Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

[Anne Helm (LINKE): Weiter jetzt! – Zuruf von der CDU]

Na, die Jungs haben jetzt überlegt, ob sie bei der nächsten Wahl ein paar Frauen ins Parlament bekommen, damit sie auch ein bisschen was für den Frauenetat machen können.

[Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von den GRÜNEN: Bravo!]

Im Justizbereich ist eine Gewaltschutzambulanz mit vertraulicher Spurensicherung nach Vergewaltigungen fest verankert. Damit haben Frauen die Möglichkeit, Beweise rechtssicher erfassen zu lassen, ohne sofort eine Anzeige erstatten zu müssen. Auch die psychosoziale Prozessbegleitung, insbesondere bei Sexualdelikten, bei Fällen von Frauenhandel und Zwangsprostitution, ist nun möglich.

Im Wissenschaftsbereich wurden die Voraussetzungen für die Arbeit der Frauenbeauftragten an den Berliner Hochschulen und für die Arbeit der Arbeitsgemeinschaft der Frauen- und Geschlechterforschung verbessert. Das Programm der Stadtteilmütter wird ausgeweitet. Ein weiterer besonderer Schwerpunkt, der auch mich in meinem Wahlkreis intensiv begleitet, ist die berufliche Qualifizierung und Stärkung Alleinerziehender. Fast eine Million Euro mehr stehen dafür im neuen Doppeletat zur Verfügung. Wir werden dafür drei Anlaufstellen in drei Berliner Bezirken sowie eine Koordinierungsstelle errichten. Auch die Migrantinnen und Flüchtlinge werden dabei nicht vergessen. Über mehr Plätze im Frauenhaus wurde schon berichtet – ein Schritt in die richtige Richtung.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Thomas Isenberg (SPD)]

In der Obdachlosenhilfe gibt es nun endlich spezielle Angebote für Frauen. Ich selbst war bei der Eröffnung der neuen Notunterkunft für Frauen, Evas Obdach bei der St. Hedwigs-Kathedrale, dabei.

Eines möchte ich nicht vergessen: Vielen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen der anderen Fachbereiche, denn sie haben dafür gesorgt, dass auch die anderen Ressorts ihrer Verantwortung für frauenspezifische Belange gerecht wurden!

Zum Schluss möchte ich noch einen Blick in die Zukunft werfen – für die Seite hier drüben besonders wichtig:

[Sebastian Czaja (FDP): Haben Sie gerade den Senat gemeint?]

(Derya Çağlar)

Im nächsten Jahr feiern wir 100 Jahre Frauenwahlrecht. Es wird höchste Zeit, dass wir dafür sorgen, dass allen Frauen und Mädchen, egal woher sie kommen, egal ob verheiratet oder nicht, ob mit oder ohne Kinder, ob mit Migrationshintergrund oder ohne, alt oder jung, in allen Lebensbereichen die gleichen Chancen offenstehen. Es ist 100 Jahre her – seitdem können Frauen das Parlament wählen. Wir wollen keine weiteren 100 Jahre warten, bis Frauen auch ihren Lebensentwurf selbstbestimmt wählen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der AfD und der FDP]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Topaç das Wort.

[Paul Fresdorf (FDP): Da kann man jetzt eigentlich nichts hinzufügen! Es ist alles gesagt!]

Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt ist es endlich geschafft: Fünf Monate intensive Haushaltsberatungen liegen hinter uns. Gerade für mich als neue Abgeordnete waren die letzten Monate nicht immer einfach, wenn auch immer sehr spannend. Ich glaube, dass ich nicht die Einzige bin, der es so erging.

Drei Minuten Redezeit sind nicht viel, wenn man über ein Mammutprojekt wie die Pflege sprechen soll, und zugegebenermaßen können 9 Millionen Euro für das Kapitel Pflege, den Bonsai unter den Haushalten, auch nur ein Anfang sein. Als Koalition werden wir aber auch zukünftig daran arbeiten, der Pflegepolitik den Stellenwert zu geben, den sie verdient. Wir haben einen Anfang gemacht. Wir haben endlich eine Pflegesenatorin mit einer eigenständigen Fachabteilung für Pflege. Es ist nur folgerichtig, dass wir jetzt – auch erstmalig – ein eigenständiges Pflegekapitel im Haushalt haben.

An dieser Stelle möchte auch ich mich bei allen Beteiligten bedanken. Allein den Berichtsaufträgen aus meiner Fraktion nachzukommen, muss ein echter Kraftakt gewesen sein, aber dieser Kraftakt war notwendig, denn er war die Grundlage für wichtige und richtige Haushaltsentscheidungen; denn der Handlungsbedarf in der Pflege ist enorm. Als Koalition stehen wir dafür ein, Pflege zu stärken. Wir wollen gute Pflegequalität für alle Pflegebedürftigen, und wir wollen die Situation der Pflegekräfte deutlich verbessern.

Die Haushaltsberatungen haben aber auch gezeigt: Pflege hat viele Gesichter. Die wenigsten von uns werden das Thema Pflege mit Kindern und Jugendlichen verbinden,

aber auch hier haben wir als Koalition genau hingeschaut. Um eine umfassende Versorgung pflegebedürftiger Kinder und Jugendlicher zu gewährleisten, müssen sich Eltern alleine durch einen undurchsichtigen Dschungel von Leistungs- und Hilfsangeboten kämpfen. Das kostet nicht nur viel Zeit, es kostet auch viel Kraft, und beides ist, denke ich, bei den Kindern deutlich besser aufgehoben. Pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen fühlen wir uns in der Koalition besonders verpflichtet. Mit der Finanzierung des Casemanagements mit über 1,1 Millionen Euro im Doppelhaushalt stellen wir Eltern eine professionelle und ganzheitliche Beratung zur Seite, die sie durch diesen Dschungel führen wird. Am meisten aber werden die pflegebedürftigen Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt von diesem Casemanagement profitieren. – Damit möchte ich für heute schließen, auch wenn wir noch eine Menge dazu sagen könnten, beispielsweise auch zu den Kindern, die bereits selbst Angehörige pflegen. Diesen werden wir uns im nächsten Jahr schwerpunktmäßig widmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und stimmen Sie unserem Einzelplan zu! Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Seerig das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Stadt hat eine Senatorin für die Pflege – wir haben das gerade wieder mitbekommen –, die sehr viel Wert auf Ankündigungen und tolle Initiativen gerade auf Bundesebene legt. Im Zweifel geht es um Klagen gegen die ach so bösen privaten Anbieter in dem Bereich. Die sind zwar das Rückgrat der Pflege in diesem Land – zumindest der professionellen –, aber das ist ein beliebtes Thema, während die praktischen Dinge hier in der Stadt liegenbleiben. Es gibt genügend Themen für eine Senatorin in diesem Bereich, bei denen Handlungsbedarf bestände: Das Komplettversagen der Heimaufsicht in Berlin war ja nicht nur dem Rechnungshof längst ein Thema, es ist auch ein Thema in den bundesweiten Medien. Wenn die Senatorin jetzt einen Personalaufwuchs von zwei Stellen als unheimlichen Erfolg verkauft, dann zeigt mir das nur, wie bescheiden ihre Ansprüche sind. Wenn sie nicht einmal für diesen zu Recht kritisierten Punkt, dass 90 Prozent der Besuche angekündigt sind – es gibt trotzdem genügend Mängelberichte –, keine Zielmarke hat, wo sie denn mittelfristig mit den unangekündigten Besuchen hin will, habe ich Zweifel, ob sie das Problem wirklich verstanden hat,

[Beifall bei der FDP und der CDU]

zumal sich zeigt, dass es auch im Bereich der Ausbildung im Pflegebereich erhebliche Mängel gibt.

(Ines Schmidt)

Ein anderes Thema sind die Wartezeiten ambulanter Anbieter auf die Kostenübernahme durch das Amt. Da ist ein Jahr und mehr längst Standard. Das ist zwar Standard, aber für uns nicht akzeptabel. Hier gibt es große Unterschiede zwischen den Bezirken. Da würde ich erwarten, dass die Senatorin einmal ein wenig koordinierend und stärkend eingreift.

[Beifall bei der FDP]

Ein anderer Bereich, in dem sehr wenig passiert, ist der auch in Berlin dringend notwendige Ausbau von Hospizstrukturen. Nicht nur, dass es Bezirke gibt, in denen es noch nicht einmal ein Hospiz gibt, auch hier fehlt bislang jede vernünftige Initiative der Senatorin. Insofern ist es gut, dass Berlin endlich ein Senatsressort für Pflege hat. Es ist weniger gut, dass dieses gerade mit Frau Kolat besetzt ist,

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP]

denn bisher konnten wir nicht erkennen, dass sie den Gestaltungswillen und die Motivation hat, sich dieser wichtigen Zukunftsaufgabe gestaltend zu widmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich rufe auf

lfd. Nr.1 i):

Einzelplan 10 Bildung, Jugend und Familie

sowie Einzelplan 12, Kapitel 12 50 (MG 10 – Hochbaumaßnahmen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie)

und Einzelplan 27, Kapitel 27 10 Aufwendungen der Bezirke – Bildung, Jugend und Familie –

und verknüpfe dies mit der Beratung über die Auflagenbeschlüsse des Hauptausschusses mit den laufenden Nrn. 57 bis 72 auf Drucksache 18/0700.

Es beginnt in der schulpolitischen Rederunde die Fraktion der SPD. – Frau Dr. Lasić, bitte schön, Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Hauptherausforderung der kommenden Jahre wird einzelplanübergreifend die wachsende Stadt sein. Deshalb muss auch die erste Frage, die wir uns bei der Lesung des Einzelplans 10 stellen, lauten: Wird der Einzelplan dieser Herausforderung gerecht? – Ich erlaube

mir, heute einmal nicht über Bauen zu sprechen. Darüber sprechen wir oft und ausführlich. Ich spreche heute vor allem darüber, was in den Schulen passiert. Werden wir genug gut vorbereitete Lehrkräfte für die vielen neuen Schülerinnen und Schüler haben? Wird dennoch genug übrig bleiben, damit wir die Qualität unserer Schulen voranbringen? – Ich freue mich, dass ich beide Fragen eindeutig mit Ja beantworten kann.

Beim Thema Personal fahren wir eine Doppelstrategie. Mittelfristig sorgen wir mit der Verdoppelung der Ausbildungskapazitäten für genug eigene voll ausgebildete Lehrkräfte. Und wir wollen endlich unsere Grundschullehrkräfte genauso gut bezahlen wie ihre Kolleginnen und Kollegen an weiterführenden Schulen. Damit meinen wir ausdrücklich auch die Bestandslehrkräfte.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Unser Haushalt zeigt diesen politischen Willen mit aller Deutlichkeit. Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, R2G will, dass dies Wirklichkeit wird. Für die nächsten Jahre jedoch werden Quereinsteigende entscheidend für die Unterrichtsversorgung Berlins. Wir sprechen dabei von jährlich 1 500 und mehr angehenden Lehrkräften, die auch dauerhaft in unserem System bleiben werden. Diesen neuen Lehrkräften und unseren Kindern gegenüber haben wir eine Verpflichtung: die Verpflichtung, die Quereinsteiger angemessen auszubilden und nicht über das notwendige Maß hinaus zu belasten. Deshalb ist es mir eine große Freude, an dieser Stelle unser Quereinsteigerpaket vorstellen zu können.

Die Koalitionsfraktionen haben für beide Haushaltsjahre je ca. 30 Millionen Euro bereitgestellt, um den Quereinsteigenden den Einstieg und die spätere Arbeit zu erleichtern – vor und während des Einsatzes.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Durch diese Entlastung stellen wir sicher, dass die Quereinsteiger auch die Zeit und Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Ich bin mir sicher, das wird sich lohnen.

Der Anspruch der aktuellen Koalition ist es jedoch nicht nur, die Herausforderungen der wachsenden Stadt aufzufangen, auch wenn dies ein riesiges Unterfangen ist. Wir wollen die qualitative Weiterentwicklung der Schule. Bis zu 1 000 Stellen zusätzlich in den Jahren 2018 und 2019 sind nicht nur der wachsenden Stadt geschuldet, sondern auch der qualitativen Entwicklung, der wir uns verpflichtet sehen – sei es Inklusion, Stärkung der SIBUZ, Übernahme der Kräfte aus Willkommensklassen und vieles andere mehr.

Wir nähern uns der vollständigen Gebührenfreiheit Schritt für Schritt an. Lernmittelfreiheit und Hortgebührenfreiheit werden schrittweise eingeführt und sollen

(Thomas Seerig)