Thomas Seerig
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als FDPFraktion haben wir vor allen Dingen zu diesem vorgelegten Antrag eine ganze Menge Fragen, die hoffentlich im Rahmen der Diskussion im Ausschuss geklärt werden können, denn die bisherigen Reden der Koalition, einschließlich der Begründung des Antrags, geben für uns relativ wenig her.
Sie loben die Straßenbahn – das ist bei Rot-Rot-Grün bekannt –, beantworten aber nicht unsere Grundfrage:
Warum besteht überhaupt ein Bedarf, Straßenbahntrassen im Flächennutzungsplan festzuschreiben? Welche der derzeitigen Straßenbahnplanungen wurden oder werden durch die Nichtfestlegung im Flächennutzungsplan behindert oder verhindert? – Uns ist dazu nichts bekannt. Auch die Ausführungen der Kollegin Billig lösten Fragen aus. Sie spricht von dem hohen Ziel der Bürgerbeteiligung, möchte aber im Prinzip durch eine Parlamentsfestlegung des Flächennutzungsplans bereits im Vorhinein Fakten schaffen.
Es gibt daneben noch einen Haufen weiterer Fragen: Ist es überhaupt notwendig, auf den Straßen Straßenbahntrassen festzulegen? – Der Senat hat uns doch allen bei den Pop-up-Radwegen die Position vermittelt, dass Straßenraum beliebig zwischen den Verkehrsträgern umgewidmet werden kann.
Bedeutet das nicht, dass nur Straßenbahntrassen außerhalb der Straßen des Flächennutzungsplans verankert werden müssen, zum Beispiel Straßenbahnen, die durch Kleingartenanlagen geplant sind, wie zum Beispiel in Pankow?
Oder auch die Frage: Kann man eigentlich an derselben Stelle sowohl U-Bahn- als auch Straßenbahntrassen freihalten, oder bedeutet die Festlegung auf eine Straßenbahntrasse automatisch den Verzicht auf eine U-BahnOption? – Denn an vielen Stellen werden ja derzeit Straßenbahn und U-Bahn parallel als Optionen betrachtet.
Grundsätzlich sehen wir als FDP-Fraktion die Straßenbahn als ein sinnvolles Verkehrsmittel nur dort an, wo sie auf einer vom Autoverkehr separaten Schienentrasse fahren kann,
und wo ihre Leistungsfähigkeit für die verkehrlichen Anforderungen ausreicht. Das ist aus unserer Sicht in der verdichteten Innenstadt, wo sehr viele Menschen transportiert werden müssen, nicht der Fall. Dort ist ganz klar die U-Bahn das Verkehrsmittel der Wahl.
Und genau deswegen lehnen wir die teilweise völlig absurden Straßenbahnplanungen des Senats ab, die an vielen Stellen den Straßenverkehr in den Hauptstraßen lahmlegen. Das scheint auch das Hauptziel zu sein, zum Beispiel – der Kollege Friederici sprach es an – in der Leipziger oder Potsdamer Straße. Wir wollen auf keinen Fall, dass so etwas auch noch dauerhaft im Flächennutzungsplan verankert wird, sondern hoffen natürlich auf geänderte politische Mehrheiten, die nach den Wahlen 2021 diese falschen Planungen beenden und konsequent
(Kristian Ronneburg)
den Bau von U-Bahnen in unserer Stadt vorantreiben. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Ich frage: Was hat den Senat veranlasst, in der Coronazeit bewährte Regelungen zur modifizierten Leistungserbringung in der Eingliederungshilfe per Oktober zu beenden und künftig die Teilhabefachdienste dazwischenzuschalten?
Welche möglichen negativen Konsequenzen sehen Sie, falls die Teilhabefachdienste dem im Einzelfall nicht zustimmen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Spätestens im Herbst taucht das Thema Obdachlosigkeit auch hier im Hause wieder auf, obwohl es ein ganzjähriges Thema ist. Das hat uns in diesem Jahr Corona gezeigt, dass es eine besondere Situation ist, wenn man eben kein Zuhause hat, sondern auf der Straße lebt. Aber wie gesagt, der Herbst kommt, die Kältesaison steht vor der Tür, da hat sich offensichtlich die CDU gedacht, machen wir mal einen Antrag – oder in dem Fall sogar zwei.
Ich habe, als ich mir die Anträge durchgelesen habe, gedacht, das sind eventuell – dazu komme ich gleich noch – intelligente oder auch nicht intelligente Einzelmaßnahmen, aber wo ist das Gesamtkonzept? Wo ist der rote Faden darin? Denn das, was wir für dieses Problem in dieser Stadt brauchen, sind Konzepte,
umfassende Konzepte, und das sehe ich zum Beispiel bei diesem Antrag für eine Hotline nicht. Da tauchen bei mir einfach viel zu viele Fragen auf,
sei es die Frage: Wie will ich eine solche Hotline betreiben, wenn ich nicht in der ersten Stufe erst mal eine wirklich tagesaktuelle Datenbank habe, dass ich weiß, wo sind Plätze frei? Wir fangen jetzt mit der gesamtstädtischen Steuerung an, auch wenn wir noch nicht wissen, wo sie angesiedelt ist, beim LAGeSo oder beim LAF.
Insofern bleibt dann auch hier die Frage: Wer betreibt diese Hotline? Das zentrale Problem, gerade bei vielen Gruppen, sehe ich auch in dem Punkt, dass wir nicht die Informationen brauchen, sondern dass wir die Plätze brauchen.
Was nützt es mir, wenn mich der in der Begründung angesprochene Tourist anruft und mir sagt, er hat einen Rollstuhlfahrer, und ich keine barrierefreie Unterkunft in der Stadt habe? Da sehe ich die Probleme. Da ist die
(Stefanie Fuchs)
Frage der Kommunikation. Ob jeder Tourist jederzeit diese Telefonnummer zur Hand hat, lasse ich auch dahingestellt. Das Problem der Zuordnung der verschiedenen Probleme sprach ja die Kollegin Fuchs schon an – dass natürlich auch jeder Anrufer, damit er eine sachkompetente Auskunft bekommt, genau einschätzen muss: Ist das jetzt eher ein Suchtfall, eher eine Psychose? – Also für mich bestehen da noch sehr viele Fragen, mehr Fragen, als dass ich dahinter wirklich ein sinnvolles Konzept erkenne,
eher Aktionismus, denn es ist Herbst, wir müssen mal was zum Thema machen.
Herr Kollege Penn! Ich bezweifle ja nicht, dass am Ende ein solcher Ansatz sinnvoll sein kann, nur, wir brauchen am Anfang vernünftige Informationsstrukturen, wir brauchen vor allem vernünftige Angebote. Insofern zäumen Sie aus meiner Sicht das Pferd von hinten auf.
Wenn Sie das bereits in der Haushaltsdebatte beantragt haben, aber jetzt erst nach einem Dreivierteljahr oder einem Jahr den Antrag nachschieben, müssen Sie sich dann schon den Vorwurf des Aktionismus zum Beginn der Kältesaison vorhalten lassen.
Von der Forderung, dass wir genügend qualitativ gute Plätze gerade auch für Mobilitätseingeschränkte, für Familien, für Kinder haben müssen, sprechen Sie, aber das steht eben nicht im Antrag.
Insofern ist das für mich Aktionismus. Man nimmt einen einzelnen Aspekt, der als solcher aus unserer Sicht allein nicht trägt. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass das Thema Pflege heute erneut auf der Tagesordnung unserer Sitzung steht, denn was nützen die vorhandenen Notfallpläne für Corona oder auch für die viel tödlichere Influenza, wenn das Personal in den Krankenhäusern fehlt? – Für dieses Thema hat die FDP ein ganzes Bündel an Ideen und Konzepten im Detail und auch in groben Linien vorgelegt. Mit dem Antrag „Cura est Futura“ haben wir das recht detailliert gemacht mit einer Anpassung des Personalschlüssels im Landesrahmenvertrag nach § 75 SBG XI. Das klingt nicht spannend, ist aber sehr relevant, denn damit soll ebenso Einfluss auf die Vergütungsstruktur genommen werden wie auch beim Thema der regionalen Unterschiede. Denn wir wissen alle – auch und gerade in der Pflege gilt der Grundsatz: Ohne Moos nichts los!
Gerade die Attraktivität des Berufsfelds Altenpflege muss in Zeiten der Generalistik vielfältig gesteigert werden, und wir denken, dass dabei auch die Pflegeverbände stärker einzubinden sind. Und schließlich – das wird Sie bei der FDP nicht überraschen – denken wir, dass gerade im Bereich der Entbürokratisierung durch Digitalisierung Berlin endlich eine Vorreiterfunktion übernehmen sollte, was bisher nicht der Fall ist.
Diese vermeintlich kleinen Schritte sind wichtig und unverzichtbar. Wir denken aber, dass im Bereich der Pflege ein sehr viel größeres Denken notwendig ist, denn durch den demografischen Wandel fehlen in den nächsten Jahren allein in der Stadt weit über 10 000 Kräfte in der Pflege. Wir werden es, mit welcher Art von Bordmitteln auch immer, nie schaffen, diese Lücke zu füllen. Wir brauchen, an der Stelle ganz klar, Zuwanderung – man könnte fast von einer Zuwanderung in die Sozialsysteme sprechen.
(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)
Dieses Problem, dass wir hier Zuwanderung brauchen, haben die Kliniken und Anbieter längst erkannt, und sogar der Bundesminister Spahn reiste werbend nach Mexiko – um Pflegekräfte werbend, nicht um Delegierte für den CDU-Parteitag. Aber solche unkoordinierten Einzelaktionen aller Akteure bringen wenig, vor allem dann nicht, wenn – wie gerade in Berlin – die Bürokratie in Sachen Anerkennung ausländischer Abschlüsse eine schnelle Hilfe zusätzlich ausbremst.
Wir schlagen daher vor, dass Berlin hier bestehende Ideen und Konzepte bündelt und künftig einen Schwerpunkt darauf setzt, anstatt Personal in anderen Ländern abzuwerben, es gleich selbst auszubilden, das heißt, auf den Bedarf in Deutschland ausgerichtet inklusive Sprach- und Kulturvermittlung. Denn während z. B. Deutschland ein demografisches Problem der Alterung hat, haben viele Schwellenländer gleichzeitig eine sehr hohe Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen. Wir können hier also eine Win-Win-Situation für beide Seiten schaffen.
Ein denkbarer Partner kann dabei Vietnam sein: Da gibt es traditionell gute Verbindungen zu diesem Land. Es gibt aktuell auch keine politischen Probleme, und längst hat sich durch die vietnamesische Community in Deutschland gezeigt, dass es eine erhebliche kulturelle Affinität gibt.
Wir meinen, dass insgesamt mit diesem Dualismus – das heißt, dem Dualismus aus konkreten Einzelschritten vor Ort und einer Modellausbildung, die die notwendigen qualifizierten Kräfte für unseren Bedarf zielgenau schafft – Berlin gut auf die aktuelle Probleme reagieren kann und dass man damit auch die künftigen Herausforderungen durch die Demografie gut bewältigen kann.
Es sind natürlich noch viele weitere Schritte denkbar. Aber wir denken, dass dieses Paket die Pflege in Berlin zukunftssicherer macht – auf jeden Fall sicherer als Runde Tische oder ein Pflegedialog, bei dem schon seit Monaten nichts mehr im Bereich Termine steht. Auch das ist ein Punkt, wo mehr möglich wäre. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Pflegenotstand ist längst in aller Munde, nicht erst seit bei Vivantes das Personal gleich abteilungsweise wegläuft. Es sind von dem Thema alle Bereiche betroffen, sowohl stationäre Einrichtungen, die ambulanten Dienste, betroffen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie die Patienten.
Die FDP-Fraktion hat über die Jahre hinweg einen breiten Strauß an Lösungsansätzen vorgelegt, allein im Januar haben wir sechs Anträge zu diesem Thema beraten. Zwei davon sollen heute hier exemplarisch diskutiert werden. Zum einen geht es um die Bewertung der Standards der Häuser. Nicht mehr nur die Stichproben-Bewohner, die sich im Zweifel die Heimleitung entsprechend aussucht, sondern es sollen Bewohner, das Personal und Angehörige gleichermaßen befragt werden. Der zweite für uns wichtige Punkt: Es soll endlich um wirklich pflegerelevante Punkte gehen, nicht wie bisher beim Pflege-TÜV um Formalien. Das heißt: Schmeckt das Essen? Ist das Essen abwechslungsreich? – und nicht: Sind die Inhaltsstoffe in der korrekten Schriftgröße dokumentiert?
Das zweite Thema betrifft alle Bereiche der Pflegequalität, sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich, denn das ist mehr als die Fachkraftquote – völlig unabhängig von der Frage, ob es die Lage für die Patienten wirklich verbessert, wenn die Station geschlossen wird. Wenn ich unbehandelt vor der Tür stehe, ist das auch keine wirklich gute Pflegequalität.
Es geht hier um die Wohnteilhabe-Personalverordnung. Das klingt nicht sonderlich sexy, das gebe ich zu, ist aber
Landesrecht, das heißt, wir müssen hier nicht auf den neuesten Geistesblitz von Herrn Spahn warten, sondern Frau Kalayci kann hier etwas konkret vor Ort tun – mal,
nämlich, die Arbeit der Pflegeassistenz aufwerten, sowohl den Status der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem Bereich als auch wirklich konkret die Leistung. Wir sehen, ebenso wie das auf Bundesebene längst diskutiert wird, dass gerade im Bereich der Pflege die Grundpflege von zentraler Bedeutung ist.
Im Ausschuss erklärte uns dann Rot-Rot-Grün: Ja, das WTG zu ändern ist eigentlich sinnvoll. Könnte man machen. Sollte man machen. Werden wir machen. Nur: Wann? – Irgendwann. Da macht man lieber gar nichts, bevor man gar Anträgen der Opposition zustimmt. Man könnte ja solche Anträge auch verändern, ergänzen. Nein!
Man beschränkt sich lieber darauf, weiterhin Bundesratsinitiativen oder Runde Tische zu initiieren, die Runden Tische natürlich im Zweifel ohne den Mittelstand und ohne die privaten Betreiber, die gerade im Bereich der ambulanten Pflege das Rückgrat darstellen. Das gibt mehr nette Medienberichte, sorgt aber nicht wirklich für Verbesserungen am Bett. Ergebnis: Die Leute laufen weg. Deshalb glaube ich auch nicht, dass das AVK ein Einzelfall bleibt. Es zeigt uns, dass die Probleme in dem Bereich gerade in städtischen Häusern bestehen. Es wäre also längst Zeit zum Handeln. Was und wie man konkret vor Ort handeln kann, dazu hat die FDP-Fraktion viele Anträge vorgelegt, auch in dem Fall wieder einmal leider vergeblich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin sprach gerade über eine Menge sinnvoller, notwendiger Dinge in diesem Bereich Obdachlosigkeit, die auch die Unterstützung der FDP finden werden; Dinge
wie eine Vereinheitlichung der Standards zwischen den Bezirken, eine Vereinheitlichung der Verfahren bei der Unterbringung von Wohnungslosen oder halt auch ein landesweites Management für ASOG-Unterkünfte.
Nur, all das ist nicht Gegenstand des vorliegenden Antrags,
sondern, der Kollege Penn sprach es bereits an, es geht hier ausschließlich um die niederschwelligen Angebote. Das ist ein Punkt, wo weitestgehend in diesem Hause Konsens besteht, dass natürlich eine Unterkunft für jeden kurzfristig niederschwellig gegeben sein muss. Nur, das zeigen mir auch die Reden meiner Vorrednerin aus der Koalition, der Gedanke geht weiter. So ein Gedanke, dass man in Berlin eine Insellösung schafft jenseits bundespolitischer und EU-mäßiger Regelungen – Frau Fuchs sprach es an, Hamburg verfährt in diesem Punkt mit einer rot-grünen Regierung komplett anders – und Berlin einen ausgeprägten Sonderweg geht, wird das Problem nicht lösen, sondern verlagert es nur und konzentriert es nämlich auf Berlin.
Was uns in diesem Antrag auch fehlt, ist das nicht angesprochene Thema der Beratung, der Information. Ein sofortiges Abschieben, wie es Frau Fuchs ansprach, ist nicht der Weg. Aber eine vernünftige Beratung würden wir parallel auch erwarten.
Das müsste aus unserer Sicht auch Gegenstand eines entsprechenden Beschlusses sein. Denn auch die Wohlfahrtsverbände sagen, ein Ausbau der niederschwelligen Angebote ist nicht der Weg, das Problem zu lösen, sondern es geht darum, endlich die Ursachen zu lösen. Insofern gibt es viele Argumente gegen und für den Antrag. Auch wir werden uns am Ende enthalten, denn man kann nicht generell gegen das Vorhalten niederschwelliger Angebote sein. Der beste Grund, diesem Antrag nicht zuzustimmen, findet sich aus unserer Sicht in der Begründung, wenn es dort heißt, ein anderes Verfahren würde gegen den Koalitionsvertrag verstoßen. An den sind wir aber nicht gebunden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde einen etwas integrativeren Ansatz als meine Vorrednerinnen und Vorredner wählen, denn wir haben es bei allen Bereichen mit derselben Senatorin zu tun, mit Frau Breitenbach. Eine Senatorin, wo ich sagen muss, Sie hat sehr große Detailkenntnisse, Sie ist engagiert, beispielweise im Bereich Fortschreibung der Leitlinien der Wohnungslosigkeit, aber genau da fangen dann die Probleme auch schon an.
Schon in der ersten Strategiekonferenz Anfang 2018 war klar: Wir brauchen Basisdaten, um wirkungsvoll helfen zu können. Die Zählung ist aber erst im Januar 2020. Das sind zwei Jahre, die wir zulasten der Menschen auf der
Straße verloren haben. Dieses Umsetzungsdefizit findet sich in vielen Bereichen, aus meiner Sicht ganz besonders im Bereich der Behindertenpolitik. Die Wartezeit beim LAGeSo auf einen Behindertenausweis ist unverändert viel zu lang, vier bis fünf Monate. Wir können, wenn wir ehrlich sind, feststellen: Das Thema Inklusionstaxi ist gescheitert. Das persönliche Budget und auch das Budget für Arbeit fristen ein absolutes Schattendasein. Der Übergang von den Werkstätten auf den ersten Arbeitsmarkt liegt unverändert bei einem Prozent und die Vorbildfunktion des Landes Berlin ist auch nicht so toll, wenn gerade einmal 0,3 bis 0,5 Prozent der Auszubildenden ein Handicap haben. Auch vom Landesgleichberechtigungsgesetz hört man schon lange nichts mehr. Die überfällige Reform der Leitlinien zur Seniorenpolitik wurde offenbar auf 2021 verschoben.
Ein weiteres Problem ist die fehlende Durchsetzungskraft von Frau Breitenbach im Senat für Ihre Themen, denn der Mietendeckel schafft keinen einzigen Quadratmeter dringend benötigten barrierefreien Wohnraums. Das Aufmalen von grünen Fahrradstreifen macht unseren ÖPNV auch nicht verlässlicher barrierefrei.
Und wenn sich Frau Breitenbach dann doch mal durchsetzt, dann – nicht ganz unerwartet – mit aus unserer Sicht falschen Lösungen: Mal versucht sie – das hat Frau Seibeld bereits angesprochen – Schalterzeiten in Flüchtlingsunterkünften als Zeiten durchzusetzen, zu denen Abschiebungen erfolgen können. Das Musterbeispiel an falscher Politik ist natürlich der Bereich des solidarischen Grundeinkommens: ein Geld, das man sehr viel sinnvoller und notwendiger verwenden könnte, um reguläre, auf Dauer angelegte Arbeitsplätze zu schaffen, damit Berlin endlich einmal davon wegkommt, dass wir die Hartz-IVHauptstadt sind, dass wir unverändert die Metropole der Kinderarmut, der Obdachlosigkeit und des Bildungsnotstands sind.
Schließlich zieht sich für uns noch ein weiterer Grundfehler durch den gesamten Haushalt: die Schaffung von Sonderstrukturen statt funktionierender Regelsysteme. Aus unserer Sicht schaffen Sonderregelungen nur Entsolidarisierung und gefährden das Zusammenleben in der Stadt. Wir brauchen für alle Menschen in dieser Zeit zum Beispiel eine gute psychosoziale Versorgung, statt Parallelstrukturen für Flüchtlinge und Obdachlose aufzubauen. Oder drei oder vier Förderprogramme für Roma schaffen alles, aber nicht Transparenz und Effizienz. Wir denken, dass gerade in diesem Bereich Wildwuchs von Projekten und Strukturen zu beschneiden, zusammenzuführen und dann letztlich auch zu perfektionieren sind. Denn Ziel muss sein, dass gerade im Sozialbereich ein Gesamtkonzept erkennbar ist, eine eindeutige Handschrift. Die können wir nicht erkennen. – Vielen Dank!
(Bettina Jarasch)
Herr Präsident! Ich frage den Senat: Das Angehörigenentlastungsgesetz führt zu Mehrkosten bei den Trägern der Sozialhilfe, bundesweit rund 500 Millionen Euro. In welcher Höhe hat das Land Berlin für 2020 und 2021 diese Mehrbelastungen in der Haushaltsplanung berücksichtigt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Wohnungslosigkeit hat in Berlin leider immer Saison. Vielleicht ist es uns im Herbst und Winter ein bisschen bewusster, und sei es durch Tage wie den gestrigen oder die mediale Berichterstattung dazu. Wir freuen uns daher, dass das Thema nun endlich auch beim Senat angekommen ist. Die alten Leitlinien stammten von 1999, und sie hatten längst nichts mehr mit der Realität in Berlin zu tun. Daher ist es gut, dass sie überarbeitet und aktualisiert wurden. Es war auch überfällig.
Wir finden es auch gut, dass die Senatsverwaltung das nicht in einer kleinen, stillen Amtsstube gemacht, sondern einen Diskussionsprozess angestoßen hat, an dem viele beteiligt waren – von den Bezirken über die Landesebene bis hin zu Initiativen, Ehrenamtlichen, Politik und auch die eine oder andere ausländische Botschaft.
Aber genau hier setzt im Prinzip bereits unsere Kritik an, denn die Strategiekonferenz hat im September des letzten Jahres ihre Forderungen vorgelegt. Erst jetzt, rund ein Jahr später, zieht der Senat formale Konsequenzen.
Aus unserer Sicht wäre es möglich, ja nötig gewesen, sehr viel schneller zu reagieren. Der eine oder andere meiner Vorredner erwähnte es: Bereits im November des letzten Jahres sprachen wir über dieses Thema, und zwar auf Initiative unserer Fraktion, weil wir ein umfassendes Papier zur Obdach- und Wohnungslosigkeit vorgelegt hatten. Das blieb freilich folgenlos, denn Rot-Rot-Grün tut lieber ein Jahr lang gar nichts, als einem Antrag der Opposition zuzustimmen.
Das ist bedauerlich, denn die Folgen haben die Menschen auf der Straße auszubaden. Das Problem Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Berlin – das wurde schon erwähnt – hat sich verschärft, und es verschärft sich weiter, teils durch eine ganz normale Sogwirkung einer Großstadt gegenüber der Provinz, aber auch durch Fehler des Senats. Denn die zentrale Forderung muss sein, Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu vermeiden. Das tut man aus unserer Sicht in einer wachsenden Stadt dadurch, dass man neu baut und verdichtet, und nicht, indem man Zeit und Geld verschwendet, um Wohnraum für einige Alteingesessene mittels Rekommunalisierung zu sichern.
Hier verschärfen Frau Lompscher und Stadtrat Schmidt die Problemlagen vorsätzlich.
Für uns ist es bezeichnend, dass unter dem Punkt sieben des Papiers, in dem es um die Einflussfaktoren geht, die Ausweitung des Angebots – sprich Neubau – überhaupt nicht erwähnt wird. Da fügen sich die Denkverbote des
Senats ein: von der Elisabeth-Aue über das Westkreuz bis zum Tempelhofer Feld. Angesichts der geringen Leerstandsquoten ist die sogenannte Wohnungspolitik von Rot-Rot-Grün nur eine Mangelverwaltung, und zwar zulasten der Menschen auf der Straße.
Ein Mietendeckel bringt keinen Obdachlosen zurück in seine Wohnung, und auch Verstaatlichungen tun das nicht. Das Geld sollte sinnvoller verwandt werden: 250 000 Euro für den Weiterbetrieb der Krankenwohnung sind für uns sozialer eingesetztes Geld als 250 Millionen Euro für Vorkaufsrechte.
Im geschützten Marktsegment und bei den Trägerwohnungen muss man stärker auch die privaten Anbieter einbinden. Denn die städtischen Wohnungsbaugesellschaften haben zwar grundsätzlich eine Vorbildfunktion, aber bei 600 Zwangsräumungen, die dort Jahr für Jahr vorgenommen werden, habe ich eine andere Vorstellung von Vorbildfunktion. Zentral ist – das will der Senat auch angehen –, dass der reale Wohnungsverlust durch eine bessere Kommunikation aller Beteiligten vermieden wird. Derzeit weiß oft die linke Hand nicht, was die rechte auch gerade liegen lässt. Leidtragende sind die betroffenen Menschen. Es braucht klarere, transparentere Strukturen – gerade für Notlagen – statt eines Bürokratiedschungels. Das ist für uns mehr als nur eine Fachstelle für Wohnungsnotfälle.
Besondere Anstrengungen halten wir im Bereich der Prävention, vor allem bei den Straßenkindern, für nötig. Dort zeigt sich, dass es eine Übergangslücke zwischen dem Jugend- und dem Erwachsenenbereich gibt. Hier will der Senat zwar etwas unternehmen, aber wir denken, dass das gerade ein Punkt ist, an dem es nicht um eine alleinige Verantwortung der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales geht, sondern darum, dass es eine Gesamtaufgabe für den Senat ist. Im Übrigen gibt es auch bei der genannten Senatsverwaltung noch Reserven, etwa dann, wenn man auf die Personalressourcen blickt: Drei Stellen für eine angebliche Schwerpunktaufgabe sind wohl das Gegenteil von Personalüberschuss.
Da wundert man sich nicht, wenn – das beklagte schon die Kollegin Fuchs – erst Anfang des nächsten Jahres die längst überfällige Zählung stattfinden soll. Für Frau Radziwill ist das zwar ein Beispiel schnellen Handelns des Senats,
aber es war bereits Gegenstand der ersten Strategiekonferenz zu Beginn des Jahres 2018, dass man Zahlen braucht, um zu wissen, wie das System bedarfsgerecht,
transparent und individuell zu steuern ist. Wenn es dann zwei Jahre dauert, das in die Gänge zu bringen, ist das für mich nicht schnell, aber ich bin eben auch nicht Rot-RotGrün.
Wir denken, es braucht eine Koordinationsstelle auf Landesebene, denn das Thema ist – auch das wurde schon gesagt – ein gesamtstädtisches und viel zu wichtig für Ressort- und Bezirksbefindlichkeiten. Daher begrüßen wir die gesamtstädtische Steuerung als einen sehr wichtigen Schritt dahin, auch um auf die mangelnde Sensibilität der Bezirke einzugehen. Mein Heimatbezirk SteglitzZehlendorf ist immer noch der einzige, der im Bereich der Kältehilfe nichts anbietet: keine Unterkünfte, keine Tagesaufenthalte. Bei dieser Kälte im Südwesten von Schwarz-Grün hilft auch keine Kältehilfe mehr.
Wir brauchen endlich individuelle Wege der Unterbringung, anstatt bürokratische Barrieren aufzubauen. Housing First ist ein erster Schritt, dem viele weitere folgen müssen. Das geplante Modellprojekt für Rollstuhlfahrer mit pflegerischem Bedarf beispielsweise begrüßen wir ausdrücklich. Denn zu den Veränderungen bei dem Klientel gehört auch, dass das Fehlen einer barrierefreien Stadt – auch im Bereich der Wohnungslosigkeit – immer spürbarer wird.
Eine weitere Baustelle ist, dass Obdachlose unverändert keinen Wohnberechtigungsschein mit Dringlichkeit bekommen, da sie nicht seit einem Jahr in Berlin gemeldet sind. Eine Abhilfe wollte die Verwaltung von Frau Lompscher bis zum Mai schaffen – wir warten immer noch. Ich denke, das ist ein Thema, auf das der Deckel gehört – aber auch nur darauf.
Aufgrund der veränderten Klientel brauchen wir auch neue Wege. Wir haben es mehr mit Familien und mehr mit Frauen zu tun. Ich denke, für die wachsende Zahl an Frauen, die auf der Straße leben, braucht es ein bisschen mehr als die angekündigte konsequente Verwendung einer gendergerechten Sprache.
Ein wichtiger Bereich ist auch die Gesundheits- und Hygieneversorgung. Wir stimmen mit dem Senat überein, dass gerade bei Obdachlosen ein Entlassmanagement der Krankenhäuser wichtig wäre. Indes funktioniert das nicht einmal bei Patienten mit eigener Wohnung. Wie soll es dann bei den obdachlosen Menschen funktionieren? – Wir denken, dass gerade im Bereich der Hygiene- und Gesundheitsangebote noch viel zu tun ist, um die Integration in die Regelsysteme sicher und verlässlich zu machen. Hier ist das Angebot noch lückenhaft und unkoor
diniert, und das trotz privater Initiativen wie dem neuen Duschbus für Frauen. Wie wird der Senat seine Ankündigung für eine psychosoziale Versorgung von Obdachlosen wahrmachen, wenn schon das Regelsystem der Bezirke nicht bedarfsgerecht – sprich chronisch überlastet – ist? – Erst wenn gewährleistet ist, dass man die Leute betreut, ist es auch geboten, sich Gedanken über die Auswirkungen auf den Stadtraum zu machen.
Der ÖPNV darf eben nicht der vorrangige Aufenthaltsort für Obdachlose sein. Dazu gehört natürlich auch, dass wir konsequenter gegen die Gewalt gegen Obdachlose vorgehen. Wir hatten zwischen 2017 und 2018 eine Steigerung der Opferzahlen um 20 Prozent. Das sind Steigerungsraten, die ich so nicht haben möchte.
Jedes Jahr 20 Prozent weniger wären besser. Schließlich gilt es auch, die Tatsache zu berücksichtigen, dass längst die Mehrheit der Obdachlosen in Berlin nicht mehr Deutsche, sondern großenteils nicht leistungsberechtigte EUBürger sind. Hier hat sich Berlin bewusst für eine Sogwirkung entschieden. Hamburg – rot-grün regiert – schiebt ab, nicht in die Heimatländer, sondern lieber nach Berlin. Es braucht aus unserer Sicht eine verlässliche, bundesweite, einheitliche Linie, um eine solche Binnenwanderung nach Möglichkeit zu vermeiden. Aber hier will der Senat offensichtlich nicht initiativ werden, sondern verfestigt seinen Sonderweg.
Es gibt noch viel zu tun – mehr, als nur Papiere zu schreiben. Es geht darum, endlich zu handeln, schnell und effektiv und vom gesamten Senat. Daher finde ich es enttäuschend, dass nach mir Frau Breitenbach spricht und nicht der Regierende Bürgermeister, denn das ist eine gesamtstädtische Aufgabe. Das kann man an so einer Stelle auch einmal klar demonstrieren.
Es geht einfach darum, diese Aufgabe gesamtstädtisch zu lösen im Interesse der Stadt und ihrer Menschen, aller Menschen, mit oder ohne eigene Wohnung. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als letzter Redner bleibt einem häufig nicht mehr so vieles. Man muss nicht dieselben Zahlen anführen. Ein Stichwort, das mir sehr wichtig ist, sprach ganz am Anfang die Kollegen Fuchs an, nämlich das dahinter stehende Gesetz, ein Bundesgesetz, das per se ja nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss sein muss. Sie zitierte das alte Motto: Nicht mein Gesetz! – Ich nenne als Stichworte nur das Pooling und das nicht ausreichend vorgesehene Schonvermögen. Wie man aktuell bei der Diskussion um das Intensivpflegegesetz sieht, die große Koalition kann eben keine Behindertenpolitik.
Lassen Sie mich mal einfach hinzufügen: Es zeigt, was im Bundestag rauskommt, wenn die FDP nicht dabei ist.
Es geht jetzt – auch das haben meine Vorredner bereits gesagt – um die Umsetzung in das Landesrecht. Zur Beteiligung der Community über die Teilhabebeiräte wurde bereits viel geredet. Ich habe auf der anderen Seite einen völlig anderen Eindruck gewonnen als der Kollege Penn, dass die Beteiligung der Parlamentarier vorbildlich war. Auch Herr Mohr sprach es an. Es gab Informationsrunden in der Senatsverwaltung, wo wir jeweils über den aktuellen Stand der Umsetzung und Planungen nicht nur infor
(Fadime Topaç)
miert wurden, sondern ich hatte auch den Eindruck, man fragte wirklich, was wir davon halten. Vielleicht wäre es sinnvoll, an solchen Runden teilzunehmen, dann fühlt man sich auch besser integriert.
Ein Punkt, der von einigen meiner Vorredner bereits angesprochen wurde, war das Thema der einheitlichen Umsetzung. Wir haben es hier mit dem interessanten Phänomen zu tun, dass die Kollegen im Abgeordnetenhaus wohl keine Durchsetzungsfähigkeit an ihrer Basis haben, denn es sind ja die rot-rot-grün-schwarzen Bürgermeister, die verhindert haben, dass es maximal vier Teilhabeämter gibt. Mit den zwölf Teilhabeämtern sind wir, glaube ich, im Bereich der Vereinheitlichung nicht sonderlich weit gekommen, eine Einheitlichkeit, die mir persönlich sehr wichtig wäre, weil es darum geht, dass es nicht nur ein Etikettenwechsel ist, dass das Ding in Zukunft eben Teilhabeamt heißt und sich ansonsten nichts ändert. Insofern hatte ich den Impuls, der Kollegin Topaç zu widersprechen, als sie von ihren Sorgen sprach: Habe ich auch meine selbe Sachbearbeiterin in Zukunft? – Das kann noch eine Sorge sein. Habe ich etwa dieselbe? Ohne Qualifizierung, ohne Weiterbildung geht nichts, entscheidend ist letztlich der Geist, der dahintersteht. Ob der sich durch ein neues Türschild in jedem Fall ändert, ist zumindest eine Frage. Ich denke, da sind solche Sachen wie Qualifizierung und Weiterbildung absolut existenziell.
Die Lösung im Bereich der Einbeziehung der Jugendlichen erscheint uns akzeptabel, obwohl mir persönlich ein stärkerer Ansatz in Richtung wie aus einer Hand lieber gewesen wäre, aber das ist eben eine Gratwanderung.
Zur künftigen Bedeutung der Beiräte und insbesondere des Widerspruchsbeirats ist schon einiges gesagt worden. Wir werden darauf ein kritisches Auge haben, wie das mit den Ressourcen für diesen Bereich aussieht, auch wie es mit den Möglichkeiten aussieht, denn wir alle kennen das Negativbeispiel der Seniorenbeiräte, die in den Bezirken doch sehr unterschiedliche Möglichkeiten, Einblicke und Kompetenzen haben. Wir denken, dass auch an dieser Stelle eine Evaluation sehr notwendig sein wird, über all das, was läuft, wie sind die Erfolge, was ist mit Einheitlichkeit, gerade in Zukunft, denn Teilhabe heißt für mich auch, dass die Teilhabe nicht davon abhängt, in welchem Bezirk ich lebe, sondern es sollte schon gleichwertige Lebensbedingungen geben.
Insgesamt kann man aus unserer Sicht sagen: Hier gibt es ein Bundesgesetz, das vom Land versucht wird umzusetzen, dies relativ rechtzeitig, aus unserer Sicht transparent und auf jeden Fall mit sehr viel Engagement. Das sind drei Begriffe, die nicht bei jedem Projekt des Senats zutreffen. Trotz der kritischen Anmerkungen werden wir dem Gesetz zustimmen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jeder, der häufiger mal die U-Bahn oder S-Bahn benutzt, kennt das Problem – spätestens, wenn man den Bahnhof verlassen will: Die Rolltreppe funktioniert nicht, der Aufzug ist außer Betrieb, mit dem Schild, Reparatur in vier, sechs, acht Wochen. Und wenn man dort häufiger vorbeikommt, sieht man auch die chronologische Entwicklung. Erst sind es vier Wochen, dann verlängert es sich um weitere drei Wochen, dann um weitere vier Wochen. Es ist eine unendliche Geschichte.
Die Zuverlässigkeit – darauf legt die Bahn ja wert – liegt bei 95 Prozent. Das heißt, 5 Prozent funktioniert nicht. Das klingt erst einmal nicht so viel. Das heißt aber auch: Jede 20. Fahrt findet nicht statt. Wenn Sie einmal am Tag
zur Arbeit und wieder zurück fahren, stehen Sie einmal in der Woche vor einer nicht funktionierenden Rolltreppe, einem nicht funktionierenden Aufzug. Selbst wenn die fünf Prozent eingehalten werden: Mein Eindruck ist, dass es aber deutlich mehr sind.
Die Gründe, die die Bahn stets anführt, sind technische Schwierigkeiten, Vandalismus, fehlende Ersatzteile. Wenn man sich aber mal in der Stadt umschaut: Das sind ja nicht die einzigen Rolltreppen und auch nicht die einzigen Aufzüge in der Stadt. Erstaunlicherweise schafft es ein Einkaufszentrum oder das KaDeWe sehr viel schneller, seine Aufzüge wieder funktionstüchtig zu machen, seine Rolltreppen wieder zum Laufen zu bringen. Wenn ich an den Anhalter Bahnhof denke – dort klappt das teilweise ein Dreivierteljahr nicht. Das habe ich im KaDeWe, glaube ich, noch nicht erlebt, auch wenn ich nur alle Dreivierteljahre dort hinkomme.
Man fragt sich, wie man das Problem angehen kann, das offensichtlich auch etwas mit Motivation und Engagement zu tun hat. Dazu gibt es eine Regelung, die wir längst haben: Die Regelung des Landes mit den Verkehrsträgern, dass Geld abgezogen wird, wenn die Leistung nicht stimmt. Wenn die Züge nicht kommen, wenn sie verspätet kommen, kürzt das Land Berlin das Geld. Warum tut man das nicht auch bei den Dingen, die schlicht und ergreifend die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs unmöglich machen, zumindest für Leute, die in irgendeiner Form eingeschränkt sind, sei es mobilitätseingeschränkt auf Dauer, sei es mit einem Koffer, sei es mit einem Kinderwagen, sei es aktuell mit Problemen behaftet? – Wir haben ganz bewusst, damit nicht das Argument kommt: Wir können doch nicht in bestehende Verträge eingreifen! –, gesagt: für die nächsten Verhandlungen und gingen davon aus, dass dies einer der Anträge sei, bei denen die Koalition sagt: Mist, sind wir nicht selbst drauf gekommen! Wunderbar, machen wir mit! – Ganz im Gegenteil! Man hat es abgelehnt. Warum weiß ich nicht, aber es ist zumindest erhellend, denn jetzt weiß in der Stadt jeder, der seinen Koffer oder seinen Kinderwagen die Treppen hochträgt, wem er das zu verdanken hat – nämlich Rot-Rot-Grün. Oder, wie nachher meine Kollegen von den Regierungsfraktionen sagen werden: Es ist nicht egal, wer in dieser Stadt regiert. Rot-Rot-Grün wirkt – nämlich so, dass man nicht weiterkommt. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als letzter Redner kann man vieles wiederholen. Die Kritik und die Notwendigkeit haben auch die Koalitionsfraktionen dargestellt. Dass nach zwei Jahrzehnten, in dem man sich diesem Thema widmet, gerade mal zwei Drittel der Ampeln umgestellt sind, beklagen wir alle. Aber was passiert? – Es passiert im Zweifel quasi nichts. Anstatt an der Stelle einmal ein wenig auf die Tube zu drücken, sagt man „bis 2020“. Wobei ich mich bei dem Antrag frage, was 2020 für die Umstellung der alten Taster heißt. Heißt das bis zum 1. Januar 2020 oder bis zum 31. Dezember 2020? Bei dem Tempo, das in Sachen Barrierefreiheit vorgelegt wird, nehme ich an, dass es eher der 32. Dezember 2020 sein wird. Man erwartet ein Konzept und einen Zeitplan, wie man das Ganze bis 2030 umsetzen kann.
Der Kollege Ronneburg sprach eben davon, dass man jetzt Dynamik reinbringt. 20 Jahre für zwei Drittel und weitere zehn Jahre für das letzte Drittel, da ist nicht mehr Dynamik drin. Wenn ich die Zahlen nehme, die der Kollege Düsterhöft ansprach, der sagte, es seien bereits 70 Prozent umgestellt, hätte sich das Tempo gegenüber der Vergangenheit sogar verringert. Insofern ist der Ansatz gut. Die Nachschärfung von Rot-Rot-Grün ist da ein kleiner Schritt. Wir sind da etwas ungeduldiger. Man kann über 2019 – der Antrag ist ja schon ein paar Jahre alt – natürlich diskutieren, aber man hätte ja sagen können: Parallel zum barrierefreien ÖPNV Ende 2021 sind auch alle Ampeln umgestellt.
Für uns wird ein entscheidender Punkt sein, wie ernst Rot-Rot-Grün das Ganze jetzt bei der Haushaltsdebatte nimmt. Wir hatten im Sozialausschuss die zuständige Mitarbeiterin aus der Verkehrsverwaltung da. Die erklärte, mit 1 Million Euro werden acht bis zehn Ampeln umgestellt. Wir müssen 700 Ampeln umstellen. Das hat
der Kollege Düsterhöft ja auch errechnet. Das heißt, wir brauchen in den nächsten Jahren im Prinzip jedes Jahr mindestens 7 Millionen Euro. Auf meine Nachfrage hatte der Senat geantwortet, man könne gar nicht schneller umstellen, weil es kein Fachpersonal gäbe. Es gäbe nur eine Firma, die das könne, und die hätte nur einen Mechaniker, der dann zwischendurch auch noch Urlaub hat. Von daher sehen wir für dieses von allen festgestellte dringende Problem zu viele Planungen in Konzeptionen, in Zeitplanungen, anstatt dass man endlich etwas umsetzt. Letztlich ist das eine Vertröstung auf das bisher übliche, sehr lahme Tempo. Daher: Der Wille ist gut, die Umsetzung ist schlecht. Wir werden uns enthalten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es hat auch Vorteile, wenn man als Letzter redet, denn man kann sicher sein, dass die fünf Vorrednerrinnen und Vorredner das Interesse des Auditoriums für dieses Thema schon auf die Spitze getrieben haben.
Insofern, glaube ich, habe ich jetzt die Aufmerksamkeit des gesamten Hauses.
Es geht, das haben meine Kolleginnen und Kollegen schon gesagt, um die Umsetzung eines Bundesgesetzes, und zwar eines Bundesgesetzes – da fangen bei uns die Probleme an –, das die generalistische Ausbildung festschreibt, etwas, was wir für einen falschen Weg halten. Am Ende wird es insbesondere die Altenpflege sein, die darunter leidet, wenn es diese generalistische Ausbildung gibt.
Berlin setzt jetzt um, auch das ist schon angesprochen worden – spät, man kann auch sagen zu spät, und aus unserer Sicht an vielen Stellen mangelhaft. Da kann man im jetzt Endeffekt natürlich sagen: Es gibt ein Gesetz, das in die falsche Richtung geht, das schlecht umgesetzt wird, dem kann man doch eigentlich nur zustimmen – Minus und Minus ergibt Plus. – Das ist dem Thema Pflege aber nicht angemessen, zumal einige der Kritikpunkte, die für uns auch sehr wichtig sind, bereits angesprochen wurden.
Ich glaube, wir haben vor Kurzem alle – zumindest die pflegepolitischen Sprecher – das Schreiben des Pflegeschulbundes erhalten, dass der festgesetzte Termin 1. April bedeuten kann, dass es ein zweimonatiges Moratorium für die Ausbildung gibt, etwas, was wir uns im Pflegebereich eigentlich nicht leisten können und nicht leisten sollten.
Das Thema Praxis, Praxisausbildung wurde von einigen meiner Kolleginnen schon angesprochen. – Was für mich auch nicht so ganz geklärt ist, ist das Verhältnis Richtung Brandenburg. Wenn in der Vorlage steht, man werde alles vermeiden, was eine Zusammenarbeit erschwert, dann ist mir persönlich das ein bisschen zu wenig.
Aus unserer Sicht bleiben immer noch eine Menge Strukturfragen offen, und das kurz bevor die Gültigkeit des Gesetzes eintritt. Das wäre an sich nicht schlimm, wenn es nicht auch um die Planungssicherheit für die Beteiligten in diesem Bereich ginge. Ein Stichwort, das hier schon einige Male fiel, war die Frage der Mietzuschüsse
(Fadime Topaç)
und Ähnlichem. Da sollte und müsste das Land längst weiter sein.
Die Quintessenz für uns lautet: Es ist eigentlich eine Art Formalakt – Umwandlung eines Bundesgesetzes in Landesrecht. Wir denken aber, dass die handwerklichen Fehler bereits im Vorfeld so groß sind, dass wir diesem Gesetz so nicht zustimmen können. Wir werden uns enthalten. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als letzter Redner hat man es generell schwer. Ich habe überlegt, mach’s dir einfach, gib einfach deine Rede von Dezember zu Protokoll, denn an den Argumenten hat sich zumindest für unsere Fraktion nichts geändert: dass das vorgelegte Gesetz sinnvoll, notwendig und überfällig ist. Wir haben jetzt nur noch die Zustimmung des Bundesverfassungsgerichts dazu bekommen, was zeigt, so falsch kann unsere – auch unsere – Sicht nicht gewesen sein.
Man fragt sich nur, und der Kollege Düsterhöft sprach es ja auch an, nach der, sagen wir mal, sehr überschaubaren Debatte in den Ausschüssen: Warum noch eine zweite Debatte hier im Plenum? Insbesondere habe ich mich natürlich gefragt, warum als Priorität der SPD, einer Partei, die ja gerade im Bundestag entsprechende Anträge von Grünen, Linken und von der FDP mit von der Tagesordnung abgesetzt hat, dass man so das Ganze auf Bundesebene einheitlich regeln könnte. Dem einen oder anderen mag da das Stichwort Unglaubwürdigkeit einfallen.
Einen aus unserer Sicht wichtigen Aspekt hat auch die Kollegin Fuchs bereits angesprochen: dass es eben nicht nur um die Wahlrechtsausschlüsse geht, sondern auch um die Praxis, um solche Dinge wie barrierefreie Wahllokale, Schablonen, und natürlich – das sprach auch Frau Topaç eben an – nicht nur um die Frage: Wer steht an der Urne? –, sondern auch darum: Wen kann man auch in die Urne bringen, sozusagen.
Das heißt: Wie kriegen wir mehr Kolleginnen und Kollegen hier in das Parlament, die selbst wissen, wovon sie reden? – Wir hatten ja vorhin schon eine Debatte, und ich nehme an – den Gesetzesentwurf kennen wir als Opposition ja noch nicht –, dass das Parité-Gesetz natürlich auch eine Quotierung für Schwerbehinderte vorsieht, damit auch diese Gruppe angemessen in diesem Parlament repräsentiert ist.
Denn auch hier sind es spezifische Lebenserfahrungen. Es wird aber an diesem Punkt die Begeisterung der FPD für dieses Gesetz nicht steigern, weil wir denken – und ich weiß, wovon ich rede –: Selbstorganisation und Selbstverantwortung können einen auch an dieses Rednerpult bringen.
Dem Appell der Kollegin Topaç, dass es vielleicht mehr Kolleginnen und Kollegen mit Handicap in diesem Parlament gibt, kann ich mich natürlich nur anschließen. Mehr Wählerinnen, mehr Wähler mit Handicap sind bestimmt besser für eine inklusivere Gesellschaft. – Vielen Dank!
(Fadime Topaç)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass dieses Thema inzwischen auch bei der Union angekommen ist. Ich erinnere mich noch gut, dass, als ich vor sieben Jahren – 2012 – zusammen mit dem Kollegen Kugler bei der Bürgerinitiative saß, die genau dieses seit Langem forderte, und wir gemeinsam überlegten, wie man das Projekt voranbringen kann, die Reaktion des schwarz-grünen Bezirksamtes so ähnlich war, wie wenn man Vegetariern vorschlägt, eine Metzgerei zu übernehmen.
Offensichtlich ist da der Denkprozess inzwischen etwas weiter gekommen. Wir haben auch entsprechende Beschlüsse in den BVVen in Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf.
Aber was uns an diesem Antrag fehlt – und das hat erstaunlicherweise noch keiner hier so deutlich gesagt –, ist das Gesamtkonzept. Man kann den Breitenbachplatz nicht isoliert betrachten, es muss mindestens um den Verkehrsbereich zwischen Bierpinsel und Breiten
(Frank Scholtysek)
bachplatz gehen, denn diese Gegend ist, soweit ich weiß, die einzige Stelle in der Stadt, wo zwei Autobahnen mit einer Tempo-30-Zone verbunden werden, eine relativ kreative Idee. Insofern, denke ich, werden wir im Ausschuss einen Änderungsantrag einbringen, um das Planungsvorhaben ein bisschen auszudehnen und den, sagen wir mal, Schwarzbau der Union tragfähiger zu machen, damit wir eine Brücke zu einem zukunftsträchtigen Verkehrskonzept für diese Gegend der Stadt haben. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um mit dem Schluss zu beginnen: Die FDP wird diesen Antrag unterstützen.
Wir denken, dass Wahlrechtsausschlüsse heute einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Es ist viel von der UN-Behindertenrechtskonvention gesprochen worden. Es gibt aber noch andere Dinge. Bereits 1992 hat sich das Betreuungs
recht geändert. Seitdem gibt es eben keine Entmündigungen mehr. Auch das hat an dieser Stelle sehr konkrete Konsequenzen. Und ein Blick auf den Betreuungsgerichtstag zeigt, dass auch aus dieser Richtung einfach Handlungsbedarf besteht.
Es ist vieles von meinen Vorrednerinnen und -rednern gesagt worden. Es wurde bereits gesagt, dass es eben keine Benachteiligung wegen Behinderung geben darf und dass Teilhabe ermöglicht werden muss, und das gilt natürlich auch für Personen, die wegen Schuldunfähigkeit in psychiatrischen Einrichtungen sind – auch dazu hatten meine Kolleginnen schon vieles gesagt –, sei es die Ungleichbehandlung gegenüber denen, die erst innerhalb der Justizvollzugsanstalt erkrankt sind, oder ganz generell Menschen in geschlossenen Einrichtungen.
Deswegen ist ja Berlin an der Stelle auch nicht die absolute Avantgarde. Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg haben ihre Wahlrechte schon entsprechend geändert, wobei ich es – die Zahlen wurden schon ein paarmal genannt – schon interessant finde, dass in Berlin so relativ wenige betroffen sind – mit 680, 690. Wenn man die Debatte verfolgt, liest man, dass die Zahl bundesweit weit in die Zehntausende geht. Das scheint also in anderen Bundesländern ein sehr viel größeres Problem zu sein.
Ein Problem gibt es aus unserer Sicht mit diesem Antrag: Es ist leider eine Trockenübung, denn das Ganze wirkt sich natürlich nur direkt auf Berlin aus. Die Kollegin Topaç sprach es an. Es gibt auch einen Antrag der FDP im Bundestag. Der Versuch einer Einigung noch in diesem Jahr ist leider gescheitert. Wenn das aber erst im nächsten Jahr passiert, heißt das, dass es eben keine Regelung zur Europawahl geben wird. Es wäre also insofern schön, wenn insbesondere die SPD sich an der Stelle mal ehrlich macht und einfach im Bundestag für eine Mehrheit sorgen würde.
Denn so bleibt das Ganze letztlich ein Schaufensterantrag, der vermutlich erst 2021 zieht – immer vorausgesetzt, der Koalition gehen bis dahin nicht die Staatssekretäre aus, die man beurlauben kann. Dann könnte es natürlich auch sein, dass wir früher wählen. Aber wann auch immer die nächste Wahl ist, es wäre sinnvoll, dass dann alle Berlinerinnen und Berliner an diesen Wahlen teilnehmen können – auch die knapp 700, die es beim letzten Mal nicht konnten. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Wohnungslosigkeit, Obdachlosigkeit steht zwar heute auf dem Programm der Aktuellen Stunde, es ist aber leider ein Thema, das in dieser Stadt immer Saison hat. Gerade im Winter wird es uns und auch den Medien aber besonders bewusst. Es ist ein Problem, das haben meine Vorrednerinnen und -redner längst angesprochen, das auch und gerade in Berlin gewachsen ist und das kontinuierlich weiterwächst, teils durch eine ganz normale Sogwirkung einer Großstadt gegenüber dem flachen Land, der Provinz, aber aus unserer Sicht auch durch Fehler des Senats, dazu später. Es ist aber gut, dass der Senat endlich dieses Thema nicht ignoriert, wie es in der Vergangenheit war; denn 20 Jahre alte Richtlinien sprechen nicht dafür, dass man regelmäßig den Blick darauf hatte.
Die Strategiekonferenzen, die es im Frühjahr und im Herbst gab, wo praktisch alle Beteiligten auf Landes- und Bezirksebene eingebunden waren und Ideen entwickelt haben, ist ein sehr sinnvoller erster Schritt gewesen. Was uns nun fehlt, ist die konsequente und zügige Umsetzung der Forderungen aus den Arbeitsgruppen. Das aktuelle Trauerspiel um die Notübernachtung bei der BVG ist für uns ein Beispiel, was eben nicht läuft. Im September
(Fadime Topaç)
steigt die BVG plötzlich nach Jahren aus dem System der Kältebahnhöfe aus. Klar, es ist nicht Aufgabe eines Verkehrsträgers, ein solches Angebot zu schaffen. Trotzdem, es ging über Jahre – warum geht es plötzlich nicht mehr? – Aber auch zwei Monate später hat man den Eindruck, dass die Sozialverwaltung kein Konzept hat, wie sie dieses Problem kompensiert. Es bedarf erst einer energischen Senatstagung, um die BVG anzuweisen, nun doch Bahnhöfe zur Verfügung zu stellen. Und dann dauert das Aufstellen von ein paar Dixi-Toiletten so lange wie in manchen Städten das Bauen von Häusern.
Wir denken, dass angesichts solcher Probleme die FDP einfach mal in die Vorleistung geht, ein Gesamtkonzept vorlegt mit einer To-do-Liste, damit klar ist, was jetzt zu tun ist. Die erste und zentrale Forderung muss sein, Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu vermeiden. Das tut man aus unserer Sicht in einer wachsenden Stadt dadurch, dass man neu baut und verdichtet, und nicht, indem man Zeit, Energie und vor allen Dingen Geld verwendet, um Wohnraum für einige Altansässige mittels Rekommunalisierung zu sichern.
Nein! – Hier lassen aus unserer Sicht Frau Lompscher und auch Bezirksstadtrat Schmidt die Sozialverwaltung allein, respektive sie verschärfen die Probleme noch. Das gilt genauso für Bau- und Denkverbote bei der Elisabethaue, beim Tempelhofer Feld oder auch am Westkreuz. Zu dem Thema Wohnraumschaffung seien auch Stichworte wie geschütztes Marktsegment und Trägerwohnungen erwähnt. Aus unserer Sicht ist es hier aber sehr wichtig, auch die privaten Anbieter besser einzubinden, als das bisher passiert ist. Die Städtischen haben natürlich eine Vorbildfunktion, aber der kommen sie, wie wir alle wissen, nicht so nach, wie man es gerne hätte, da ist manch privater Anbieter sehr viel sozialer ausgerichtet.
Der absolute Zentralpunkt ist aber, dass der reale Wohnungsverlust vermieden wird, und zwar durch eine bessere Kommunikation, eine Zusammenarbeit aller Beteiligten. Derzeit weiß viel zu oft die Linke nicht, was die Rechte gerade liegenlässt. Die Leidtragenden sind dann oft die betroffenen Menschen. Es braucht klare, transparente Strukturen, eine One-Stop-Agency für Notfälle statt eines Bürokratiedschungels. Es ist mir völlig unverständlich, warum nicht zumindest die städtischen Wohnungsbaugesellschaften Mietmahnungen regelmäßig Informationen zur Vermeidung von Räumungen beilegen. Der
Arbeitskreis Wohnungsnot hat hier eine hervorragende Broschüre entwickelt, sogar in leichter Sprache, was wieder einmal zeigt, dass bürgerschaftliches Engagement die Mängel staatlichen Handelns kompensieren muss.
Ein Bereich, für den eine besondere Aufgabe der Prävention besteht, ist das Thema der Straßenkinder. Das muss aus unserer Sicht auch Teil des schulischen Bildungsauftrags sein. Wenn hier das Thema Jugend- und Familienhilfe zur Sprache kommt, wird wieder einmal klar: Vermeidung von Obdachlosigkeit ist eine Querschnittsaufgabe aller Verwaltungen. Das zeigt sich spätestens dann, wenn man die Probleme betrachtet, die bei Straßenkindern auftreten, wenn sie von der Jugendhilfe in die Erwachsenenszene kommen. Da fallen sie viel zu oft in ein Betreuungsloch der Unzuständigkeiten. Das zeigt, auch hier ist nicht nur das Haus Breitenbach in der Pflicht. Aber diese Gemeinschaftsverantwortung scheint manchen Senatsressorts nicht bewusst zu sein, leider. Zudem muss ferner endlich eine Statistik zur Quantität und Qualität der Obdachlosigkeit vorgelegt werden, und zwar zügig. Wir denken, dass das vor dem ersten Quartal 2019 hätte passieren sollen und müssen.
Denn nur dann ist der Zugang zu Hilfssystemen einfacher und individueller und transparenter zu gestalten. Wir brauchen eine Koordinationsstelle auf Landesebene, denn das Thema ist ein gesamtstädtisches und viel zu wichtig für Ressort- und Bezirksbefindlichkeiten.
Die Notwendigkeit zeigt sich gerade in der auch von meinen Vorrednerinnen und -rednern angesprochenen unterschiedlichen Sensibilität der Bezirke. Zum Beispiel mein Heimatbezirk Steglitz-Zehlendorf hat als einziger keine Angebote im Rahmen der Kältehilfe – weder Unterkünfte noch Tagesstätten. Ich muss sagen, bei dieser sozialen Kälte im Südwesten durch Schwarz-Grün hilft auch keine Kältehilfe mehr.
Es müssen innovative Wege der Unterbringung gegangen werden, statt bürokratische Barrieren aufzubauen. Der Start von Housing First ist ein sehr guter erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Es bleibt z. B. bei der Kältehilfe unverständlich, warum dabei nicht auch leerstehende Tempohomes genutzt werden. Eine Zwischennutzung während des Ausschreibungsverfahrens oder der Betreibersuche wäre naheliegend, und zwar so naheliegend, dass es offensichtlich in Berlin nicht passiert.
Diese neuen Wege brauchen wir auch, weil sich das Klientel verändert hat. Mehr Frauen leben auf der Straße, mehr Familien, und neuerdings spielt auch das Thema Barrierefreiheit bei Obdachlosenunterkünften eine Rolle.
Einen weiteren ersten Schritt ist der Senat wenigstens im Bereich der Gesundheitsversorgung durch die Clearingstelle gegangen. Wir denken aber, dass dies im Bereich Hygiene und Gesundheitsangebote noch längst nicht ausreicht. Hier ist das Angebot aus unserer Sicht lückenhaft und unkoordiniert. Es wäre notwendig, dass hier etwas passiert, um sich auch der Obdachlosigkeit mit ihren Auswirkungen auf das Zusammenleben in der Stadt zu widmen. Das ist zum einen natürlich auch die Geruchsbelästigung in dem einen oder anderen Fall in der U- oder S-Bahn, das ist die Situation in den Parkanlagen, und das ist auf der anderen Seite natürlich, dass jede Art von Gewalt, sei sie verbal oder gar körperlich, gegen Obdachlose konsequent zu verfolgen ist.
Schließlich gilt es zu berücksichtigen, dass längst die Mehrheit der Obdachlosen in Berlin keine Deutschen, sondern größtenteils nicht leistungsberechtigte EUBürger sind. Hier hat sich Berlin für eine Sogwirkung entschieden, denn z. B. das rot-grüne Hamburg ist da sehr viel konsequenter und setzt die Leute in Rückführungsbusse, die aber meistens nicht in den Heimatländern landen, sondern in Berlin. Es braucht aus unserer Sicht eine verlässliche, bundesweit einheitliche Linie, um hier eine Binnenwanderung nach Günstigkeitsprinzip zu vermeiden.
Gerade bei dieser Gruppe denken wir, dass individuelle Beratung und Betreuung gefragt ist. Die Arbeit von Barka für die polnischsprachige Community ist hier ein guter erster Anfang. Der Senat muss aber endlich auch die anderen Herkunftsländer ins Boot holen und sicherstellen, dass die Arbeit von Barka verstetigt und ausgebaut wird.
Es gibt also viel zu tun, und zwar mehr, als dass nur weiter geredet wird oder Konzeptionspapiere geschrieben werden. Es gilt, endlich zu handeln, schnell und effektiv. Das ist dann zwar praktische Sozialpolitik, aber eben nicht alleinige Aufgabe von Frau Breitenbach. Hier ist die Gesamtleitung durch den Regierenden Bürgermeister gefordert, denn es ist eine gesamtstädtische und gesamtgesellschaftliche Aufgabe im Interesse der Stadt und ihrer Menschen – mit und ohne eigene Wohnung. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Antrag kümmert sich um einen Punkt aus dem Bereich Pflege, einen Bereich, der aus unserer Sicht besonders kritik- und fragwürdig ist; daher lautet auch die Überschrift „Es reicht!“.
Es geht hier aber nicht, wie die meisten jetzt vielleicht erwarten würden, um die gerade tagesaktuellen Ideen des Bundesministers Spahn zum Thema Pflege, sondern es geht um Abrechnungsbetrug. Berlin ist bundesweit ein absoluter Hotspot in diesem Bereich. Natürlich wollen wir mit diesem Antrag nicht einen Generalverdacht aussprechen; die meisten ambulanten Pflegedienste sind natürlich seriös, und sie arbeiten engagiert. Dafür kann man an der Stelle auch einmal danken.
Das ist völlig unabhängig davon, ob es sich um Private oder Gemeinnützige handelt. Ebenso ist natürlich klar: Es gibt auch Schwarze Schafe, bei den Privaten wie auch bei den Trägern, wo man sagt, sie sind eher gemein als „nützig“.
Es gibt in diesem Bereich schon einiges, was vom Senat initiiert wurde. Wir denken aber, dass zu den bereits getroffenen Maßnahmen mehr möglich ist und vor allen Dingen auch mehr nötig ist. Erstens sehen wir da eine zu 100 Prozent elektronisch erfolgende Abrechnung. Das geht nicht nur schneller und effektiver und schafft damit
mehr Zeit für die eigentliche Pflege, sondern es bringt auch ein Plus im Bereich Fälschungssicherheit.
Zweitens gilt es, bei den oft bestehenden Kooperationen zwischen Ärzten, Pflegediensten und Patienten, Whistleblowern die Arbeit zu erleichtern und damit das System vielleicht sprengen zu können.
Drittens, meinen wir, sollten ambulante Pflegedienste bei der Aufsichtsbehörde bekannt sein, damit auch sie einer Kontrolle unterliegen können – da man das leider dazu sagen muss: natürlich gerade unangekündigte Kontrollen.
Und viertens rechtfertigt aus unserer Sicht der ökonomische Schaden, den der Abrechnungsbetrug verursacht, den Aufbau spezialisierter Strukturen bei der Polizei und bei der Staatsanwaltschaft. Das ist zwar schon ein relativ breiter Strauß an Maßnahmen, aber bestimmt nicht allumfassend.
Wenn die Senatorin vielleicht als fünften Schritt auch hier einen Runden Tisch einrichten möchte – was Sie ja gerne tut, siehe Geburtshilfe, Prostitution, Pflege, Krankenhäuser –, werden wir gegen eine solche weitere Zusatzmaßnahme nichts haben.
Aber wir denken, dass gerade in diesem Bereich ein Mehr auf jeden Fall notwendig ist. Wir freuen uns daher auf die Diskussion im Ausschuss, auch wenn ich eher illusionslos bin, denn meistens pflegt Rot-Rot-Grün Anträge der Opposition abzulehnen – auch eine Art von Pflegepolitik!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht mir ähnlich wie Frau Seibeld: Wir haben im November über diesen Antrag gesprochen. Man könnte die Rede recyceln
im Sinne von Rot-Rot-Grün: Der Antrag ist gut gemeint, und angesichts der Probleme, die es in diesem Bereich in der Vergangenheit gab, wohl leider auch notwendig. Denn den Standard von Unterkünften zu bewerten und auch zu prüfen, ist an sich eine gute Sache.
Ich habe aber schon damals kritisiert, dass die Idee aus unserer Sicht entschieden zu spät kommt. Man hätte es eigentlich im Vorfeld eines landeseigenen Betriebs machen sollen; man hätte es in die To-Do-Liste der Hamburger Managementberater reinschreiben – und nicht erst, nachdem im Prinzip die Sache gelaufen ist – und sich jetzt darüber Gedanken machen sollen.
Stattdessen kommt man mal wieder auf die Idee, ein neues Gremium mit einer aus unserer Sicht unklaren Zusammensetzung einzurichten. Denn wer bestimmt die Vertretungen aus den Vereinen, welche Organisationen der Hilfe? Wer wählt wen nach welchen Kriterien für wie viele Plätze eigentlich aus? – Statt hier das Know-how der eigenen Verwaltung oder auch der eingeflogenen, hoch bezahlten Experten zu nutzen oder zur Voraussetzung zu machen, wird wieder einmal alles, statt Verantwortung zu übernehmen, diffus an die Zivilgesellschaft delegiert.
Zudem: Was nutzen uns gute Standards, wenn sie am Ende keiner umsetzen will? – Wir alle kennen die Debatte über die nicht bezahlten Rechnungen in diesem Bereich, dass Caritas und Diakonie nun aufgrund ausstehender Millionen klagen wollen.
Und letztlich – auch das hat die Kollegin Seibeld schon angesprochen: Wenn man schon einmal Mindeststandards für Gemeinschaftsunterkünfte definiert – warum dann nicht einheitlich? Betreuung, Sicherheit, Infrastruktur, Ausstattung – das gilt aus unserer Sicht genauso auch z. B. für den Bereich der Obdachlosenarbeit, denn die Reintegration in die Gesellschaft, in den Wohnungs- und Arbeitsmarkt ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die eben nicht nur Flüchtlinge betrifft.
Daher denken wir: Der Antrag ist gut gemeint, aber in der Quintessenz nicht so gut gemacht, dass wir ihm zustimmen könnten. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich in vielem anschließen. Auch ich bin Mitglied des Kuratoriums im Jugendkulturservice. Auch ich bin der Meinung, dass der Super-Ferien-Pass eine tolle Sache ist. Und er ist auch ein Erfolgsmodell. Es gibt schon über 250 Ausgabestellen in der Stadt, und zwar querbeet von Supermärkten über Getränkemärkte, Bürgerämter und Bibliotheken bis hin zu Theatern. Es gibt ihn online, es gibt die Werbung an den Schulen mit – die Kolleginnen hatten es schon erwähnt – 16 000 Flyern. Es gab sogar schon mal Versuche des Direktverkaufs in Schulen, auf Schulfesten, allerdings mit sehr mäßigem Erfolg. Zudem wird ein Großteil, wie erwähnt, in den Ferien verkauft.
Das heißt: Der Ansatz, mehr Werbung, ist theoretisch gut. Er ist aber vielleicht nicht unbedingt notwendig. Auf
jeden Fall ist es notwendig, die Schulsekretariate und -cafeterien nicht mit weiteren Aufgaben zu belasten. Häufig fehlt da sowieso Personal, häufig sind die Sekretariate nur mäßig besetzt. Wenn sie jetzt auch noch die Aufgabe als Zahlstelle bekommen, ist das eine unnötige zusätzliche Belastung.
Und wenn die AfD in ihrem Antrag schreibt, das Ganze sei mit einem „sehr überschaubaren Verwaltungsaufwand“ verbunden, dann hat unsere Fraktion eine andere Vorstellung von dem, was ein überschaubarer Verwaltungsaufwand ist.
Dieser Antrag ist ein klassisches Beispiel dafür, dass „gut gemacht“ das Gegenteil von „gut gemeint“ ist. Wir sollten diesen Antrag schnellstmöglich ablehnen. – Vielen Dank!
Nein!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, diese Debatte ist ein typisches Beispiel für die Politik von Rot-Rot-Grün, nämlich für gelebtes Recycling. Wir haben über diesen Antrag geredet, als er eingebracht wurde. Wir haben darüber im Ausschuss geredet und den Antrag ohne Änderungen einstimmig beschlossen. Nun kann man die Rede vom letzten Mal hier noch einmal verlesen –
ich höre Kritik von der Kollegin Fuchs, ich habe dazu schon einmal geredet, ich weiß es –, aber wozu noch mal? Offensichtlich hat Rot-Rot-Grün Interesse daran, Redezeit zu verbrauchen, damit wir vielleicht über andere Dinge nicht reden.
Aber im Kern ist natürlich das Anliegen des Antrages – das zeigt ja auch die einstimmige Abstimmung – gut und sinnvoll. Wie wir bei der Diskussion im Ausschuss erleben mussten, ist offensichtlich der Antrag auch notwendig, weil das, was da an Einlassungen von der Innenverwaltung kam, zumindest aus meiner Sicht nicht unbedingt gezeigt hat, dass dort schon Problembewusstsein oder gar die Kenntnis der Behindertenrechtskonvention angekommen ist. Insofern sollten wir alle sehr gespannt auf den Bericht sein, den wir dann zum 30. Juni kriegen.
Ein Wermutstropfen ist aus unserer Sicht, dass das Thema Schulung der Wahlvorstände zu Wählerinnen und Wählern mit kognitiven Einschränkungen nicht auch noch aufgenommen wurde, aber vielleicht folgt das ja bald, wenn sich dann auch Berlin endlich dem Thema der Wahlrechtsausschlüsse widmet.
Wir Freien Demokraten werden logischerweise diesem Antrag zustimmen, denn ein wirkliches, reales Wahlrecht
für alle ist ein existenzielles Merkmal einer lebendigen, echten Demokratie. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Ich frage den Senat: Dieses Jahr steht unter anderem die Ausschreibung für die Betreuungsvereine an. Wird sich diese Ausschreibung auf § 55 oder auf § 55a der Landeshaushaltsordnung stützen?
Ich fürchte, die Nachfrage wird der Herr Staatssekretär dann auch nicht beantworten können, daher verzichte ich.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Wir haben heute schon viel über das Thema Mobilität geredet. Auch die rot-rot-grüne Koalition redet viel über Mobilität und meint damit meistens neue Radstreifen und weniger Parkplätze. Aber Mobilität ist zumindest für uns mehr und betrifft auch sehr viel mehr Menschen. Es geht nämlich auch um Menschen mit Handicap, um Senioren und um alle übrigen, die – und sei es
auch nur zeitweise – uneingeschränkte Barrierefreiheit brauchen. Wir denken, diese Gruppe spielt in der Diskussion um Mobilität bisher eine viel zu geringe Rolle.
Es fehlt aus unserer Sicht ein wirkliches Gesamtkonzept für Berlin, denn auch an dem Punkt ist gelebte Inklusion eine Querschnittsaufgabe, und zwar eine, die qualitativ und quantitativ belastbar sein muss. Das heißt, es geht um ein Konzept, das vom Sonderfahrdienst über das Inklusionstaxi, vernünftige Ampelphasen bis zu rolligerechten Behindertenparkplätzen und rolligerechtem ÖPNV geht, bei dem die Aufzüge und Rolltreppen tatsächlich funktionieren, oder um Busse und Straßenbahnen, die es auch Blinden und Sehbehinderten verlässlich ermöglichen mitzubekommen, welcher Bus gerade zu spät kommt und um wie viele Minuten,
das heißt, weit über den jetzigen Versuch hinausgehend um einen ÖPNV, der wirklich niemanden im Regen stehen lässt. Dazu gehören für uns aber natürlich auch Ampelphasen, die es möglich machen, die Straße zu überqueren, wenn man eben nicht Usain Bolt ist,
oder ein Sonderfahrdienst, der wirklich pünktlich kommt und eine serviceorientierte Leistung erbringt. Neben dem barrierefreien ÖPNV – spätestens 2021 – und einem dazu wohl immer noch notwendig ergänzenden Sonderfahrdienst braucht aber Berlin gerade für Menschen mit Handicap den motorisierten Individualverkehr. Viele Menschen gerade mit Handicap sind auf ihr Auto angewiesen und nicht nur die. Das heißt dann auch, dass Parkplätze in der Nähe notwendig sind. Es gibt aber auch Faktoren am Rand wie das Thema Elektromobilität und Blinde. Es gibt schon Diskussionen darüber, ob Elektrofahrzeuge künstlich Geräusche herstellen sollten, damit man sie registriert.
Für ein solches Gesamtkonzept braucht man Fachleute, aus den Verkehrsbetrieben, aus dem Verkehrsbereich – also nicht, wie das Rot-Rot-Grün bei dem Mobilitätskonzept gemacht hat, den ABSV außen vor zu lassen, sondern ganz bewusst die Betroffenen mit einzubeziehen. Wer in dieser Stadt mit oder ohne Handicap am Berliner Verkehr leidet, wird sehr schnell zum Experten
für das, was läuft, für das, was besser laufen kann. Es geht uns hier nicht nur um visionäre Zukunftskonzepte, sondern vor allem um handfeste Verbesserungen, um ein ganzheitliches Konzept, das qualitative und quantitative Ziele setzt, Meilensteine definiert, nachhält und sie vor allem – was ganz Exotisches – tatsächlich einhält, damit das Menschenrecht auf Mobilität schnell verwirklicht und unsere Stadt wirklich eine Stadt für alle wird. – Vielen Dank!
(Marianne Burkert-Eulitz)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Situation in der Pflege ist nicht erst seit entsprechenden Wahldiskussionen im Zusammenhang mit der Bundestagswahl in aller Munde. Wir sind uns, glaube ich, darüber alle einig, dass eine bessere Ausbildung in diesem Bereich ein Schlüssel ist, um den bestehenden und vor allem den wachsenden Bedarf zu befriedigen. Denn der Iststand an Interesse an einer Pflegeausbildung wäre nicht in der Lage, die Lücke, die es derzeit zwischen dem Interesse junger Menschen und dem objektiven Bedarf an Pflegekräften gibt, zu schließen. Es sollte denn unser aller Interesse sein, dass wir es auch gerade in diesem Bereich mit Fachleuten und nicht mit kurz qualifizierten Quereinsteigern zu tun haben.
Der entsprechende Konsens ist, glaube ich, über alle Parteien hinweg vorhanden. Wir denken aber, dass die vorgesehene generalistische Ausbildung hier eine Sackgasse ist, die das Problem nicht löst, sondern es nicht nur, aber gerade im Bereich der Altenpflege verschärft. Das Vorbild in diesem Bereich der Pflege sollte der übrige medizinische Bereich sein. Das heißt, wir brauchen gerade und auch in der Pflege Spezialisten statt Generalisten.
Denn nur so sind wir den künftigen Herausforderungen in diesem Bereich wirklich gewachsen. Wir denken, dass der integrative Ansatz, auch Stuttgarter Modell genannt, ein sinnvollerer Weg ist, weil er eine Balance zwischen Theorie und Praxis schafft – das heißt, eine zweijährige einheitliche Ausbildung für den gesamten Bereich der Alten-, der Kranken- und der Kinderkrankenpflege und danach möglichst eine Schwerpunktsetzung, in der dann insbesondere auch die praktische Ausbildung in einem Fachgebiet erfolgt, also eine spezialisierte Ausbildung plus eine spezialisierte Prüfung. Damit wird ein umfassendes Basiswissen mit der aus unserer Sicht gerade im
Pflegebereich dringend notwendigen Spezialisierung verbunden, denn Altenpflege braucht ein anderes Knowhow als Kinderkrankenpflege. Das Stichwort Gerontopsychiatrie versus Kinderpsychologie sollte da reichen.
Das Ergebnis eines solchen Ausbildungsganges wären eine hohe Flexibilität und gleichzeitig auch sehr gute Weiterentwicklungspotenziale. Wissenschaftliche Untersuchungen dieser Bereiche haben gezeigt, dass eine Spezialisierung möglichst früh geschehen sollte, also nicht erst im Rahmen der Berufstätigkeit. Wenn man das so sieht – und die Wissenschaft sieht es so –, sollten wir Konsequenzen ziehen. Berlin hat dem Thema Pflege mit einem eigenen Ressort ein ganz besonderes Gewicht gegeben. Jetzt ist Berlin auch in der Pflicht, hier inhaltlich Vorreiter und Meinungsführer zu sein, denn gerade die Pflege braucht fachliche Profis und keine Generalisten. – Vielen Dank!
Ich frage mich, worüber die Kollegin eben sprach. Offensichtlich hat sie keinen Blick in das Wahlprogramm der FDP geworfen – denn dort steht genau die Forderung, die wir als Antrag eingebracht haben, drin.
Und eine Rückabwicklung sehe ich nicht. Den Mist, den die große Koalition an dieser Stelle in den letzten Jahren gemacht hat, konnten wir dummerweise im Bundestag nicht kritisieren. Das werden wir jetzt halt nachholen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Stadt hat eine Senatorin für die Pflege – wir haben das gerade wieder mitbekommen –, die sehr viel Wert auf Ankündigungen und tolle Initiativen gerade auf Bundesebene legt. Im Zweifel geht es um Klagen gegen die ach so bösen privaten Anbieter in dem Bereich. Die sind zwar das Rückgrat der Pflege in diesem Land – zumindest der professionellen –, aber das ist ein beliebtes Thema, während die praktischen Dinge hier in der Stadt liegenbleiben. Es gibt genügend Themen für eine Senatorin in diesem Bereich, bei denen Handlungsbedarf bestände: Das Komplettversagen der Heimaufsicht in Berlin war ja nicht nur dem Rechnungshof längst ein Thema, es ist auch ein Thema in den bundesweiten Medien. Wenn die Senatorin jetzt einen Personalaufwuchs von zwei Stellen als unheimlichen Erfolg verkauft, dann zeigt mir das nur, wie bescheiden ihre Ansprüche sind. Wenn sie nicht einmal für diesen zu Recht kritisierten Punkt, dass 90 Prozent der Besuche angekündigt sind – es gibt trotzdem genügend Mängelberichte –, keine Zielmarke hat, wo sie denn mittelfristig mit den unangekündigten Besuchen hin will, habe ich Zweifel, ob sie das Problem wirklich verstanden hat,
zumal sich zeigt, dass es auch im Bereich der Ausbildung im Pflegebereich erhebliche Mängel gibt.
(Ines Schmidt)
Ein anderes Thema sind die Wartezeiten ambulanter Anbieter auf die Kostenübernahme durch das Amt. Da ist ein Jahr und mehr längst Standard. Das ist zwar Standard, aber für uns nicht akzeptabel. Hier gibt es große Unterschiede zwischen den Bezirken. Da würde ich erwarten, dass die Senatorin einmal ein wenig koordinierend und stärkend eingreift.
Ein anderer Bereich, in dem sehr wenig passiert, ist der auch in Berlin dringend notwendige Ausbau von Hospizstrukturen. Nicht nur, dass es Bezirke gibt, in denen es noch nicht einmal ein Hospiz gibt, auch hier fehlt bislang jede vernünftige Initiative der Senatorin. Insofern ist es gut, dass Berlin endlich ein Senatsressort für Pflege hat. Es ist weniger gut, dass dieses gerade mit Frau Kolat besetzt ist,
denn bisher konnten wir nicht erkennen, dass sie den Gestaltungswillen und die Motivation hat, sich dieser wichtigen Zukunftsaufgabe gestaltend zu widmen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt ein paar Unterschiede zu der Rede vorhin zum Thema Pflege und Gesundheit. Wir haben es hier im Bereich Integration, Arbeit und Soziales mit einer Senatorin zu tun, die
nicht nur mit hohem Engagement, sondern auch mit einer relativ hohen Sachkompetenz an die Aufgabe herangeht. Das ist der Vorteil, wenn man das Ressort über Jahre hinweg als Opposition gelernt hat.
Aber es kann auch ein Nachteil sein. Frau Breitenbach steckt sehr gut in den Details drin. Es gibt eine Menge Dinge, die sie angeschoben hat und die auch von unserer Seite begrüßt werden, aber das Problem ist, dass häufig die große Linie oder das Konzept – ich bin versucht zu sagen: der rote Faden – nicht zu erkennen ist.