Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Jetzt will ich noch etwas zu dem Thema sagen: Nicht alles läuft perfekt, und wie kommen wir weiter? – Es ist ja so, dass auch der Bund die Situation hat, dass er ein komplexes Gemeinwesen darstellt. Diejenigen, die immer die Schuld bei anderen suchen, werden mich nicht als ihren Fürsprecher finden. Aber wenn man angegriffen wird, muss man vielleicht doch auch mal ein bisschen was dazu sagen.

[Zuruf von Florian Swyter (FDP) – Lachen von Paul Fresdorf (FDP)]

Was hat denn der Bund gemacht? – Der Bund hat z. B. uns die Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne angeboten. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU kommt aus Spandau.

[Paul Fresdorf (FDP): Nicht nur der!]

Der Fraktionsvorsitzende der SPD kommt aus Spandau. Wir haben natürlich sofort gesagt, darüber wollen wir mit dem Bund gerne reden. Das Fachressort von Frau Lompscher hat mit den bauplanerischen Vorbereitungsmaßnahmen zum Thema Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne angefangen. Das ist eine große Fläche. Dort kann man im Übrigen relativ viele Sozialwohnungen bauen. Da geht es um größere Hunderterzahlen.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Dann hat uns der Bund am 24. Mai 2017 – vertreten durch die BImA – mitgeteilt, dass er seine Meinung geändert hat, dass er gesagt hat: Ich bin ein komplexes Gemeinwesen. Ich will dort die GSG9 unterbringen. – Deswegen steht das Thema dem Land Berlin nicht mehr zur Verfügung. Wir haben dann nicht in der Zeitung gesagt, was der Bund bei dem Thema alles hätte besser machen können, sondern wir nehmen das zur Kenntnis. Ich finde das auch nicht gut. Das ist doch auch klar. Aber so zu tun, als hätten die nicht dieselben Komplexitätsprobleme, die wir haben, das ist doch auch so, aber auf der anderen Seite gehört dann eben dazu: Wer immer die Schuld bei anderen sucht, hat unrecht.

[Beifall bei der CDU und den GRÜNEN – Zuruf von Christian Gräff (CDU)]

Zweiter Punkt: Diese 4 600 Wohnungen basieren auf einer Absichtserklärung, die ein gewisser Herr Schäuble als Finanzminister mit einem gewissen Stadtentwicklungssenator, einem Herrn Müller, unterschrieben hat.

[Zurufe von der FDP]

Über diese 4 600 Wohnungen ist tatsächlich lange verhandelt worden und von uns auch prioritär verhandelt worden. Dann hat uns die BImA im Sommer 2017 erklärt – in dem Fall vertreten durch Herrn Spahn, den Parlamentarischen Staatssekretär im Finanzministerium –, dass sie einen Schwenk vollzieht. Der Schwenk besteht darin, dass sie sagt, sie will sich als BImA nicht mehr als Abverkaufsinstitution verstehen, sondern als Bestandhaltungsinstitution. Auch da haben wir nicht in die unterste Schublade gegriffen. Dazu haben wir nicht gesagt, was man auch hätte sagen können, sondern wir haben gesagt: Das respektieren wir, allerdings fänden wir es dann auch gut, wenn sich der Bund als Vermieter so darstellt, dass er sich z. B. wie eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft verhält,

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

dass er sich z. B. verhält, wie das die städtischen Wohnungsbaugesellschaften landauf und landab tun. Interessant ist, dass derselbe Herr Spahn dann 2017 in einem Schreiben Bundestagsabgeordnete darüber informiert, dass die BImA in keiner Stadt Deutschlands irgendeine Verhaltensvereinbarung über ein Verhalten wie eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft abgeschlossen hat. Das heißt, da ist eben noch Weiterentwicklungspotenzial auf der Bundesebene bei dem Thema Liegenschaftspolitik. Wenn Sie mich fragen, ich halte es für völlig verständlich, dass der Bund sagt, er will die Wohnungen behalten, denn der Bund hat ja auch viele Bedienstete in Berlin. Ich halte das für völlig verständlich. Aber dass der Bund dann sagt – das gehört eben als zweiter Schritt zur Liegenschaftspolitik –, es soll auch dauerhaft preiswerter Mietwohnraum sein, das fehlt. Das wollen wir auf der Bundesebene einfordern, und ich bin ganz optimistisch, dass uns das gelingt.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann noch mal zu dem Thema: Es findet gar nichts statt. – Der Bund hat eine Liste veröffentlicht, in der er sagt, dass es ihm immerhin gelungen ist, in zwei Jahren elf Grundstücke an Bundesländer zu veräußern, wo er dann sagt, Berlin hat leider keines gekauft – oder er sagt es ein bisschen unflätiger. Aber immerhin ist ihm in zwei Jahren gelungen, elf Grundstücke an alle Bundesländer zu verkaufen, das heißt, in zwei Jahren immerhin so viele Grundstücke, dass nicht mal jedes Bundesland eines abkriegt. Wenn man sich jetzt aber anguckt, was der Bund an uns veräußert hat, wo ich aber bewusst sage, wo

(Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen)

wir die BImA dazu tragen mussten und es von dort hinhaltenden Widerstand gab, dann ist allein der Erwerb des Hauses der Statistik, der im Übrigen für mehr als 500 Sozialwohnungen einen Befreiungsschlag darstellt, die wir nämlich jetzt auf den Grundstücken, die dabei sind, errichten können, mehr wert als alle anderen elf. Es wird dann vergessen, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass man mit dem kleinen Bundesland Berlin trotzdem mehr Vereinbarungen hat als mit allen anderen Bundesländern zusammen.

Dann ist es auch so, es wäre vielleicht nicht völlig verkehrt gewesen, wenn in einem Interview, das ein Behördenleiter des Bundes zu geben müssen oder wollen glaubte, er noch die Information beigefügt hätte, dass wir beim Dragoner-Areal kurz vor der Unterschrift stehen. Auch da ist es so, der Konflikt um das Dragoner-Areal war doch nur getrieben darum, dass wir dort Sozialwohnungen bauen wollten. Natürlich werden wir dort Sozialwohnungen bauen. Es wird dort insgesamt 500 preiswerte Wohnungen geben und mindestens 250 Sozialwohnungen.

Im Übrigen sind wir bei weiteren acht größeren Grundstücken mit dem Bund in konkreten Gesprächen, wo es um Wohnungsbau geht. Ich hoffe, dass wir in diesem Jahr diese Themen auch abschließen können.

Insgesamt: Konzeptionell liegen wir mit der Liegenschaftspolitik richtig. Wir müssen vieles noch besser machen, aber wir haben auch schon vieles erreicht. Deswegen bedanke ich mich ausdrücklich für den relativ breiten Konsens in diesem Haus, der über die Regierungsparteien hinausgeht, dass wir eigentlich in der richtigen Richtung unterwegs sind, und freue mich, dass wir in den nächsten Jahren auch noch viel mehr erreichen werden. – Danke!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 2:

Fragestunde

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Die Fragen müssen ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen; sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein. Ansonsten werden die Fragen zurückgewiesen.

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu, eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden. Für die erste Frage rufe ich ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte, an das Redepult zu treten. Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Frau Kühnemann! Bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat vor dem Hintergrund einer einschlägigen Verurteilung eines Erziehers: Sieht der Senat tatsächlichen oder rechtlichen Handlungsbedarf hinsichtlich der Informationspflicht der Ermittlungsbehörden bei Ermittlungen gegen Erzieherinnen und Erzieher oder Lehrkräfte wegen des Verdachts des Kindesmissbrauches? – Danke schön!

Vielen Dank! – Für den Senat antwortet Herr Senator Dr. Behrend. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Sie spielen an auf die in der letzten Woche auch in der Presse bekanntgewordene Verurteilung und die Fragestellung, ob die Staatsanwaltschaft hier ihrer Verpflichtung nach MiStra – das ist die Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen, nach der geregelt ist, wann Mitteilungen zu machen sind – nachgekommen ist bzw. warum sie das in diesem konkreten Fall nicht getan hat und darüber hinaus, ob wir Änderungsbedarf sehen. Wir haben das mit der Staatsanwaltschaft erörtert. Die Nicht-Mitteilung der Anklage aus dem Herbst war wohl gerade noch vertretbar, weil zu dem Zeitpunkt nicht bekannt war, dass der Angeklagte – zwischenzeitlich Verurteilte – erneut in diesem Bereich tätig ist. Jedenfalls haben sich die konkreten Umstände erst in der mündlichen Verhandlung in der letzten Woche ergeben.

Was wir allerdings ins Auge fassen sollten, ist die Praxis, die wir in verschiedenen Bereichen in den Berliner Schulen haben, dass dort Mitarbeiter arbeiten, die gar nicht bei der Schule angestellt sind, sondern bei einem freien Träger. Das ist grundsätzlich auch gut und richtig, allerdings erfasst die MiStra diese Konstellation nicht hinreichend, sodass wir dieses Verfahren zum Anlass nehmen werden, den Bund anzuregen – das sind bundesweite Vorgaben –, das an die Praxis anzupassen, wie wir sie in den Berliner Schulen haben. Ich möchte auch für die Staatsanwaltschaft erklären, dass wir in zukünftigen Fällen, die

(Senator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen)

ähnlich gelagert sind, die Anklage – da werden wir eine Änderung der Praxis machen – mitteilen.

Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu – das Verfahren hatte sehr lange gedauert –, dass die Verfahrensdauer inakzeptabel ist. Das wollen wir in Zukunft nicht mehr haben. Darum stärken wir auch die Strafverfolgungsbehörden mit dem Doppelhaushalt. Insgesamt gibt es 42 Stellen mehr, davon alleine 20 neue Staatsanwälte, sodass wir in dem Bereich, der ein wichtiger ist, verstärken. Wir erfahren immer wieder, wie umfassend in Institutionen sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen stattfindet – nicht zuletzt in den USA gestern das Urteil, wo ein Trainer der Turnmannschaft wegen hundertfachen, jahrzehntelangen Missbrauchs zu ganz erheblichen Haftstrafen verurteilt wurde. In Berlin hatten wir die Debatte um das Canisius-Kolleg, wo uns Pater Mertes die erschreckenden Umstände auch in Berlin vor Augen geführt hat. Von daher haben wir dort eine große Sensibilität.

Die Schule macht auch viel, um Kinder zu empowern. Wir müssen auf Hinweise achten – darum geht es, dass Hinweise von Betroffenen ernst genommen und nicht kleingeredet werden. Es gibt das Projekt „Kein Täter werden“ in der Charité, ein sehr gutes Projekt, wo sich Menschen mit pädophilen Neigungen hinwenden können, damit sie diese nicht ausleben und nicht zu Tätern werden. Von daher gibt es ein großes Bewusstsein, auch in der Berliner Staatsanwaltschaft, und wir werden das in Zukunft anders handhaben.

Frau Kühnemann! Keine Nachfrage? – Dann geht die erste Nachfrage an Frau Burkert-Eulitz – bitte schön!

Vielen Dank! – Das ist nicht nur eine Frage der Staatsanwaltschaft, sondern wir haben auch vorher schon Ermittlungsverfahren, bzw. in diesem Fall hatte der Täter in einer Schule und dann wieder in einer anderen Schule bei einem freien Träger gearbeitet, deswegen meine Frage, ob sich die verschiedenen Senatsverwaltungen – dazu gehören Jugend, Schule, Inneres und Justiz – zusammensetzen, um in Zukunft solche Fälle auch im Vorfeld besser beobachten zu können, damit es nicht dazu kommt, dass zwischen einer Tat – die 2013 war – und einer Verurteilung erst Jahre später – 2018 – Tätigkeiten mit Kindern möglich sind.

Herr Senator – bitte!

Das übliche Verfahren in diesen Fällen ist, dass Verurteilungen – das wird jetzt auch passieren – im polizeilichen Führungszeugnis auftauchen. Wer dort mit Kindern arbeiten will, in welcher Form auch immer, muss das polizeiliche Führungszeugnis vorlegen. In diesem konkreten Fall steht das auch drin. Wir werden aber Ihre Anregung zum Anlass nehmen, mit den anderen beteiligten Verwaltungen zu sprechen. Da gibt es, wie gesagt – auch beim Landeskriminalamt – eine hohe Sensibilität. Da sind wir in den letzten Jahren deutlich besser geworden, auch bei der Staatsanwaltschaft. Aber wir werden dieses Verfahren und diese Diskussion noch mal zum Anlass nehmen, um zu gucken, was man noch weiter optimieren kann.

Die zweite Nachfrage geht an Frau Kollegin Demirbüken-Wegner von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Wie will der Senat das dadurch geschwundene Vertrauen der Öffentlichkeit, hier insbesondere das der Eltern, zurückgewinnen, und welche Rolle wird dabei die praktische Umsetzung des Integrierten Maßnahmenplans gegen sexualisierte Gewalt spielen, der in der letzten Legislaturperiode durch u. a. fünf Senatsverwaltungen mit unterschrieben worden ist? – Herr Senator! Insbesondere aus Ihrem Hause heraus wurde dieser IMP in die Wege geleitet.

Die Frage ist gestellt worden!

Weil er weiterleiten wollte, Herr Präsident, deshalb die Frage zur Beantwortung.

Dass der Senator zu antworten hat, weiß ich auch. Die Frage war gestellt. – Herr Senator! Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Wir werden an Ihre Vorarbeit – Sie waren die zuständige Staatssekretärin für diesen Bereich – anknüpfen und das fortentwickeln. Das habe ich bereits gesagt. Es ist in den verschiedenen Stellen ein deutlich stärkeres Bewusstsein gewachsen, nicht zuletzt durch die Debatte um das Canisius-Kolleg. Wir werden das auch fortsetzen und weiter ausweiten. Wir werden in unserem Bemühen nicht nachlassen, die

(Senator Dr. Dirk Behrendt)

Berliner Kinder und Jugendlichen vor pädophilen Tätern in den verschiedensten Bereichen zu schützen. Da hat die Staatsanwaltschaft ihre Aufgabe. Da hat die Polizei Aufgaben, die Gesundheitsverwaltung, die Bildungsverwaltung. Wir arbeiten seit Jahren zusammen und werden diese Arbeit fortsetzen und auch noch intensivieren, um unseren Kindern den nötigen Schutz zukommen zu lassen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank!

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Gräff das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!