Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

[Lachen bei der SPD, den GRÜNEN und der AfD – Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

Innerparteiliche Demokratie ist vielleicht manchmal etwas unbequem, gerade in Ihren Parteien, aber es lohnt sich trotzdem.

[Iris Spranger (SPD): Eine Unverschämtheit!]

Manchmal dauert es auch etwas länger, weshalb wir uns heute bei der Abstimmung enthalten werden. Aber noch einmal: Es lohnt sich!

[Zurufe von der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Die Mitglieder nehmen das Thema nämlich ernst. Sie machen sich die Entscheidung nicht leicht.

[Zurufe von der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde darum bitten, dass ein bisschen mehr Ruhe hier einkehrt.

Bei Ihnen habe ich den gegenteiligen Eindruck. Was Sie hier vormachen, ist nichts anderes als ein trauriges Beispiel dafür, wie Politik die Augen vor der Wirklichkeit verschließt.

[Daniel Buchholz (SPD): Augen auf! – Weitere Zurufe von der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Noch dazu verstärken Sie den Eindruck, dass Politik sogar geneigt ist, die Augen vor dem Volkswillen zu verschließen. Und das ist noch viel schlimmer. Denn Ihre Ankündigung, den Volksentscheid im Erfolgsfall zu ignorieren, ist ein GAU für unsere demokratische Kultur.

[Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Und sie ist auch ein GAU für Ihr eigenes Selbstverständnis.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Ich will die Passagen Ihres eigenen Koalitionsvertrages zur Stärkung von direkter Demokratie und viel mehr Bürgerbeteiligung jetzt gar nicht zitieren; sie werden Ihnen bei jedem meiner Sätze schmerzhaft bewusst sein.

[Zuruf von Udo Wolf (LINKE)]

Aber ich kann Ihnen nur in unser aller Sinne raten: Wenn der Volksentscheid erfolgreich ist – es liegt übrigens in Ihrer Hand, mal eine ordentliche Kampagne aufzulegen, wenn Sie Überzeugungen und eine Haltung haben; ich sehe bisher nichts vom Senat, ich sehe nichts von den Koalitionsfraktionen –, spätestens dann sollten Sie Haltung beweisen.

[Udo Wolf (LINKE): Für jemand, der keine eigene Haltung hat, reden Sie viel über Haltung!]

Zeigen Sie Berlin, dass es noch einen Regierenden Bürgermeister hat und nicht einen Buchhalter im politischen Wachkoma! Setzen Sie alle Hebel in Bewegung, um diesen Volkswillen dann auch umzusetzen! Und behaupten Sie nicht vorher, es gehe nicht. Das ist Quatsch! Wo ein Wille, da auch ein politischer Weg, so unbequem er auch sein mag!

[Oh! von der SPD]

Ich erwarte, dass Sie sich auch daran halten, wenn die Berlinerinnen und Berliner ihren Willen im Volksentscheid zum Ausdruck bringen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Und wenn Sie das nicht wollen oder nicht können, wenn Michael Müller sich das nicht zutraut, dann kann er ja am 25. September zurücktreten.

[Zurufe von der SPD und den GRÜNEN]

Das wäre Haltung, das wäre ein Ausweis von politischem Selbstbewusstsein, zu sagen: Ich will das nicht – oder: Ich kann es persönlich nicht, ich traue es mir nicht zu.

[Zurufe von der SPD und den GRÜNEN]

Dann soll er es Herrn Saleh versuchen lassen. Ich glaube, der hat ein anders Selbstverständnis bei solchen Themen.

[Beifall bei der CDU]

Also: Nehmen Sie diesen Volksentscheid ernst! Alles andere würde das Vertrauen in unser demokratisches System nachhaltig erschüttern. Jeder Satz, den Sie hier von sich geben und der lautet: Das ist alles nur Scharade, das ist nur ein Show-Act, wir werden uns sowieso nicht daran halten –, jeder einzelne dieser Sätze nützt nur den Zweiflern und Hetzern, die unser demokratisches System in Gänze beschädigen wollen.

[Zurufe von der SPD und den GRÜNEN]

Und das kann nun wirklich zu allerletzt unser gemeinsames Interesse sein. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

Danke schön, Herr Kollege! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Stroedter das Wort.

(Stefan Evers)

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE) – Zurufe von den GRÜNEN]

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Kollege Evers! Ehe Sie anderen Ratschläge über innerparteiliche Demokratie geben, gehen Sie mal an sich selber ran!

[Starker Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Mehr kann man die eigenen Mitglieder eigentlich gar nicht verarschen, als Sie es mit Ihrer Rede getan haben.

[Starker Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Worüber stimmen wir eigentlich noch ab? Das Schlimme zwischen Ihnen und der FDP ist: Bei der FDP gibt es noch Argumente, bei Ihnen gibt es nur heiße Luft.

[Holger Krestel (FDP): Wortwahl!]

Kein einziges Argument, warum Tegel offen bleiben soll, ist heute gekommen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Stattdessen versuchen Sie, der Populistenkoalition aus FDP und AfD hinterherzulaufen. Sie wollen im letzten Augenblick noch aufspringen. Aber es gibt ja noch Kollegen der CDU – den Kollegen Friederici und andere –, die haben noch Rückgrat, und die werden hoffentlich dafür kämpfen, dass Tegel geschlossen wird, und nicht diese sinnlose Debatte, die Sie hier führen, mitmachen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen bei der CDU und der FDP]

Deshalb möchte ich auch mal zu den Argumenten etwas sagen, denn die haben wir bei Ihnen eben nicht gehört.

[Michael Dietmann (CDU): Sie haben nicht zugehört!]

Durch die Offenhaltung Tegels entstehen enorme rechtlichen Risiken und ernste Gesundheitsgefahren. Wir haben hohe Kosten für den Parallelbetrieb. Der Finanzsenator hat gerade aktuell mal vorgerechnet – ich halte die Zahl eher noch für an der unteren Grenze –, dass das 200 Millionen Euro pro Jahr kostet, 100 Millionen Euro für die Sanierung, 100 Millionen Euro für den Betrieb, der dann entsprechend weiterlaufen müsste. Die Kosten für den Schallschutz sind hier gar nicht eingerechnet.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Herr Czaja! Wir saßen gestern in Reinickendorf zusammen. Da waren über 200 Bürgerinnen und Bürger. Sie können mal schildern, wie das abgelaufen ist. Sie haben

gehört, was die Leute von dieser Politik halten, die Sie vertreten. Das ist eine reine Wohlfühlpolitik, vorbei an den Argumenten und zu Lasten der Betroffenen in den Einflugschneisen. Ich lehne das ab; ich halte das für einen Skandal, was hier abläuft.