Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

[Beifall von Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU)]

Das Hauptproblem, das wir hier haben, ist doch, dass sich diejenigen, die anfangen, relativ sicher sein können, dass sie sich nicht noch einmal in irgendeiner Form einer Ausschreibung stellen müssen und dann schon dauerhaft in den beamteten Hochschulbetrieb überwechseln. Wir wissen aber, gerade im Wissenschaftsbetrieb lebt man auch vom Wechsel, von einer gesunden Konkurrenz im Sinne des Forschens und Entwickelns neuer Technologien. Da wäre ein bisschen mehr Wettbewerb in diesem Fall sinnvoll, zumal wenn die sehr lange Zeit von fünf Jahren für die erste Phase angesetzt wird. Ich bin kein Freund von super kurzen Arbeitsverhältnissen – halbes Jahr, ein Jahr, zwei Jahre –, da kann man im Wissenschaftsbetrieb nicht vernünftig arbeiten. Aber selbst eine Phase von drei bis fünf Jahren ist durchaus ein Zeitraum, über den man diskutieren kann. Fünf Jahre sind doch sehr lang. Selbst wir müssen uns nach spätestens fünf Jahren beim Wähler um ein neues Mandat bemühen, da wird unsere Stelle auch ausgeschrieben. Spätestens nach fünf Jahren kann man doch erwarten, dass auch hier eine Ausschreibung erfolgt. Was für uns gilt, darf auch im wissenschaftlichen Betrieb gelten.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU)]

Dann ist das Thema der Eigenberufungen genannt worden. Ich stehe dem etwas kritischer gegenüber, weil nur diese zweijährige Karenzzeit besteht, nach der man wieder auf die alte Universität zurückkehren kann. Auch das ist im Sinne der Wissenschaftshygiene an manchen Stellen problematisch, weil durchaus auch renommierte Universitäten davon leben, dass Professorinnen und Professoren und Forscherinnen und Forscher längere Zeit woanders ihre Erfahrungen sammeln, aus dem eigenen Stall herauskommen, was man ja auch jedem Lehrling empfiehlt. Wer eine Lehre in einem Betrieb abgeschlossen hat, sollte erst einmal in die große weite Welt gehen und woanders schauen, wie es da läuft, ggf. auch wieder zurückkehren. Aber es hat noch niemandem geschadet, auch einmal eine längere Station im Ausland oder wo auch immer zu absolvieren. Es muss nicht gleich nach einer kurzen Karenzzeit von nur zwei Jahren die Eigenberufung erfolgen.

[Beifall bei der FDP]

Es sind auch noch einige Unstimmigkeiten in dem Gesetzentwurf enthalten. Das werden aber eher redaktionelle Schlampigkeiten sein, dass zum Beispiel bei einigen Formulierungen die Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten auf die Verlängerung von Arbeitsverhältnissen benannt wird, teilweise auch für zu pflegende Angehörige, teilweise aber auch nicht. Wenn, dann bitte einheitlich. Derjenige, der seine Mutter oder seine Oma pflegt, muss wenigstens mit demjenigen gleichgestellt werden, der seine Kinder betreut. In diesem Punkt soll es keine Ausnahmen geben.

[Beifall bei der FDP]

Es sind auch noch einige Punkte im Gesetzentwurf enthalten, über die wir generell sprechen müssen, gerade was das Thema Frauenförderung betrifft. In dem Gesetzentwurf steht, dass der Anteil der Frauen bei Juniorprofessuren mittlerweile bei 52 Prozent liegt. Da fragt man sich schon, warum dann die Frauenvertretungen noch so explizit gestärkt werden müssen. Wenn Frauen bei Juniorprofessuren schon die Mehrheit stellen – offenbar, weil sie gut sind, es gibt auch zahlreiche gute Wissenschaftlerinnen –, dann muss man dieses alte Modell: Wir müssen Frauen fördern, damit sie stärker in diese Positionen kommen –, nicht in diesem Maße ausweiten. Wo ist denn dann die Gerechtigkeit? Bei 70 zu 30? Das ist an der Stelle doch ziemlich übertrieben. Wissenschaft lebt ja auch von Wettbewerb. Ich glaube, die Frauen, die sich heutzutage an den Universitäten bewerben, die Professorin werden wollen, die Forscherinnen sind, verfügen über so gute Qualifikationen, dass sie keine Quote wollen, sondern sie wollen sich mit Leistungen messen, mit Leistungen der männlichen Bewerber. Ich glaube, an dieser Stelle schießt der Gesetzentwurf über das Ziel hinaus. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU) – Zuruf von Ines Schmidt (LINKE)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Es ist die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

[Unruhe]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7:

Sechstes Gesetz zur Änderung der Bauordnung für Berlin zur Integration von baulichen Sicherheitsanlagen im öffentlichen Raum

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0299

Erste Lesung

[Unruhe]

(Stefan Förster)

Ich bitte darum, dass die Gespräche draußen geführt werden! Das stört hier. – Ich meine da die Gesundheitspolitiker. – Danke schön!

Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung, Digitale Verwaltung, Datenschutz, Informationsfreiheit und zur Umsetzung von Artikel 13 Abs. 6 GG sowie § 25 Abs. 10 ASOG und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 8:

Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0306

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Frau Dr. Brinker hat das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Honoré de Balzac war ein französischer Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, der besondere Bekanntheit durch sein leider unvollendet gebliebenes Werk „Die menschliche Komödie“ erlangte. Ihm verdanken wir ein recht umfassendes Bild der französischen Gesellschaft um 1850. Balzacs Schaffenskraft war enorm. Sie resultierte jedoch nicht nur aus dem Willen, der Menschheit mit seinem Werk etwas Gutes zu tun, Aufklärungsarbeit zu leisten oder gesellschaftspolitische Entwicklungen aufzudecken und zu kritisieren, nein, Balzac war ein Getriebener, ein Getriebener seiner Schulden. Seine Gläubiger saßen ihm sprichwörtlich im Nacken, sodass er sich mehrfach zur Flucht vor diesen genötigt sah. Balzacs wunderbare Werke entstanden in langen Nächten voller Sorgen und Ängste und getränkt in Dutzende Espressi, um sich auf den Beinen zu halten.

Sie sehen, Schulden können durchaus ein Motor sein, um etwas am Ende Positives zu bewirken. Allerdings sieht das bei Betrachtung der Finanzen des Landeshaushalts ganz anders aus. Da helfen leider auch Dutzende Espressi nicht mehr. Die 2009 von Bundestag und Bundesrat beschlossene Schuldenbremse resultierte aus den Erfahrungen der vorhergehenden Finanz-, Banken- und Staatsschuldenkrise und soll für die Bundesländer ab 2020 gelten. Es wurden also elf Jahre Zeit zur Vorbereitung gelassen. Ab 2020 sind die Länderhaushaltspläne grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.

Seit 2009 hat Berlin also Zeit gehabt, sich auf die Rahmenbedingungen der Schuldenbremse vorzubereiten. Überlegungen, die Schuldenbremse in die Verfassung aufzunehmen, wurden in der Vergangenheit vom Senat mit Verweis auf die Unwägbarkeiten des laufenden Konsolidierungsprozesses unter Kontrolle des Stabilitätsrates abgelehnt.

Nun hat Finanzsenator Kollatz-Ahnen in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass Berlin das Sanierungsverfahren erfolgreich abgeschlossen hat und – ich zitiere aus der Presseerklärung des Senats –:

Berlin mit der Umsetzung seines Programms zur Haushaltssanierung weiterhin in dem mit dem Stabilitätsrat vereinbarten Zeitplan liegt.

Es gilt nun, die Gunst der Stunde zu nutzen und die Konsolidierungserfolge der letzten Jahre zu verstetigen. Die Schuldenbremse sollte jetzt in der Landesverfassung von Berlin verankert werden. Unter anderem der Bund der Steuerzahler fordert das seit Jahren. Die meisten Bundesländer, insgesamt zwölf, haben bereits seit Längerem Schritte in diese Richtung vollzogen, so auch die beiden Stadtstaaten Hamburg und Bremen. Berlin muss nachziehen, um hinsichtlich des begonnenen Konsolidierungskurses glaubwürdig zu bleiben.

Die AfD plädiert deshalb für eine Schuldenbremse mit grundsätzlich strengen Vorgaben. Damit Handlungsfähigkeit gewährleistet wird, haben wir das Ganze etwas sondiert, und zwar in sechs Punkte. Erstens: Konjunktur- und Notfallausnahmen sind möglich, aber nur mit Zweidrittelmehrheit des Parlaments. Zweitens: Eine klar definierte Tilgungsregel für Schulden muss eingeführt sein. Drittens: keine Kredite für Sondervermögen. Viertens: Finanzielle Transaktionen müssen in einem gesonderten Gesetz definiert werden. Fünftens: die Absenkung des Schuldenstandes auf ein langfristig tragfähiges Volumen von mindestens 19 Prozent des Berliner Bruttoinlandproduktes, und sechstens: die Bildung einer Konjunkturrücklage bzw. die ausreichende Bestückung des Nachhaltigkeitsfonds.

Berlin als Hauptstadt Deutschlands sollte als innerdeutsches und europäisches Vorbild vorangehen und zeigen, wie sich gesellschaftliche Friktionen wie in Griechenland und Spanien trotz schwieriger Ausgangslagen mit stabilitätsorientierter Politik vermeiden lassen.

[Beifall bei der AfD]

Die Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung wäre aus Sicht der AfD ein echter Schritt hin zu mehr Klarheit und Konsequenz.

Exorbitante Verschuldung hat noch nie zu paradiesischen Verhältnissen geführt. Das musste Honoré de Balzac schmerzvoll am eigenen Leib erfahren und verarbeitete seine Erkenntnisse und Erfahrungen in einem Büchlein mit dem bedeutungsvollen Titel „Die Kunst, seine

(Präsident Ralf Wieland)

Schulden zu zahlen“. Ich kann das Buch der rot-rot-grüne Koalition gern ausleihen und zur Verfügung stellen.

[Beifall bei der AfD]

Wie Balzac es persönlich mit seinen Schulden hielt, offenbarte er in folgender Aussage:

Die beste Art, seine Schulden zu tilgen: Warten Sie, bis die Schuld verjährt ist. Diese Art der Bezahlung ist die einzige, die Sie Ihren Gläubigern jederzeit ohne Bedenken anbieten können.

Auf Verjährung der Schulden Berlins sollten und können wir nicht hoffen, und die Geschichte Berlins soll auch nicht in einer Tragikomödie enden. Deswegen ist es Zeit, zu handeln – die Schuldenbremse in die Landesverfassung! – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Becker das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Brinker! Karl Marx war da ein bisschen schlauer. Er hat sich Friedrich Engels als Kompagnon gesucht.

[Lachen bei der AfD]

Ihren Antrag halte ich für unnötig und rein ideologisch motiviert. Das ist Symbolpolitik.

[Zuruf von Hakan Taş (LINKE)]

Ich sehe aus drei Gründen keine Notwendigkeit, die Schuldenbremse in der Verfassung des Landes Berlin stärker abzusichern – erstens –: Berlins Anstrengungen, die Schulden zurückzuführen, werden vom Stabilitätsrat für so gut befunden, dass der Rat Berlin Ende 2016 aus dem vereinbarten Sanierungsverfahren entlassen hat. Der Rat geht davon aus, dass Berlin die Schuldenbremse ab dem Jahr 2020 mit der Einhaltung eines strikten Konsolidierungskurses aus eigener Kraft einhalten wird. Ergo sind in den letzten Jahren wohl weder die Ausgaben explodiert, noch konnten die Einnahmen aus Steuern nicht gesteigert werden. Das genaue Gegenteil ist der Fall.

Zweitens: Derzeit kann niemand sicher behaupten, zu welchem Ergebnis die beiden Konfliktlinien um Schuldenbremse und Fiskalpaket führen werden, über die auf der Bundes- und europäischen Ebene verhandelt wird. Allein aus diesem Grund wäre es nicht klug, dem Beispiel anderer Bundesländer zu folgen, ohne den Ausgang der Beratungen abzuwarten.