Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Ganz ehrlich: Wer sich mal damit beschäftigt hat, wer hier eigentlich wann – insbesondere im Bereich Kommunen – welche Einnahmen erzielen kann und welche finanzielle Situation hat, kann feststellen, dass das nichts mit linke Tische, rechte Tasche zu tun hat. Der Chef der BImA hat da einfach nicht ganz verstanden, was aus dem Bundeshaushalt finanziert wird und was Länder und Kommunen finanzieren. Ich glaube, der hat da auch seine Rolle einfach nicht verstanden.

[Zuruf von Sven Heinemann (SPD)]

Das muss sich ändern, nicht die Liegenschaftspolitik des Senats!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Diese Orientierung an der Gewinnmaximierung, es sei denn, es kann vom Land Berlin zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits schlüssig nachgewiesen werden, dass ausschließlich sozialer Wohnungsbau auf diesem Areal stattfinden wird, was bei größeren Flächen nahezu unmöglich ist, weil da selbstverständlich auch Schulen, Kindergärten und andere Infrastrukturen durch uns bereitgestellt werden müssen – und schon ist das kein reiner sozialer Wohnungsbau mehr. Sowie Sie das nicht bereits nachweisen, haben Sie ein Problem.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Der grüne Faden fehlt!]

Da haben Sie einfach ein Problem, da sagt die BImA, wir wollen weiter Gewinn maximieren. Und, ganz einfach, da sind dann auch wir in der Tat dem Landeshaushalt verpflichtet, weil wir hier nämlich die Interessen der Berlinerinnen und Berliner zu beachten haben – und nicht die Interessen des Steuersäckels von Herrn Schäuble.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Der Chef der BImA hat ja auch behauptet, es seien mehrfach gute, geeignete Flächen dem Land Berlin angeboten worden. Dazu muss man Folgendes feststellen: Erstens hat das Land Berlin konkretes Kaufinteresse an mehreren Flächen selbst angemeldet. Die möchte die BImA aber gerne selbst behalten. Was uns angeboten wurde, sind gar keine Flächen für Geschosswohnungsbau. Ich meine, mal ganz ehrlich, es gehört mehr zu dieser Stadt, und die Frage, ob wir an einer Stelle eine Fläche kaufen sollen, für die noch gar kein Baurecht oder Genehmigungsrecht für Geschosswohnungsbau besteht, wo derzeit Sportvereine und Kleingärten auf der Anlage sitzen, das müssen Sie mir mal erklären, wie der BImA-Chef allen Ernstes

auf den Gedanken kommt, dass das ein adäquates Angebot gewesen wäre. Das will doch keiner!

[Frank-Christian Hansel (AfD): Der grüne Faden!]

Die Frage, was die BImA uns da angeboten hat, kann man gerne vertiefen. Aber wenn es hier heißt, da litte jemand unter Gedächtnisschwund – dieser Senat ist es definitiv nicht; ich glaube, das ist der BImA-Chef.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn wir von der neuen Liegenschaftspolitik reden, die hier im Land seit Längerem durchaus gemeinschaftlich betrieben wird, auch immer mit breiten Mehrheiten im Unterausschuss Vermögen, auch in den letzten Jahren immer wieder, und wenn es darum geht, wie wir die notwendigen Wohnungen, aber auch die anderen Bedürfnisse in dieser Stadt, die wächst, die sich aber auch verändert – auch das will abgebildet sein in der Stadtentwicklung und im Bauprozess –, wie Sie das Problem lösen können, wie wir das zufriedenstellen können, dann reden wir in der Tat über eine Vielfalt von Bauträgern. Wir reden nicht nur über landeseigene Wohnungsbaugesellschaften,

[Beifall von Christian Gräff (CDU)]

gleichwohl kommt denen eine relevante Rolle zu, das ist ganz klar. Das ist die landeseigene Möglichkeit, in größerem Umfang Gebiete zu entwickeln und Wohnungen zu bauen. Aber, Herr Czaja, wenn Sie sagen, Sie wollen sowohl Staat als auch Private, dann klingt das im ersten Moment so, als seien Sie da eigentlich einer Meinung mit uns in der Koalition. Aber wenn man sich das genau anguckt, was Sie da meinen, wenn Sie von Privaten reden, habe ich den Eindruck, dass Sie überhaupt nicht von denen reden, die wir auch meinen, nämlich zum Beispiel nichttraditionelle Bauträger, zum Beispiel Genossenschaften, auch neue Genossenschaften. Wir haben mit dem Doppelhaushalt endlich die Möglichkeit geschaffen, dass Menschen, die geringeres Einkommen haben, die weniger vermögend sind, gemeinschaftlich an neuen Genossenschaften und deren Bauprojekten partizipieren können.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Unsere Politik!]

Das ist das, worum es geht. Wenn Sie davon reden, dass es Ihnen nicht nur um die ganz Einkommensarmen geht oder um die Mittelschicht, Herr Czaja, – Sie kümmern sich doch vor allem um die Interessen derer, die ihre Einlagen in irgendeinem Immobilienfonds haben.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Alles andere rutscht doch bei Ihnen hinten runter. Sie haben doch bis jetzt kein einziges Konzept auf den Tisch gelegt, was man in dem Bereich, wo wir es wirklich brauchen, wo es um neue Wohnformen, wo es um neue Mischungen, wo es auch um die Absicherung der gewachsenen Strukturen unserer Stadt geht, tun kann. Sie ziehen einfach nur zu Felde gegen den Milieuschutz, gegen die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts und betrei

ben damit das Geschäft derer, die mitbekommen haben, dass diese Koalition sich aktiv dazu bekennt, nicht mehr ganz Wildwest in der Immobilien- und Liegenschaftspolitik in dieser Stadt zuzulassen, sondern zu sagen: Wir brauchen eine gute Mischung.

[Georg Pazderski (AfD): Mehr Kommunismus!]

Und das ist eine Aufgabe des Landes. Dafür sind wir hier im Parlament. Das ist auch Ihre Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass es den Berlinern und Berlinerinnen gut geht, und nicht nur denen, die sich das leisten können, 30 Euro oder so zu zahlen pro Quadratmeter. Das ist Ihre Aufgabe, und nicht, sich hinzustellen und zu predigen – wie Sie ja selber gesagt haben –, dass wir bitte nicht Private – wo Sie offensichtlich immer nur von einer Art von Privaten reden – vergraulen oder gängeln sollen. Wir gängeln niemanden.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Grüner Popanz!]

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke! – Wir gängeln niemanden, Herr Czaja, ganz ehrlich. Ich glaube, Ihr Hauptproblem ist, dass es nicht ganz so einfach ist, zu akzeptieren, dass das Land und die Bezirke unterschiedliche Aufgaben haben und sie nicht je nachdem, was ihnen gerade in den Kopf kommt, was ihnen wichtig ist, mal den einen gegen den anderen ausspielen oder rückwärts.

[Sebastian Czaja (FDP): Wovon reden Sie überhaupt?]

Das funktioniert nicht, das machen wir nicht mit, ich hoffe, Ihre Stadträte machen das auch nicht mit. Und ehrlich gesagt, zu einer guten Liegenschafts- und Baupolitik gehört das Gemeinschaftliche und die Gemeinwohlorientierung. Auch bei der BImA sollte das klar sein. Aber vielleicht tut sich ja im Bundestag noch was. Wir haben auch Berliner Abgeordnete dort. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Nun gebe ich Herrn Senator Dr. Kollatz-Ahnen das Wort. – Bitte sehr, Herr Senator!

Danke schön, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Um mal zu versuchen, tatsächlich in das Thema einzusteigen:

Erstens: Bei der Liegenschaftspolitik des Senats, die eine neue, eine veränderte Liegenschaftspolitik ist, mit der auf

(Anja Schillhaneck)

die sozialen Spannungen und die Herausforderungen reagiert wurde, die sich durch das Wachsen der Stadt ergab, läuft tatsächlich nicht alles perfekt. Beim Bund mit seiner BImA läuft übrigens auch nicht alles perfekt, genauso gilt das auch beim Land Berlin mit seinen Senatsverwaltungen und mit seinen Fachverwaltungen.

Zweitens: Jetzt kommen wir aber zu dem Thema, wo Sachen ein Stück weit verzerrt werden. Es ist hier vorgetragen worden, dass der Wohnungsbau in Berlin zum Erliegen gekommen sei. Das ist nicht so. Im Gegenteil, es gibt mehr städtischen Wohnungsbau. Als ein Beispiel: 3 000 Wohnungen sind 2017 aus den Haushaltsmitteln bewilligt worden, und es wird bis auf 5 000 ansteigen bis zum Ende der Wahlperiode. Es gibt – da ist auch das Gegenteil behauptet worden – mehr privaten Wohnungsbau in der Stadt. Und es gibt auch mehr Baugenehmigungen.

Drittens: Ja, es sollte noch mehr sein. Darum ringen wir. Darüber diskutieren wir auch manchmal in der Koalition. Und ich bin mir sicher, dass wir es auf jeden Fall hinbekommen, dass wir besser werden gegenüber dem Jetztzustand. Insofern wäre es auch gut, das allgemein zu unterstützen und nicht nur beckmesserisch zu begleiten, was ein Teil der Opposition hier tut.

Viertens: Ja, wir haben ein konzeptionelles Konfliktfeld mit dem Bund, weil dieser diese grundsätzliche Änderung an der Liegenschaftspolitik zumindest bislang nicht nachvollzogen hat.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Dazu gibt es mehrere Bundesratsinitiativen, die auch in diesem Haus und in den Ausschüssen diskutiert worden sind. Die erste Bundesratsinitiative stammt aus der Koalition von CDU und SPD und hat als Schwerpunkte die Themen Mietenbremse und Modernisierung, aber eben auch Grundstücksmobilisierung. Die zweite Bundesratsinitiative stammt aus der Koalition von SPD, Linkspartei und Grünen, hat als Schwerpunkt das Thema Liegenschaftspolitik, wobei die Preise die Nutzung widerspiegeln sollen, sie legt einen Schwerpunkt auf soziale Infrastruktur und wieder auf Wohnungsbau. Bei beiden Bundesratsinitiativen ist es gelungen, jeweils eine deutliche Mehrheit im Bundesrat zu erreichen. Bei der zweiten Bundesratsinitiative – die ist ja erst im November im Bundesrat abgestimmt worden – war es so, dass viele Bundesländer auch mit anderen politischen Couleuren mitgestimmt haben, weil sie der Auffassung sind, dass sich auf der Bundesebene dringend etwas ändern muss. Deswegen, wenn hier manchmal so getan wird, als redeten wir über ein Berliner Problem oder über irgendetwas, wo es um Verhältnisse von Pubertierenden zu irgendwelchen Eltern geht – das ist nicht so. Sondern wir reden darüber, dass es einen konzeptionellen Unterschied über die Liegenschaftspolitik gibt und dass es, im Interesse des Landes und der Nation wichtig ist, dass der zugunsten unserer Vorstellungen entschieden wird.

Und, Herr Czaja, an einem Punkt haben Sie sich ein bisschen aufgeregt. Ich glaube, da haben Sie sogar, nur in einer ganz anderen Weise, als Sie sich das vorgestellt haben, recht. Als der Herr Heinemann gesagt hat, es geht um die Neunziger. Nein! Was hat die Regierung KohlGenscher in den Neunzigern bei der letzten großen Zuwanderung gemacht? – Große Neubauprogramme im Wohnungsbau! Was hat die als Zweites gemacht? – Große Sozialwohnungsbauprogramme! Das hat Berlin damals auch gemacht. Und was hat sie als Drittes gemacht? – 80 Prozent Rabatt auf den Verkehrswert der Grundstücke, um die Stadtentwicklung mit den Bundesgrundstücken voranzutreiben. Davon haben die Städte deutschlandweit massiv Gebrauch gemacht. Sonst wäre es nicht gelungen, die letzte große Bevölkerungszuwanderungswelle in Deutschland vernünftig zu verkraften. Frau Adam-Schwaetzer war damals Wohnungsbauministerin. Die hat schwer geschluckt, ich erinnere mich noch daran, aber sie hat es dann gemacht.

[Sebastian Czaja (FDP): Sie hat gebaut, ja! Das ist der Unterschied!]

Und Sie haben nichts dadurch gelernt. Sie kämpfen hier gegen dieses Thema, dass wir sagen: Wir brauchen andere Preissysteme für die Liegenschaftspolitik. – Insofern haben Sie nicht mal die Politik der FDP der Neunzigerjahre registriert, sondern Sie fallen noch dahinter zurück.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann ist es so: Erfreulich ist, dass der Raum der Gemeinsamkeiten in Berlin größer ist.

[Zurufe zwischen Torsten Schneider (SPD) und Paul Fresdorf (FDP)]

Und das ist bei allem, wo man sich im Detail unterhalten kann, im Redebeitrag von der CDU-Fraktion deutlich geworden. Das heißt, die CDU-Fraktion in Berlin – anders als die CDU auf Bundesebene – bekennt sich zu bestimmten Inhalten einer Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik. Das führt auch dazu, dass ich durchaus optimistisch bin, dass wir, obwohl wir nur aus dem kleinen Berlin kommen, obwohl wir nur ein Bundesland unter vielen sind, uns durchsetzen werden, weil wir im Land einen größeren Konsens haben, der eben über das hinausreicht.

Ich will an dem Punkt noch mal begründen, warum es eben nicht so ist, wie jemand neunmalklug in irgendeiner Zeitung bemerkt hat: Was die Theorie über die Märkte sagt, dass nämlich die drei Preise immer dasselbe sagen, also der Verkehrswert, der Ertragswert und der sogenannte Marktwert, das ist gerade in Situationen, in denen es spekulative Überzeichnungen gibt, eben nicht der Fall. Das haben wir doch in Berlin gesehen. Wir haben doch gesehen, dass Grundstücke, die in Berlin baurechtlich für ein Riesenrad ausgewiesen worden waren, im Jahresabstand den Eigentümer zu immer steigenden Preisen gewechselt haben. Jeder der Eigentümer hat das gekauft,

(Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen)

weil er davon ausgeht, ich baue da kein Riesenrad. Das heißt, deswegen ist es so wichtig zu erkennen, dass es offensichtlich spekulative Überzeichnungen gibt. Und wenn es spekulative Überzeichnungen gibt, dann kann man so darauf reagieren wie damals in den Neunzigerjahren, wo in einer nationalen Verabredung mit diesem Rabattsystem darauf reagiert worden ist, oder man kann darauf reagieren, indem man sagt: Man muss es an der Nutzung ausrichten, weil die Erträge, die eine Nutzung ausweist, was anderes sind, wenn es ein Wolkenkratzer mit einer Hotelnutzung ist oder wenn es eine Kita ist. Es ist etwas anderes und führt zu anderen Werten. Deswegen ist das der Kern des Antrags, den wir für die Liegenschaftspolitik im Bundesrat vorgelegt und dort mit großer Unterstützung beschlossen haben.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Jetzt will ich noch etwas zu dem Thema sagen: Nicht alles läuft perfekt, und wie kommen wir weiter? – Es ist ja so, dass auch der Bund die Situation hat, dass er ein komplexes Gemeinwesen darstellt. Diejenigen, die immer die Schuld bei anderen suchen, werden mich nicht als ihren Fürsprecher finden. Aber wenn man angegriffen wird, muss man vielleicht doch auch mal ein bisschen was dazu sagen.