Protokoll der Sitzung vom 08.03.2018

[Daniel Buchholz (SPD): Das haben Sie eingeführt!]

Das haben Sie sabotiert, das haben Sie zerstört dadurch, dass Sie die Rahmenbedingungen, die wir in harten Verhandlungen gemeinsam errungen hatten, die von allen Partnern akzeptiert waren, einseitig aufgekündigt haben in einer Art und Weise, die mit bauwirtschaftlicher Realität nichts mehr, aber auch gar nichts mehr zu tun hat. Auch das wird nicht zur Beschleunigung, das wird zur Behinderung von Bauen führen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Was Sie von Rechtsstaatlichkeit, von Vertrauensschutz halten, stellt abschließend auch noch mal Ihre Forderung

unter Beweis – auch da spreche ich Sie, Herr Buchholz, ganz gezielt an –, städtebauliche Verträge, die bereits geschlossen sind, noch einmal nachzuverhandeln. Ich weiß noch, wie wir seinerzeit, als die Debatte zur EuropaCity aufkam, ganz bewusst gesagt haben: Auf gar keinen Fall schnüren wir dieses Paket noch einmal auf. Wir riskieren nicht noch einmal monate-, wenn nicht jahrelange Verzögerungen dadurch, dass geschlossene Verträge durch die Senatsverwaltung, durch uns als Politik infrage gestellt werden. – Wenn Sie das jetzt beschließen, ahne ich, was kommt: Sie öffnen wieder einmal staatlicher Willkür Tür und Tor. – In zumindest einer Hinsicht ist die Bauverwaltung fantasievoll, nämlich wenn es um Druck und Repressionsmittel geht, dass sich ein Vertragspartner, der sich eigentlich verlassen können sollte auf das, was miteinander besprochen und abgeschlossen worden ist, noch einmal, in welche Richtung auch immer, jedenfalls in die von Ihnen gewünschte, bewegt. Aber auch das kostet Zeit, das kostet Vertrauen, auf das wir dringend angewiesen sind, wenn wir in dieser Stadt entschlossen und geschlossen Entwicklung betreiben wollen.

Herr Kollege! Sie müssten zum Schluss kommen.

Insofern, kann ich nur noch einmal betonen, spricht der Inhalt des Antrags der Überschrift und Ihrer guten Absicht in jeder Hinsicht Hohn, und verantwortlich ist es, ihn abzulehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Gennburg das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Täglich grüßt das Murmeltier. Es ist nun mal so, dass wir bestimmte Rollen schon ordentlich eingespielt haben. Herr Evers! Insofern ist es keine Überraschung, dass Sie noch mal darauf hinweisen, dass wir es nicht auf die Reihe kriegen, aber es hilft nichts, dass wir Ihnen dann immer wieder sagen, dass wir es aus unserer Sicht trotzdem richtig machen.

[Heiko Melzer (CDU): Stimmt! Sie kriegen es trotzdem nicht auf die Reihe!]

Ich möchte mit einer Feststellung beginnen, nämlich dass die neue Planungskultur und eine neue Politikkultur eben nicht vom Himmel fallen. Deswegen kam übrigens dieser Antrag zustande. Es ist, glaube ich, bekannt, dass wir uns innerhalb der Koalition ordentlich aneinander gerieben haben in der Frage: Wie wollen wir denn neu bauen? Wie wollen wir denn den neuen Wohnungsbau in dieser Stadt

bewältigen und alles auf die Reihe kriegen? – Während hier die geballte Opposition immer nur: Bauen, bauen, bauen! – schreit, sehen wir jetzt, was bei bauen, bauen, bauen herauskommt, nämlich Salat.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Sie haben eben auf den Blankenburger Süden Bezug genommen. Wir können mal festhalten: So einfach ist das mit bauen, bauen, bauen nicht. Es gehört ein bisschen mehr Köpfchen dazu. Herr Evers! Sie haben doch Stadtplanung studiert, soweit ich informiert bin. Dann dürften Sie das ja wissen.

[Antje Kapek (GRÜNE): Hat er nicht!]

Man kann mal festhalten: Die SPD sagt: Wir wollen bauen. – Herr Müller will bauen. Die CDU will bauen, und die FDP will sowieso bauen. Die AfD will jetzt ein Einheimischenmodell. Die Grünen wollen gern mit Holz bauen, und Die Linke diskutiert gerade über eine Bauhütte. – Also im Kern wollen alle bauen, und immer wird nur anderen erzählt, dass sie es nicht richtig machen. Die Frage ist nach wie vor: Wie? – Über das Wie haben wir das letzte Mal diskutiert. Darüber haben wir auch im Ausschuss diskutiert, und deswegen gibt es in diesem Antrag die Spiegelstriche.

Wir reden heute also das zweite Mal über diesen Antrag, und beim letzten Mal sagte ich – Achtung, Herr Evers, jetzt kommt es –:

Das Bauen hat Priorität für Die Linke.

Das stand übrigens schon vorher im Redemanuskript. Ich vergaß aber eines zu sagen, nämlich: Auch die Planungskultur hat Priorität für Die Linke.

[Stefan Evers (CDU): In Ihrer Broschüre steht: 5 000 bis 6 000!] ]

Genau! Darauf will ich jetzt kurz eingehen. Die Senatorin hat heute trefflich gesagt, der Blankenburger Süden sei ein ambitioniertes Projekt. Das gilt in zweierlei Hinsicht, nämlich dass es entweder um die Frage geht, wie viele Wohnungen dort entstehen, ob null, 10 000 oder 6 000.

[Stefan Evers (CDU): Lieber doch nicht bauen!]

Ich bin noch nicht fertig. Herr Evers! Hören Sie doch mal zu! – Das gilt aber auch für die Frage, dass das, was wir jetzt am Wochenende erlebt haben, schon eine Mahnung an die Beteiligung ist. Dazu will ich ganz klar sagen: Die nehmen wir ernst.

[Stefan Evers (CDU): Haben wir gesehen!]

Die frühere Regierung, frühere Regierungen, muss man sagen, haben das anders gehandhabt. Da waren das nämlich alles nur sogenannte Nimbys. Für die, die es nicht kennen: Not In My Backyard. – Da will ich auch mal sagen: Die Frage, wie ernst Politik Beteiligung nimmt und sie als Nimbys abqualifiziert oder nicht, ist eben auch ein Abbild von Planungskultur, ein Abbild von politi

scher Kultur. Da kann man für das letzte Wochenende nur feststellen: 800 Nimbys in einem Raum – das geht irgendwie nicht.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Ist egal, wie bei Tegel, bei der Abstimmung!] ]

Insofern ist es richtig, sich damit auseinanderzusetzen und das zu evaluieren.

Menschen zu Mitentscheider/-innen und Mitmischende zu Nimbys zu machen, ist eine ganz schlechte politische Kultur, und Sie haben die in Reinform produziert.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Tegel sagt alles!]

Tegel sagt alles? Auf das Volksentscheidthema komme ich noch. Alle, die jetzt „Skandal“ schreien – Achtung, jetzt kommt es –, dürfen zukünftig nämlich nicht mehr den Volksentscheid Tempelhof infrage stellen

[Frank-Christian Hansel (AfD): Doch, man kann einen neuen machen!]

und sollten tunlichst die Hände von der Elisabeth-Aue lassen. Nur mal so als kleiner Hinweis am Rande.

[Beifall bei der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Wir brauchen einen neuen Volksentscheid Tempelhof!]

Das ist unser Auftrag. Heute ist ein guter Tag. Alle sind sich einig, dass die Entmündigung der Menschen durch autoritäre Planungskultur auf den Müllhaufen der Geschichte gehört, und ich danke allen, die sich dagegen seit Jahren engagieren, und auch jenen, die sich darüber so lautstark empören.

[Stefan Evers (CDU): Das ist grotesk!]

Es ist nie zu spät für Erkenntnis, Herr Evers!

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das passiert bei der A100 bei Ihnen in ein paar Jahren!]

Direkte Demokratie ist wichtig, und Beteiligung sollte ein Bollwerk gegen Vermachtung und Fehlplanung sein und kein Blumentopf für die Regierenden. Auch deswegen dürfen Kommunikationspannen bei der Beteiligung von Bürger/-innen nicht passieren. Der Moment, an dem die Regierung mit den Menschen direkt kommuniziert, ist zu wichtig, als dass Pannen passieren. Dazu gibt es den schönen Spruch: Der Staat ist kein Fahrrad.

Wir haben den Antrag im Ausschuss beraten. Eigentlich ist alles klar, ich will nur kurz noch mein Fazit dazu sagen: Wir brauchen neue Planungsziele, und die Planungskultur müssen wir ordentlich verankern. Das wird ein Kraftakt. Mit vereinten Kräften werden wir das schaffen, und das Tempelhofer Feld bleibt frei. – Danke meine Damen und Herren!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Scheermesser das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Gennburg! Wir haben kein Einheimischenmodell, wir haben ein Eigentumsmodell.

[Beifall bei der AfD – Herbert Mohr (AfD): Richtig!]

Kommen wir zum Antrag der rot-rot-grünen Koalition! Dieser wirkt auf uns langsam nur noch peinlich.

[Stefan Evers (CDU): Ja!]

In den Ausschussberatungen war keine Bereitschaft der Koalition zu erkennen, aus dem Kanon der benannten Baugebiete beispielsweise das voraussichtlich nicht mehr verwirklichbare Schumacher Quartier herauszunehmen oder Baugebiete, die durchaus noch Potenzial hätten, wie die Elisabeth-Aue, aufzunehmen. Insgesamt wirkt der Antrag eher wie eine Untätigkeitsklage gegen den Senat. Bereits in der Entwicklung befindliche Gebiete werden derzeit in den Zielzahlen aufgebläht nach dem Motto „viel hilft viel“, ohne Rücksicht auf vorhandene Infrastruktur und Umgebungsstrukturen. Am letzten Wochenende schockierte man beispielsweise die Einwohner in Blankenburg und Umgebung damit, dass man das Entwicklungsgebiet Blankenburger Süden, im Antrag an erster Stelle genannt, einmal eben von 5 000 auf 10 000 Wohnungen verdoppeln will. Auch auf den Buckower Feldern – Position drei in Ihrem Antrag – scheint man das Volumen hochdrehen zu wollen.

Befürchtungen der AfD-Fraktion verdichten sich, dass man alte Fehler der Siebziger- und Achtzigerjahre unter SPD-Regie im Westen und unter SED-Regie im Ostteil der Stadt wiederholen will, nämlich das Wiederaufwärmen eines gescheiterten städtebaulichen Leitbilds. „Urbanität durch Dichte“ nannte man es damals. Das waren die 10- bis 20-geschossigen Neubaublöcke auf der grünen Wiese, also auf den Feldern in Gropiusstadt, MarzahnHellersdorf, Hohenschönhausen, Marienfelde, Märkisches Viertel usw. Ergebnisse sind soziale Brennpunkte und abgekoppelte, nicht integrierbare Trabantenstädte, in denen Armut und soziale Probleme eskalieren.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Katina Schubert (LINKE)]

Solche Planungen brauchen Infrastruktur und Verkehrsanbindungen, die ebenfalls nur nebulös vorhanden sind, ganz zu schweigen von der Akzeptanz der Bürger, die in diesen Einzugsgebieten wohnen. Dabei darf man eines auf keinen Fall tun: Problemklientel, das der Senat nirgendwo anders unterbringen konnte, in solche Neubausiedlungen verfrachten.