollzugszulage für die Bediensteten im Justizvollzug erhöhen und damit zusammen mit den erheblichen Stellenhebungen, die wir bereits vorgenommen haben, unserer Anerkennung für die Bediensteten im Strafvollzug Ausdruck verleihen. Wir haben es geschafft, den schädlichen Mobilfunkverkehr in den Haftanstalten endlich einzuschränken, indem wir Mobilfunkblocker auf den Weg gebracht haben und diese weiter ausbauen werden. Und wir finden uns nicht mit Drogen im Strafvollzug ab, wie die Grünen es tun. Wir werden Drogenspürhunde einsetzen, um auch an dieser Stelle eine Verbesserung zu erreichen.

[Beifall bei der CDU]

Das sind nur einige Punkte, die ich nennen will und die aufzeigen, dass wir tatsächlich etwas erreicht haben.

Ein letzter Satz zu dem Pilotprojekt Digitalisierung. Es ist ja gar kein Geheimnis. Natürlich ist das ein Wunsch unseres Koalitionspartners. Das unterscheidet uns aber wiederum von den Grünen, denn wir sind in der Lage, miteinander zu reden und gemeinsame Ergebnisse zu erreichen. Wir versperren uns dem nicht.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Das hat man ja gesehen!]

Das ist kein Wunschprojekt der CDU, sondern es ist eines der SPD. Wir werden darauf achten, dass kein Missbrauch betrieben wird, dass keine unverhältnismäßig hohen Kosten entstehen und dass sich dort keine resozialisierungsschädliche Praxis einschleicht.

[Zuruf von den PIRATEN: Facebook-Hasskommentare!]

Unter Beachtung des vorher Gesagten kann man diesen Praxistest, wie ihn sich die SPD gewünscht hat, selbstverständlich versuchen. Wir werden ihn begleiten und auswerten. Beiden Anliegen kann also heute zugestimmt werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Piratenfraktion jetzt Herr Dr. Weiß – bitte schön!

Vielen Dank! – Da der Tagesordnungspunkt bzw. das eingebrachte Gesetz „Gesetz zur Weiterentwicklung des Berliner Justizvollzugs“ heißt, sei erst mal für diejenigen, die nicht so tief in der Materie sind, ein potenzielles Missverständnis ausgeräumt. Dieses Gesetz wurde vom Senat nicht eingebracht, um den Berliner Justizvollzug weiterzuentwickeln. Es wurde eingebracht, weil die Föderalismusreform die Verantwortung für das Thema Justizvollzug auf die Länder übertragen hat und Berlin als vorletztes der Bundesländer jetzt wirklich dran war, das selbstständig zu regeln.

(Sven Rissmann)

Ansonsten ist es so, dass der eingebrachte Antrag die existierenden Standards im Berliner Justizvollzug abbildet und nicht mehr. Das ist jetzt auch nicht meine oppositionelle Rhetorik, sondern das steht wörtlich so in der Gesetzesbegründung.

[Beifall von Dr. Klaus Lederer (LINKE) – Dr. Klaus Lederer (LINKE): Genau!]

Dabei hätte man ja das Bundesstrafvollzugsgesetz, das jetzt nicht mehr gilt und schon einige Jahrzehnte alt ist, auch wenn es seinerzeit ein großer Schritt nach vorne war, durchaus mal in diesem Rahmen systematisch evaluieren und weiterentwickeln können. Das haben die Länder insgesamt eher nicht gemacht. Allerdings hat Berlin dann nicht mal das gemacht, was zumindest einige Länder gemacht haben, nämlich zumindest in gewissen Punkten dahin gehend Überlegungen anzustellen, was man am Justizvollzug weiterentwickeln und wie man möglicherweise die Resozialisierung oder dem, was in der heutigen Zeit der Angleichungsgrundsatz bedeutet, Rechnung tragen kann. Auch in der Ausschussberatung hat die Koalition dann keine nennenswerten – der einzige Punkt wurde vorhin genannt, hatte allerdings auch mehr symbolischen Charakter, muss man sagen – Änderungen am Gesetzentwurf vorgelegt. Es ist in dem Sinne keine Weiterentwicklung, sondern eine Beibehaltung des Berliner Justizvollzugs.

Wir haben als Opposition eine ganze Reihe von Änderungsvorschlägen und -anträgen unterbreitet, die Sie alle abgelehnt haben. Einige Wichtige wurden schon angesprochen. Ich erwähne auch noch einmal die Abschaffung der Arbeitspflicht. Einige Bundesländer sind diesen Schritt gegangen. Damit verbunden ist auch eine Erhöhung der entsprechenden Entlohnung. Es ist an einigen Stellen eine Stärkung verbriefter Rechte gegenüber reinen Ermessensentscheidungen. Es ist in der Tat die Frage nach Kommunikationsmöglichkeiten, die Gefangene mit der Außenwelt haben, Telefonie und auch Internet.

An der Stelle möchte ich auch noch einige Worte zu dem Antrag, der jetzt auch seitens der Koalition mitgetragen wird, zu einem Pilotprojekt Internet im Vollzug sagen. Ja, das ist ein Schritt in die richtige Richtung, ohne Frage. Allerdings haben Sie sich hier auch nicht dazu durchringen können, im Gesetz eine entsprechende Regelung zu verankern, wie sie für andere Medien, Briefe, Telefon, vorhanden sind. Das Gesetz ist hier noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen.

Zweitens ist dieser Antrag, den Sie gestellt haben, auch nichts Neues, denn Sie haben bereits in den Haushaltsberatungen schon konkrete Mittel für ein solches Pilotprojekt eingestellt. Es wurde auch vor einigen Jahren schon einmal ein solches Pilotprojekt angekündigt. Passiert ist nichts. Es wird wahrscheinlich auch in dieser Legislaturperiode nichts mehr passieren. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Der Antrag ist überflüssig. Ich kann ihm zudem in seinen technischen Details einige Unge

reimtheiten entnehmen, weshalb ich jetzt meiner Fraktion nur empfehlen kann, sich zu enthalten.

Insgesamt ist das Ganze keine Weiterentwicklung. Es ist in dem Sinne eine verpasste Gelegenheit. Allerdings wird man sich das Thema Justizvollzug dann in Zukunft auch noch einmal anschauen müssen, wenn man Erfahrungen aus den verschiedenen Bundesländern hat und wenn man weiß, ob die Aussage des Senats, dass dieses Gesetz so, wie es jetzt vorgelegt wurde, keinen Personalmehrbedarf im Justizvollzug bedeutet, tatsächlich zutrifft. – Vielen Dank!

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Oppositionsfraktionen Drucksache 17/2783-1 abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Linke, Grüne und die Piraten. Gegenstimmen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? – Keine! Dann ist der Antrag abgelehnt.

Zu der Gesetzesvorlage Drucksache 17/2442 empfiehlt der Rechtsausschuss mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Annahme mit Änderungen. Wer der Gesetzesvorlage mit den Änderungen der Beschlussempfehlung Drucksache 17/2783 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Grüne, Linke und die Piraten. Enthaltungen? – Keine. Damit ist das angenommen. Damit ist das Gesetz zur Weiterentwicklung des Berliner Justizvollzugs so beschlossen.

Zum Antrag Drucksache 17/2769 Neu empfiehlt der Rechtsausschuss einstimmig bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen die Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und ein Kollege der Piraten. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Das ist der Rest der Piraten, sind die Grünen und die Linken.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 6 B:

Gesetz zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin – MindAbstUmsG Bln) sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Forschung und Technologie vom 14. März 2016 Drucksache 17/2790

(Dr. Simon Weiß)

zum Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU Drucksache 17/2714

Zweite Lesung

in Verbindung mit

Glücksspiel bringt Berlin kein Glück: Gesetzliche Vorgaben weiter schärfen und wirksam durchsetzen

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Forschung und Technologie vom 14. März 2016 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 16. März 2016 Drucksache 17/2796

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1641

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die zweite Lesung zum Gesetzesantrag und schlage vor, die Einzelberatung der vier Artikel miteinander zu verbinden – und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 bis 4 Drucksache 17/2714. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD. – Herr Kollege Buchholz, bitte schön, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Berlin ist seit Juni 2011 Vorreiter im Kampf gegen die Spielhallenflut. Wir haben damals in großer Einmütigkeit hier im Parlament mit über 90 Prozent der Abgeordneten das Berliner Spielhallengesetz verabschiedet. Es ist jetzt nach viereinhalb Jahren Zeit, dass wir Bilanz ziehen und schauen, was sich bewährt hat und was nach den Erfahrungen, was sich in der Spielbranche verändert hat, was im Gesetzesvollzug gut funktioniert hat und wo etwas nachgestellt werden muss, etwas angepasst werden muss. Darauf müssen wir heute reagieren.

Deshalb bin ich sehr froh, dass wir als Koalition, SPD und CDU, heute einen Parlamentsantrag vorlegen können, der zwei große Teile beinhaltet, eine deutliche Verschärfung des Berliner Spielhallengesetzes und ein Ausführungsgesetz Sonderverfahren, wie wir von bisher 535 Spielhallen mit den Abstandsregelungen, die nun nach fünf Jahren für alle gelten, auf die dann verbleibenden Spielhallen, dass dann von der ersten zur nächsten Spielhalle immer 500 Meter Abstand herrschen müssen, kommen. Wie wähle ich aus, welche Spielhalle übrig bleibt? Ich freue mich sehr, dass dieser große Tag heute da ist, dieses Gesetz zu ändern und zu verabschieden.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Zunächst zur Verschärfung, für die die Initiative bei unseren gemeinsamen Beratungen tatsächlich von der SPD

Fraktion ausgegangen ist. Ich will sie kurz referieren: Wir werden nach den Erfahrungen, dass sich die bisher verhängten Bußgelder oftmals, was die Wirksamkeit angeht, nicht wirklich bewährt haben, denn die Betreiber haben sich oftmals über die Beträge ins Fäustchen gelacht, über die 1 000 Euro, 2 000 Euro Bußgeld, den Bußgeldrahmen bei Vorsatz verzehnfachen, von 50 000 Euro auf 500 000 Euro im Extremfall. Das ist ein deutliches Zeichen, dass wir uns nicht von Betreibern, die sich nicht an Recht und Gesetz halten, auf der Nase herumtanzen lassen wollen. Wir wollen, dass das, was hier Gesetzesrang hat, auch von den Betreibern eingehalten wird.

[Beifall bei der SPD und der CDU]