weil es sinnvoll ist, vor einem Wohnungsverlust etwas zu unternehmen und sich nicht nachher auf die Nachsorge zu konzentrieren. Daher von unserer Seite Zustimmung zu dem Ziel, bestehende Mieter- oder gerade auch Schuldnerberatungsstellen zu erhalten und da, wo es eventuell notwendig ist, gegebenenfalls auch auszubauen; denn es ist auf jeden Fall sozialer und letztlich auch ökonomischer, Vorsorge zu treffen, als später Obdachlosigkeit zu finanzieren oder gar sich an einer aufwendigen Reintegration zu versuchen.
[Beifall bei der FDP und den GRÜNEN – Beifall von Iris Spranger (SPD) – Steffen Zillich (LINKE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Wir sehen da aber – und da unterscheiden wir uns durchaus von der ersten Rednerin – sehr stark gerade die städtischen Wohnungsbaugesellschaften gefordert, etwas anders zu agieren. Unsere Wahrnehmung ist, dass gerade die großen städtischen Wohnungsbaugesellschaften häufig sehr hartleibig agieren, sehr viel stärker als manch kleiner privater Eigentümer. Als Beispiel möchte ich hier die Wohnungsbaugesellschaft Mitte und die durch sie
Ein klarer Widerspruch kommt von uns zu dem zweiten – wenn man es nett sagen will – Gedanken des Antrages, zu der Idee, Staatsmittel für die Mitgliedschaft in Vereinen zu verwenden.
Nein! – Eine verdeckte Finanzierung von Mieterorganisationen aus Senatsmitteln – zumal nicht allzu verdeckt – ist für uns ein völliger Irrweg.
Die erste Frage ist, wer denn, der Mieterverein, der Mieterschutzverein, die Mietergemeinschaft, die Mietervereinigung? Es gibt in dieser Stadt Mieterberatung kostenlos, durch die Bezirke. Die kann man ausbauen, soll man ausbauen. Man kann auch durchaus Angebote der entsprechenden Mieterorganisationen, da, wo Bedarf besteht, mitfinanzieren – da, wo der Bedarf besteht; denn selbst Frau Gennburg sprach davon, dass nur – in Anführungszeichen – die Hälfte Angst um ihre Wohnung habe. Das heißt, die andere Hälfte hat gar keinen Bedarf.
Eine Mitgliedschaft ohne Beratungsbedarf ist für uns klar eine Idee vom rot-rot-grünen Tisch, ohne Substanz. Sie hat natürlich einen Effekt: eine künstliche Aufblähung der Mitgliedszahlen der Mieterorganisationen mit öffentlichen Mitteln und damit letztlich eine Aufblähung der internen Verwaltungsstrukturen in diesen Vereinen. Das mag ein guter Weg sein, eigene Genossen zu versorgen, es ist aber kein guter Weg für diese Stadt und kein guter Weg für die Mieterinnen und Mieter.
Der effektive Schutz für Mieterinnen und Mieter – das hat der eine oder andere vorher schon gesagt – ist: Mehr bauen und durchaus gerade auch privat bauen. Ich glaube, da werden wir im Ausschuss noch einiges zu diskutieren haben.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen und mitberatend an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales und
an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0277
Ich habe den Antrag vorab an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie überwiesen und darf nachträglich Ihre Zustimmung feststellen. – In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Grüne und hier die Kollegin Remlinger.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie gerne etwas fragen. Warum finden wir es eigentlich alle toll und sehen es als Bildungserfolg, wenn Kinder bilingual deutsch-französisch, deutsch-italienisch, deutsch-spanisch aufwachsen, aber wenn sie deutschtürkisch, deutsch-kurdisch oder deutsch-arabisch aufwachsen wollen, fürchten wir uns und glauben, das sei ein Integrationshemmnis?
Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir leben international in nicht ganz einfachen Zeiten. Das Verhältnis zwischen Deutschland bzw. der Europäischen Union und der Türkei in Zeiten eines Erdoğan ist hiervon nur ein Beispiel. Aber wollen wir deshalb wirklich in den Debatten zurück in die Achtzigerjahre kippen, und wollen wir mit Herrn de Maizière mitgehen, der sich panisch dazu verleiten lässt zu sagen: Wenn es mit der Integration der Menschen nicht klappt, dann wollen wir wieder zurück in die Achtzigerjahre? – Liebe CDU! Wenn Sie sagen: Da klappte etwas nicht –, dann sage ich: Sie haben es doch überhaupt noch nie richtig versucht!
So eine Haltung, die nach hinten will, die auch jetzt sagt: Wir bekommen immer noch nicht geklärt, bekommen immer noch nicht ausgesprochen, dass wir ein Einwanderungsland sind, macht mich wütend. Wer aber ausblendet, was Realitäten sind, der kann sie auch nicht steuern und sollte sich dann auch nicht in falsche Anklagen retten. Ich sage deshalb: An Integrationsfragen, an interkulturellen und interreligiösen Fragen sollte niemand herumpfuschen, der selbst keine Geduld, keine Neugier hat, sie dann aber einseitig von anderen einfordert und schlechte
Nerven hat. Herzlich willkommen ist aber jede und jeder, der über Empathie und ein Herz für die Menschen verfügt und neugierig auf sie ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei meinem Kollegen Turgut Altug ganz herzlich bedanken für sein Engagement und unsere gute Zusammenarbeit, die zum Beispiel dazu geführt hat – ohne dich, Turgut, hätte ich das nicht geschafft –, die maßgeblichen kurdischen Vereine und Verbände Berlins alle an einen Tisch zu holen – wo sie noch nicht so oft gemeinsam saßen –,
um mit ihnen darüber zu sprechen, wie wir dezidiert jenseits jeder politischen geschweige denn außenpolitischen oder religiösen Frage Kurdisch als Sprache an den Berliner Schulen voranbringen können. Mittlerweile haben diese Verbände eine AG Kurdisch gegründet, die regelmäßige Treffen veranstaltet. Sie haben geklärt, wer von ihnen die Federführung hat. Sie arbeiten jetzt alle gemeinsam daran, die Nachfrage zu erheben, interessierte Schulen zu finden und über die notwendigen Qualifikationen für Lehrkräfte, Lehrmaterial und Lehrpläne zu diskutieren. Ich sage Ihnen allen: Wenn Sie mit mir in die Gesichter sehen könnten, wenn Sie etwa die strahlende Freude von Frau Darici, die die AG leitet, spüren könnten, dann wüssten Sie, dass der Schlüssel zum Erfolg, die Wertschätzung und die Augenhöhe in der Neugier liegt, die wir nicht nur den populären Sprachen entgegenbringen. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam die sprachlichen und kulturellen Schätze auch etwa des Kurdischen oder des Arabischen entdecken –
und, ja, auch des Türkischen, das sage ich gerade heute sehr bewusst. Ich und wir als Grüne sind nicht bereit, die demokratisch gesinnten Menschen in der Türkei und unsere Mitbürger und Mitbürgerinnen mit türkischem Migrationshintergrund hier in Deutschland und hier in Berlin mit Erdoğan allein zu lassen.
Wir sollten auch deshalb unsere Worte in Richtung Konsulatsunterricht sehr weise abwägen, nicht nur, weil es im sensiblen diplomatischen Kontext nicht immer klug ist, kraftvoll-derbe Anklageleidenschaft als Tonlage im Sprachregister zu wählen, sondern eben auch, weil wir längst die Chance gehabt hätten und hätten nutzen sollen, diese Sprachangebote als Land selbst zu machen.
Wertschätzung, Pflege und Ausbau der Herkunftssprache ist ein Schlüssel zu einem gedeihlichen, schönen Miteinander. Es ist vor allem auch ein Schlüssel zum Bildungserfolg für die Kinder und Jugendlichen, die dann endlich auch Schule als ihren Raum, als ihr Zuhause empfinden können, indem sie aus der Falle der doppelten
Halbsprachigkeit herauskommen. Heute sprechen viele Kinder mit Migrationshintergrund in Berlin weder Deutsch noch ihre Herkunftssprache so gut, wie es im formalen Bildungskontext oder auch im Arbeitsleben nötig ist. Wir hatten Gespräche mit der deutschtürkischen Handelskammer, die gesagt hat, sie fänden kaum jemanden, der einen türkischen Geschäftsbrief schreiben könne.
Das mache ich gerne. Ich möchte nur noch sagen, dass es gerade deshalb unser gemeinsames Ziel sein muss, echte Zweisprachigkeit zu fördern. Sie fördert nachweislich das Denk- und Lernvermögen. Es ist dann den Kindern möglich, auch das Deutsche viel besser zu beherrschen, damit zu arbeiten, damit zu spielen und fröhlich zwischen verschiedenen Sprachregistern wechseln zu können. Ich bin geneigt, Ihnen die Lektüre von Feridun Zaimoglu ans Herz zu legen. Wer „Kanak Sprak“ schreiben kann und „Evangelio“, –
der weiß, was das Deutsche alles zu bieten hat. Sprachliche Vielfalt ist Reichtum, und ich sage hier: Reichtum für alle! – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Koalitionäre! Über den Satz im Koalitionsvertrag, dass ein Konzept zur Mehrsprachigkeit entwickelt werden soll, habe ich mich wirklich gefreut, denn für dieses Thema gab es bei den Herren SPD-Bildungspolitikern in der Vergangenheit sehr wenig Verständnis. Insofern ist es schön, dass wir mit Frau Lasić nun eine Kollegin in der SPD-Fraktion haben, die sich auch aus biografischen Gründen besser in das Thema Mehrsprachigkeit hineindenken und -fühlen kann und möchte.
Also, einen Pluspunkt dafür, dass Sie das Thema endlich anpacken, aber leider gibt es ein großes Fragezeichen zu dieser bunten Ansammlung von Punkten, die Sie uns heute als Grundlage für ein noch zu entwickelndes Konzept vorgelegt haben.