[Kurt Wansner (CDU): Und das sagt die SED! – Heiterkeit bei der CDU – Evrim Sommer (LINKE): Guten Morgen, Herr Wansner! – Zurufe von der LINKEN]
Zwei? – Ach so! – Kollege Melzer! Es waren nur zwei Kurzinterventionen. Das ist sozusagen verbraucht. – Kollegin Vogel erwidert nicht.
[Elke Breitenbach (LINKE): Deutlicher kann man es nicht sagen! – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]
Auch der Kollege Kowalewski hat das Recht, ungestört zu reden. Ich bitte, die Zwischenrufe zu unterlassen, auch bei seiner Rede! – Bitte sehr!
Vielen Dank, verehrter Herr Präsident! – Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dank der Berliner Bevölkerung hatten wir hatten in diesem Haus lange Zeit das Privileg, uns ohne Rechtsradikale über Flüchtlingsthemen unterhalten zu dürfen. Dass das jetzt, vier Monate vor der nächsten Wahl, ein Ende finden soll, finde ich erschreckend.
Aber zum Thema! Wir wissen aus der Anhörung zu diesem Thema im Ausschuss für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen, dass wir kaum etwas über die Situation von geflüchteten Frauen wissen, weil es nirgendwo Erhebungen gegeben hat. Aus Stichproben und aus der Erfahrung der Menschen, die mit geflohenen Frauen arbeiten, können wir aber schließen, dass ein großer Teil von ihnen von verschiedenen Formen von Gewalt betroffen ist.
Seit Anfang der Legislaturperiode weisen wir beispielsweise auf die prekäre Situation der Berliner Frauenhäuser hin, genauso lange wiegelt die Koalition das Thema ab. Deswegen hat sich auch nichts verändert. Die Frauenhäuser sind überbelegt, seit drei Jahren pausenlos, und den Antrag, der das ändern soll, haben wir gerade vertagt. Wobei: Im Berliner Haushalt sind lediglich 0,1 Prozent des Gesamtvolumens für den Bereich Frauen und Gleichstellung vorgesehen, also zwei Größenordnungen weniger als das, was in diesem Antrag gefordert wird. Vielleicht kommt es deswegen manch einem ein wenig viel vor.
Hilfesuchende Frauen bekommen oft zu hören, sie sollten die Zähne zusammenbeißen und die gewalttätige Situation noch ein bisschen aushalten. Oder sie werden in Notunterkünfte für Obdachlose gebracht und morgens wieder schutzlos auf die Straße gesetzt – und das mit minderjährigen Kindern und im „familienfreundlichen Berlin“! Das betrifft bereits Frauen, die der deutschen Sprache mächtig und mit der deutschen Bürokratie aufgewachsen sind. Wie soll es dann erst denen gehen, die diese Privilegien nicht haben?
Wir müssen nicht nur die Situation im Gewaltschutzbereich insgesamt deutlich verbessern, sondern den Frauen in den Unterkünften aktiv die Antigewaltmaßnahmen erklären und ihnen helfen, sie auch zu nutzen. Das müssen wir natürlich auch in allen anderen Bereichen tun. Das Beratungs- und Unterstützungsangebot müssen wir durch Beraterinnen verbessern, die die Sprache der geflüchteten Frauen sprechen. Wir brauchen Kinderbetreuungen für geflüchtete Mütter, damit diese die Möglichkeit haben, Termine und Kurse wahrzunehmen oder vielleicht
sogar, um studieren zu können. In allen Feldern braucht es auch Angebote allein für Frauen, um traumatisierten Gewaltopfern die Teilnahme überhaupt erst ermöglichen zu können.
Gerade deswegen ist es so skandalös, dass wir es in Berlin schaffen, ein funktionierendes, europaweit einzigartiges und von Geflüchteten selbst organisiertes Integrationsprojekt wie den Wagenplatz Kanal, der all diese Aufgaben erfüllt und den Senat keinen roten Heller kostet, einfach plattzumachen, um an dieser Stelle ein Massenlager hinzuklotzen – und die bürgerliche Presse klatscht dazu Beifall! Das zeigt deutlich, dass es scheinbar nicht gewünscht ist, wenn Geflohene, vor allem geflohene Frauen, aber eben auch Trans- oder Intersexuelle, einen Zugang zu selbstbestimmter Ausbildung und Arbeit bekommen. Geflohene Menschen sind aber genau das: Menschen, Menschen mit Wünschen, Träumen, Ideen und auch Problemen, die Menschen eben haben. Die kann man nicht einfach in Container einlagern wie Stückgut.
Viele sind traumatisiert – von der Situation, vor der sie geflohen sind, aber auch von dem Weg, den sie zurückgelegt haben, bis sie Berlin erreichten, schutzlos auf der Suche nach irgendeinem Loch im Zaun des Europas, das sich in seiner PR als Hort der Menschenrechte darstellt, ihnen aber an seinen Außengrenzen deutlich zeigt, dass es sie nicht haben will, dass es nicht helfen will und dass es Autokraten bezahlt, die sie an der Grenze erschießen lassen. Gerade Frauen, die das erlebt haben, brauchen deutlich bessere, auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Hilfe, niedrigschwellig, in ihrer Sprache und sensibel gegenüber ihrer Kultur.
Deutschland hat 2011 die Istanbul-Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ratifiziert, und die ist rechtlich bindend. Es gibt eine EU-Konvention zum Schutz besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge und die Aufnahmerichtlinie, gegen die in Berlin täglich verstoßen wird. Die aktuelle Situation ist also nicht nur katastrophal, sondern auch illegal.
Tun Sie endlich was dagegen, und stimmen Sie für diesen Antrag! Es ist zumindest ein erster und dringend benötigter Schritt. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem, was eben gesagt wurde, habe ich das Bedürfnis, einige Sachen klarzustellen.
[Zurufe: Nur auf den Vorredner beziehen! – Heiko Herberg (PIRATEN): Eine Kritik an dem Präsidenten ist nicht erlaubt!]
Ja, Herr Präsident! Das war mein erster Satz. Ich habe eben fortgefahren mit „Herr Kowalewski“, und das war der Vorredner.
Herr Kowalewski! Sie haben eben in Richtung meiner Kollegin gesagt, sie sei rechtsradikal. Ich möchte das persönlich und auch im Namen der CDU-Fraktion in aller Deutlichkeit zurückweisen.
Ich finde, Sie hätten eine gute Chance gehabt, das auch zu hören, wenn Sie nicht laut geschrien hätten, sondern den sachlichen Ausführungen zu dem eigentlichen Antrag zugehört hätten. Sie werden in keinem Wortbeitrag, der hier eben geliefert wurde, auch nur die Spur von Rechtsradikalismus finden, sondern eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema.
Zweitens würde ich – und ich bin viele Jahre in diesem Parlament Mitglied – gerne zu der Art und Weise, wie hier gerade die Auseinandersetzung geführt wurde, ein paar Worte verlieren. Ich finde es unerträglich, dass hier in einer lautstarken Art und Weise versucht wird, Redner niederzuschreien.
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Inwiefern bezieht sich das auf den Vorredner?]
Kollege Dietmann! Darf ich Sie kurz unterbrechen! Die Zwischenbemerkung muss sich immer auf den Vorredner beziehen!
Und frei gewählte Abgeordnete sollten das Recht haben, an dieser Stelle das zu sagen, was sie für richtig halten, ohne unterbrochen zu werden. – Herzlichen Dank!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kowalewski! Ich möchte gerne auch auf Ihre Rede eine Zwischenbemerkung machen und genauso wie der Kollege vor mir, Herr Dietmann, auf die Art und Weise eingehen, wie wir hier miteinander reden.
Wir haben hier einen klaren Sachverhalt. Eine Abgeordnete dieses Hauses hat mit der NPD gemeinsam gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Altglienicke demonstriert.
Sie wollten uns doch gerade Benehmen beibringen. Dann hören Sie mir doch bitte auch zu! – Frau Vogel hat mit Neonazis gemeinsam gegen Flüchtlinge – –