Protokoll der Sitzung vom 19.10.2017

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jahnke?

Von Herrn Jahnke.

Herr Jahnke – ja!

Bitte, Herr Jahnke!

Halten Sie es für einen so ungewöhnlichen Vorgang, dass drei Koalitionsfraktionen, die in ihrer Koalitionsvereinbarung das Vorhaben vorsehen, ein tourismuspolitisches Konzept zu erstellen, dies auch noch in einem Antrag, den sie an den Senat richten, konkretisieren?

Kurz gesagt: ja.

[Paul Fresdorf (FDP): Ha, ha!]

Es wird auch deutlich bei den Wortbeiträgen, die wir von Ihnen gehört haben, Herr Jahnke. Frau Gennburg, Sie darf ich mit Erlaubnis des Präsidiums zitieren, in der „Zitty“, als Sie noch klarer als heute – vielleicht haben Sie sich heute nicht getraut – gesagt haben:

Ich glaube, wir müssen die Touristenzahlen viel restriktiver nach unten schrauben.

Das ist genau das Problem, das ich sehe. Sie haben hier auch tolle Beispiele genannt, wie man alles verbieten, quotieren, kontingentieren, begrenzen kann. Es fehlt nur noch eine Obergrenze, die Sie für Tourismus fordern. Nein, das ist der falsche Weg!

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Wir sehen in Touristen auch nicht nur „Stadtnutzer“, wie dieses schreckliche Wort lautet, das Sie in Ihrem vorgelegten Antrag nutzen. Das sind nicht Stadtnutzer oder „auch Stadtnutzer“ – das ist ja noch relativistischer –, für uns sind das willkommene Gäste. Deswegen haben wir auch den Ersetzungsantrag eingebracht, um klarzumachen, dass es willkommene Gäste sind, die – um eine weitere Zahl hinzuzufügen – im Jahr 2016 11 Milliarden Euro nach Berlin getragen und damit die Berliner Wirtschaft gefördert haben, die nach wie vor hinten dran ist, was die bundesweite Entwicklung insgesamt betrifft. Wir haben also im Tourismus einen Wirtschaftsfaktor, der gehegt und gepflegt werden muss – im Hinblick auf Beschäftigung, im Hinblick auf Dynamik. Insofern wollen wir auch, dass die Akzeptanz von Tourismus erhöht und nicht durch einseitige Zuweisungen diskriminiert wird, indem tatsächliche Belastungen, die durch Gaststätten oder Clubs entstehen, nur einseitig dem Tourismus zugewiesen werden. Das ist nicht nur der Tourismus, das sind auch Berlinerinnen und Berliner, die in die Clubs gehen. Das herauszuarbeiten und zu analysieren, woher die Belastungen kommen, das müsste eigentlich ein Tourismuskonzept mit leisten – und zwar auch auf Bezirksebene, um dort die Bürgerinnen und Bürger, die tatsächlich belastet sind, einzubinden. Das muss auch auf Bezirksebene passieren.

[Beifall bei der FDP]

Ich möchte nur zwei Themen unseres Antrags herausgreifen, der in der Tat sehr viel offener ist, was Tourismus anbetrifft. Das ist auch richtig so, Gott sei Dank: Wir wollen einmal, dass der Runde Tisch regelmäßig tagt und nicht nur sozusagen auf Zuruf zusammenkommt. Dieser Runde Tisch muss mehr Stakeholder an den Tisch bringen als jetzt. Zum Beispiel gehört auch der Interessenverband für Touristische Attraktionen Berlins dazu, er ist im Kerngeschäft mit Tourismus befasst. Dieser Runde Tisch muss sich auch mit der Verwendung der City-Tax befassen – es ist zwar eine Steuer, aber letztendlich geht es auch um das Aufkommen, das zu verteilen ist –, und wir wollen auch insgesamt, dass sich dieser Runde Tisch mit den Rahmenbedingungen befasst, die zum Tourismus gehören. Dazu gehört auch – dazu haben wir heute Neues gehört – das Thema Zweckentfremdungsverbot.

Auf zwei positive Aspekte, die in Ihrem Antrag enthalten sind, möchte ich eingehen; ich möchte mich hier auch konstruktiv dazu äußern: Das Thema touristische Attraktionen in Randlagen – ja, soll man mehr fördern, allerdings durch zentralistische Zuweisung der Touristen, dass man sagt, spar dir das Brandenburger Tor, geh ruhig an den Stadtrand, guck dir ruhig in Niederschönhausen das Schloss an, und bitte nur dieses Schloss! – daraus wird nichts.

[Beifall bei der FDP]

Wir müssen damit leben, dass die meisten eben auch Berlin-Mitte sehen wollen. Aber wir sind bei Ihnen, dass wir die touristischen Randlagen durch geeignete Maßnahmen aufwerten wollen.

Zuletzt noch ein versöhnliches Schlusswort meinerseits: Die Idee einer Berliner Route zur Industriekultur halten wir für gut. Insofern hoffen wir, dass wir zumindest an dieser Stelle in den Ausschussberatungen zusammenkommen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 18/0581 und des Änderungsantrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 18/0581-1 federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Betriebe und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.4:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 35A

Missbilligung der Berufung von Dr. Andrej Holm als Berater in den „Begleitkreis“ der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen

Dringlicher Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0601

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0601-1

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0601-2

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Hier hat der Abgeordnete Herr Hansel das Wort. – Bitte schön!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Gäste! Sehr verehrte Frau Lompscher! Schön, dass Sie wieder da sind. Ich freue mich, dass unsere parlamentarischen Initiativen von der Koalition und der Opposition so schön angenommen werden. Ich meine das in dem Sinne, dass wir die Themen, die wichtig für die Stadt sind, wieder im Parlament diskutieren und besprechen.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Erzählen Sie mal, Herr Hansel!]

Und dieser Vorgang ist wichtig.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Wenn wir damit vorangehen und uns die Opposition mit Änderungsanträgen entsprechend folgt, freuen wir uns umso mehr, als das, was geändert werden soll, die Debatte ja bereichert und letztlich in unserer Missbilligung inhaltlich mitschwingt. Im Grunde will uns die CDU hier überholen, ohne uns aber einzuholen, denn wir haben die Debatte ins Rollen gebracht, und das ist heute auch wichtig.

[Beifall bei der AfD]

Klar, dass sich die Freunde von der CDU rein antragstechnisch distanzieren müssen. Das gilt natürlich auch für die kleinste Oppositionspartei.

[Paul Fresdorf (FDP): Aber inhaltlich die stärkste!]

Inhaltlich und in der Sache aber, scheint es mir, ist sich die Opposition hier völlig einig. Und ich freue mich schon auf die Beiträge der Kollegen. Dass Herr Holm im Begleitkreis der Stadtentwicklungssenatorin mitarbeitet, geht gar nicht. Dass andererseits das Parlament an diesem Kreis nicht beteiligt ist wie auch viele Bauträger und die Stakeholder der Immobilienwirtschaft, geht auch nicht.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Im Begleitkreis zum Stadtentwicklungsplan Wohnen ist bekanntlich nur Frau Radziwill als Ausschussvorsitzende vertreten. Die Fraktionen sind anders als im Vorgängergremium 2012 nicht beigeladen. Damals saß übrigens Frau Lompscher selbst in dem Gremium, und zwar als Abgeordnete einer Oppositionsfraktion. Die Größe, alle Fraktionen beizuladen, hatte übrigens der damalige Bausenator Michael Müller.

Nur kurz zur Dringlichkeit unseres Missbilligungsantrags: Im Ausschuss hat Frau Lompscher, als meine Kollegen vor Monaten danach gefragt haben, herumgeschwurbelt, das Gremium sei sehr bunt, vielfältig besetzt, ohne aber den Namen Holm zu erwähnen. Angeblich seien da so viele dabei, da habe sie die Namen nicht alle parat.

[Heiterkeit bei der AfD]

Dass ihr ausgerechnet der Name Holm nicht einfiel, war damals und bleibt bis heute wenig glaubwürdig. Sie hat den Namen schlicht verschwiegen, weil sie wusste, dass er Widerstand provozieren würde. Jetzt hat die Causa in der Presse entsprechend hohe Wellen geschlagen. Jetzt muss sich auch das Abgeordnetenhaus dringlich damit befassen.

Wir nehmen den nachgeschobenen Änderungsantrag der Kollegen der CDU zur Beteiligung des Parlaments positiv zur Kenntnis. Auch bei den Freien Demokraten sind zustimmungswürdige Elemente ohne Frage vorhanden. Das begrüßen wir sehr. Warum geht es, warum müssen

(Florian Swyter)

wir hier die Berufung von Holm missbilligen? – Es geht uns jetzt hier nicht darum, wieder die Stasi-Nummer zu spielen,

[Katalin Gennburg (LINKE): Nein!]

muss man zwar immer, aber ich mache es jetzt nicht.