Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

[Lachen von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Und Sie wissen ja, die CDU ist gut für dieses Land. Wir leben ja gerne in einem Land mit den Menschen, miteinander, füreinander. Viele der Ideen, ganz ernsthaft, da brauchen wir uns ja nicht auf die Schulter zu klopfen, kommen ja gar nicht von den Politikern, sondern von den Leuten, die nicht nur eine Meinung, sondern eine Ahnung haben. Die Ideen kommen nämlich von Kommissionen, von Verbänden, aus der Forschung im Umwelt- und Energiebereich von Engagierten, die sie auch im Rahmen der Enquete-Kommission geäußert haben.

Dann ist das Gesetz aber in der letzten Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet worden,

[Zuruf von der LINKEN: Warum eigentlich nicht?]

Sie kennen den Vorgang. Es ist dann aber gesagt worden, das geht ja gar nicht, mit dieser CDU, die verabschieden das BEK nicht, wir machen es jetzt, Rot-Rot-Grün macht es jetzt ganz zackig, wir werden jetzt das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm verabschieden. Das sagte man 2016, dann wurde es ein bisschen später und ein bisschen später. Dann hieß es, das Gesetz werde jetzt noch einmal ganz grundlegend von den Denkern und Strategen der Energiepolitik und des Klimaschutzes überarbeitet. Wir reden von den drei Denkern, von den drei weiblichen Spitzenkräften der Senatsverwaltung für

Wohnungswesen, für Umwelt und für Wirtschaft und Energie. Einige von uns können sich noch an den rotgrünen Senat unter Momper erinnern, wo sich die Senatorinnen der AL und die der SPD immer zu einem sogenannten Hexenfrühstück trafen. Der Begriff „Hexen“ ist ja heute nicht mehr so richtig politisch korrekt,

[Antje Kapek (GRÜNE): Jetzt wird es sexistisch!]

heute sagt man ja, glaube ich, Magierinnen. Die haben einen richtigen politischen Zaubertrank für den Klimaschutz in Berlin zusammengebraut. Aber nein, es kamen dann die drei männlichen Zauberlehrlinge der drei regierungsbildenden Fraktionen, die den Trank jetzt noch einmal einem ganz normalen Tuning unterzogen haben, deswegen dieses starke Machwerk der Senatsverwaltungen, dieses aus der Brain-Factory herausgekommene starke, dann noch einmal mit 63 Änderungsanträgen korrigierten Machwerk.

[Heiterkeit bei der CDU]

Das ist ja auch ganz putzig. Eigentlich hatten wir ja gesagt, wir verabschieden das BEK so, wie es ist, und diskutieren dann später einmal darüber. Aber als dann die Änderungsanträge ankamen, haben wir gesagt, da müssen wir auch noch etwas ändern, und haben noch anderthalb bis zwei Änderungsanträge eingebracht. Aber ich glaube, die Diskussion wird uns die nächsten Jahre noch erhalten bleiben.

Das BEK, ein Programm, das für uns alle die Welt ein kleines bisschen besser machen soll, hat durch die offensichtlich schlechte Arbeit der beteiligten Senatsmagierinnen und diese unmagischen Taschenspielertricks in den Ausschüssen, wo man die Änderungsanträge im Energieausschuss gar nicht erst vorgelegt hat, die politische Unschuld verloren. Das bedauern wir sehr.

[Daniel Buchholz (SPD): Wann kamen denn Ihre Änderungsanträge, Herr Schultze-Berndt?]

Ist das eine Zwischenfrage?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Buchholz von der SPD?

Bitte schön, Herr Buchholz!

Das ist nett, Herr Kollege! – Wollen wir noch einmal fürs Protokoll festhalten: War es nicht so, dass die Koalition 63 Punkte als Änderungsantrag vorgelegt hat und Ihre

(Jürn Jakob Schultze-Berndt)

Änderungsanträge, glaube ich, eine Woche später kamen? Aber Sie haben sich darüber sehr echauffiert, dass wir spät wären. Es war erst im dritten Ausschuss, wo Sie das vorgelegt haben.

Da haben Sie völlig recht. Ich hätte mir auch gewünscht, man hätte sich vorher gemeinsam parteiübergreifend auf Änderungsanträge einigen können. Ich bin sicher, keine der Oppositionsparteien hätte sich verweigert.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Vorschläge!]

Aber ich habe davon gesprochen, wir wollen nicht, wie im BEK festgelegt, dass die Menschen in kleineren Wohnungen wohnen werden. Wir wollen nicht, dass das Contracting ausschließlich über die Stadtwerke gemacht wird. Wir wollen nicht, dass sich die Umweltsenatorin künftig auch für die Flughafenpolitik engagiert. Es ist doch der Treppenwitz der Geschichte, dass der Bürgermeister versucht, den Flughafen zu eröffnen, und die Senatorin versucht, den Flughafen möglichst klein zu halten, weil er ja so klimaschädlich ist. Wir wollen auch kein Tempo 30. Wir wollen auch kein Speed-Limit auf den Autobahnen. Wir wollen auch keine Erhöhung der Kraftstoffbesteuerung bei Treibstoffen. Wir wollen auch keine Abschaffung der grünen Welle für Autos und Einführung der grünen Welle für Fahrräder. Wir wollen auch das Car-Sharing nicht limitieren, weil es den öffentlichen Personennahverkehr reduzieren könnte. Wir wollen auch kein Tempo 30 flächendeckend. Und wir wollen auch kein autonomes Fahren in Berlin zerstören und zunichte machen, weil auch dieses den Personennahverkehr behindern könnte. Wir sind für Innovationen, wir sind für Kreativität,

[Torsten Hofer (SPD): Weiter so!]

wir sind für ein lebendiges Berlin und nicht für eine Verabschiedung von Berlin als Weltstadt hin zu Kleinkleckersdorf, wo nur noch mit dem Diktat des angeblichen Klimaschutzes die Menschen drangsaliert werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Holger Krestel (FDP) – Jörg Stroedter (SPD): Wie in alten Zeiten! – Holger Krestel (FDP): Gute Rede! – Antje Kapek (GRÜNE): Außer dem Sexismusteil!]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Daniel Buchholz das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen! Meine Herren! Verehrte Kolleginnen! Verehrte Kollegen! Ich

bin ein bisschen verwirrt, weil Herr Schultze-Berndt von der CDU einerseits sagt – das haben Sie sogar per Pressemitteilung einmal gesagt –, 90 Prozent dieses BEK, dieses Berliner Energie- und Klimaschutzkonzepts, sind toll, andererseits können Sie eine ganze Liste aufführen, was Ihnen alles nicht gefällt. Ich habe das Gefühl, Sie sind sich in der CDU-Fraktion gar nicht einig, sind Sie nun für oder gegen Klimaschutz. Ich kann Ihnen nur sagen: Rot-Rot-Grün setzt Zeichen, und zwar nicht nur verbal, sondern auch mit Geld. Das sind knapp 100 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren für mehr Klimaschutz, für Energiesparen. Daran können Sie sich mal ein Beispiel nehmen bei der CDU-Fraktion.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Denn wir sehen die Verantwortung auch und gerade in Berlin. Ich kann und muss es immer wieder sagen: Das Zwei-Grad-Ziel, um nicht zu sagen das Anderthalb-GradZiel, wird die Welt wahrscheinlich verfehlen. Wir sind ein großer Energieverbraucher, das Land Berlin. Wir haben Verantwortung. Wir hatten hier eine EnqueteKommission „Neue Energie für Berlin“. Wir haben dort große Gemeinsamkeiten festgestellt, was wir ändern müssen. Und dieses Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm sagt deutlich, wo wir etwas ändern können und wo wir etwas ändern müssen, weil auch wir unseren Beitrag leisten müssen.

Noch einmal vielleicht für die Kolleginnen und Kollegen von der AfD: Die neuesten Untersuchungen sagen doch ganz eindeutig, das kann man sogar an den letzten Tagen und Wochen ablesen, wir werden auch in Deutschland siebenmal mehr Überflutungen durch den Klimawandel haben. Wann nehmen Sie das endlich zur Kenntnis? Wenn wir gegen das Klima handeln, machen wir diese Welt kaputt. Wann sehen Sie das endlich ein? Ich verstehe das nicht, wie Sie sich dort so verweigern können.

[Marcel Luthe (FDP): Das machen wir alles in Berlin, am besten in Mitte! – Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Ich verstehe das wirklich nicht. Andere Bundesländer, Herr Schultze-Berndt – da offenbart sich, wie die CDU und die FDP wirklich drauf sind – schaffen Klimaschutzgesetze ab. Ich bin heilfroh, dass es bei uns in Berlin andersherum ist. Wir stellen Geld zur Verfügung, um auch in der Praxis Energie zu sparen, indem wir bei den öffentlichen Gebäuden vorbildhaft herangehen, indem wir Berlin zur Solarhauptstadt machen, das heißt, auch öffentliche Flächen, soweit es geht, für Solaranlagen bereitstellen. Wenn das von der öffentlichen Hand nicht bis Ende 2018 richtig angepackt wird, dürfen z. B. auch Bürgergenossenschaften Solarenergie von öffentlichen Dachflächen abernten. Das ist auch gut so.

Wir haben noch einmal klargestellt, dass der Braunkohleausstieg notwendig ist. Das ist gerade auch für Berlin

sinnvoll, denn der Braunkohletagebau belastet unser Berliner Trinkwasser. Ich sage nur: Sulfatbelastung.

Nehmen wir mal unser Stadtwerk. Sie haben es angesprochen. Die CDU war da jahrelang die große Verhinderin. Wir konnten es erst unter Rot-Rot-Grün entfesseln. Das haben wir ganz praktisch gemacht, und es ist gut so, dass es jetzt Gesetzeslage ist.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir haben umfangreiche Änderungsanträge zu diesem Berliner Energie- und Klimaschutzgesetz vorgelegt. Ich gestehe: Ich bin sehr stolz darauf. Es war ein hartes Stück Arbeit. Wir konnten zeigen, dass das Parlament seine Arbeit wirklich ernst meint. Wenn drei Koalitionsfraktionen 63 Änderungsanträge vorlegen, und das sind insgesamt 10 DIN-A4-Seiten, dann hat das einen guten Grund. Wir waren der Meinung, wir können dieses BEK noch verschärfen und noch weiter verbessern, und wir haben das an vielen Stellen sehr verantwortlich gemacht, z. B. beim Thema Abfallpolitik.

Für uns gilt ein Leitbild: Wir wollen langsam weg von immer mehr Müllbergen. Wir brauchen das Leitbild – neudeutsch – Zero-Waste. Wir wollen keinen Abfall mehr produzieren, sondern alles gleich in Recyclingketten denken. Wir wollen weniger auf Müllhalden schmeißen. Wir wollen auch keine schädlichen Klimagase durch offene Abfallrotten in Brandenburg, wo noch ein Teil unseres Biomülls landet.

Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Vallendar von der AfD?

Vielen Dank, Herr Kollege Buchholz, dass Sie die Zwischenfrage zulassen! Wissen Sie, dass China plant, in den kommenden Jahren bis zu 150 Kohlekraftwerke zu bauen? Glauben Sie ernsthaft, dass Berlin oder auch Deutschland mit der Schließung nur eines Kraftwerks zu einer weltweiten Änderung des CO2-Ausstoßes beitragen kann?

Zunächst einmal freut es mich, dass Sie auch einmal den weltweiten Blick einnehmen. Das ist bei der AfD ja schon ein Zugewinn.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Sie sollten sich aber die neuesten Verlautbarungen aus China anschauen. Es ist richtig, dass China ein ganz großer CO2- und sonstiger Emittent ist. Im Gegensatz zu manch anderen westlichen Regierungen hat sich aber die chinesische Regierung – ich war selbst überrascht – ein unglaublich ambitioniertes Programm für erneuerbare Energien gegeben.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Weil sie im Dreck ersticken!]

Und Sie wissen, dass dort einfach gebaut und nicht lange geplant wird. Da könnten wir uns an einigen Stellen noch etwas abschauen. Man kann nicht einfach mit alten Planungszahlen aus China hantieren, um dann zu sagen: Wir können und müssen gar nichts tun. – Auch wir haben unseren Teil an Verantwortung. Wir reden über die fünf dreckigsten deutschen Kohlekraftwerke. Wenn Deutschland die zumachen würde, könnten wir unsere CO2Emission ganz deutlich senken. Es ist höchste Zeit, dass wir das endlich tun. Das sollte die neue Bundesregierung tun – egal, wer dort regiert.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir haben als Koalitionsfraktionen im BEK noch einmal sehr klar festgeschrieben, dass eine soziale Verantwortung auch bei energetischen Sanierungen vorhanden sein muss. Vorhin haben wir über die Umlagen auf Mieterinnen und Mieter gesprochen, die hier möglich sind. Wir wollen das sehr verantwortlich sehen. Es ist eben auch so, dass Leute über energetische Sanierungen die Mieterinnen und Mieter aus ihren Häusern treiben. Das wollen wir gerade nicht.

Dann haben wir ganz klar gesagt: Im Verkehrssektor müssen wir uns alle miteinander ehrlich machen. Welchen Anteil hat der Straßenverkehr? Welchen Anteil hat der Flugverkehr? Dazu haben wir die neuesten Zahlen aufgenommen. Wir müssen auch – das ist ein Auftrag an den Senat – dafür sorgen, dass die Start- und Landgebühren an den Berliner Flughäfen – dort, wo die Flughafengesellschaft in Berlin und Brandenburg aktiv ist – nicht nur lärmbezogen sind, sondern auch emissions- bzw. schadstoffbezogen. Das ist bisher nicht ausreichend der Fall. Diese neue Politik wird Rot-Rot-Grün durchsetzen.

Das Land Berlin hat sich ganz klar zum Dieselskandal geäußert. Das sollte eigentlich auch jeden hier interessieren. Wir sagen klar: Schluss mit falschen Subventionen, was Diesel angeht. Für den Dreck, den die Diesel verursachen, sind die Autohersteller zuständig und nicht die Kundinnen und Kunden.