Protokoll der Sitzung vom 08.03.2018

Das ist das Einzige, was in diesem Antrag steht. Alles andere, was wir hier noch diskutieren, Pilotprojekte und anderes, das steht dort nicht. Die CDU macht sich damit einen schlanken Fuß, offensichtlich aus Effekthascherei. Sie werden dem Anspruch der größten Oppositionspartei nicht gerecht, die selbst bis 2016 mitregiert hat, in deren Regierungszeit also das Problem hochkochte – insbesondere im Blumenviertel.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Georg Kössler (GRÜNE)]

Sie legen mit dem Antrag eine wohlklingende, populistische Formulierung vor, deren vollständige, flächendeckende Umsetzung Sie nie und nimmer verantworten wollten, wenn Sie an unserer Stelle wären

[Christian Gräff (CDU): Doch! Lieber heute als morgen!]

Sie erzeugen mit dem Antrag eine falsche Erwartungshaltung. Sie wollen das Thema parteipolitisch ausschlachten, ohne dem ernsten Problem der Betroffenen damit gerecht zu werden.

[Beifall bei der LINKEN]

Der flächendeckenden Durchführung eines Grundwassermanagements stehen naturrechtliche, baurechtliche und wasserrechtliche Gründe entgegen, und es würde unkalkulierbare Risiken für das Land Berlin nach sich ziehen.

[Christian Gräff (CDU): Quatsch! Totaler Quatsch!]

Das wissen Sie in der CDU ganz genau.

Die Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes befassen sich nicht damit, dass es keine nassen Keller mehr geben soll. Damit beschäftigt sich stärker die Bauordnung. Es ist zu erwarten, dass in vielen Bereichen Berlins eine allgemeine Absenkung des Wassers Naturschäden verursachen würde, dass auch bei belasteten Flächen, kontaminierten Flächen negative Auswirkungen möglich und auch bei Bauten können die veränderten Druckverhältnisse mit abgesenktem Grundwasserspiegel zu Senkungen und Schäden führen.

In Ihrer Mitregierungszeit, liebe CDU, wurden etliche Debatten und Untersuchungen zu dem Thema geführt bzw. vorgenommen. Ein Runder Tisch Grundwassermanagement tagte unter Einbeziehung der Betroffenen, und die Ergebnisse hielten auch fest, dass es keine generelle Möglichkeit gibt, die Grundwasserhöhe flächendeckend zu regulieren.

[Zuruf von Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU)]

Dennoch ist dieser Senat bestrebt, eine Lösung für besonders stark betroffene Bevölkerungsgruppen zu finden,

[Christian Gräff (CDU): Da sind wir ja sehr gespannt!]

um das Problem, das uns die letzte Regierung überlassen hat, zu lösen. Eine Umfrage der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klima im Dezember zur Beteiligung an einem privatwirtschaftlichen Zweckverband wird zum Beispiel im Blumenviertel ausgewertet. Danach wird es notwendig werden, weil die Berliner Wasserbetriebe ihre Unterstützung für einen solchen Zweckverbund angeboten haben, dass die Berliner Wasserbetriebe für Dienstleistungen zur Grundwasserregulierung eine Öffnung in ihren Aufgaben bekommen.

[Christian Gräff (CDU): Und wer zahlt das?]

Das ist allerdings etwas anderes als das, was Sie vorgeschlagen haben. Alles Weitere können wir im Ausschuss besprechen. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Henner Schmidt das Wort. – Bitte schön, Herr Schmidt!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel des vorliegenden Antrags der CDU-Fraktion ist durchaus ehrenwert und berechtigt. Dass an vielen Stellen der Stadt das Grundwasser steigt, ist wirklich ein riesengroßes Problem. Bei mir stand ursprünglich im Skript: „Das wissen wir alle.“–, aber nachdem ich Herrn Stroedter gehört habe, weiß ich, wir wissen es noch nicht alle. Deshalb sage ich: Es ist wirklich ein riesiges Problem.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Die Gesetzesänderung der CDU zielt erst einmal auf die Verantwortlichkeiten für das Grundwassermanagement. Was Sie meiner Meinung nach damit noch nicht bewirken und wo ich echt Befürchtungen habe, dass das nicht funktioniert, ist, dass damit das Grundwassermanagement selbst nicht möglich wird, dass man wirklich ein Grundwassermanagement hat, das einen siedlungsverträglichen Wasserstand erreicht. Entscheidend ist, Wege zu finden, wie man das Abpumpen überhaupt erlaubt. Da gibt es, Herr Gindra hat es gesagt, eine ganze Menge wasserrechtlicher Grenzen.

Grundsätzlich ist die Philosophie der Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes: Grundwasser ist heilig, man darf das nicht anfassen, man darf das nicht ändern. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir das Thema in den Umweltausschuss überweisen. Dass irgendwann einmal viel zu viel Grundwasser vorhanden sein könnte, das hat damals bei der Gesetzgebung offensichtlich keine Rolle gespielt. Deshalb wird es schwierig sein, Lösungen zu finden. Eines ist auf jeden Fall klar, wir werden es nicht schaffen, flächendeckend Millionen Kubikmeter Grundwasser pro Jahr in die Flüsse und Kanäle abzupumpen. Das wird man auf keinen

(Harald Gindra)

Fall hinbekommen, unabhängig davon, wem man die Aufgabe zuweist.

Es ist natürlich – auch das muss man sagen – in dem Zusammenhang irrwitzig, dass wir immer noch Kampagnen zum Wassersparen machen, während uns das Wasser jetzt schon bis zum Hals steht. Es würde schon einmal etwas verbessern, wenn man zumindest damit aufhören würde.

[Beifall von Christian Gräff (CDU)]

Es bringt jetzt nichts, jemanden mit etwas zu beauftragen, was er nicht darf. Um ein ganz hinkendes Beispiel zu nehmen: Wenn Sie jetzt sagen, die bezirklichen Schulämter werden beauftragt, die Prügelstrafe in den Schulen durchzuführen, können Sie das zwar aufschreiben, aber dann dürfen die das immer noch nicht machen. So ähnlich ist das mit dem Grundwassermanagement. Die Wasserbetriebe machen im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein Grundwassermanagement. Die machen das so, dass sie dort, wo sie Trinkwasser entnehmen, dafür sorgen, dass es so verteilt ist, dass es möglichst gut auf den Grundwasserstand einwirkt. Auch § 37a Berliner Wassergesetz und die leider vom Senat aufgehobene Grundwassersteuerungsverordnung folgen einer ähnlichen Logik. Wasser, das entnommen werden soll, muss so entnommen werden, dass der Grundwasserstand möglichst gut gesteuert wird. Aber das war keine Regelung, um eine Wasserentnahme über die Trinkwasserentnahmemenge hinaus zu erlauben. Nun ist – das haben Sie gesagt – die Trinkwassermenge unheimlich stark zurückgegangen. Deshalb wird man mit den Regelungen, die bestehen, nicht mehr weiterkommen. Da ist keine Grundlage vorhanden, um mehr als das benötigte Trinkwasser zu entnehmen. Man braucht deshalb auf jeden Fall stärkere Instrumente als das Berliner Betriebe-Gesetz.

Das mit dem Schichtenwasser ist einfacher. Das ist Oberflächenwasser, rein wasserwirtschaftlich. Das gehört dann auch nicht zum Grundwassermanagement. Da wird man leichter Lösungen finden können.

Zu der Frage der Finanzierung danke ich Herrn Gräff für die Klarstellung. Ich war mir auch nicht sicher, als ich den Antrag gelesen habe, ob die Kosten auf alle Wasserkunden verteilt werden. Noch einmal vielen Dank, dass Sie gesagt haben, dass es aus dem Haushalt bezahlt werden soll. Das Abgeordnetenhaus war sich 2001 bei der Novelle des Wassergesetzes vollkommen einig: Das Grundwassermanagement ist eine Landesaufgabe, die auch aus dem Landeshaushalt bezahlt werden muss.

[Beifall bei der FDP]

Die CDU-Fraktion hat mit dem Antrag immerhin dafür gesorgt, dass das Grundwassermanagement wieder auf der Tagesordnung steht und allen bewusst geworden ist. Ich bin auch immer noch der Meinung, dass man, wenn man weiß, was man politisch will, das auch juristisch

hinkriegen wird – siehe Weiterbetrieb Tegel; das ist auch so ein Thema –, und dass wir jetzt irgendwie ein Loch in der Gesetzeslage finden müssen, durch das wir das Wasser pumpen können. Deshalb gilt: Wir brauchen jetzt einfach mehr Ideen und müssen weitere Wege durchdenken, wie wir das angehen können.

Die Verantwortlichkeitszuordnung zu den Wasserbetrieben kann ganz zum Schluss dann auch noch vorgenommen werden, das Entscheidende ist aber, jetzt überhaupt erst einmal einen praktikablen Weg zu finden, wie man das Grundwassermanagement rechtlich sauber vornehmen kann. Das ist dringend nötig, um die Schäden zu begrenzen und den Menschen in den betroffenen Gebieten Hilfe zu leisten. Da müssen wir uns aber noch mehr einfallen lassen als jetzt in Ihrem Antrag steht. Wir sind aber natürlich dazu bereit, diese Lösungen mit Ihnen gemeinsam zu entwickeln. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Kössler das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte drei Aspekte gegen den Antrag in der jetzigen Form ins Feld führen – jeder für sich allein begründet schon eine Ablehnung. Allgemein: Die CDU-Fraktion fordert ein staatliches Grundwassermanagement und meint es offensichtlich gut – mit ihren Wahlkreisen. Doch was genau meinen Sie damit? Sie suggerieren, dass jeder nasse Keller in Berlin in Zukunft ein Fall für die Berliner Wasserbetriebe wäre. Das ist einerseits unverantwortlich, weil es ein Versprechen ist, das man nicht halten kann.

[Zuruf von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

Andererseits verstehe ich es auch als Frontalangriff auf unsere Wasserbetriebe. Der Runde Tisch hat damals 100 Millionen Euro jährlich errechnet, und Sie erwecken jetzt den Eindruck, als möchten Sie einen Frontalangriff auf ein gut operierendes Landesunternehmen machen, das eine Sisyphusarbeit leisten müsste.

[Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU): Das ist doch Quatsch! – Zuruf von Emine Demirbüken-Wegner (CDU)]

Wenn Sie sagen, es soll aus dem Haushalt bezahlt werden, dann ist das ein Angriff auf den Landeshaushalt – 100 Millionen Euro, nicht einmalig wie beim Stadtwerk, sondern jährlich! Dafür stehen wir nicht zur Verfügung.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

(Henner Schmidt)

Jetzt mal konkret: Man muss nicht den Faust II gelesen haben, um das Trockenlegen gigantischer Flächen für größenwahnsinnig zu halten, auch wenn es, wie in Ihrem Fall, gut gemeint ist. Schauen Sie sich die Kohlereviere an, wo Sie noch heute sehen, welche Ewigkeitskosten die Pumpen verursachen. Nicht umsonst werden Braunkohletagebaue geflutet, auch mit negativen Folgen. Liebe CDU! Wo sollen denn die Hunderte von Pumpen in Berlin stehen? Wo soll das abgepumpte Wasser hin? Eine Einleitung in die Kanäle der Wasserbetriebe würde Kosten von zurzeit 2,21 Euro pro Kubikmeter bedeuten. Wieder – gut gemeint, leider teuer.

Eine großflächige Grundwasserabsenkung würde zudem durch die starke Veränderung des Untergrunds in einigen Teilen der Stadt zu neuen Schäden an bestehenden Gebäuden führen. Wer wäre dafür haftbar? Auch der Steuerzahler? Auch die Allgemeinheit? – Beantworten Sie uns das!

Der von Ihnen intendierte Eingriff verträgt sich auch nicht mit den §§ 14 und 30 Bundesnaturschutzgesetz. Ohne Not spielen Sie hier Naturschutz und Wohnen gegeneinander aus.

In den Berliner Hochflächen ist solches allgemeines Grundwasserabsenken technisch sowieso nicht möglich; im Bereich des Urstromtals, wo es möglich ist, wird es bereits gemacht. An über 40 Standorten wird es von öffentlichen und privaten Akteuren gemacht. Warum brauchen wir da jetzt eine Pauschallösung?

Die weniger als 1 Prozent betroffenen Berlinerinnen und Berliner brauchen Hilfe, aber sie brauchen ortspezifische Lösungen, keine gut gemeinten Schaufensteranträge. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Drittens – rechtlich: Seit 1887 wird völlig zu Recht in sämtlichen Bauordnungen Berlins darauf hingewiesen, dass bei den Bauherren eine Auskunftspflicht liegt und der höchste bekannte Grundwasserstand zu berücksichtigen ist. Wenn, wie in Neukölln 1958, dies vom Bezirk ungenügend durchgesetzt wird, ist das erst einmal ein Fall für die Gerichte und nicht für das Parlament.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Genau!]