Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

„A bzw. E 13 für alle“ ist eine alte GEW-Forderung. Darum kämpft die Gewerkschaft seit Jahrzehnten. Das war auch eine der Kernforderungen der Streiks der letzten Jahre hier in Berlin. Dafür sind die Kolleginnen und Kollegen jetzt mit Erfolg auf die Straße gegangen. Diese Forderung wird seit Langem von Bildungsreformerinnen und Bildungsreformern unterstützt und wissenschaftlich begründet. Rot-Rot-Grün wird diese Forderung noch in diesem Jahr als erstes Bundesland umsetzen, und darauf können wir gemeinsam mit allen, die dafür kämpften, stolz sein.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Es ist die lange fällige Anerkennung für die engagierte Arbeit, die durch die Grundschullehrkräfte für die Bildung und Erziehung unserer Kinder geleistet wird. Das sind eben nicht bloß „irgendwelche einfachen Grundschullehrkräfte“. Ihre Arbeit ist nicht die gleiche wie die von ihren Kolleginnen und Kollegen in der Oberstufe, aber sie ist genauso viel wert. Auf den Anfang kommt es an. In der Grundschule entscheidet sich meist, ob aus einem Kind das wird, was aus ihm werden kann. Was hier versäumt wird, ist später nur mit viel Mühe wieder nachzuholen.

Nicht mehr zuzulassen, dass der Bildungserfolg eines Kindes von seiner sozialen Herkunft abhängig ist, ist eine gewaltige Aufgabe, die damit verbunden ist. Gestiegene Anforderungen, die damit und mit der Durchsetzung der inklusiven Schule von den Grundschullehrkräften gemeistert werden müssen, begründen die Dringlichkeit der von uns angestrebten Veränderung. Auch deshalb hat sich die Ausbildung grundlegend geändert. Frau Bentele ist gerade darauf eingegangen. Studierende für das Grundschullehramt müssen in Berlin das erste Staatsexamen mit dem Master und das zweite Staatsexamen als Zugangsvoraussetzung für den Beruf erreichen. Wer A zum neuen Lehrkräftebildungsgesetz gesagt hat, der muss jetzt auch B zur einheitlichen Bezahlung der Lehrkräfte sagen.

Schließlich ist A/E 13 für Grundschullehrerinnen und -lehrer endlich auch ein Schritt zur Beendigung der mittelbaren Diskriminierung von Frauen, denn etwa 90 Prozent aller Grundschullehrkräfte sind Frauen. Der Tag, an dem diese Gesetzesänderung in Kraft tritt, wird also im doppelten Sinne ein Tag für mehr Gerechtigkeit im Lehrerzimmer sein. Damit der 1. August 2017 dieser Tag werden kann, brauchen wir die von uns beantragte Sondersitzung am 1. Juni. Welcher Tag könnte eigentlich besser sein als dieser? – Es ist der Internationale Kindertag.

Eine schnelle Beschlussfassung zu erreichen, ist auch für die Bestandslehrkräfte erforderlich – da stimmen wir überein, Frau Bentele –, damit zügig daran gearbeitet werden kann, unter welchen Bedingungen auch sie höhergruppiert werden können. Der Linken ist hier besonders wichtig, dass dabei die Berufserfahrung und die bereits absolvierten Fort- und Weiterbildungen anerkannt

(Hildegard Bentele)

werden. Ich schließe mich dem an, dass wir über das Problem der Konrektorinnen und Konrektoren reden müssen. Das hätten wir übrigens vermeiden können, wenn im vorigen Jahr dem Antrag der Linken gefolgt worden wäre und das Problem gleich mit der Anhebung der Gehälter für die Schulleiterinnen und Schulleiter geklärt worden wäre. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD) und Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE)]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat Herr Kerker das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Ich glaube, den Tag können wir heute rot im Kalender anstreichen. In diesem Plenarsaal sind sich selten alle Fraktionen so einig, wie wir es heute sind. Es ist notwendig, den Beruf des Grundschullehrers attraktiver zu gestalten. Insofern, liebe Frau Dr. Lasić, haben wir als AfD-Fraktion an der Stelle nichts zu meckern, wenngleich wir Ihre Euphorie nicht ganz teilen, denn letzten Endes ist es nur eine Maßnahme, um dem akuten Lehrermangel in den Grundschulen gerecht zu werden. Es ist ein richtiger Schritt zur kurzfristigen Konsolidierung dieses Systems, aber hier liegt eben auch der Hund begraben, denn für mich als Neuparlamentarier ist es offen gestanden nach einem halben Jahr auffällig, wie Sie, die Kartellparteien, Ihre Arbeit leisten. Es ist nämlich das stetige Stopfen von Löchern, die sich auftun. Während Sie im Umweltbereich ständig betonen, wie wichtig Ihnen Nachhaltigkeit ist, kann man dies in den anderen Politikfeldern leider nicht erkennen.

[Beifall bei der AfD]

Dabei war das Problem lange absehbar. Schon in den letzten Jahren haben uns die anderen Bundesländer massiv junge Lehrkräfte abgezogen. Man lockte diese jungen Absolventen nicht nur mit monetären Anreizen, sondern auch mit weiteren Attraktivitäten wie dem Beamtenstatus, der in Berlin seit geraumer Zeit von der Agenda quasi verschwunden ist.

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE) – Steffen Zillich (LINKE): Lass ihn reden!]

Aber wir müssen auch ehrlich sein, diese kurzfristigen Maßnahmen können nur erste Schritte auf dem Weg der Konsolidierung sein. Das Finanzielle ist doch nicht der einzige Grund, warum es in Berlin nicht mehr so attraktiv ist, Grundschullehrer zu sein. Die Gründe für die Ablehnung des Lehrerberufs sind mittlerweile mannigfaltig. Beispielsweise durch Gettoisierung ethnischer Gruppen gibt es heute ganze Schulklassen, die in weiten Teilen

ethnisch homogen sind, nur eben nicht deutsch, sondern libanesisch, türkisch oder kurdisch.

[Anne Helm (LINKE): Was für ein Quatsch! – Regina Kittler (LINKE): Das ist Rassismus!]

Es gibt nicht wenige Klassen, wo ein oder gar zwei oder gar kein deutsches Kind mehr sind. Das ist übrigens für kein Kind positiv. Und der Integration hilft es schon gar nicht.

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Herr Schlüsselburg! Wir können gerne mal zusammen in den Wedding gehen, dann lernen Sie mal was!

[Beifall bei der AfD – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Wir reden über das Landesbesoldungsgesetz! – Hakan Taş (LINKE): Habe Sie sich das mal genauer angeschaut?]

Das ist doch ein ganz wesentlicher Aspekt, warum wir Lehrermangel haben. Sie haben sich offensichtlich nicht mit dem Thema Bildung beschäftigt. – Da scheint es natürlich viel attraktiver, mal einige Kilometer aus Berlin herauszugehen und an einer brandenburgischen Schule zu unterrichten, wo dieses Problem so nicht existiert. Obendrein winkt im Gegensatz zu Berlin auch noch die Option der Verbeamtung.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Dann gehen Sie da hin! Mann, Mann!]

Ich kann es nur aus meinem eigenen persönlichen Kreis sagen. Ein Bundesbruder aus meiner Verbindung hat diesen Weg nach Baden-Württemberg jetzt auch genommen. Ja, der Kampf um die besten Köpfe findet auch zwischen den Bundesländern statt. Meine Damen und Herren von der vereinigten Sozialistischen! Nehmen Sie das mal zur Kenntnis! Sie können Wettbewerb nicht gänzlich ausklammern.

Die SPD hat seit 21 Jahren das Bildungsressort in Berlin inne. So etwa übersteht kein Bundesland unbeschadet.

[Beifall und Bravo! bei der AfD]

Da kann man die Statistiken schönen, wie man will.

[Torsten Schneider (SPD): Was haben Sie denn für ein Trauma?]

Ich habe kein Trauma. Sie sind mein Trauma, offen gestanden.

[Heiterkeit bei der AfD und der FDP – Torsten Schneider (SPD): Da sind Sie nicht der Erste! – Heiterkeit – Heiko Melzer (CDU): Und wie viele davon sind von der SPD? – Heiterkeit]

Ein ganz wichtiger Aspekt, warum wir den Beruf des Grundschullehrers attraktiver machen müssen, ist auch, dass wir auf die veränderte familiäre Situation reagieren

(Regina Kittler)

müssen. Viele Kinder wachsen heute in Familien ohne Vater auf, leider sind viele Männer nicht bereit, ihre Vaterrolle wahrzunehmen. Diesen Kindern fehlen oftmals ausreichend männliche Bezugspersonen. Frau Kittler hat es auch gerade angesprochen. Wir haben ungefähr zu 90 Prozent, ich nehme jetzt einfach Ihre Zahl auf, weibliche Grundschullehrer. Wir wollen natürlich, dass da zukünftig auch mehr Männer unterrichten. Das ist ja auch ein Thema, das wir in den Kindergärten definitiv fördern.

Herr Kollege! Sie müssen zum Ende kommen. Ihre Redezeit ist schon deutlich überschritten.

Alles klar, dann komme ich zum Ende.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Gott sei Dank!]

Ein wichtiger Schritt, wir werden Sie dabei unterstützen, aber, wie gesagt, so kann auf Dauer nicht nachhaltig gearbeitet werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Gunnar Lindemann (AfD): Bravo!]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Burkert-Eulitz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass die Gäste, die da oben sitzen, gerade gut zugehört haben, was für ein Weltbild der Kollege über unsere Stadt und die Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt verbreitet hat. Sie haben sich damit wieder eindeutig selbst deklassiert.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Lachen von Stefan Franz Kerker (AfD) – Thorsten Weiß (AfD): Realpolitik!]

Bereits in der letzten Legislatur haben wir mit unserem Grünen-Antrag „Grundschulen stärken, Fachkräftemangel beheben“ wichtige Forderungen gestellt. Wir haben damals gefordert, dass die Bezahlung aller neu eingestellten Grundschullehrkräfte, die ihren Abschluss nach dem Inkrafttreten des neuen Lehrerbildungsgesetzes, das seit 2014 in Berlin gilt, an das Niveau der Oberschullehrkräfte angeglichen wird. Diesen Antrag hat die CDU mit abgelehnt. Hätte sie auch mal zustimmen können!

Wir haben auch gefordert, dass für die bereits tätigen Grundschullehrkräfte zeitgleich ein Konzept einer Aufstiegsfortbildung ausgearbeitet wird, welches ebenfalls über diese Schiene die Möglichkeit zur höheren Einstufung eröffnet. Unsere Auffassung damals wie heute ist:

Die Bedeutung der Grundschule wurde zu lange unterschätzt. Vom Übergang der Elementarbildung hin bis zum Erwerb von Basiskompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen ist die Grundschule der Schlüssel für eine erfolgreiche Bildungsbiografie.

Beide Grünen-Forderungen fanden Einzug in den Koalitionsvertrag. Ich freue mich sehr, dass dieses auch kein strittiges Thema war und heute dieser entsprechende Gesetzentwurf vorliegt. Wir überwinden ein altes Bild von der Grundschule, deren Lehrkräfte angeblich weniger Fachlichkeit benötigen und eine geringere Qualifikation vorweisen. Damit wird nun endlich aufgeräumt. Lehrkräfte an der Berliner Grundschule unterrichten nun in drei Fächern. Und das Berliner Grundschulstudium gleicht mit zehn Semestern dem der Kolleginnen und Kollegen an den Oberschulen.

Ich freue mich daher über diese Stärkung der Grundschulen und damit auch über die Stärkung der Elementarbildung in Berlin. Das ist nicht nur notwendig, sondern auch zeitgemäß. Es ist Ausdruck dessen, dass die Aufgabenvielfalt, die Bedeutung und Verantwortung der heutigen Grundschule kontinuierlich zunehmen. Wer hier nicht lesen, schreiben, rechnen lernt, hat auf der Oberschule nur wenig Chancen. Unsere Grundschullehrkräfte tragen eine besondere Verantwortung für alle Berliner Kinder und die Schullandschaft Berlins. Es ist daher richtig, dass dieser Situation nunmehr mit einer gleichen Bezahlung Rechnung getragen wird. Wir erreichen zudem einen positiven Nebeneffekt, der uns Grünen wichtig ist, denn dieses Vorhaben bringt, Frau Kittler hat es gesagt, die Gleichstellung voran. Grundschullehrkräfte sind größtenteils Frauen. Wir werden hier die strukturelle Schlechterstellung beenden und bezahlen unsere Grundschullehrerinnen in Berlin endlich angemessen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Letztendlich machen wir die Berliner Grundschulen damit zukunftsfest. Berlin hat in den nächsten fünf Jahren, das haben wir gehört, einen Bedarf von mehreren Tausend Grundschullehrkräften. Wir werden aufgrund der strukturell bedingten eingeschränkten Ausbildungskapazitäten an den Berliner Hochschulen aus eigener Kraft praktisch nur einen Teil der Lehrkräfte rekrutieren können. Wir machen die Berliner Grundschulen für angehende Lehrerinnen und Lehrer attraktiver. Natürlich ist das heute nicht die Revolution der Bildungspolitik, es ist aber ein Meilenstein, und es gibt noch einiges zu tun.

Selbstverständlich werden wir auch bei der Aufstiegsfortbildung für die Bestandslehrkräfte eine schnelle und unkomplizierte Lösung erarbeiten. Das ist, wie Sie wissen, in Arbeit.

Was die Konrektoren angeht, hätte die CDU in der letzten Koalition längst tätig werden können. Wir holen nach, was längst notwendig gewesen ist. Insofern finde ich Ihre