Protokoll der Sitzung vom 06.07.2017

Da war die Rede von „mit Waffen oder ohne“ und entsprechenden Trainingskursen. Klar haben sie sich geärgert, als sie da erwischt wurden. Aber die Gruppe ist schlicht zu groß, als dass man jetzt von Einzelfällen sprechen könnte. Und innerhalb der Gruppe gab es bei dieser Diktion überhaupt keinen Widerspruch.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Deswegen wurde er gerügt vom Bundesvorstand!]

Das ist ja eine dramatische Maßnahme! Sie hat aber vor allem ungewollt eine in den Reihen Ihrer Partei weit verbreitete Haltung offenbart,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Nein, ist es nicht!]

nämlich dass Andersdenkenden nicht nur mit demokratischen Mitteln begegnet werden muss. Und mit dieser Haltung beginnt die Gewalt im Kopf. Das eigentliche Defizit des Antrags ist daher die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin selbst. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Eine Zwischenbemerkung? – Für eine Zwischenbemerkung hat der Kollege Hansel das Wort.

Zwei kurze Bemerkungen: Kollege Dörstelmann! Am Anfang dachte ich, es sei okay, dass hier ein möglicher technischer Mangel hinsichtlich der Praktikabilität der Umsetzung festgestellt wird. Das kann man machen.

[Torsten Schneider (SPD): Er wollte auch wehtun!]

Aber – Moment, Kollege! – es ist nun so, dass man auch Änderungsanträge machen kann,

[Torsten Schneider (SPD): Jetzt kommt es!]

wenn einem etwas an einer vernünftigen Umsetzung liegt. Wir machen das bei euren Gesetzen. Die CDU macht das auch. Die Freien Demokraten tun es manchmal. Ihr hättet es auch machen können, wenn es euch um die Sache des fairen Wahlkampfes ginge. Das ist aber leider nicht der Fall.

[Beifall bei der AfD]

Das hat am Ende die Wendung gezeigt, lieber Kollege Dörstelmann. Bei der Sachsen-Anhalt-Nummer möchte ich auch einmal darauf hinweisen – es ist offenbar Konsens in diesem Haus –, dass ihr keine Berliner Verfehlungen seht.

[Torsten Schneider (SPD): Das sieht euer Neuköllner Stadtrat anders!]

Das nehme ich für unsere Fraktion erst einmal dankend zur Kenntnis. Die Berliner AfD, das habe das letzte Mal schon gesagt, steht für den Kurs als Partei des politischen Realismus aus der Mitte der Gesellschaft. Wir arbeiten alle an demokratischen Zielen. Wir stehen dafür ein, dass die Politik vernünftig wird, dass es Kehrtwenden bei den verschiedenen Fehlern dieser Regierung und in diesem Haus gibt, nämlich bei der Flüchtlingsrettungspolitik, die Probleme mit sich bringt, und bei der Migrationspolitik. Das haben wir alles hier im Haus behandelt. Wenn das alles schiefgeht und die Leute wirklich aufstehen, dann haben wir alle nichts gekonnt.

[Anne Helm (LINKE): Zum Thema!]

Halten Sie sich also etwas zurück, was das betrifft und werfen Sie uns nicht immer irgendwelche Sachen vor,

von denen wir in unserer eigenen Partei sagen, dass es nicht der Ton der AfD ist! Was bezüglich Sachsen-Anhalt in diesem Chat abgelaufen ist, ist ein Skandal, und hat nichts mit der AfD, mit unserer Partei, zu tun.

[Lachen bei der SPD]

Das lassen wir uns nicht zurechnen. Zu dem Zwischenruf unseres Kollegen hier vorhin mit „Edathy“ möchte ich anmerken: Ihr müsst euch auch nicht jeden Mist zurechnen lassen. Wir nennen euch auch nicht permanent die Päderasten-Partei, nur weil es Verfehlungen einzelner gibt.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Zum Thema!]

Wenn ihr euch das nicht zurechnen lassen müsst, müssen wir uns nicht jeden Mist, der bei uns auch einmal erzählt wird, als Partei zurechnen lassen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die Erwiderung hat Kollege Dörstelmann das Wort. – Ich erinnere daran, dass nach der Geschäftsordnung bei Zwischenbemerkungen keine Zwischenfragen zulässig sind. Insofern sind Wortmeldungen an der Stelle nicht sinnvoll. – Bitte schön, Herr Kollege!

Ich werde zu diesem Euphemismus jetzt einmal demnächst die ehemalige stellvertretende Landesvorsitzende von Thüringen aus Ihrer Partei befragen. Sie wird mir dazu sicherlich etwas sagen können. Sie ist nun zurückgetreten.

Tatsächlich ist es aber so, dass mir der etwas naive Vorstoß, hier einen Änderungsantrag von unserer Seite anzuregen, zeigt, dass Sie die eigentliche Kritik, die ich an Ihrem Antrag hatte, die ich auch zum Schluss noch einmal zum Ausdruck gebracht habe, nicht verstanden haben. Das ist echt bedauerlich.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Kollege Dregger hat jetzt das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass bei diesem Thema hier niemand die Opferrolle spielen kann, weil alle betroffen sind. Das möchte ich im Folgenden darlegen.

Im Wahlkampf zur Abgeordnetenhauswahl im letzten Jahr war in einer Tageszeitung folgender Bericht zu lesen:

(Florian Dörstelmann)

Das Mobil war am Donnerstagabend nach zwei Wahlkampfveranstaltungen … auf einem Parkplatz an der Heerstraße in Staaken abgestellt worden, um heute für die nächsten Veranstaltungen genutzt zu werden. Der bekannte Schausteller tritt erstmals für die CDU…

für die Wahl zum Abgeordnetenhaus

an. Kurz nach Mitternacht wurde dann die Feuerwehr zu dem brennenden Fahrzeug alarmiert.

Es wurde völlig zerstört. Sie wissen sicher alle noch, um wen es sich gehandelt es. Es war Thilo-Harry Wollenschlaeger, der sein privates Wohnmobil zu einem Wahlkampfbus umgestaltet hatte. Er sagte nach dieser Tat:

Am meisten geschockt ist meine Familie.

Wir können uns sicher alle vorstellen, was es für Familienmitglieder und auch Kinder bedeutet, ein derartiges Erlebnis zu haben. Das ist kein Einzelfall.

Unser CDU-Kollege, Stefan Evers, hat vor Kurzem nach seinen kritischen Äußerungen gegen linke Gewalt in dieser Stadt Morddrohungen erhalten. Noch ein Beispiel aus der Tagespresse: Offenbar haben türkische Spione erneut deutsche Politiker ins Visier genommen. Laut einem Bericht der „Welt“ sammelt der türkische Geheimdienst Informationen über eine ganze Reihe von Abgeordneten. Das Bundeskriminalamt hat demnach bestätigt, in den letzten Wochen mit mehreren Abgeordneten Gefährdungssituationen erörtert zu haben. Dabei soll es um die Beobachtung durch den türkischen Geheimdienst gegangen sein und um die Gefahr, die möglicherweise von türkischen Nationalisten in Deutschland ausgeht.

Betroffen hiervon sind unter anderem die SPDBundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, aber auch unsere Kollegin aus dem Abgeordnetenhaus Emine Demirbüken-Wegner.

Ein nächstes Beispiel lese ich aus der Tagespresse vor. Am 1. Mai gegen 20.40 Uhr an der Wiener Straße, Ecke Lausitzer Straße kam es zu diesem Vorfall:

Wir wollten gerade gehen, die Demo war beendet. Einer stellte sich mit einer Bierflasche in der rechten Hand vor mich. Versuchte mit der freien Hand nach meinem Oberkörper zu greifen, ich konnte ihn auf Abstand halten. Die Attacke schien offenbar kein Zufall gewesen zu sein. Er sprach mich mit...

meinem Namen

an. Er wusste, dass ich es bin. Von links kam ein zweiter Typ, der wollte mir mit der Faust ins Gesicht schlagen. Jemand hat ihn davon abgehalten.

Wir alle wissen, wer hier betroffen war, wer hier von uns betroffen war. Es war unser SPD-Kollege Tom Schreiber. Ich habe die beschriebene Situation vor Ort miterlebt.

Ist das ein Einzelfall? – Leider nein. Ich gebe den Bericht eines weiteren Kollegen aus diesem Parlament wieder.

Der Mann war zwischen 25 und 30 Jahre alt, er trug Jeans, einen Pullover, eine Jacke... Er saß da auf der Treppe und blickte in die Gegend. Es war ein unauffälliger Mann mit unauffälligem Verhalten. Aber bei mir gingen alle Alarmglocken los.

Unser Kollege

stoppte abrupt auf der Treppe in seinem Haus, er ging einige Schritte zurück, er beobachtete jede Bewegung des Unbekannten.

Es handelte sich um unseren Kollegen Hakan Taş. Es ist seine Reaktion auf Morddrohungen, auf Hetzparolen an seinen Briefkästen, SS-Runen und die Worte:

Ausländer raus! Bald bist du TOD!