Sehr geehrter Herr Fresdorf! Sie haben mich überrascht, als ich die Überschrift Ihres Antrags gelesen habe. Sie haben mich neugierig gemacht, welche innovativen Ideen Ihre Fraktion entwickelt und hier vorlegt, ganz am Puls der fachlichen Kitadiskurse, und dann habe ich gelesen. Herr Fresdorf! Haben Sie die Zeit verschlafen? Vorschulklassen, Kitapflicht, das haben wir Anfang der Zweitausender diskutiert, und dann erwähnen Sie die Kitapflicht, eine Idee von Herrn Saleh am Anfang der letzten Legislatur. Es ist alles verworfen worden, und das war gut so. Ihr formuliertes Ziel wollen wir alle: die Fähigkeiten von Kindern stärken, individuell fördern, sie befähigen und bilden. Da stimmen wir Grünen Ihnen auch zu. Sie nennen wichtige basale Fähigkeiten wie Konzentration, Selbstmotivation, soziale Interaktion und Sprachbildung. Hätten Sie sich ein bisschen mehr Zeit für Ihre Recherche genommen, hätten Sie festgestellt: Das, was Sie fordern, wird in den Berliner Kitas bereits seit vielen Jahren umgesetzt. Sie wissen, dass seit 2004 das verbindliche Berliner Bildungsprogramm für alle Kitas existiert.
Ein Blick hinein in die 180 Seiten hätte nicht geschadet. Das Programm verpflichtet alle Kitas, die umfassende Persönlichkeitsentwicklung von Kindern bis zu sechs Jahren zu fördern. Genau das will auch diese Koalition. Kitas sind für uns Grüne Lebens- und Lernorte für unsere Kleinsten, neben der Familie der entscheidende Ort der frühkindlichen Bildung. Alle Berliner Kitas sind verpflichtet, sich zur Überprüfung der Umsetzung des Bildungsprogramms einer externen Evaluation zu unterziehen, um sich fachlich weiterzuentwickeln. Das Berliner Bildungsprogramm ist kein antiquiertes Instrument, sondern auf dem aktuellen Stand des Diskurses.
Erst 2014 wurde es neu aufgesetzt. Darauf sind wir alle sehr stolz. Auf 180 Seiten werden Strukturen, Ziele, Inhalte und Maßnahmen für die Stärkung der Kompetenzen und Fähigkeiten der Kleinsten aufgeführt, und, liebe FDP, diese sind umfassender und weiter, als Sie es in Ihrem Antrag fordern. Es geht um Sozialkompetenzen, eigene Fähigkeiten, sogenannte Ich-Kompetenzen, Sachkompetenzen, aber auch um lernmethodische Kompetenzen. Das Bildungsprogramm bezieht sich dabei speziell auch auf die Schule und das weitere Leben. Seit 13 Jahren ist es nun nicht mehr Theorie, sondern gelebte Praxis, von der kleineren Kita, der Elterninitiative bis hin zu den großen Kitaträgern.
Wir haben in Berlin ein sinnvolles System entwickelt, wie Kinder den Übergang in die Schule und die Eingewöhnung in den Schulalltag meistern können. Frau Kühnemann ist darauf schon eingegangen. Es geht um die Schuleingangsphase, die ein Grundniveau herstellen soll. Kinder können zurückgestellt werden. Das war ein großer Streit in der letzten Legislatur. Da sind alle zur Vernunft gekommen. Jedes Kind hat drei Jahre Zeit, die ersten zwei Jahre zu bewältigen oder auch, wenn es besonders begabt ist, das in einem Jahr zu schaffen und dann schneller zu wechseln. Sie wissen auch, dass kein Kind quadratisch, praktisch, gut in die Schule abgegeben wird, sondern dass Kinder individuell sind. Je jünger sie sind, desto größer ist auch die Heterogenität. Es ist natürlich auch wichtig, dass dem Elternwunsch entsprochen wird. Sie können am besten einschätzen, wie der Stand ihres Kindes ist. Es wundert mich schon, dass auf einmal die FDP – das wird uns immer vorgeworfen, den Menschen irgendetwas vorzuschreiben und Verbote auszusprechen – auf diese Idee kommt.
Ich habe mich in der letzten Legislatur mit der Senatorin Scheeres über das Kitathema intensiv gestritten. In einem waren wir uns immer einig, und das ist das Bildungsprogramm, dass es gut und richtig ist. Wir werden es stetig weiterentwickeln und auch nicht alte Hüte wieder hervorholen, sondern wir werden an dem, was wir haben, weiterarbeiten.
Vielleicht nehmen Sie auch die Angebote an, dass Sie sich fortbilden. Ich habe Ihnen den Leitfaden für Eltern mitgebracht. Da steht ab Seite 10, wie die Vorbereitung auf die Grundschule erfolgt. Von Anbeginn der Kitazeit werden die Kinder auf die Grundschule vorbereitet. Da steht auch etwas über Durchhaltevermögen, Sachwissen, Selbstvertrauen, Sozialverhalten, Motorik und Sprache. Das haben Sie vielleicht als Vater auch schon in der Hand gehabt, aber vielleicht sollten Sie sich noch ein bisschen intensiver informieren. Die Träger stehen Ihnen gerne zur Verfügung und wir auch. Ich freue mich trotzdem auf die Diskurse mit Ihnen zum Thema Kita. Ein solcher Quatsch wie von der AfD steht nicht in Ihrem Antrag, deswegen können wir sicherlich an der Stelle noch weiterdiskutieren. – Danke!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Frau Burkert-Eulitz! Ich darf in der Zwischenintervention nur auf Sie eingehen, aber das gilt auch für viele Ihrer Vorredner. Ich habe in meinem Redebeitrag auch das Thema behandelt: Jeman
dem zuhören und auch begreifen, was er sagt. Das ist eine wichtige Kompetenz, und die scheint auch im hohen Alter nicht bei allen ausgeprägt zu sein.
Das Thema ist immer noch: Wir haben ein Bildungsprogramm, das ganz gut ist. Das Bildungsprogramm wirkt bei den Kindern, die in der Kita sind, Frau Burkert-Eulitz, und es baut aufeinander auf. Wenn ich Kinder habe, die nicht in der Kita sind, die dann in die Schule kommen, dann hat dieses Bildungsprogramm nicht eine Sekunde gewirkt. Darum müssen wir unsere Anstrengungen in der vorschulischen Arbeit für die Kinder, die das letzte Jahr vor der Schule in die Vorschulklasse kommen, verstärken. Das ist das Wichtige. Die müssen wir mitnehmen. Wir können Kinder nicht am Rand der Gesellschaft liegen lassen. Es geht nicht darum, sie ökonomisch zu verwerten, sondern darum, ihnen ein freies und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, ohne dass ihnen jemand etwas von links oder rechts einflüstert. Sie sollen sich selbst ihr Bild von dem machen können, was für sie richtig und gut ist.
Sehr geehrter Kollege Fresdorf! Der Kollege Langenbrinck hat vorhin schon dazwischengerufen: Den § 55 im Schulgesetz kennen Sie! – Davon war ich nicht die größte Freundin, aber da ist für diese Kinder die Feststellung des Sprachstands verpflichtend geregelt. Da gibt es hintenherum auch eine Kitapflicht für diese Kinder, insbesondere für die 5 Prozent, die Sie meinen. Dass Kinder mit viereinhalb Jahren eine Sprachfeststellung haben, dass sie individueller gefördert werden, dass es eine Schuleingangsuntersuchung gibt, die jedes Kind durchläuft, wo noch einmal eine Sprachfeststellung erfolgt und andere Kompetenzen abgeklärt werden, und dass es sowohl in der Kita als auch in der Schule die Möglichkeit bestimmter Förderungen gibt, wissen Sie. Deswegen brauchen Sie nicht so zu tun, als täten wir hier nichts und hätten seit vielen Jahren nichts getan. Dass wir immer noch mehr tun müssen, ist klar. Sie tun so, als könnte man mal eben so ein paar Vorschulklassen in die Kita bringen, obwohl Sie wissen, dass das rechtlich kompliziert wäre. Ich hätte von Ihnen ein bisschen mehr erwartet, als einfach das abzuschreiben, was Sie früher schon einmal aufgelegt haben. Ihr Wahlprogramm ist zum Thema Kita nicht besonders ausgeweitet, aber vielleicht bessern Sie da noch einmal nach, damit wir darüber ein bisschen differenzierter diskutieren können.
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags der Fraktion der FDP sowie des Änderungsantrags der AfD-Fraktion an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Ich eröffne hiermit die erste Lesung. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD und hier die Kollegin Dr. Lasić. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin niemand, der vorbehaltlos bei jedem kleinen Erfolg jubelt, aber heute hier bei diesem Entwurf juble ich. Wir korrigieren endlich ein Ungleichgewicht. Neue Grundschullehrkräfte sollen nach dem Gesetzentwurf endlich die gleiche Bezahlung bekommen wie ihre Kollegen an anderen Schulformen. Hinter der bisherigen Besoldung stand der Gedanke, dass die Arbeit an Grundschulen weniger anspruchsvoll sei als die der Kolleginnen und Kollegen an weiterführenden Schulen. Das ist schlicht falsch. Pädagogische Arbeit an Grundschulen ist anders als an weiterführenden Schulen, aber nicht weniger anspruchsvoll.
Dabei ist richtig, dass schon in der letzten Legislatur die damalige Koalition die Verlängerung der Ausbildung für Grundschullehrkräfte auf den Weg gebracht hat. Erste Lehrkräfte, die nach dem neuen Gesetz ausgebildet wurden, kommen jetzt in den Schuldienst. Es ist daher nur richtig, dass sie auch direkt die angemessene Bezahlung erhalten. Ganz ehrlich! Ich bin gespannt, worüber die Opposition gleich meckern wird, denn gegen eine bessere Bezahlung für Grundschullehrkräfte kann hier eigentlich niemand etwas haben.
Dies ist ein wichtiges Signal, und zwar bundesweit. In den nächsten sieben Jahren muss allein Berlin 16 000 neue Lehrkräfte einstellen, viele davon an Grundschulen. Andere Länder sind in einer ähnlichen Situation. Der
Kampf um Fachkräfte wird daher unter den Ländern hart ausgefochten. Andere Länder blicken nach Berlin und begreifen allmählich, dass sie nachziehen müssen. Die Wettbewerbsfähigkeit Berlins wird gerade im Grundschulbereich durch das neue Gesetz massiv gestärkt. Hier haben wir alles richtig gemacht.
Aber es geht hier nicht nur um den Kampf um neue Lehrkräfte, den wir mit anderen Ländern auszutragen haben. Es geht um Wertschätzung, und deswegen kann das Gesetz nur der erste Schritt sein. Es muss zeitnah zu einer Einigung bei der Bezahlung für Bestandslehrkräfte kommen, denn diese setzen seit Jahren und Jahrzehnten die wichtige Arbeit an Grundschulen um. An die müssen wir das klare Signal senden: Ja! Wir sehen Ihre Arbeit. Wir erkennen sie an, und wir machen uns stark, damit Ihr Wechsel in die neue Besoldungsform möglichst unkompliziert erfolgen kann.
Und weil es um Wertschätzung geht, sage ich auch ganz deutlich: Beim aktuellen Entwurf haben wir im Parlament noch Gesprächsbedarf bei Konrektoren. Dass die Anhebung ihrer Gehälter festgeschrieben wird, ist gut. Dass es erst ab August kommen soll, sollte noch einmal Thema im Ausschuss sein. Ich freue mich auf die Diskussion. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir lassen uns von einem einfachen Grundsatz leiten: Anspruchsvollere Ausbildung und höhere Leistung muss zu besserer Bezahlung führen. Das gilt natürlich auch für Lehrer, in diesem Fall für Grundschullehrer, die Sie in Ihrem Gesetzesänderungsantrag in den Fokus nehmen. Um die Qualität des Grundschulunterrichts zu steigern, haben wir in der letzten Legislatur unter anderem folgende wichtige neue Standards für die zukünftigen Grundschullehrer festgelegt: Es müssen obligatorisch drei Fächer mit einem fachwissenschaftlichen Umfang von jeweils 60 Leistungspunkten – was einer Verdreifachung im Vergleich zu der früheren Regelung entspricht – studiert werden. Unter diesen müssen Mathematik und Deutsch sein. Hinzu kommen neue Module zur Inklusion, Sprachbildung, Medienbildung und zu differenzierten Unterrichtsmethoden. Außerdem müssen im Rahmen des Grundschullehrerstudiums – das ist neu –
sieben Monate Praktika absolviert werden, und das Referendariat ist nun 18 statt 12 Monate lang. Unsere Frage ist: Garantieren Sie, dass auf die 385 Stellen, die Sie im August auf A 13 anheben wollen, wirklich Personen kommen, die die genannten neuen Qualitätskriterien voll erfüllen? Wenn Sie das können, haben Sie die volle Unterstützung meiner Fraktion für Ihr Vorhaben.
Nicht unterstützen können wir aber, dass Sie noch mehr Unfrieden in den Lehrerzimmern stiften wollen. Selbstverständlich muss die Anpassung der Konrektorengehälter auf A 14 entweder vor, in jedem Fall aber gleichzeitig mit der Besserbezahlung der neuen Lehrer kommen, aber nicht erst ein Jahr danach, wie von Ihnen geplant. Der Leitsatz ist ganz einfach: Höhere Leistung muss zu besserer Bezahlung führen. Ein Konrektor hat mehr Verantwortung als ein einfacher und als ein neuer Lehrer. Er muss deshalb auch besser bezahlt werden.
Bei den Konrektoren gibt es schon seit der Hochstufung der Grundschulleiterbezahlung, also schon seit eineinhalb Jahren, eine Gerechtigkeitslücke. Diese gehört vordringlich und nicht nachrangig beseitigt, um das Gehalts- und Leistungsgefüge an den Grundschulen nicht noch weiter ins Wanken zu bringen.
Selbstverständlich wollen wir die Bildungslaufbahnverordnung sehen, die parallel zum Gesetz in Kraft treten soll, in der so wichtige Themen wie die Kriterien für die Einstufung der Bestandslehrkräfte geregelt sind.
Sie haben eine Sondersitzung zur Beratung des Gesetzes angekündigt. Wir erwarten, dass Sie uns den dazugehörenden Verordnungsentwurf rechtzeitig im Vorfeld dieser Sondersitzung übermitteln, damit wir in die Lage versetzt werden, seriös einzuschätzen, ob wir für die 22,6 Millionen Euro, die Sie in den nächsten fünf Jahren in die Besserbezahlung der Grundschullehrer stecken wollen, auch wirklich mehr Qualität in unsere Grundschulen bekommen werden oder nicht. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Gesetzesänderung, da bin ich mit Maja Lasić einer Meinung, wird ein historischer Erfolg in der Bildungspolitik von Berlin mit bundesweiter Signalwirkung.