Protokoll der Sitzung vom 14.04.2016

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin Schillhaneck! – Für die CDU ergreift jetzt das Wort der Kollege Schultze-Berndt, und er bekommt es auch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin den Piraten, Herr Morlang, sehr dankbar für diesen Antrag, weil er uns die Gelegenheit gibt, über diese riesigen Entwicklungen der letzten Jahre hier in Berlin zu sprechen. Nicht dass wir den Antrag notwendigerweise gebraucht hätten, aber die damit zusammenhängenden drei Minuten Redezeit sind sehr wichtig, um das auszudrücken, was uns alle bewegt. Was können wir tun, um das, was gut funktioniert oder noch nicht ganz gut funktioniert, positiv nach vorne zu bringen? – Deswegen mochte ich diesen negativen Ansatz von Frau Schillhaneck gerade gar nicht. Es geht gar nicht um das Gegeneinander, denn ich glaube, an dieser Stelle sind wir tatsächlich in einem Boot oder wir ziehen an einem Seil und auch noch in die gleiche Richtung. Wir wollen gerne das, was gut funktioniert, noch besser machen und bei dem, was eventuell noch ein bisschen Luft nach oben hat, die Luft rausnehmen und dafür Sorge tragen, dass da noch mehr PS auf die Straße kommen.

Ich kenne jemand, der kennt jemand, der war mal in einer Ausschusssitzung, und da hat jemand Candy Crush gespielt, als es gerade langweilig war.

[Zuruf von den PIRATEN]

Von wem kommt Candy Crush? – Von King. Und wo in Europa hat King das letzte Studio für die Spieleentwicklung entwickelt? – Das war Berlin. Die Gameswirtschaft in der Hauptstadtregion erwirtschaftet rund 1 Milliarde Euro Umsatz jährlich und hat fast 1 500 Unternehmen mit über 10 000 Beschäftigten in allen Stufen der Wert

schöpfungskette. Der Gamesmarkt in Deutschland wächst deutlich, Computer- und Videospiele machen in Deutschland längst mehr Umsatz als die Musik- und die Kinoindustrie. Ganz wichtige Trends setzen das Social-Gaming, also das Spielen in sozialen Netzwerken, sowie das sogenannte Cloud-Gaming, also das Spielen mit einem Browser im Internet. Aber auch der Bereich der virtuellen Welten, sogenanntes Edutainment und E-Learning, wächst in Berlin massiv. Mit den Verlagen Klett, Diddix, Cornelsen und Tivola gibt es einige auf Lernsoftware spezialisierte Publisher in Berlin, und darauf können wir zu Recht sehr stolz sein. Computerspiele sind – Herr Morlang hat es gesagt – seit 2008 als Kulturgut anerkannt. Der größte Umsatz wird nicht mit Kindern und Jugendlichen, sondern mit Erwachsenen gemacht. Der Erfolg der Spielbranche benötigt natürlich viele geeignete Fachkräfte und ein internationales Umfeld. Das ist von entscheidender Bedeutung. Hier hat Berlin viel zu bieten. Berlin ist eine Stadt, die niemals schläft, in der man um 22.00 Uhr noch frühstücken gehen kann und die künftig auch viel Industriekultur haben wird. Die Berliner Gamesindustrie ist führend in Deutschland. Mit dem Berliner Netzwerk games.net haben wir hier in der Region eine Organisation für gemeinsame Messevertretungen, Delegationsreisen und regelmäßige Geschäftstreffen.

Bundesweit beneidet wird Berlin um das Förderprogramm, mit dem hier vor Ort die Produktion von Spieleprototypen in jungen Firmen mit über 1 Million Euro unterstützt wird. Das Land Berlin fördert die Spieleindustrie mit einer Vielfalt von Programmen, die zum Teil speziell für die Kreativwirtschaft entwickelt wurden. Dazu gehören das Darlehensprogramm der Investitionsbank Berlin, das Innovationsprogramm ProFit, Beratungsprogramme, Coachbonus, die Tranferbonusprogramme, subventionierte Messeauftritte sowie Risikokapital aus dem Venture-Capital-Fonds Kreativwirtschaft. Hier haben große Umbrüche und Entwicklungsschritte stattgefunden, und wir als Berliner können stolz auf unsere Stadt sein. – Ich freue mich auf eine angeregte Diskussion im Ausschuss und vor dem Ausschuss, damit wir das Beste für die Wirtschaft daraus machen können. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Kollege Schultze-Berndt! – Für die Linksfraktion erhält Frau Matuschek das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Abend hole ich heute mal meine konservative Seite raus. Als ich den Titel „Spielbare Stadt“ las, habe ich gedacht: Eins der bekanntesten und populärsten Spiele ist nach wie vor „Mensch ärgere dich nicht“. Dazu gibt es auch Welt

(Anja Schillhaneck)

meisterschaften, die in der Kleinstadt Wiesloch in BadenWürttemberg stattfinden. Wollen wir jetzt die Weltmeisterschaften in „Mensch ärgere dich nicht“ nach Berlin holen? – Ich glaube, das war nicht der Sinn Ihres Antrags. Jedes Jahr findet kurz vor Ostern in Oberhof ein Spieleentwicklertreffen statt. Da kommen Hunderte Leute zusammen, die sich tatsächlich an Tische setzen, um Spiele auszuprobieren und zu entwickeln, die etwas Haptisches haben, z. B. Würfel- und Kartenspiele. Es geht um Spiele wie Siedler, bei denen Leute miteinander Face-to-Face – um in der Sprache zu bleiben, die die Spieleentwickler offenbar gerne benutzen – spielen und kommunizieren. Sie meinten sicher auch nicht, dass dieses Spieletreffen nach Berlin geholt werden sollte. Sie haben ja gesagt, dass es um Videospiele und die Gamesindustrie geht.

Da komme ich auf unsere letzte Debatte zurück, in der es um das Spielen und die Spielsucht ging. Ich habe bei der ganzen Euphorie über Start-Ups und Spieleentwickler in Berlin – inzwischen ein bemerkbarer Wirtschaftsfaktor – einen Hinweis darauf vermisst, dass wir, wenn wir daran denken, das weiter zu fördern, gleich die Kehrseite mitdenken müssen: Es gibt auch Spielsucht im Internet, im E-Sport, wie Sie es nennen. Daran sollte man denken, wenn man euphorisch sagt, die Spieleindustrie muss in Berlin gefördert werden, weil sie so dynamisch ist. Das ist das Wasser, das ich in den Wein gieße. Es ist zweifellos richtig, dass die Spielentwicklungsindustrie in Berlin ein wichtiger Faktor ist.

Frau Kollegin, ich darf Sie kurz unterbrechen! – Können wir bitte zwei Minuten vor Schluss noch einmal den Geräuschpegel senken und Frau Matuschek zuhören!

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Lieber Jochen Esser! Ich spiele wirklich gerne „Mensch ärgere dich nicht“. Das tue ich.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Lars Oberg (SPD)]

Ich ärgere mich dabei nicht, aber ich schätze den kommunikativen Aspekt dabei. – Ernsthaft: Die Spieleindustrie ist ein Teil des sogenannten IKT-Clusters, in dem Informations- und Kommunikationstechnik und Kreativwirtschaft gebündelt sind. Der Ernst des Antrags, den ich daraus entnehme, ist, dass wir über die Struktur und die Mechanismen dieses Clusters reden müssen. Da fehlt sehr viel Wissen, was da konkret passiert. Der ClusterManager ist in Berlin noch nicht gesehen worden. Das ist ein gemeinsames Cluster mit Brandenburg. Die künstlerisch Kreativen fühlen sich zum Teil an die Wand gedrückt, weil die Spieleindustrie in diesem Cluster inzwischen tatsächlich überproportional vertreten ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Reinhardt?

Nein! Am Ende des Tages brauche ich keine Zusatzfrage mehr. – Über die Struktur dieses Clusters müssen wir reden. In dem Sinne kann ich mich auch gut mit der Idee anfreunden, über eine Studie oder Ähnliches mehr Wissen dazu zu erlangen, was in diesem gesamten Cluster passiert. Darüber können wir dann im Ausschuss gerne reden.

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 18 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Nummer 3.2. Der Tagesordnungspunkt 19 war Priorität der Fraktion Die Linke unter Nummer 3.3. Tagesordnungspunkt 20 wurde in Verbindung mit der Aktuellen Stunde behandelt. Tagesordnungspunkt 21 war Priorität der CDU unter Nummer 3.1. Tagesordnungspunkt 22 war Priorität der Piratenfraktion unter Nummer 3.4. Der Tagesordnungspunkt 23 steht auf der Konsensliste.

Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Das war unsere heutige Tagesordnung. Die nächste, die 80. Sitzung findet am Donnerstag, dem 28. April 2016 zur gewohnten Zeit, um 11.00 Uhr, statt. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Heimweg!

Die Sitzung ist geschlossen.

[Schluss der Sitzung: 18.47 Uhr]

(Jutta Matuschek)

Anlage 1

Konsensliste

Vorbehaltlich von sich im Laufe der Plenarsitzung ergebenden Änderungen haben Ältestenrat und Geschäftsführer der Fraktionen vor der Sitzung empfohlen, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:

Lfd. Nr. 7:

Ankommen – Teilhaben – Bleiben. Flüchtlingspolitik für Berlin. Hier: Flüchtlingen mit pädagogischer Qualifikation Tätigkeitsfelder in Kita und Schule eröffnen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 10. März 2016 Drucksache 17/2799

zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2268

mehrheitlich – gegen GRÜNE, LINKE und PIRATEN – auch mit Änderung abgelehnt

Lfd. Nr. 11:

Freies WLAN ermöglichen, bei der Änderung des Telemediengesetzes (Zweites Telemedienänderungsgesetz – 2. TMGÄndG) umsteuern!

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit vom 14. März 2016 Drucksache 17/2803

zum Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/2258

einstimmig – mit allen Fraktionen – in neuer Fassung angenommen

Lfd. Nr. 12:

Luftverkehrsgesetz verbessern: Stärkerer Lärmschutz für die Bevölkerung

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt vom 16. März 2016 Drucksache 17/2804

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0887

mehrheitlich – gegen GRÜNE, LINKE und PIRATEN – auch in geänderter Fassung abgelehnt

Lfd. Nr. 23:

Bürgerleitlinien und die Prozessempfehlung 2016 für die Berliner Mitte

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2811

an StadtUm (f) und BauVerk

Anlage 2