Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Bachmann das Wort.

[Sven Kohlmeier (SPD): Die Zeit läuft!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 886 Millionen Euro – auf diese unvorstellbare Summe belaufen sich die Gesamtausgaben Asyl allein für Berlin im Jahr 2017. Allein diese Zahl, 886 Millionen Euro, widerlegt auch schon alle Behauptungen, dass die die Asylkrise ausgestanden und bewältigt sei. Dass gar nichts bewältigt ist, zeigt sich auch im Doppelhaushalt 2018/2019, wo eine nachhaltige Entlastung der Steuerzahler im Bereich Integration ausbleibt. Die Finanzverwaltung hat hierzu heute dankenswerterweise brandaktuelle Zahlen geliefert. Demnach sind für Asyl im Jahr 2018 noch einmal 861 Millionen Euro veranschlagt und im Jahr 2019 immer noch 838 Millionen Euro.

[Zuruf von der AfD: Mindestens!]

Dabei treibt die Koalition diese immensen Ausgaben noch weiter auf die Spitze, indem sie gesetzliche Pflichten vernachlässigt und Missbrauch ermöglicht. So finanzieren wir inzwischen 11 600 vollziehbar Ausreisepflichtige. Deren Zahl steigt stetig weiter an, allein in diesem Jahr um 1 100 Personen, weil sie von den rechtlich gebotenen Abschiebungen vielfach einfach absehen.

Als ob das nicht genug wäre, finanzieren Sie aus Landesmitteln sogar noch Sprach- und Integrationskurse für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive. Allein diese völlig sinnfreie Förderung kostet die Steuerzahler in den nächsten beiden Jahren 10 Millionen Euro.

[Gunnar Lindemann (AfD): Hört, hört! –– Carsten Schatz (LINKE): Skandalös! Woher wissen Sie das? Lars Düsterhöft (SPD): Das ist auch gut so!]

Ja, das glauben Sie vielleicht.

Ein weiterer Aspekt sind die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, deren intensive Betreuung uns über 5 000 Euro pro Monat und pro Person kostet. Der Punkt ist nur, dass viele von diesen Flüchtlingen gar nicht minderjährig sind, was man feststellen könnte, wenn man es nur überprüfen würde.

[Beifall bei der AfD]

Sie verlassen sich jedoch allein auf die Angaben der Betroffenen und öffnen so Missbrauch Tür und Tor. Damit wird ganz klar, mit Ihrer Politik beschädigen Sie den Rechtsstaat und die Berliner Staatsfinanzen gleichermaßen.

[Canan Bayram (GRÜNE): Es ist doch ein zivilgesetzlicher Auftrag. Es sind doch Gesetze!]

(Katina Schubert)

Hinzu kommen noch Inkompetenz und Missmanagement. Ein Beispiel will ich nennen, das Containerdorf auf dem Tempelhofer Flugfeld, das nicht nur infolge erheblicher Verzögerung erst kürzlich und auch nur teilweise in Betrieb genommen wurde, sondern Mitte 2019 schon wieder abgebaut werden muss. Herzlichen Glückwunsch!

[Beifall bei der AfD]

Da Sie immer glauben, Sie hätten die Moral für sich gepachtet, möchte ich Ihnen noch einen Hinweis geben. Mit jedem Euro, den Sie hier für Asylbewerber aufwenden, könnten Sie in den Herkunftsländern und in heimatnahen Fluchtzonen das 10- bis 50-fache bewirken. Merken Sie sich das einmal.

[Beifall bei der AfD]

Dort vor Ort zu helfen, wäre wirklich moralisch und das genaue Gegenteil der von Ihnen zugunsten der hiesigen Asyl- und Sozialindustrie betriebenen Klientelpolitik. – Vielen Dank!

Vielen Dank! – Für die Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Dr. Kahlefeld das Wort.

Zu dem Paralleluniversum, in dem sich die Kolleginnen und Kollegen der AfD bewegen, sage ich jetzt einfach nichts.

[Georg Pazderski (AfD): Kommen Sie einmal aus Ihrer grünen Blase heraus! – Thorsten Weiß (AfD): So etwas nennt sich Rechtsstaat!]

Das ist so vollkommen jenseits aller Realität, sowohl die Zahlen als auch das, was Sie hier über die unbegleiteten Minderjährigen behauptet haben. Ich konzentriere mich auf das, was wir im Haushalt festgeschrieben haben und was ich außerordentlich begrüße.

Die Integration der Geflüchteten ist eine zentrale Aufgabe in den nächsten Jahren. Im Einzelplan 11 sind viele Maßnahmen etatisiert, die wir in den kommenden Jahren brauchen, um den Geflüchteten in Berlin beim Aufbau eines neuen Lebens zu helfen.

[Gunnar Lindemann (AfD): Geldverschwendung!]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Woldeit?

Nein. Jetzt rede erst einmal ich.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die Maßnahmen, die wir brauchen, um Geflüchtete zu integrieren, sind nicht isoliert zu betrachten. Wir haben

sie haushaltsübergreifend zusammengestellt. Wir haben geschaut, was zur Integration notwendig ist, von der Unterbringung über Sozialrecht und Bildungsberatung bis hin zur Gesundheitsversorgung, Schule und Ausbildung.

Also das, was wir als Koalition im Haushalt festgeschrieben haben, ist in sich abgestimmt und greift sinnvoll ineinander. Es ist also gerade das Gegenteil vom Gießkannenprinzip. Gießkannenprinzip und Zufall, so hatte ich eher den Eindruck, waren das Prinzip, nach dem die CDU Anträge gestellt hat, die weder mit Trägern abgestimmt waren noch davon ausgingen, was tatsächlich in Projekten gemacht wird. Liebe Frau Seibeld! Den Unterschied zwischen Integrationslotsen und Stadteilmüttern habe ich Ihnen im Ausschuss erst erklären müssen. Ich weiß auch gar nicht, warum Sie dazu reden. Ich war mit Herrn Dregger zwar nie einig, aber der wusste wenigstens, wovon er geredet hat.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Der zweite Leitfaden, der uns geleitet hat, um den Haushalt aufzustellen, beruht auf der Erkenntnis, dass die Geflüchteten auf vielen Gebieten einen enormen Innovationsschub in Berlin ausgelöst haben.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Was wir für Integration an Strukturen aufbauen und stärken, braucht Berlin zum großen Teil sowieso. Wir nutzen die Chance, mit den Maßnahmen, die zur Unterstützung der Geflüchteten beim Ankommen und beim Aufbau ihres Lebens in Berlin nötig sind, längerfristig Innovationen in der Stadt voranzubringen – auch hier in der Bildungspolitik, beim Bauen, dem Schwerpunkt von Migrantenorganisationen und z. B. arbeitsmarktpolitisch. Die Koalition legt im Einzelplan 11 arbeitsmarktpolitisch den Fokus auf den weiteren Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit, hier insbesondere der Jugenderwerbslosigkeit, sowie auf die Arbeitsmarktintegration geflüchteter Menschen. Hier greifen die gleichen Maßnahmen für verschiedene Gruppen, und deswegen ist es sinnvoll, dort zu investieren. Erfolgreiche Instrumente wie z. B. das Jobcoaching werden verstetigt und verstärkt, ebenso Maßnahmen im Bereich der Bildungsberatung. Hier möchte ich beispielhaft nur die Infothek nennen, die u. a. Alleinerziehende und Menschen berät, die den Wiedereinstieg nach der Elternzeit planen.

Für die Arbeitsmarktintegration geflüchteter Menschen stehen seitens des Bundes und der Bundesagentur zahlreiche Instrumente und eine bedarfsorientierte Finanzierung zur Verfügung. Landesseitig ergänzen wir dieses Angebot u. a. durch mobile Bildungsberatung. Es gibt im Integrationshaushalt einen Aufwuchs bei der Finanzierung der Migrantenorganisationen, die ihrer integrationspolitischen Relevanz in der Stadt Rechnung trägt. Es sind nämlich die Migrantenorganisationen selbst, die beim Zurechtkommen in Berlin helfen, die wissen, was die

(Hanno Bachmann)

Menschen brauchen, und die effektive Unterstützung leisten.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Sie haben in der Einwanderungsstadt eine unersetzliche Brückenfunktion zwischen Herkunftsregion und Berliner Verhältnissen. Hier finden sich die Sprachmittlerinnen und Sozialarbeiterinnen, hier sind die Wegweiserinnen durch Asyl- und Gesundheitsversorgung. Wir stärken im Einzelplan 11 die Versorgung der Geflüchteten mit muttersprachlicher Beratung und im Bereich Gesundheit und Traumabehandlung, damit Menschen, die Kriegserlebnisse, Folter und die Strapazen der Flucht nicht allein bewältigen können, professionelle Hilfe bekommen.

[Gunnar Lindemann (AfD): Der Krieg ist vorbei!]

Also, diesen Zwischenruf finde ich absolut unmöglich. Wenn Sie in Ihrer Familie jemanden hatten, der den Krieg überlebt hat – ich zähle hierbei zur Enkelgeneration –, dann wissen Sie ganz genau, dass die Alten das bis heute mit sich schleppen – bis heute.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Die Menschen, die den Krieg gerade erst hinter sich haben, stecken da noch voll drin. Fragen Sie mal in Ihren Familien! Oder haben Sie dort niemanden, der im Zweiten Weltkrieg traumatisiert worden ist?

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD) – Weitere Zurufe]

Zum Schluss noch: Wir brauchen die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Wir haben sie besser ausgestattet. Gerade diese jungen Menschen, die sich ohne Eltern nach Berlin durchschlagen mussten,

[Gunnar Lindemann (AfD): Da braucht man Altersprüfungen!]

brauchen wie alle Jugendlichen Schutz, Begleitung und Anleitung, damit es in Schule und Ausbildung klappt.

[Gunnar Lindemann (AfD): Das klappt sowieso nicht!]

Wir sind mit diesem Haushalt gut aufgestellt, um denen, die hier angekommen sind, zu helfen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]