Ich eröffne die erste Lesung. Auch hier ist keine Beratung vorgesehen. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Gibt es hierzu Widerspruch? – Den gibt es nicht. Dann verfahren wir so.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen vom 7. April 2016 Drucksache 17/2831
Dieser Antrag soll nunmehr heute vertagt werden. Gibt es hierzu Widerspruch? – Gibt es nicht. Dann ist der Antrag vertagt.
Besondere Situation geflüchteter Frauen berücksichtigen, spezifische Angebote zur Integration und Partizipation sichern
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen vom 7. April 2016 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 27. April 2016 Drucksache 17/2870
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Berlin verfügt über eine breitgefächerte Fraueninfrastruktur mit hochprofessionell arbeitenden Expertinnen. Obwohl nie bedarfsgerecht ausgestattet und nur untertariflich bezahlt, haben die Frauenprojekte ihre Angebote kontinuierlich weiterentwickelt und immer mit Blick auf die realen Bedingungen vorangebracht. In Berlin gibt es ausreichend Möglichkeiten, frauenspezifische Angebote für Flüchtlinge zu machen.
Unser Antrag hat das Ziel, geflüchtete Frauen für den Arbeitsmarkt fit zu machen und ihnen ein selbstständiges Leben zu ermöglichen. Das schließt auch ein, dass sie natürlich auch menschenwürdig untergebracht werden. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie bitten – weil Frau Vogel auch noch reden wird –, mir zu erklären, wie Sie das zusammenfügen können, wenn Sie begründen, warum Sie unseren Antrag ablehnen, dass Sie als CDUKreisvorsitzende bei einer Demonstration gegen Flüchtlingsunterkünfte Seite an Seite mit NPD-Mitgliedern mobil gemacht haben.
Scheinbar – wir setzen uns mit dem Antrag für geflüchtete Frauen ein – wollen Sie tatsächlich am rechten Rand fischen.
Ihre Rechnung, damit Stimmen zu fangen, wird, glaube ich, Frau Vogel, nicht aufgehen, da die Wählerinnen und Wähler leider lieber das Original wählen, also NPD oder AfD.
Sie jedoch machen mit Rechtspopulisten diese neofaschistische Partei salonfähig. Ich finde das widerwärtig und kann das auch nicht nachvollziehen, wenn Sie nachher zu diesem Antrag reden. Das muss ich hier deutlich machen.
Unser Antrag zielt darauf, dass wir Frauen für ein selbstständiges Leben fit machen wollen und damit die bestehende Infrastruktur der Frauenprojekte für diese Integrationsarbeit ausstatten. Das muss viel stärker gefördert werden. Immer noch arbeiten die Mitarbeiterinnen in den Frauenprojekten ohne tarifgerechten Lohn. Mit dem Haushalt 2016/17 hat der Senat leider wieder einmal die
Chance verpasst, Frauenprojekte bedarfs- und tarifgerecht auszustatten. 12,4 Millionen Euro stehen als pauschale Mittel für die Finanzierung der Flüchtlingsarbeit zur Verfügung. Wir fordern, dass 10 Prozent, also 1,24 Millionen Euro, für die Erweiterung von Angeboten für Frauen verwendet werden. Diese sollen Flüchtlingsfrauen den Zugang zur bestehenden Berliner Infrastruktur ermöglichen.
Frau Senatorin Kolat verwies im Ausschuss darauf, dass 3,7 Millionen Euro der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen für die Flüchtlingsarbeit bereitstehen. Diese Mittel seien für geflüchtete Frauen eingesetzt worden. Verteilt man aber diese Mittel auf die vier Bereiche, die ich schon genannt habe, so wären es gerade einmal 930 000 Euro für den gesamten Frauenbereich. Dabei bleibt nicht viel für die Erweiterung der Angebote der Frauenprojekte übrig. Einmal mehr wird deutlich, dass der Frauensenatorin der politische Wille fehlt, die Situation geflüchteter Frauen in den Fokus zu nehmen.
Sie haben sich einfach, Frau Senatorin Kolat, wenn Sie mir jetzt zuhören, mit der Höhe der Mittel zufrieden gegeben. Dabei haben Sie ein großes Ressort – ich habe es aufgelistet – und hätten tatsächlich Ihren Anspruch geltend machen können und müssen. Das haben Sie leider wieder mal nicht gemacht.
Darüber hinaus trafen Sie eine Aussage im Ausschuss, die ich überaus befremdlich fand und die Vertreterin des Berliner Frauennetzwerks ebenso. Sie als SPD-Senatorin haben sich ganz in CDU-Manier von der Doppelstrategie bezüglich der Geschlechtergerechtigkeit verabschiedet. Stattdessen spielen Sie Gender-Mainstreaming und die strukturelle Förderung der Frauenprojekte gegeneinander aus. Dabei haben wir in unserer gemeinsamen Regierungszeit immer den Grundsatz vertreten, eine Doppelstrategie zu fahren, die beides beinhaltet, denn es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-alsauch. Solange es die strukturelle Diskriminierung von Frauen gibt, brauchen wir diese Doppelstrategie. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Sommer! – Für die SPD-Fraktion hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Czyborra. – Bitte!
Und ich möchte darauf hinweisen, dass im Plenarsaal bitte nicht fotografiert wird. Das war bis jetzt immer so Grundregel untereinander. – Danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute schon einiges an Party und Klamauk gehört. Ich hoffe, wir reden jetzt hier sehr ernsthaft, wie es den Frauen in ihrer sehr schweren Lage gebührt.
In der Grundintention sind wir in diesem Haus überwiegend einig, nämlich die Integration in unsere Gesellschaft, in den Arbeitsmarkt, ein selbstbestimmtes Leben, Partizipation in der Gesellschaft für alle Geflüchteten zu ermöglichen und dabei auch die Frauen nicht zu vergessen, sondern selbstverständlich ganz prominent mitzunehmen. Eigenartig bleibt für mich nichtsdestotrotz immer noch der Ansatz des Antrags, pauschal 10 Prozent an Projekte der Fraueninfrastruktur zu geben.
Entlang dem Masterplan Integration – immerhin 76 Seiten – führen die Senatsverwaltungen Gespräche, um zu konkretisieren, um zu vertiefen, um weiterzuentwickeln. Wir werden in den nächsten Jahren auch sehen, dass dieses Thema eine permanente Weiterentwicklung braucht. Die Projekte arbeiten Angebote aus. Alle Anträge müssen auf gleichstellungspolitische Ziele überprüft werden. Und dann müssen wir natürlich auch das Geld bereitstellen. Alle Maßnahmen müssen dabei gendergerecht ausgerichtet werden, ob sie nun von Projekten der Fraueninfrastruktur, die im Frauenhaushalt verortet sind, oder von Projekten, die in anderen Haushalten ihren Platz finden, durchgeführt werden.
Ich will den Punkt Studienplätze herausgreifen: Da sehen wir, dass in den bisher laufenden Maßnahmen, Geflüchtete in den Universitäten ankommen zu lassen und weiterzuqualifizieren, Frauen bislang weitgehend fehlen. Das kann uns nicht gefallen. Da müssen wir ganz intensiv Maßnahmen entwickeln, um das zu ändern, zu sehen: Warum ist das so? Liegt es an der Vorqualifikation? Oder liegt es daran, dass der Weg in die Universitäten für die Frauen schwerer ist?
Ich will den Masterplan hier nicht noch mal vorsingen. Ich glaube, fast alle in diesem Haus können tatsächlich lesen. Es sind dort sehr viele Träger und Maßnahmen angesprochen: Willkommen-in-Arbeit-Büros, Integrationslotsinnen, Integrationsbüros, mobile Bildungsberatung, Jugendberufsagenturen. All dies sind Einrichtungen, die diesen Weg für die jungen Menschen, aber auch für die älteren Menschen in den Arbeitsmarkt begleiten und ermitteln sollen, wie weiter geholfen werden kann.
Diese Erkenntnisse und Erfahrungen müssen wir permanent rückkoppeln, und natürlich müssen wir auch gucken: Wo sind die Kompetenzen in dieser Stadt? Wir haben die starken Frauen in den Projekten. Wir haben da die Qualifizierung. Das weiß Frau Sommer, das wissen wir auch. Wir werden uns als SPD im Bund dafür einsetzen, wir tun das permanent, dass die Angebote für Bildung, In
tegration und Partizipation ausreichend finanziert werden. Wir werden eine bedarfs- und gendergerechte Projektfinanzierung bereitstellen und uns damit spätestens in den nächsten Haushaltsberatungen wieder beschäftigen.
Grundlage für jegliche Partizipation bleibt jedoch, dass jede geflüchtete Frau, um am öffentlichen Leben zu partizipieren, die Sicherheit braucht, hier willkommen zu sein und sich mit oder ohne Kopftuch frei von Übergriffen bewegen zu können, ohne fremdenfeindlich angegriffen zu werden. Ohne diese Sicherheit werden wir keine Integration und Partizipation erreichen können. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Dr. Czyborra! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Bayram. – Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Geflüchtete, das Thema Frauen, auch geflüchtete Frauen haben wir hier häufiger behandelt. Jetzt hat die Linksfraktion einen Antrag eingebracht, der einen Aspekt herausstellt, der auch uns und meiner Fraktion sehr wichtig ist, denn es geht darum, dass es, wenn mehr Menschen in der Stadt sind, insbesondere geflüchtete Menschen, auch mehr Bedarf bei der Beratung und Unterstützung geben wird. Insoweit geht es bei dem Thema um Gleichstellung von Frauen, unabhängig davon, welcher Herkunft sie sind. Und das ist erst einmal richtig.
Frauen auf der Flucht sind besonders betroffen: von Gewalt, von Missbrauch, von Leid, das sie und mit der Verantwortung für ihre Kinder die Familien erfahren. Deswegen ist es wichtig, dass es aufhört, wenn sie in Berlin ankommen. Dafür brauchen wir Antidiskriminierungs- und Empowermentinstrumente. Genau das bieten die Frauenberatungsstellen, die Frauenhäuser und alles, was da mit dranhängt. Und spannend finde ich, dass wir viele Diskussionen zu dem Thema haben, wie Integration gelingt und wie wir gerade Frauen aus dem muslimischen Kulturkreis oder den muslimischen Ländern stärken. Da wäre es gerade richtig und wichtig, zu sagen: Wenn selbst Konservative so etwas anführen, es ernst meinen, dann müssten sie doch sofort diesem Antrag zustimmen, weil es genau darum geht, die Frauen in den Stand zu versetzen, ihre Frauenrechte, die ihnen nach dem Grundgesetz zustehen, tatsächlich geltend zu machen.
Daher kann man den Antrag hier nur unterstützen. Selbst wenn Sie ihn heute ablehnen, wie Sie das schon im Ausschuss getan haben, dann sollten Sie, liebe Frau Kolat, dennoch dafür sorgen, dass die Arbeit getan wird und sie sich als Frauensenatorin gegenüber den anderen in der Senatstruppe durchsetzen. Denn es ist der Bedarf da. Und mit den bestehenden Strukturen und Ressourcen können die Beratungsstellen das so nicht leisten. Wir haben mehr Bedarf, das heißt, wir müssen auch mehr Mittel zur Verfügung stellen.