Das war nichts anderes als der Versuch, die Berliner hinters Licht zu führen, denn jeder aufmerksame Zeitungsleser weiß doch, dass über Nacht nur ein gutes Dutzend der Besetzer in der Volksbühne kampiert und so eine Räumung problemlos möglich gewesen wäre.
Nein, Herr Lederer! Sie sind nicht deshalb einer Räumung fünf lange Tage ausgewichen, um Gefahren zu vermeiden, das ist eine durchschaubare Ausrede, sondern weil Sie Ihrer eigenen Klientel nicht auf die Füße treten wollten. Das ist doch die Wahrheit.
Ich möchte zu Ende ausführen. – Um es klar zu sagen: Weder ging es bei der Besetzung der HU um die Freiheit der Wissenschaft noch bei der Besetzung der Volksbühne um die Freiheit der Kunst. Ganz im Gegenteil: Berlin macht sich zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate zum Spielball linker Sektierer und ihrer verquasten Einflüsterer von links. Auch wenn die Besetzung jetzt beendet wurde, stellt sich doch die Frage, wie es um die Freiheit der Kunst in einer Stadt bestellt sein mag, wenn ein selbsterklärtes Besetzerkollektiv einfach einem staatlichen Theater seine Agenda aufs Auge drücken kann. Die Frage stellen, heißt natürlich, sie beantworten: Berlin hat sich einmal mehr in Geiselhaft einiger versprengter Politaktivisten begeben.
Oder will die Koalition allen Ernstes Erpressung nun als ein Mittel der kulturpolitischen Auseinandersetzung hoffähig machen? Soll nach Oranienplatz, GerhartHauptmann-Schule und Humboldt-Uni jetzt die Volksbühne als kulturpolitisches Experimentierfeld von RotRot-Grün herhalten? Sie scheinen sich nicht darüber im Klaren zu sein, welches verheerende Signal Sie damit in unsere Stadt aussenden.
Der Senat hat eine Verantwortung für die landeseigenen Kultureinrichtungen und die vom Land angestellten Mitarbeiter, und die haben Sie nicht wahrgenommen. Andernfalls fügen Sie nicht nur der Volksbühne – Sie haben es getan –, sondern dem gesamten Kulturstandort Berlin erheblichen Schaden zu.
Lassen Sie mich an dieser Stelle auch ein paar Worte zur künstlerischen Ausrichtung der Volksbühne anführen. Wer glaubt, die pubertäre Krawallmacherei an der Volksbühne könnte zu einer Klärung der künstlerischen Zukunft der Volksbühne beitragen, irrt gewaltig. Die Anmaßung der Besetzer, für die Kritiker von Chris Dercon zu sprechen, ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Da würde ich eigentlich einen Aufschrei der Entrüstung auf der linken Seite dieses Hauses erwarten, denn nicht nur die Spielstätte als solche, sondern auch die durchaus berechtigte Kritik an dem eventorientierten Konzept von Chris Dercon wird durch die Besetzer in Geiselhaft genommen. Statt die notwendige Debatte zu führen, stehen die Eindringlinge im Rampenlicht.
Wir von der AfD jedenfalls wollen die Debatte um die Zukunft der Volksbühne führen. Wir wollen nicht, dass sie durch Klamauk vom Tisch gewischt wird, denn es
gibt durchaus gute Gründe, die für eine Weiterführung der gewachsenen Ensemblestruktur und die Pflege des Repertoirebetriebs sprechen. Darüber muss man eben zu gegebener Zeit reden. Doch jetzt muss es zunächst darum gehen, die Volksbühne wieder handlungsfähig zu machen, damit die regulären Proben weitergeführt werden können. Dabei ist es die Aufgabe des Kultursenators, sich endlich hinter Chris Dercon zu stellen, statt ihn weiter öffentlich in Misskredit zu bringen. Beenden Sie Ihren öffentlich zur Schau gestellten Argwohn! Hören Sie auf mit dem Mobbing gegen Chris Dercon, Herr Lederer, und sorgen Sie endlich für rechtsstaatliche Verhältnisse an der Volksbühne! Chris Dercon muss und soll die Chance bekommen, die er verdient. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag, über den wir heute reden, hat natürlich mit Kultur nur oberflächlich zu tun, sondern ist seitens der AfD vor allem ein weiterer ihrer Hau-drauf-Anträge, und wie es ein Fraktionskollege von Ihnen neulich in der Zeitung schon kundgetan hat, ging es darum, die Volksbühne „aus dem Würgegriff von Kulturstalinisten“ zu befreien.
Kulturpolitisch ist die Lage relativ eindeutig. Der Berliner Senat hat seinerzeit einen neuen Intendanten für die Volksbühne, nämlich Chris Dercon, bestellt. Fachliche Kritik an dieser Entscheidung hat es vielfältig gegeben, aber es gibt auch gute und nachvollziehbare künstlerische Gründe für diese Besetzung. Vor allen Dingen aber ist die Verlässlichkeit des Landes gefordert, eingegangene Verträge einzuhalten. Das ist essenziell für die weitere Position des Landes bei der Anwerbung von Spitzenkräften nicht nur in der Kultur, und das hat Senator Lederer nie anders dargestellt.
Die Besetzer des sogenannten Kollektivs „Staub zu Glitzer“ haben sich schlicht selbst ermächtigt, über die Belegung der Volksbühne und über die Kunst, die dort gezeigt werden soll, zu entscheiden. Zunächst erklärten sie, vor allem auf die Gentrifizierung und Mietervertreibung aufmerksam machen zu wollen. Es ist aus Sicht der SPD ein durchaus ehrenvolles Ziel, die Gentrifizierung und die Mietervertreibung zu stoppen, aber die Vorstellungen, die
die Besetzer äußern, erscheinen mir sehr unausgegoren. Ich bin aber gern bereit, über politische Vorschläge in diesem Zusammenhang zu reden. Auch mein Wahlkreis ist von Gentrifizierung betroffen. Wenn allerdings Gentrifizierung das Problem ist, warum besetzt man dann ein bespieltes Theater, und wieso fordert man den Rücktritt des Intendanten? Soll der nun schuld an der Gentrifizierung sein? Das ist doch absurdes Theater.
Wie peinlich ist es, dass sich der Castorf-Mitstreiter René Pollesch nun mit den Besetzern solidarisiert und meint, sie zu „Castorfianern“ adeln zu müssen. Kleinliches Nachtreten ist das. Mit den Erklärungen Polleschs und anderer steht ja ein Verdacht im Raum. Ich bin gespannt, ob wir von Herrn Castorf hierzu noch etwas hören dürfen. Er ist am Dienstag in der Volksbühne aufgetaucht, um mit den Besetzern zu sprechen.
Wie sich aber zunehmend zeigt, geht es in Wirklichkeit darum, einen aus Steuergeldern finanzierten Kunstraum zu enteignen und der privaten Nutzung zugänglich zu machen, denn das ist es, was die Besetzer angestellt haben: einen Kunstraum der Öffentlichkeit zu privatisieren. – Mit einem Theater für das Volk hat dieses Verhalten herzlich wenig zu tun und mit Kunst natürlich erst recht nicht. Als Kulturpolitiker und Theaterfreund stelle ich fest, dass mich die Auffassung der Besetzer erschreckt. Kunst lebt von der ästhetischen Vielfalt und nicht vom Diktat selbsternannter Volksvertreter.
Das ist der Grundgedanke der Kunstfreiheit. Im Übrigen werden Volksvertreterinnen und Volksvertreter durch Wahl bestellt und nicht durch Selbstermächtigung. Den Besetzerinnen und Besetzern sei gesagt: Die Volksbühne gehört bereits dem Volk und bedarf nicht der Aneignung durch Privatleute, denen die Entscheidung, Chris Dercon zum Intendanten zu berufen, nicht gefällt. Auch eine gemeinsame Intendanz mit den Besetzern ist selbstverständlich nicht möglich. Wo kämen wir hin, wenn beliebige Personen nach persönlichem Belieben und per Nötigung erwirken könnten, dass sie den Job, den jemand anderes macht, jetzt mitmachen? Man übertrage dieses Modell einmal auf die Wirtschaft oder die Politik. Ich möchte die Besetzer auffordern, einmal darüber nachzudenken.
Ich habe Respekt vor der Entscheidung des Kultursenators Klaus Lederer, besonnen zu bleiben und zunächst eine deeskalierende Strategie einzuschlagen. Deeskalation ist in solchen Fällen immer der erste Weg. Wir haben damit in Berlin sehr gute Erfahrungen gemacht. Deeskalation heißt allerdings nicht, das Recht außer Kraft zu setzen und laufende Verträge einfach rückgängig zu machen. Das scheint zwar irgendwie zeitgemäß – letztlich liegen dem Volksbegehren der Tegel-Freunde ähnliche Argumentationsmuster zugrunde –, es ist aber nicht richtig.
Die Besetzer haben das Angebot von Senat und Intendanz der Volksbühne, das bis an den Rand des rechtlich und politisch Möglichen ging, nicht angenommen, und so hat der Intendant Dercon als Hausherr die Hilfe der Polizei angefordert, wie es seine Fürsorgepflicht für das Haus, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und den geordneten Probebetrieb für die Premiere verlangte. Die Mehrzahl der Besetzerinnen und Besetzer ist daraufhin heute Vormittag freiwillig gegangen, wie ich höre, der Rest nun auch, aber dass gegen sie wegen Hausfriedensbruchs ermittelt wird, finde ich richtig.
Die Volksbühne wird von Chris Dercon bespielt. Dieser Vertrag ist so geschlossen worden. Das Land Berlin ist vertragstreu und wird sich daran halten. Wir werden sehen, dass es eine erfolgreiche Spielzeit wird. Davon bin ich überzeugt. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Jahnke! Ich danke Ihnen auch ganz besonders für diese Rede, vor allem, dass Sie auch in dem Zusammenhang der Volksbühne die ganze Zeit von Besetzern gesprochen haben, denn das muss man auch mal ganz klar sagen. Es wird in diesem Zusammenhang oft von Künstlern, Kunstaktivisten gesprochen, die die Volksbühne in Beschlag genommen hätten. Das ist schlichtweg falsch.
Es gibt nur eine Künstlergruppe in der Volksbühne, und das ist nämlich die um Chris Dercon, die dort arbeitet und auch weiter arbeiten soll, und nicht die Besetzer.
[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Kurt Wansner (CDU): Das sieht der Lederer aber ein bisschen anders!]
Die Besetzer haben mit Kunst rein gar nichts zu tun, denn was wahre Künstler auszeichnet, ist, dass sie auch Respekt vor den Werken und dem Schaffen anderer Künstler haben und nicht versuchen, diese zu bekämpfen oder zu behindern. Diese Hausbesetzer aber belästigen Künstler in unserer Stadt, sie setzen sie unter Druck, sie behindern ihre Arbeit, und es ist unsere Aufgabe als Politiker, die Kunstfreiheit hier zu verteidigen. Von daher begrüße ich
Aber was macht Kultursenator Lederer, um die Kunstfreiheit zu verteidigen? – Nichts! Wobei es nicht ganz stimmt, Sie tanzten ja mit den Hausbesetzern zusammen.
Im Moment nicht; vielleicht kommen wir nachher noch dazu. – Da stellt man sich doch die Frage, warum eigentlich der Kultursenator hier kein Machtwort gesprochen hat, um die Kunstfreiheit in dieser Stadt zu verteidigen. Und diese Antwort ist recht einfach: Chris Dercon wurde als Intendant der Volksbühne vom alten Senat, nämlich durch Michael Müller, berufen. Diese Entscheidung hat bei der Linkspartei Unmut ausgelöst. Das ging sogar so weit, dass Herr Lederer seinen Kollegen Michael Müller in aller Öffentlichkeit bloßstellte, indem er noch vor seiner Wahl zum Senator ankündigte, die Entscheidung Müllers überdenken zu wollen, und so den Regierenden in schwere Erklärungsnot brachte. Erst auf Drängen der Opposition in diesem Haus, Verträge einzuhalten, ruderte Herr Lederer schließlich zurück.
Hier beginnt der eigentliche Skandal, denn seitdem unterlässt man nichts, um Chris Dercon zu beschädigen oder ihn schlecht dastehen zu lassen. Wichtige Unterstützungen bleiben aus. So schlägt sich der Intendant herum mit Verzögerungen bei der Übergabe des Hauses, Streitigkeiten über das Räuberrad, Behinderungen und Beschimpfungen auf Facebook, und nun eine Hausbesetzung. Wie mit Chris Dercon in dieser Stadt umgegangen wird, ist eine Schande für die ganze Kulturpolitik Berlins.
Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Kittler von der Linksfraktion zulassen.
Ich möchte gar keine Zwischenfragen. – Und wenn ich auf Facebook lese, dass der Pressesprecher der Linken, Thomas Bartel, schreibt, dass man daran arbeite, Dercon frühzeitig wegzubekommen, und Ihr Hausbesetzerfreund Holm ja auch wieder in die Besetzung involviert sein soll, da legt sich mir der Verdacht sehr nahe, dass auch hier wieder ein gezielter Versuch zur Beschädigung mit In