Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Albers. – Bitte sehr!
Für die Zukunft gehen wir weg von der ausschließlichen Anbindung der Krankenhauspreise an die Einnahmeentwicklung der Krankenkassen. Zukünftig wird hierzu ein neuer Orientierungswert zu berücksichtigen sein, der die krankenhausspezifische Kostenentwicklung besser abbildet …
So Ulla Schmidt, Gesundheitsministerin der großen Koalition, in einer Pressemitteilung anlässlich der Verabschiedung des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes am 18. Dezember 2008. Sie mögen es also drehen und wenden, SPD und CDU sind den Krankenhäusern gemeinsam im Wort. Bis heute haben Sie diese Zusage nicht eingehalten, bis heute folgen Sie Ihrer eigenen Gesetzgebung nicht. Nach wie vor legt die Bundesregierung jeweils zum 15. September eines Jahres mit der Veränderungsrate die Obergrenze für den Einnahmezuwachs der Krankenhäuser bundesweit fest. Nach wie vor orientiert sich dieser Wert nicht an der realen Kostenentwicklung der Häuser, nach wie vor basiert er einzig auf den Einnahmesteigerungen, die die gesetzlichen Krankenkassen aus den Beiträgen ihrer Mitglieder im jeweils vorausgegangenen Jahr erzielt haben. Nach wie vor ist die ausreichende Finanzierung unserer Krankenhäuser damit allein von der Lohnentwicklung der abhängig Beschäftigten in diesem Land abhängig.
Diese Regelung sollte mit dem Jahr 2011 endlich ausgesetzt werden. Das Statistische Bundesamt sollte bis zum 30. Juni einen Krankenhauskostenorientierungswert festlegen, der sich zeitnah an dem tatsächlichen Aufwand der Häuser, u. a. für Energie, Personal und Sachkosten, orientieren und damit der spezifischen Kostensituation und der realen Kostenentwicklung der Krankenhäuser zukünftig besser gerecht werden sollte. – Denkste! Weil für die Krankenkassen erhebliche Einnahmeverluste prognostiziert wurden, hielt die schwarz-gelbe Bundesregierung weiter an der alten, untauglichen Regelung fest. Und nicht nur das, sie kürzte auch gleich noch den ohnehin
nicht ausreichenden Zuwachs von 1,15 Prozent für 2011 um 0,25 Prozent und den für 2012 von 1,98 Prozent um 0,5 Prozent auf 1,48 Prozent. Die zugestandenen 0,25 Prozent für 2011 entsprachen einem Plus von gerade einmal 150 Millionen Euro, der für 2012 vorgesehene Zuwachs von 1,48 Prozent, der allein schon durch die Teuerungsrate aufgefressen wird, bedeutet für die Kliniken bundesweit gegenüber dem zugesagten Aufwuchs von 1,98 Prozent de facto einen Verlust von 600 Millionen Euro. Geld, das sie aktuell dringend benötigen, um in moderne Technik, Struktur, aber auch in qualifiziertes Personal zu investieren. Allein die Tariferhöhungen für die Ärzte macht ab Januar 2012 linear 2,9 Prozent aus. Doch die Bundesregierung hält an ihrer Kürzungsvorgabe für 2012 fest, und das, obwohl die gesetzlichen Kassen entgegen den Prognosen keineswegs ein Defizit von 11 Milliarden Euro, sondern einen Überschuss von 3,9 Milliarden Euro erzielt haben. Der Deutsche Städtetag hat deshalb im November 2011 an die Bundesregierung appelliert, ihre Einsparvorgabe zurückzunehmen.
Mit unserem Antrag greifen wir diese Initiative auf. Berlin kommt seinen Investitionsverpflichtungen aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz bereits seit Jahren nicht mehr nach. Die Berliner Krankenhausgesellschaft hat in einer gemeinsamen Analyse mit der Gesundheitsverwaltung den jährlichen Investitionsbedarf für die Berliner Kliniken auf ca. 200 Millionen Euro beziffert – angesichts der Haushaltssituation eine Summe, die wir in dieser Höhe auch zukünftig nicht werden aufbringen können. Notwendige Investitionen leisten die Krankenhäuser deshalb unter schwierigsten Bedingungen, zumeist in eigener Regie. Mit Verlaub, das sei noch einmal deutlich gesagt, um den ihnen öffentlich auferlegten medizinischen Versorgungsauftrag für die Menschen in dieser Stadt zu erfüllen. Gleichzeitig werden politisch ständig neue Ansprüche an die Krankenhäuser gestellt, z. B. im Hinblick auf die Patientensicherheit. Ich erwähne nur Ihre bereits angekündigte Rechtsverordnung zum Infektionsschutz, Herr Senator. Das macht alles Sinn, aber das kostet auch Geld. Hier wird bestellt, aber nicht bezahlt. Unterstützen Sie deshalb unseren Antrag und schließen Sie sich der Forderung des Deutschen Städtetages nach einer Rücknahme der Kürzungsvorgaben für 2012 an. Eine bittere Botschaft zuletzt: Früher oder später benötigen wir alle wohl einmal die Hilfe eines Krankenhauses, und früher oder später werden Sie dann alle sehr froh sein, nicht an der falschen Stelle gespart zu haben. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Für die Fraktion der SPD hat nun der Abgeordnete Herr Isenberg das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 4,7 Millionen Beschäftigte arbeiten im deutschen Gesundheitswesen, 1,1 Millionen davon in den Krankenhäusern. Die Berliner Krankenhausversorgung behandelt jährlich 750 000 Patientinnen und Patienten stationär, hinzu kommen 1 Million Fälle in den Notfallversorgungen. Wir haben einen Umsatz von über 3 Milliarden Euro im Jahr, der dieses zu einer zentralen Säule des Berliner Gesundheitswesens werden lässt. An dieser Stelle gebührt den Beschäftigten unser Dank,
die diesen Dienst häufig an der Grenze ihrer Möglichkeiten verrichten und keineswegs in toto überbezahlt sind, sondern häufig diejenigen sind, die für die Mehrheit der Gesellschaft ihren Rücken krumm machen. Herzlichen Dank, dass Sie sich für uns so einbringen, wie Sie es tun!
Zu dieser Würdigung gehört auch die Erkenntnis, dass auch wir parteiübergreifend in unseren Sanierungsbemühungen, die wir die letzten 20 Jahre angestellt haben, die Häuser teilweise auf Kosten der Beschäftigten saniert haben. Wir haben 20 Jahre lang die Hälfte der Strukturen im Krankenhaus abgebaut, wir haben einen Prozess eingeleitet, der nicht rückgängig zu machen ist, weil er bundesweit so ist, es sei denn, man würde die bundesweiten Rahmenbedingungen ändern. So sind Teilbetriebe outgesourct worden. Ich habe letzten Dezember über 60 Gespräche mit den Beschäftigten der CFM geführt – meine höchste Wertschätzung für das, was da unter Bedingungen gemacht wurde, dass man sich wundern kann, dass überhaupt noch Gesundheit produziert wird. Das ist wirklich toll, was da trotz allem geleistet wird; wir müssen uns mehr dafür einsetzen, den Rücken der Beschäftigten zu stärken.
Die Kosten des Berliner Krankenhauswesens haben wir in den 20 Jahren gesenkt. Wir haben ein Niveau erreicht, das sich auch bei den Krankenkassen bundesweit im Durchschnitt und nicht mehr an der höchsten Stelle bewegt.
Bei Vivantes hat der letzte Senat bereits gesagt, Vivantes darf Gewinne, sofern welche anfallen, behalten und muss diese nicht an die Landeskasse abführen, was wir von anderen kommunalen Unternehmen durchaus einfordern. Wir haben Vivantes ermöglicht, Investitionen zu tätigen, und dabei ein Landesbürgschaftsprogramm auferlegt – auch etwas, was dringend notwendig war. Gleichzeitig haben wir investiert bei der Charité, diese saniert. Die Charité weist in diesem Jahr erstmalig auch einen Gewinn von 8 Millionen Euro aus, statt 57 Millionen Euro Defizit im Jahr 2008. Mit der Laborfusion sind die wichtigen Weichenstellungen eingeleitet worden, um noch mehr zusammenzuarbeiten, um auch günstiger zu produzieren und letztendlich die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.
Ich stehe zu dem gesundheitspolitischen Programm, das die rot-schwarze Koalition verabschiedet hat. Wir alle in der Koalition stehen dazu, und ich finde es gut, wie unser Senator die programmatischen Punkte abarbeitet,
die wir gemeinsam beschlossen haben. Dazu gehört, dass wir die Leitlinien des Mitarbeiter- und Patientenschutzes in den Krankenhäusern weiter ausbauen werden – so werden beispielsweise die Bemühungen im Bereich des Infektionsschutzes und Hygiene fortgeführt. Wir werden Pflege zum Topthema im Gesundheitswesen machen.
Wir werden das Entlassungsmanagement – dass die Leute in nachfolgenden Kliniken besser als bisher behandelt werden – weiter ausbauen, und wir stehen zu der haushalterischen Verantwortung, die wir als Land Berlin haben. Im Entwurf des Haushaltsplans sind über 95 Millionen Euro erneut für neue Investitionen festgelegt.
So gerne wir auf Landesebene zusammenarbeiten, so muss man auch deutlich sagen: Es war vor zwei Jahren die schwarz-gelbe Bundesregierung, die die Privatisierung von Gesundheitsdienstleistungen vorangetrieben hat, die einen Zusatzbeitrag in eine Pauschale umwandelt und alle weiteren Ausgaben einseitig den Patienten aufbürdet. Wer jetzt pauschal sagt, die Krankenhausausgaben sollten aus dem Überschuss der GKV genommen werden, wie es dem Antrag der Linkspartei zu entnehmen ist, der sagt aber auch, dass die Gewinne, die nun dort im Gesundheitsfonds bestehen, einseitig von den Rentnerinnen und Rentnern zu bezahlen sind, die jetzt von der schwarzgelben Bundesregierung einseitig belastet werden.
Wir brauchen eine Gesundheitspolitik aus einem Guss. Das bedeutet, eine Änderung der bundesrechtlichen Rahmenbedingungen, eine Bundesregierung, die auch gut für das Land Berlin ist. Hätten wir nicht die Regelungen, die vor zwei Jahren eingeführt worden sind, –
würde die Charité beispielsweise in diesem Jahr wieder 4 Millionen Euro mehr an Gewinn machen, als es momentan der Fall ist. Fazit: ja für die Beschäftigten, ja zu einer besseren Infrastrukturausstattung der Kliniken, aber bitte auch: ja zu den Versicherten und Patienten, die nicht einseitig durch Bundesrecht diese Mehrausgaben bezahlen sollen, so wie sie es sonst müssten.
Wir werden im Ausschuss diesen Antrag kritisch diskutieren und überarbeiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Albers! Lieber Herr Isenberg! Das war der Auftakt für die gesundheitspolitische Diskussion im Rahmen des Bundestagswahlkampfs 2013.
Herr Albers! Ich habe nichts begriffen, das mag sein. Ich bin Ihnen trotzdem dankbar, dass Sie diesen Punkt hier aufgegriffen haben. Ich glaube, dass die Berliner Krankenhäuser seit Langem strukturell unterfinanziert sind. Ihre Senatorin, Sie haben es gesagt, hat rechtzeitig zur Wahl mittels einer Studie festgestellt, es sind 200 Millionen Euro. Aber, Herr Albers, wenn Sie solche Anträge einbringen, kann ich es Ihnen auch nicht ersparen: Schuld an dieser Unterfinanzierung in Berlin ist auch Die Linke.
Auch Sie haben den Krankenhäusern in den letzten zehn Jahren eine ordentliche Investitionsplanung erheblich erschwert. Wir kommen von 360 Millionen Euro und sind jetzt bei 98 Millionen Euro am Ende ihrer Amtszeit gewesen. Sie wissen es genau: Nur durch die regelmäßige Querfinanzierung der eigentlich für die medizinische Versorgung gedachten Mittel der Krankenversicherungen, sprich unser aller Beiträge, können die Investitionen finanziert werden. Wie die Krankenhäuser das machen, wissen Sie als Krankenhausarzt viel besser als ich. Was Sie aber offenbar nicht so genau wissen, ist, dass es nicht allen Kassen so gut geht, wie Sie hier tun. Die AOK Nordost beispielsweise hat im letzten Jahr lediglich einen niedrigen zweistelligen Überschuss erzielt. Wenn Sie wollen, dass die Krankenkassen und insbesondere die AOK im Jahr 2013 den Zusatzbeitrag für die Kundinnen und Kunden wieder erhöht, dann folgen wir Ihrem Antrag einfach blind. Ich bin dafür aber nicht zu haben.
Im Augenblick zahlen bundesweit noch 7,2 Millionen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler den monatlichen Zusatzbeitrag von bis zu 15 Euro. Deshalb ist Ihr Antrag, Herr Albers, der eines billigen Jakob, den ich nicht unterstützen werde.
Aber genug der Kritik. Es ist tatsächlich hilfreich, dass wir diesen Punkt auf der Tagesordnung haben, denn es gibt in der Tat eine Menge Geld, das zurzeit bei einigen Krankenkassen vorhanden ist, und tatsächlich anders genutzt werden kann. Aber hören wir bitte auf mit einer Gesundheitspolitik nach Kassenlage. Aus meiner Sicht ist der erste Schritt die Abschaffung der Zusatzbeiträge, denn das ist es, was wir mit den Überschüssen sinnvoll tun können: Wir müssen von den Zusatzbeiträgen wegkommen. Dieses System hat sich schlicht und ergreifend nicht bewährt. Die Krankenkassen hatten vorher nur Fieber, durch den Zusatzbeitrag, den Schwarz und Gelb eingeführt haben, haben sie auch noch Keuchhusten dazu bekommen. Wir haben gesehen, dass die ersten Kassen ungeplant und für die Betroffenen chaotisch schließen mussten. Herr Senator Czaja! Ich bitte Sie, gehen Sie zu Ihren Kolleginnen und Kollegen im Bund und in den Ländern und nutzen Sie diese Atempause dafür, diesen offensichtlich Unsinn zu beenden.
Die Kassen haben und werden hoffentlich alle aufgrund der aktuellen Finanzlage ihren Zusatzbeitrag zumindest für 2012 zurücknehmen können. Das ist vielleicht die letzte Chance, diesen Fehler ohne wirtschaftlichen Totalschaden für viele Kassen zu überwinden. Ich fordere deshalb zumindest ein Moratorium bis zur Bundestagswahl im nächsten Jahr, ich fordere, dass die Zusatzbeiträge eingefroren bleiben.
Lassen Sie uns schnell einen Drei-Punkte-Plan vereinbaren. Erstens: das Moratorium für die Zusatzbeiträge. Zweitens einen wirklichen Umbau, eine Weiterentwicklung des Mobilitätsrisikostrukturausgleichs, denn – Herr Czaja, Sie wissen es – der Beirat für Gesundheitsfragen und viele andere fordern, ihn weiterzuentwickeln. Es geht darum, dass es insbesondere für Berlin sehr wichtig wäre, dass Sie nicht so handeln, wie einige Kollegen von Ihnen auf Bundesebene, die aus politischer Opportunität nicht handeln wollen. Herr Czaja, es ist Ihre Aufgabe, machen Sie es anders! Beteiligen Sie sich nicht an dieser Klientelpolitik.
Drittens: Wenn dann tatsächlich noch Geld da ist, soll es weitergegeben werden. So, wie es sich der Bundesfinanzminister vorstellt, den Zuschuss des Bundes zu senken, das ist nicht der richtige Weg. Lassen Sie uns den Drei-Punkte-Plan am Montag im Ausschuss sehr schnell verabschieden. Wenn Sie damit auf Bundesebene auftauchen, würden wir damit ein wunderbares Signal setzen. Das wäre wirklich Gesundheitspolitik, und nicht der Auftakt eines Wahlkampfs mit einem gesundheitspoli